Triumph Speed Triple 1200 RS 2021 Test
Wie fühlen sich die Speedy mit 180 PS bei 200 kg an?
Die nagelneue Triumph Speed Triple 1200 RS musste sich einem besonders intensiven Test unterziehen. 3 Tage, 6 Fahrer, 5 Gegner! Das faszinierende Nakedbike von Triumph tritt mit stolz geschwellter Brust an. Hier die Fahreindrücke und Erfahrungen vom ersten Test.
Beim Rangieren denkt man erstmals an eine Street Triple. Diese 1200er hier wirkt kompakt, leicht und sehr zutraulich. Niemand würde ihr im Stand diesen gigantischen Motor und 180 PS zutrauen. Auf der unbestechlichen 1000PS Waage wogen wir 100% vollgetankt 200 kg und dieses tiefe Gewicht kommt im Sattel auch gut an. Erstaunlich wie kompakt und klein dieses Powernaked Bike im ersten Zugang wirkt. Ebenso erstaunlich präsentierten sich die ersten Meter. Das Motorrad lässt sich spielerisch bedienen und fühlt sich in der Stadt wie ein ganz normales Motorrad an. Sie fährt im urbanen Umfeld geradezu unspektakulär und kostet weniger Nerven als andere Powernakedbikes. Sie lenkt präzise ein, fährt durchschaubar und der Motor wirkt erstmal unspektakulär, zahm und leise. Doch schon beim langsamen Stadtverkehr kann sich der hochwertige Quickshifter in Szene setzen. Klar macht er bei Vollgas noch mehr Freude, doch auch im Teillastbetrieb verrichtet er zuverlässig und schnell seinen Dienst.
Einfach zu fahren: Die neue Speed Triple RS in der Stadt
Triumph hat sich lange Zeit gelassen! Andere Hersteller bieten schon seit Jahren brachiale Powernakedbikes an. Doch die Speed Triple blieb immer einen Ticken edler, zurückhaltender und gediegen. Sie stellte ihr Fans durchaus zufrieden. Denn sie bot ein souveränes Fahrverhalten. Die neue Maschine fühlt sich wirklich neu an. Sie ist radikaler aber kann wie bereits erwähnt auch sehr zugänglich bewegt werden. Dieser Pluspunkt muss fett hervorgehoben werden, da bei anderen Nakedbikes in der 180PS Liga immer mehr Angst mitfährt. Auf der anderen Seite ist das kompakte Motorrad aber für sehr große und schwere Menschen zu klein. Diese könnten auf dem Vorgängermodell immer noch besser bedient sein. Aufsteiger von einer Street Triple werden jedoch ihre helle Freude haben. Das Motorrad wirkt ebenfalls leicht und harmonisch kann aber oben raus ein Feuerwerk abliefern.
Der Motor liefert ein Inferno ab welches perfekt linear serviert wird. Der Schub steigert sich mit der Drehzahl und scheint kein Ende zu nehmen. Diesen Dreizylinder auf der Straße in den Begrenzer zu drehen, erfordert sicher gute Nerven. Ein höllisch performantes Gerät! Es ist erstaunlich wie grausam kräftig die Maschine sich anfühlt obwohl sie ohne spektakuläre Anstiege im Drehmomentverlauf auskommt. Der Adrenalinausstoß ist bestimmt geringer als bei einer Super Duke R oder auch einem Streetfighter V4 S, doch das Beschleunigungsvermögen ist ebenbürtig.
"Die scharfe Bremse vernichtet die Geschwindigkeit mit atemberaubender Heftigkeit!"
Sehr positiv präsentierten sich die Bremsen. Die sportlichen Anlage benötigt etwas Temperatur für eine feinfühlige Bedienung, doch nach 2 kurzen Bremsmanövern sind die Beläge für fordernde Aufgaben bereit. Die scharfe Bremse vernichtet die Geschwindigkeit mit atemberaubender Heftigkeit und als kongenialer Partner präsentiert sich das stabile Chassis und die hochwertige IMU. Etwas peinlich jedoch ist das nervige Gequietsche sowohl von der Vorder- als auch von der Hinterbremse. Somit sind aufmerksame Blicke beim Stopp vor dem Bikercafe sichergestellt.
Die Triumph Speed Triple RS im Powernaked Vergleich 2021
In den nächsten Tagen bringen wir auf 1000PS und auf 1000PS TV eine große Testreihe mit insgesamt 6 Powernakedbikes. Wir ließen die neue Speed Triple RS gegen die Super Duke, die Z H2 SE, den Streetfighter V4 S, die BMW S 1000 R und die Aprilia antreten. Auffällig war das tiefe Gewicht der Triumph. Sie war auf der Waage die leichteste Maschine beim Vergleichstest. Im Vergleich zu den anderen Nakedbikes fühlten sich größere Piloten auf der KTM oder auch der Kawasaki wohler. Wobei vor allem die Länge der Beine und auch die Schuhgröße eine Rolle spielen. Der lineare und kräftige Motor kam jedoch auch im direkten Vergleich bei allen Testpiloten sehr gut an. Hier ein Preisvergleich von den genannten Nakedbikes in unserem Marktplatz. Hier das Livevideo "behind the Scenes" vom Vergleichstest.
Lastwechselreaktionen in den engen Kehren - Triumph Speed Triple RS
Beim Test pendelte sich der Verbrauch der Maschine übrigens bei 7.2 Liter auf 100km ein. Der Tankinhalt beträgt 15.5 Liter. Triumph kommt mit der Euro 5 Thematik insgesamt sehr gut zurecht. Doch einen kleinen Makel gibt es beim Ansprechverhalten des Motors zu bekritteln. Anders als bei früheren Triumph Modellen nervt eine Lastwechselreaktion beim Übergang in den Lastbetrieb. Also das klassische "Gas Anlegen" in den engen Kurven gelingt nicht so makellos perfekt wie man es dieser ansonsten so toll gelungenen Maschine zutrauen würde. Als weiterer Kritikpunkt ist nur noch die zu defensiv eingestellt Traktionskontrolle zu erwähnen. Auch im "Track" Modus gibt sie die Leistung in Schräglage zu zögerlich frei. In dieser Disziplin präsentierten sich die sportlichen Mitbewerber von Aprilia, Ducati und KTM radikaler.
Etwas mühselig - die Verbindung zur Navigations App am Handy
Das Display der Maschine ist weit vorne und tief unten montiert. Doch es ist sehr präsent und grundsätzlich gut ablesbar. Doch wirklich stimmig wirkt es insgesamt nicht. Bestimmt ist hier auch viel Gewohnheit und persönlicher Geschmack entscheidend, doch das ganze Thema "Connectivity", "Bedienung", "Display-Logik" ist sicherlich kein Heimspiel für Triumph. Man etwas Durchhaltevermögen gelang es mir die Speedy mit meinem Huawei P30 Pro zu koppeln. Dadurch konnte ich mich der kompakten Pfeil-Navigation im Display erfreuen. Doch wirklich zuverlässig war die Kopplung nicht. Immer wieder mal benötigte die Maschine einen "Neustart" um die Verbindung zuverlässig aufzubauen. Ebenso verspielt und etwas mühselig war die Verbindung mit der GoPro. Doch am Ende des Tages würde ich diese Punkte keinesfalls am Ende des Tests in der "Negativliste" führen. Als Besitzer muss man sich hier etwas abmühen und einarbeiten und dann wird das schon. Aber es macht sich das klare Gefühl im Sattel breit: Dieses Thema ist für Triumph eine Peinigung und macht dem Unternehmen einfach keine Freude.
Vibrationen - Könnten ein Thema sein bei der neuen Speed Triple
Merkwürdig ist das Thema mit den Vibrationen. Ohne den Zuruf meiner sensiblen Kollegen wäre es mir gar nicht erst aufgefallen. Doch in der Tat, kribbelt es über den gesamten Drehzahlbereich ein wenig in den Fingern. Wer zum Beispiel mit der BMW S 1000 R oder XR hier seine Probleme hatten, darf ein ähnliches Niveau auf der Speed Triple erwarten. Bei unseren Test mit insgesamt 6 Personen beklagten unabhängig voneinander immerhin 4 diese Vibrationen. Da sehr viele Leute nur auf Basis unserer Testberichte Motorräder "blind" kaufen muss ich unbedingt auf dieses Thema hinweisen. Eine wirklich sehr kurze Probefahrt reicht aus, um zu verifizieren ob die Speed Triple für Dich persönlich zu viel kribbelt oder ob das eben als 3-Zylinder Charisma verbucht werden kann.
Tolles Chassis, leiwandes Fahrverhalten
Ein Heimspiel gibt es beim Fahrverhalten der Maschine. Das Chassis ist mit 1445 mm Radstand kompakt, das Gewicht mit 200kg voll sehr tief. Die sportlichen Matzeler Racetec RR integrieren sich gut ins Gesamtpaket - benötigen aber klarerweise etwas Aufwärmzeit. Das Motorrad kippt nicht von alleine in den Radius, lässt sich aber sehr präzise und angenehm dirigieren. Die Schräglage steigert man mit vollem Vertrauen und mit viel Gefühl für den Fahrzustand. Das hochwertige Fahrwerk bietet einen guten Kompromiss zwischen Sportlichkeit und Komfort. Der Einstellbereich der Federelemente ist breit und es lohnt sich bestimmt hier an seinem persönlichen Lieblingssetup zu arbeiten. Denn es wäre schade die tolle Öhlinshardware dahingammeln zu lassen. Es wäre verlockend als Journalist ein elektronisches Fahrwerk zu fordern. Denn natürlich ist es leichter das Fahrwerk vom Streetfighter oder der Tuono rasch anzupassen. Der Wechsel von der Straße auf die Rennstrecke gelingt hier ohne Experimente und ohne Werkzeugkiste. Auf der anderen Seite wäre das Fahrzeug dann noch teurer und somit ist die Speed Triple eine gute und hochwertige Lösung zu einem gerade noch verkraftbaren Preis.
Am Ende des Tages ist die Speed Triple RS im Jahr 2021 ein toller Imageträger für Triumph. Als Kauftipp wird sie ziemlich sicher jeden Street Triple Piloten sofort ins Herz fahren. Zufriedene Speed Triple Fahrer müssen vor dem Umstieg aber eine Probefahrt wagen. Denn das neue Fahrzeug fühlt sich deutlich leichter, kompakter und kleiner an. Das wird sehr vielen, aber nicht allen Interessenten gefallen. Die Ausstattung der Maschine ist gut dimensioniert und abgestimmt. Die Maschine ist nicht zu radikal, machte auf unserer Teststrecke aber trotzdem viel Spaß. Auf der anderen Seite ist sie ein treuer Begleiter für den Alltag. Insgesamt hält sie die hohen Versprechungen ein, welche uns bei der ersten Vorstellung gegeben wurden.
Fazit: Triumph Speed Triple 1200 RS 2021
Triumph hat mit der neuen Speed Triple 1200 RS ein unglaublich gutes Universaltalent hingestellt. Der Motor kann in tiefen Drehzahlen sehr gemütlich bewegt werden. Das Fahrzeug präsentiert sich bei Bedarf sehr zugänglich und schafft Vertrauen. Wer dem kompakt wirkenden Motorrad jedoch die Sporen gibt, erntet grausame Beschleunigung und harte Bremsleistung. Ein tolles und würdiges neues Modell in der legendären Speed Triple Familie.- Unglaublich universell - fährt einfach im Stadtverkehr aber bei Bedarf auch sauschnell
- drehfreudiger und leistungsstarker Motor
- Top Quickshifter
- Kann bei Bedarf leise gefahren werden
- Leichtes und kompaktes Fahrgefühl
- Auch in schnellen Kurven stabiles Fahrverhalten
- Starke Bremsen
- Präzises Fahrverhalten
- Lastwechselreaktionen bei tiefen Geschwindigkeiten
- etwas zu geringer Lenkeinschlag
- für große Menschen enger Kniewinkel
- störrische Handy-Connectivity
- quietschende Bremsen
- Auch im Track Modus zu defensive Traktionskontrolle
- Vibrationen am Lenker
Bericht vom 10.05.2021 | 44.669 Aufrufe