Kleines Budget - Riesen Abenteuer! - Seeker Raid 2022 Rallye

Das war das Abenteuer unseres Lebens!

5000 €, das muss reichen! Beginnend bei Null, also ohne Bikes, Kleidung oder Ausrüstung, startete Anfang des Jahres unser Seeker Raid Abenteuer. Zu viert auf alten Eisen und ohne Erfahrung quer durch die bosnische Wildnis. Was soll da schon schiefgehen?

Alles beginnt im Jänner 2022, als ich wieder einmal gebannt die Rallye Dakar verfolge. Schon seit immer haben die Aufnahmen von extremer Fahrerei durch die entlegensten und wildesten Gegenden der Erde unheimliches Fernweh in mir geweckt. Den Traum vom Rallyefahren habe ich schon lange, doch weder das Talent, noch die Chancen, um diesen auch zu erfüllen. Bis Nils an der Bosnia Rally teilgenommen hat und Hobby-Rallies sich in mein Bewusstsein drängten. Das könnte ich doch auch machen! Nur fehlt mir das Kleingeld, um mir eine moderne Rallye-Maschine zuzulegen. Aber alte Enduros gibt es doch um sehr wenig Geld... Eine Google-Anfrage später und schon steht die Idee fürs Abenteuer: Ab geht es zur Seeker Raid!

Seeker Raid - Rustikale Old-/Youngtimer Enduro Tour am Balkan

Die Regeln der Seeker Raid: Nur Enduros mit Baujahr 2000 oder älter sind zugelassen. Insgesamt 1000 km werden hauptsächlich auf unbefestigten Untergründen in Bosnien zurückgelegt. Ohne Wettbewerbscharakter und Roadbook-Navigation ist es zwar eigentlich keine Rallye, aber in meinem Kopf sehr wohl. Auf einer alten Maschine auf sich allein gestellt die Wildnis eines Landes bezwingen... - klingt doch nach Rallye. Wobei so ganz allein will ich dann doch nicht unterwegs sein. Zum Glück habe ich noch drei andere Wahnsinnige gefunden, die das Abenteuer mit mir angehen. Juliane, Fabian, Schaaf und ich nehmen die Seeker Raid ohne Erfahrung, dafür mit ganz viel Enthusiasmus in Angriff. Doch zuerst braucht es dazu Motorräder.

Gebrauchtkauf mit Low-Budget - Die Motorräder der Seeker Raid

5000 € pro Person müssen reichen für die gesamte Aktion. Da wir bei Null beginnen, müssen sich mit diesem kleinen Budget nicht nur die Bikes, sondern auch Ausrüstung und Kleidung ausgehen. 3000 € darf ein Bike also maximal kosten. Keine leichte Aufgabe, denn die alten Enduros der 80er und 90er stehen aufgrund ihrer Robustheit und Verlässlichkeit teils extrem hoch im Kurs. Auf dem Gebrauchtmarkt sind alte Enduros in gutem Zustand zwar zu finden, doch gerade in Österreich ist die Auswahl stark begrenzt. Juliane und ich werden recht schnell fündig (Video findet ihr hier) und so ist sie bald die glückliche Besitzerin einer zur Enduro umgebauten Suzuki XF 650 Freewind 1997, während ich eine 1988er Kawasaki KLR 500 erstehe. Fabian und Schaaf gehen ihren Motorrad-Gebrauchtkauf komplett unterschiedlich an, der eine mit deutschem Kalkül, der andere kauft blind. Fabian nimmt sich als sportlichster Fahrer auch das sportlichste Gerät, eine Yamaha TT 600 S 1994. Schaaf wiederum greift als alter Honda Fanboy zu einer Dominator 650 aus dem Jahr 1994. Wie auch in den ersten Videos zur Seeker Raid zu sehen ist, war uns zu dem Zeitpunkt noch nicht klar, wie sehr die Motorrad-Wahl in Bosnien über Leid und Freud entscheiden wird.

Was braucht es für eine Rallye? - Die Ausrüstung der Seeker Raid

Motorräder sind ja schön und gut, aber für eine "Rallye" braucht es dann doch mehr. Offroad-taugliche Motorradbekleidung, Werkzeug, Ersatzteile für die Bikes, ein paar Anpassungen sind noch notwendig und Camping-Equipment darf auch nicht vergessen werden - In Summe ein beachtlicher Haufen Zeug. Um nicht 15 verschiedene Läden aufsuchen zu müssen, entscheiden wir uns dazu, alles bei Louis zu kaufen. Dort gibt es mächtig Auswahl und auch ein Sortiment, das zu unserem Low-Budget-Projekt passt. Nach einem mächtigen Shoppingtag bei Louis haben wir auch den Großteil beisammen, jetzt gilt es nur mehr die Bikes auszustatten und vorzubereiten. Wir entscheiden uns noch für die Mitas E-09 als Einheitsbereifung und lassen diese aufziehen, am Rest versuchen wir uns selbst. Als talentlose Schrauber haben wir eher bescheidenen Erfolg dabei, aber spätestens die Profis bei Martin Bauer helfen uns aus, und überprüfen auch, ob wir mit unseren Bike einen Fehlkauf gemacht haben.

Endlich geht es los! - Die Eckdaten zur Seeker Raid 2022

Die letzten Tage vor der Rallye sind noch von hektischer Vorbereitung geprägt und dann geht es am 31.07.22 endlich los. Die Bikes werden in unseren Transporter geladen und schon geht es südwärts. Die Anfahrt durch Ungarn und Kroatien geht flott voran, die letzten 250 km in Bosnien ziehen sich aber, da das Land kaum über Autobahnen verfügt und man so nur langsam auf kurvigen Landstraßen und durch Ortsgebiete dahinrollt. Aber schließlich kommen wir am späten Nachmittag doch noch in Konjic an, dem Start- und Zielort der Seeker Raid. 500 € kostet die Teilnahme pro Person und das Starterfeld ist auf ca. 30 Personen begrenzt. Veranstalter Stefan, der uns bei Ankunft sogleich freudig begrüßt, möchte das Event persönlich und klein halten. "Man muss von jedem Teilnehmer den Namen kennen. Wir sind hier schließlich wie eine Familie.", ist sein Zugang zu Seeker Raid. Am Parkplatz des Hotel Konjic sind alle in die letzten Vorbereitungen vertieft, GPS Tracker werden montiert, Ketten geschmiert und Schrauben nachgezogen. Die restlichen Vagabunden, wie die Teilnehmer der Seeker Raid sich selbst nennen, sind durch die Bank erfahrene Enduristen und können einen beachtlichen Fuhrpark vorzeigen. Da steht eine alte Africa Twin, dort eine BMW R 100 GS und auch einige KTM LC4, Yamaha Tenere und Suzuki DR-Bikes sind auch dabei. Als letzter Schritt wird noch die Navigation vorbereitet. Stefan überspielt jedem Teilnehmer die GPX-Dateien und schon hat man die Tracks für die nächsten 6 Fahrtage auf dem Navi. Die Etappenlängen liegen dabei zwischen 130 und 250 Kilometern und enthalten immer wieder auch einige Streckenabschnitte am Asphalt. Der Großteil der Seeker Raid Tracks geht aber über unbefestigte Wege.

Die Fahrtage bei der Seeker Raid 2022

Alle Geschehnisse, Missgeschicke, Stürze und Glücksmomente der Fahrtage schriftlich wiederzugeben, könnte vermutlich ein Buch füllen, weshalb ich mich hier auf eine ganz kurze Zusammenfassung mit Verlinkung zum jeweiligen Video beschränke. Tag 1 der Seeker Raid beginnt langsam und schon nach 5 km fallen die ersten Reparaturen an. Vor allem sorgt aber unsere Unsicherheit im Gelände für Anspannung und etwas Angst vor den kommenden Tagen. "Learning by doing" ist das Motto und tatsächlich wird das Fahrgefühl mit jedem gefahrenen Kilometer besser. Mit dem Bergdorf Lukomir wird uns auch gleich am ersten Tag ein landschaftliches Highlight präsentiert und wir kommen sehr glücklich im bezaubernden Tagescamp an. Da braucht es erst mal einen Schnaps zur Feier!

Tag 2 der Seeker Raid geht in ähnlicher Manier weiter. Wir gewöhnen uns immer mehr an unsere alten Eisen und Bosniens raues Terrain und fangen an mehr und mehr Spaß zu haben. An diesem Tag erschlägt uns auch die ungezügelte Freiheit und atemberaubende Schönheit der bosnischen Hochebenen. Dieses Enduro-Paradies begeistert uns extrem, denn dergleichen wäre in Österreich und Deutschland unvorstellbar.

Tag 3 und Tag 4 der Seeker Raid stellen die ersten größeren Herausforderungen an Juliane, Fabian, Schaaf und mich. Schon davor gab es immer wieder mal knackige Stellen. Vor allem tiefer Schotter ist unser Erzfeind. Doch das ausgetrocknete Flussbett am dritten Fahrtag treibt uns erst so richtig die Schweißperlen auf die Stirn. Die Dauerbelastung hinterlässt auch langsam Spuren an unseren Maschinen und Körpern, erste Ausfälle und Wehwehchen sind zu beklagen. Trotzdem steigt auch die Selbstsicherheit mit der wachsenden Erfahrung, was nicht immer gut sein muss. Am vierten Tag, angespornt von den an uns vorbeiziehenden restlichen Teilnehmern der Seeker Raid, übertreibe ich es etwas am Schotterpass und schon breiten sich die KLR und ich in der Kehre aus. Neben ein paar auf der Stelle notwendigen Reparaturen sollte dieser Sturz noch weitere Konsequenzen nach sich ziehen...

Tag 5 der Seeker Raid ist der Höhepunkt der Reise, in mehrerlei Hinsicht. An keinem anderen Tag hatten wir so große Probleme, sind so oft gestürzt, oder haben so schöne Momente erlebt. Und das obwohl mir gleich in der Früh der Schalthebel auf den ersten Metern abbricht und wir mit drei Stunden Verspätung erst starten können. Doch darauf folgen anspruchsvolle Tiefschotterpassagen, wild galoppierende Wildpferde, ein echter Hillclimb und eine Achterbahn der Gefühle. Froh den heftigen Tag überlebt zu haben, wird die Stimmung am Abend im Camp schnell feucht-fröhlich.

Tag 6 der Seeker Raid, der letzte Tag des Abenteuers. Die Kräfte der Teilnehmer lassen schon nach, deshalb ist dieser Tag auch einer der kürzesten und weist kein allzu anspruchsvolles Gelände auf. Wir genießen die letzten Meter in Bosnien, inhalieren noch einmal mächtige Panoramen am letzten Berg der Reise und freuen uns auch ein bisschen über ein Ende der Strapazen, als wir nach insgesamt 1084 Kilometern geschafft, geschunden, doch überglücklich ins Ziel rollen. Wir sind stolz, dass sowohl die von uns ausgewählten alten Eisen, als auch wir vier Enduro-Neulinge die Seeker Raid 2022 geschafft haben. Nach einer feierlichen Abschlusszeremonie inklusive Urkundenübergabe ziehen wir ein Resümee über das Erlebte. Niemand hätte von uns gedacht, dass wir mit so wenig Geld und so alten Eisen das Abenteuer unseres Lebens haben würden. Durchaus emotional und melancholisch gestimmt geht es ans Zusammenpacken der Bikes und damit endet die Seeker Raid 2022.

Wie geht es weiter? - Die Zukunft der Seeker Raid Truppe und Motorräder

Weil wir im Laufe der Videoserie so viele Nachrichten mit Fragen und Vorschlägen erhalten haben, nehmen Schaaf und ich am Schluss der letzten Seeker Raid Folge (Episode 5) noch Stellung zu den häufigsten Kommentaren. Darin klären wir noch Details zur Seeker Raid, was mit den Motorrädern passiert, warum wir die Seeker Raid nicht wiederholen werden und welche ähnlichen Projekte in Zukunft noch folgen könnten.

Selber machen! - Low-Budget Abenteuer mit alten Motorrädern

Zusammenfassend kann die Seeker Raid wohl als Erfolg gefeiert werden. Nicht nur weil wir einen irrsinnigen Spaß dabei hatten, sondern weil auch die Youtube-Kommentare vor positiver Rückmeldung am Überlaufen waren. Viele haben auch selbst Interesse oder den Willen zu so einem Abenteuer bekundet, manche aber auch verbunden mit Selbstzweifeln und Vorbehalten. Dabei sind wir der beste Beweis dafür, dass es weder Erfahrung, noch ein großes Budget, oder ein hohes Level an Fitness braucht. Einfach Zweirad zulegen, eine witzige Idee überlegen, ein paar gute Freunde motivieren und schon kann es losgehen. Die Problemchen am Weg gehören dazu, doch mit einem guten Team lässt sich jede Hürde nehmen. Also: Selber machen!

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Bericht vom 20.12.2022 | 23.588 Aufrufe

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