Ducati CEO Claudio Domenicali im Interview - Ducatis Zukunft!

Deshalb bekommt die Panigale kein Ride-Hight-Device

Ducati-CEO Claudio Domenicali spricht mit Poky über neue Modelle, den Technologietransfer aus der MotoGP, die Rally Dakar, die MotoE und warum die Monster der Einstieg in die Ducati-Welt bleibt.

Werbung
powered by Kawasaki AT
Mehr erfahren

In einem kurzen, aber intensiven Gespräch während der Ducati World Première 2026 traf Poky den Ducati-CEO Claudio Domenicali. Thema waren die zukünftige Ausrichtung der Marke, die Entwicklung aus dem Rennsport und wie Ducati Exklusivität mit Zugänglichkeit in Balance halten will. Domenicali gab Einblicke in die neuen MotoGP-Regularien, die 450-ccm-Einzylinderplattform und erklärte, warum ein Ducati-Schlüssel auf dem Tisch immer noch ein Statement ist.

Poky, 1000PS: Claudio, danke, dass du dir Zeit nimmst. Unser letztes Interview ist sechs Jahre her - schön, dass es wieder einmal klappt. Beginnen wir mit der Ducati World Première 2026. Die Präsentation zeigt einen klaren Trend leichtere Motorräder, noch mehr Racing-DNA und gleichzeitig breitere Zugänglichkeit. Wo liegt aktuell der wahre Einstiegspunkt in die Ducati-Welt?

Claudio Domenicali, CEO Ducati: Ich würde sagen: Bei der Monster. Sie ist ein fantastischer Einstieg in die Marke. Die neue Generation ist komplett überarbeitet, bleibt aber ganz klar eine Monster im Design und im Charakter. Ich liebe, wie treu sie der ursprünglichen Idee geblieben ist, während sie technisch auf dem neuesten Stand und extrem leicht ist. Dank des neuen V2-Motors er wiegt nur 54 Kilogramm ist das Gesamtgewicht sehr niedrig. Zusammen mit dem straßenorientierten Fahrwerk ergibt das ein sehr kompetentes Motorrad. Selbst als Einstieg in die Ducati-Welt ist sie sportlich und voller Charakter.

Poky: Ihr bringt jedes Jahr mehrere neue Modelle auf den Markt. Wie gelingt es euch, trotz dieser Geschwindigkeit Exklusivität zu bewahren? Wenn ich zum Beispiel ein 2024er-Modell kaufe fühlt es sich in zwei Jahren schon alt an?

Claudio Domenicali: Das würde ich nicht sagen. Wir arbeiten hart daran, das Design weiterzuentwickeln, ohne es zu zerstören. Keine unserer vorherigen Modellgenerationen fühlt sich alt an jede Panigale ist klar eine Panigale, jede Monster eine Monster. Wir aktualisieren die Technologie, nicht die Seele. Manchmal ist es nur ein neues Dashboard oder eine Elektronikfunktion; diesmal hat sich bei der Monster durch den neuen Motor mehr verändert. Aber wir ersetzen Modelle nicht ständig. Dieser Motor zum Beispiel wird viele Jahre im Programm bleiben.

Poky: Kommen wir zum Rennsport. Ducati ist in der MotoGP erfolgreicher denn je. Wie siehst du die neuen Regularien für 2026/2027?

Claudio Domenicali: Es ist ein Neustart. Die Motorräder werden einfacher weniger Möglichkeiten, bei Elektronik und Aerodynamik Innovationen zu zeigen. Ride-Height-Systeme werden verboten, und die Aero-Pakete weniger dominant. Dadurch rücken die MotoGP-Bikes näher an die Superbikes heran, also auch näher an die Serienmaschinen. Dieser Schritt ist insofern interessant, da viele dieser Technologien, die in Zukunft untersagt werden sollen, stammen ursprünglich von Ducati Ride-Height-Systeme, Winglets und so weiter. Jetzt dürfen wir diese Entwicklungen nicht mehr fortführen.

Das ist schade, denn was wir auf der Rennstrecke lernen, können wir normalerweise auf die Straße bringen. Heute sind Aerodynamik-Elemente Standard an unseren Straßenmodellen Ride-Height-Systeme hätten denselben Weg gehen können.

Poky: Gab es also tatsächlich Pläne, ein Ride-Height-System in der Panigale V4 R einzusetzen?

Claudio Domenicali: Ausgeschlossen hatten wir das nicht. Die Umsetzung wäre komplizierter, aber grundsätzlich ist es ein spannendes Konzept. Mit den neuen, vereinfachten Regeln beginnt nun für alle ein neues Kapitel. Es wird interessant zu sehen, welcher Hersteller das neue Regelwerk am besten interpretiert.

Poky: Werden die MotoGP-Motorräder der nächsten Generation also noch näher an die Panigale heranrücken?

Claudio Domenicali: Ja, die Verbindung bleibt stark. Ein MotoGP-Bike wird künftig weniger Abstand zu einer rennstreckentauglichen Panigale haben. Wenn man heute eine Panigale R nimmt und eine Racing-Auspuffanlage montiert, liegt man bereits bei einer Spitzenleistung von über 240 PS. Im neuen Format wird die MotoGP-Leistung diesem Bereich näherkommen, als es derzeit der Fall ist. Irgendwann werden Serienmotorräder für ambitionierte Fahrer das Leistungsniveau der MotoGP erreichen dahin entwickelt sich alles.

Poky: Stichwort V4, Stichwort Plattformen ihr habt V4- und V2-Motoren in vielen Modellen. Der 450-ccm-Einzylinder ist dagegen bisher nur im MX/Enduro-Bereich im Einsatz. Wird es Straßenmodelle mit diesem Motor geben oder bleibt er Offroad vorbehalten?

Claudio Domenicali: Im Moment bleibt er ausschließlich für den Offroad-Bereich. Aber es ist ein sehr interessanter Motor. Wir würden nicht ausschließen, ihn künftig für andere Konzepte zu nutzen. Er wurde robust und langlebig konstruiert, was uns später viele Möglichkeiten eröffnet.

Poky: Und was ist mit einer Rallye-Variante oder gar einer Basis für eine Dakar-Teilnahme?

Claudio Domenicali: Darüber haben wir tatsächlich nachgedacht, ja aber derzeit ist es kein Thema. Wir wollen Schritt für Schritt vorgehen. Zuerst konzentrieren wir uns auf Motocross und Enduro, das ist schon Herausforderung genug.

Poky: Lass uns über die MotoE und Elektrifizierung im Generellen sprechen. Wie würdest du den Ducati-Charakter in einem Elektromotorrad definieren? Hier geht es aktuell noch viel um Sound und Emotion wie behält man das typische Ducati-Gefühl ohne Verbrenner?

Claudio Domenicali: Das ist keine einfache Aufgabe. Wir haben viel aus der MotoE-Entwicklung gelernt, aber es liegt noch ein weiter Weg vor uns, bis ein vollelektrisches Ducati-Modell die Leistung und den Charakter eines Verbrenners erreicht. Wir arbeiten an verschiedenen Studien, und wenn wir eines Tages ein E-Motorrad präsentieren, dann wird es ein echtes Ducati sein kein beliebiges E-Bike mit unserem Logo.

Poky: 2025 gab es eine Abschwächung im Markt, weniger Motorräder konnten in Umlauf gebracht werden. Ein Blick in die Zukunft bitte wie sieht dein Marktausblick für 2026 und 2027 aus? Wo siehst du Chancen, wo Risiken?

Claudio Domenicali: Der Markt wird überall herausfordernd. Ehrlich gesagt sehe ich mehr Risiken als Chancen. Entscheidend wird sein, ein aktuelles Modellportfolio zu haben, ein starkes Markenimage und anhaltende Rennerfolge. Ducati hat mit 100 Jahren Geschichte, modernster Technologie und sportlichem Erfolg eine besondere Position. Manche Marken haben gute Produkte, aber keine Historie andere sind im Rennsport stark, aber haben keine echten Seriensportbikes. Ducati vereint all das. Deshalb bleiben wir auch in schwierigen Zeiten optimistisch.

Poky: Eingangs haben wir das Thema Einstieg und jüngere Fahrer angesprochen. Die Monster ist ein Einstieg, aber mit der Scrambler und der Hypermotard gibt es weitere Zugänge zur Marke, oder?

Claudio Domenicali: Ja, absolut. Die Scrambler ist ebenfalls ein Einstieg, aber sie gehört zu einer anderen Welt. Ducati steht für Performance, Scrambler für Lifestyle. Ich sage gerne: Ducati ist die rote Welt, Scrambler die gelbe. Dann gibt es noch die Hypermotard sie spricht jüngere, eher freche Fahrer an, während die Monster der klassische Ducati-Einstieg bleibt. Es gibt also zwei klare Wege, Teil der Ducati-Welt zu werden.

Poky: Viele europäische Hersteller produzieren mittlerweile kleinere Motorräder in Indien oder China. Wäre Platz für eine noch günstigere Ducati unterhalb eurer aktuellen Einstiegsklasse?

Claudio Domenicali: Nein. Das wollen wir nicht. Wir wollen Ducati unverwechselbar halten. Gerade weil andere Marken diesen Weg gehen, entscheiden wir uns bewusst dagegen. Wenn du einen Ducati-Schlüssel auf den Tisch legst, bedeutet das etwas. Jede Strategie kann richtig sein, wenn Marke und Produkt zusammenpassen aber unser Weg ist klar: exklusiv bleiben. Eine Ducati zu wählen, sagt etwas über dich aus dass du Materialien, Fahrwerk, Performance und Design schätzt. Deshalb meiden wir das "Billigsegment". Wir konzentrieren uns lieber auf das, was Ducati besonders macht.

Poky: Es wird schwieriger, junge Fahrer zu erreichen wie wichtig sind physische Events wie die World Ducati Week oder Festivals wie der Newchurch Summit im Vergleich zu digitalem Marketing?

Claudio Domenicali: Sie sind sehr wichtig. Digitale Kommunikation ist entscheidend, aber persönliche Treffen sind ebenso essenziell. Ducati steht nicht nur für Produkte sondern für Gemeinschaft, für Erlebnisse. Veranstaltungen wie WDW oder Rennwochenenden sind Teil der Ducati-DNA. Fahren, treffen, teilen das macht Ducati besonders. Physische Events werden immer ein zentraler Bestandteil unserer Strategie bleiben.

Poky: Vielen Dank für das Gespräch.

Claudio Domenicali: Sehr gerne. Danke dir.

Autor

Bericht vom 19.12.2025 | 3.469 Aufrufe

Empfohlene Berichte

Pfeil links Pfeil rechts