Suzuki GSX-8S vs. SV650 im Naked Bike Vergleich

25 Jahre Entwicklung bei Suzuki verpackt in zwei Naked Bikes

Als die Suzuki SV650 erstmals im Jahr 1999 auf den Markt gekommen ist, dachte wohl kaum jemand dass das Modell ein Vierteljahrhundert überdauern wird. Doch die SV650 gilt nach wie vor als beliebtes Einsteiger- und Mittelklasse-Motorrad und hat sich aufgrund ihrer Vielseitigkeit und ihres erschwinglichen Preises einen festen Platz in der Motorradlandschaft erobert. 2023 werden die Karten neu gemischt. Der Klassiker bekommt auch hausintern mit der GSX-8S massive Konkurrenz. Ein Vergleich der Jahrtausende mit Zonko und Poky.

Suzuki SV650 vs. GSX-8S Technische Daten im Vergleich

Die beiden Suzukis sind am Papier ganz schön nahe beieinander, wobei sich im Detail doch klare Unterschiede zu Tage treten: Die GSX-8S ist mit einem 4-Takt Reihe 2-Zylinder-Motor ausgestattet, der über eine Einspritzung und einen Hubraum von 776 Kubik verfügt. Im Gegensatz dazu besitzt die SV 650 einen 4-Takt V 2-Zylinder-Motor mit einem Hubraum von 645 Kubik. Das maximale Drehmoment der GSX-8S beträgt 78 Newtonmeter bei 6.800 Touren, während die SV 650 mit 64 Nm Drehmoment bei 6.800 Umdrehungen aufwartet. Die GSX-8S besitzt eine Telegabel Upside-Down und hinten ein in Federvorspannung verstellbares Monofederbein. Bei der SV 650 setzt man auf eine Telegabel konventionell mit 41 Millimeter Standrohr-Durchmesser und ein hinten in Federvorspannung verstellbares Monofederbein. Bei der Bremsanlage vertraut die GSX-8S auf eine Doppelscheibe mit 310 Millimeter Durchmesser und Vierkolben-Zange vorne und hinten auf eine Scheibe. Die SV 650 ist mit einer Doppelscheibe mit 290 Millimeter Durchmesser und Vierkolben-Zange vorne sowie einer Scheibe mit 240 mm Durchmesser und Einkolben-Zange hinten ausgestattet.

Die GSX-8S ist mit Pneus (in unserem Fall mit Bridgestone S22 statt der serienmäßigen Dunlop Sportsmart 2) in den klassischen Naked Bike-Größen 120 / 70 - 17 vorne und 180 / 55 - 17 hinten ausgestattet, während die SV 650 auf Reifen in den Größen 120/70-17 vorne und 160/60-17 hinten setzt. Der Radstand der GSX-8S misst 1.465 Millimeter, die Sitzhöhe beträgt 810 Millimeter, während die SV 650 von Radachse zu Radachse 1.445 mm lang ist und eine Sitzhöhe von 785 Millimeter besitzt. Mit einem fahrfertigen Gewicht von 202 kg ist die GSX-8S ähnlich schwer wie die SV 650 mit 200 kg. In den Tank der GSX-8S passen 14 Liter Sprit, während die SV 650 mit einem Tankvolumen von 14,5 Litern ausgestattet ist.

Papier ist geduldig - kurvenreiche Straßen weniger: Performance SV650

Nimmt man im Sattel der SV650 Platz und lässt den Motor an, merkt man sofort, dass hier seit der Erstentwicklung des Motorrads einige Jahre ins Land gezogen sind. Der einst so charismatische 90 Grad V2 (übrigens der letzte seiner Art in dieser Klasse) vermag einen nicht mehr so recht vom Hocker zu reißen. Auch der Sound wirkt - Euro 5 sei Dank - zugeschnürt. Das Ansprechverhalten des Zweizylinders ist brav, aber super präzise geht anders, Ride-by-wire bleibt hier eindeutig ein Fremdwort. Die Drehfreude des 645 Kubik Aggregats ist zwar vorhanden, auf einen Punch wartet man jedoch vergeblich. Der sympathische Antrieb, der zahllose Fahrschüler das erste Mal Beschleunigung auf zwei Rädern erleben hat lassen, ist angegraut.

Für das Fahrwerk gilt Ähnliches. Die dünne Teleskopgabel vermittelt wenig Sicherheit beim schärferen Anbremsen vor Kurven, das Heck neigt zum Pumpen. Man nimmt sich besser etwas zurück und lässt die in unserem Fall frühlingshafte Landschaft rund um Hochwolkersdorf auf sich wirken. Zu dieser gemütlicheren Gangart passt auch die Dimensionierung und Auslegung der Bremsanlage auf der SV 650 besser als zum flotten Galopp.

Ein Star ist geboren - Überraschend komplett präsentiert sich die Suzuki GSX-8S bei ihrem Debut

Schwingt man sich im direkten Umstieg auf die GSX-8S, wähnt man sich vollkommen zu Recht in einer neuen Welt. Trotz des beinahe identen Gewichts von - auf der 1000PS Viehwaage überprüften 203 kg - fühlt sich die neue Mittelklasse-Suzuki nach deutlich mehr Motorrad an. Selbes gilt für den bombastischen Motor, der mit seinem kultivierten und druckvollen Gehabe mehr als die 83 PS Höchstleistung abzugeben scheint. Einzig das Ausdrehen (die perfekt ablesbare Darstellung des Drehzahlmessers im neuen 5 Zoll TFT Display weist eine Skalierung bis 12.000 Touren auf) bringt hier wenig, da die Maximalleistung bereits bei 8.500 Umdrehungen anliegt. Hat man sich daran einmal gewöhnt und bewegt die Suzuki in ihrem bis dahin breiten Wohlfühlbereich steht permanent genügend Kraft zur Verfügung. Es braucht nicht mehr Motorrad.

Perfekt ins Bild passt der serienmäßige Quickshifter, mit dem man mühelos Gang für Gang nachlegt. Auch die Performance der Bremsen lässt die SV-Schwester im wahrsten Sinne des Wortes alt aussehen. Das ABS macht allzu sportlichen Vorhaben dabei ab und an den Garaus, da nach dem scharfen Initialbiss den die Doppelscheibe vorne bietet eine doch konservative Regelung ansteht. In Summe ist die Verzögerungsleistung aber nahezu ideal dimensioniert, der einstellbare Bremshebel verlangt dem Piloten wenig Handkraft ab. Auch das - nicht einstellbare - Fahrwerk weiß zu überzeugen. Selbst für schwerere Piloten ist noch genug Dämpfung vorhanden, ohne dass die Abstimmung zu weich geraten wäre. Mit der Suzuki GSX-8S kann man lange Tage im Sattel verbringen und auch an deren Ende noch im Winkelwerk angreifen.

Sitzposition und Ergonomie aus zwei Jahrtausenden

Die GSX-8S lässt sich von der Bestuhlung her locker eine Fahrzeugklasse höher einordnen. Der auf 810 mm befindliche Sattel ist eine wahrlich gelungene Mischung aus Komfort und Feedback. Der breite Lenker unterstützt das stabile Fahrzeug ohne größere Mühe in enge Radien zu dirigieren. Auch größere Piloten, wie der Tester mit 1,87 Metern, finden einen für ein Naked Bike entspannten Kniewinkel vor. Die Positionierung der Fußrasten ist dabei so gewählt dass man auch bei beherzterer Gangart kein Problem mit zu wenig Schräglagenfreiheit vorfindet.

Ein anderes Bild zeichnet sich beim Aufsitzen auf die SV 650. Das extrem zugängliche Bike mit niedriger Sitzhöhe ist für weniger in die Höhe geschossene Mitmenschen ein echter Vertrauensspender. Größere Zeitgenossen müssen dann doch stark mit den Platzverhältnissen haushalten. Das betrifft sowohl den Kniewinkel, als auch den schmalen Lenker. Die Sitzposition ist zwar angenehm aufrecht, aber der Lenker befindet sich gefühlt einfach ein paar Zentimeter zu nahe am Körper um eine aktive Fahrweise zu unterstützen.

Elektronik von damals und heute

Ein mausgraues LC-Display, das zwar überraschend viele Informationen (Ganganzeige, Reichweitenangabe,...), aber sonst wenig Freude (Ablesbarkeit, Übersicht) bietet, bildet das Zentrum des Cockpits der SV 650. Hier wünscht man sich klassische Rundninstrumente zurück, diese würden besser ins Bild passen und wären in dieser Klasse mittlerweile zudem ein absolutes Alleinstellungsmerkmal. Vermutlich verhindert der Kostendruck solche Spielereien. Ansonsten ist außer dem obligatorischen ABS kaum Elektronik in der SV verbaut, Puristen würden sagen: Was nicht da ist, kann auch nicht kaputt gehen. Der Rundscheinwerfer vorne setzt auf eine klassische Halogenlampe, LED sucht man auch bei der Heckleuchte vergeblich. Besonders ins Auge stechen dem Betrachter die mittlerweile klobig wirkenden Blinker an der SV.

Ein gänzlich anderes Bild zeigt sich bei der GSX-8S, die sich in der Formensprache orientiert sich an den größeren 1000er Schwestern und zitiert deren Kampfjet-Optik, ohne dabei eine gewisse gefälligere Eigenständigkeit vermissen zu lassen. Moderne Zeiten und auch von der Haptik her ein tolles Erlebnis bietet das Cockpit der GSX-8S. Das zentrale TFT-Display macht eine herrliche Figur udn stellt in Sachen Ablesbarkeit und Helligkeit den Klassenprimus. Die Bedienelemente wirken hochwertig und langlebig, die Bedienung gibt ebenfalls keine Rätsel auf. Connectivity-Funktionen sucht man allerdings vergeblich. An Assistenzsystemen finden sich ABS sowie eine in drei Stufen einstellbare, abschaltbare Traktionskontrolle und drei Fahrmodi (A,B,C) an Board. Für die flotte Landstraßenhatz empfiehlt sich Modus A mit der Traktionskontrolle auf Stufe 1, diese schärfsten Stufen sind aufgrund des gelungenen Ansprechverhalten des Motors und der tendenziell konservativen Auslegung der elektronischen Systeme auch weniger versierten Piloten zuzutrauen.

Welche Gründe 2023 für einen Neukauf der Suzuki SV650 sprechen

Lesern die bis hier her immer noch Kaufinteresse an der SV650 bekunden können möchte ich meine Gratulation aussprechen. Sie liegen nicht falsch, es gibt nach wie vor gute Gründe auch im Jahr 2023 eine Suzuki SV 650 zu kaufen:

  • 1. Die (voraussichtlich) letzte Chance einen wahren Motorradklassiker zu kaufen. Wie VW beim Mexicokäfer bietet Suzuki mit der SV 650 die Möglichkeit einen kommenden Klassiker im Jahr 2023 fabriksneu zu erwerben: Rundscheinwerfer, V2 Motor, Gitterrohrrahmen - mit voller Garantie.
  • 2. Es gibt wohl kein Motorrad am Markt, das den Reifegrad der Suzuki SV 650 erreicht. Sämtliche Kinderkrankheiten wurden über die letzten 25 Jahre ausgemerzt. Der Zubehörmarkt bietet alles, was das Herz begehrt und auch im tiefsten Hinterland wird man problemlos eine Werkstatt finden, die, falls entgegen aller Wahrscheinlichkeit doch einmal etwas kaputt sein sollte, die SV wieder fit macht.
  • 3. Die SV650 ist ein absoluter Sympathieträger. Unzählige Personen hat genau dieses Modell zum Motorradfahren gebracht, schließlich war es ein sehr beliebtes Fahrschulmotorrad.
  • 4. Last but not least: Der Preis. Einen günstigeren Einstieg in die Welt des motorisierten Zweirads über 48 PS zu finden ist verdammt schwer. Mit der nächstes Jahr anstehenden Verschärfung der Euro 5 Norm werden spätestens gegen Ende dieser Saison absolute Schnäppchen zu machen sein. Ihr findet aktuelle Markplatzangebote zur Suzuki SV650 natürlich auf 1000PS.

Das Bessere ist des Guten Feind - Dominanter Aufschlag der Suzuki GSX-8S

Man kann nur hoffen, dass Suzuki die Lager prall gefüllt hat, die neue GSX-8S wird ihnen nämlich spätestens nach den ersten Probefahrten aus der Hand gerissen werden. Hier geht es zu aktuellen Markplatzangeboten zur Suzuki GSX-8S in deiner Nähe. Ein komplettes Naked Bike am Puls der Zeit zu einem attraktiven, fairen Preis. Suzuki verlässt die Billigschiene, stellt aber auch ein irr gutes Motorrad dafür bereit. Auch Menschen, die in der glücklichen Lage sind viele verschiedene Motorräder fahren zu dürfen ertappen sich im Sattel des neuen Suzuki Nakeds dabei zu hinterfragen: Braucht es wirklich mehr Motorrad um glücklich zu sein?

Einen Appell oder vielleicht eher einen Wunsch möchte ich an dieser Stelle Richtung Japan äußern: Bitte kein Ausruhen auf diesen Lorbeeren. Ich möchte in 25 Jahren beim Artikelschreiben kein Deja-vu erleben müssen.

Fazit: Suzuki SV 650 2023

Seit 25 Jahren ist die Suzuki SV 650 am Markt, so lange wie kein anderes Motorrad. Das Triebwerk bekam ein Euro5-Update und präsentiert sich nun noch erwachsener, womit es eindeutig zum gesamten restlichen Package passt. Die SV 650 will niemanden, vor allem Einsteiger nicht erschrecken. Das Fahrwerk macht einen soliden, unaufgeregten Eindruck, die Bremse erfordert ordentlich Handkraft, damit nicht etwa unerwartet überbremst werden kann. Die Optik ist einerseits zeitlos, andererseits an einigen Komponenten wirklich schon etwas veraltet. Dafür ist der Preis, wie üblich bei Suzuki, fair.


  • Letztes V2-Triebwerk der Klasse
  • einsteigerfreundliche Sitzposition
  • einfaches Handling, zeitlose Optik
  • Bremse erfordert Handkraft
  • außer ABS keine Elektronik an Bord
  • Armaturen mäßig ablesbar

Fazit: Suzuki GSX-8S 2023

Bereits der Name GSX-8S soll klar machen, dass da etwas völlig neues daher kommt, der Tradition wegen hätte sie ja eigentlich GSX-S800 heißen müssen. Aber das Paket ist gut geschnürt, wenn man ein ausgewogenes Allround-Naked Bike sucht. Die Sitzposition erlaubt auch weitere Strecken, der Fahrwerkskomfort bügelt Unebenheiten souverän weg. Der Motor macht grundsätzlich auch alles richtig, ganz sportlich Ambitionierten wird aber der letzte Kick im obersten Drehzahlbereich fehlen. Die Elektronik ist überschaubar aber komplett und die Bremse packt richtig gut zu. Lediglich das ABS mischt sich ein wenig ein und regelt gelegentlich beim harten Anbremsen unnötig früh. Insgesamt aber ein richtig ausgewogenes Naked Bike, das optisch ordentlich etwas her macht!


  • souveräner Motor
  • komfortables, ausgewogenes Fahrwerk
  • ausgezeichnete Bremsen
  • gute Schräglagenfreiheit
  • knackiger Quickshifter
  • ausreichende Elektronik
  • scharfe Optik
  • ABS regelt früh

Bericht vom 13.05.2023 | 16.940 Aufrufe

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