Kawasaki Ninja 650 gegen Kawasaki Z 650 im Jahr 2020

Geschwisterduell: besser nackt oder verkleidet?

Die 2020 frisch geschlüpften Kawa-Zwillinge im direkten Vergleich. Identes Innenleben aber unterschiedliche Verkleidung. Was passt besser zum gutmütigen Zweizylinder: verkleidet oder nackt?

Die Gemeinsamkeiten der zwei-eiigen Zwillinge - Motor und Fahrwerk

Beginnen wir beim Herzstück dem wohl-erprobten DOHC-Zweizylinder. Er ist ein alter Bekannter, der über die Jahre nur behutsam überarbeitet wurde, um die Abgasvorschriften einhalten zu können. Aber warum auch etwas richten, was nicht defekt ist? Der 649 Kubik große Motor mit seinen 68 PS bei 8.000 U/min und 64 Nm bei 6.700 U/min überzeugt mit einer absolut gleichmäßigen Leistungsangabe. Die Gänge des gut schaltbare Sechsgang-Getriebes lassen sich bis knapp über 10.000 Umdrehungen ausdrehen, ohne gleich um den Führerschein bangen zu müssen. In Summe ein Triebwerk, das Einsteiger niemals überfordert, aber auch erfahrenere Piloten nicht langweilt.

Auch die 41 mm Teleskop-Gabel und das in Federvorspannung einstellbaren Federbein arbeiten in Ninja und Z gleichermaßen. Die Grundabstimmung des Fahrwerks ist gut gelungen, einziger Kritikpunkt ist, dass die Einstellmöglichkeit des hinteren Federbeins bei beiden Modellen schlecht zugänglich ist. Der verkleideten Ninja mag man das noch verzeihen, aber bei der nackten Z 650 ist das nicht wirklich zeitgemäß. Für Piloten, die etwas mehr auf den Rippen haben oder gerne einen Sozius mitnehmen, ist es durchaus sinnvoll die Federvorspannung an die Zusatzbelastung anzupassen. Die Serienbereifung der beiden Modelle von Dunlop, der Sportmax Roadsport 2 in den Dimensionen 120/70-17 (Front) und 160/60-17 (Heck) unterscheidet sich ebenfalls nicht.

Die Gemeinsamkeiten der zwei-eiigen Zwillinge - Bremsen, Radstand, Sitzhöhe

Die Sitzhöhe von 790 mm ist bei Ninja und Z 650 ident, durch die schmalen Sitzbank ist bei den wenigsten Piloten Angst um einen sicheren Stand angebracht. Für größere Fahrer empfiehlt es sich da wie dort jedenfalls ins Zubehör zur 30 mm höherer Bank zu greifen, die die Sitzhöhe auf 820 mm anhebt. Darüber hinaus teilen sich die beiden ungleichen Schwestern den 15 Liter Tank, den Radstand von 1.410 mm, sowie die Bremsanlage. Eine 300 mm große Doppelscheibe mit Nissin 2-Kolben-Bremssattel und die 220 mm große Einzelscheibe mit Einkolben-Sattel bremsen zuverlässig und mit einer klassentypischen Stärke. Auch hier wurde auf die (Wieder-)Einsteigerfreundlichkeit geachtet. Bissig wäre das letzte Wort, das mir zu dieser Bremse einfällt,der etwas schwammige Druckpunkt verhindert hier leider einen besseren Eindruck.

Trotz des praktisch nicht vorhandenen Wind- und Wetterschutz für den Hintermann oder die Hinterfrau, ist beiden Modellen, so lange Fahrer und Mitfahrerin nicht zu groß und schwer sind, eine gewisse Soziustauglichkeit zu attestieren. Der im Vergleich zur jeweiligen Vorgängerin aufgepolstere Sitzbank erlaubt über weite Strecken einen beschwerdefreien Transport.

Unterschiede in der Kawasaki 650er Familie

Nach so vielen Gemeinsamkeiten könnte man auf die Idee kommen, es gäbe gar keine Unterschiede zwischen den beiden Mittelklasse-Kawasakis. Ganz so ist es nicht! Die Sitzposition ist auf der Ninja, bedingt durch den etwas schmäleren und stärker nach unten gekröpften Lenker sportlicher. Dadurch kommt der Windschutz den die Verkleidung bietet, insbesondere bei höheren Geschwindigkeiten stärker zur Geltung. Andererseits ist man so positioniert auch weniger flexibel im Sattel. Piloten die ihre Sitzposition im Kurvengeläuf gerne mehrfach ändern, sind auf der Z 650 besser aufgehoben. Enge Wechselkurven sind das Gebiet, wo die Z 650 glänzen kann. Die vollgetankt 187 Kilo leichte nackte wird zum Spielzeug für den Piloten und lässt sich dank der aufrechten Sitzposition herrlich hin- und herwerfen. Durch die Verkleidung muss die Ninja hier 6 Kilogramm mehr herumschleppen und fällt im direkten Vergleich nicht ganz so leicht in die Radien, wenngleich sie ein grundsätzlich agiles Motorrad ist.

Optik und Gelbeutel als stärkste Faktoren in der Entscheidung zwischen Ninja und Z

Kawasakis Design-Team hat seine Hausaufgaben gemacht. Sowohl die Ninja 650 als auch die Z 650 erinnern dank moderner LED-Scheinwerfer und Rückleuchten, sowie der schicken TFT-Einheit im Cockpit an die jeweiligen Spitzenmodelle der Baureihe, ohne ihnen zu nahe zu rücken. Der Imagetransport von der 20.000 Euro Liga in die 600er Klasse ist vollauf geglückt. Die Designsprache ist angriffslustig und dynamisch, lediglich für Anhänger klassischer Formen kann es zu Reibungspunkten beim Betrachten der beiden Mittelklasse-Bikes kommen. Insbesondere in der von uns getesteten (aufpreispflichtigen) KRT-Lackierung kommt die Formensprache der Ninja 650 gut zur Geltung. Highlight der Z 650-Farbpalette ist meiner Meinung nach die schwarze Variante auf dem giftgrünen Rahmen.

Preise Kawasaki Z 650 und Kawasaki Ninja 650

Verarbeitet sind die Kawasakis auf japan-typisch hohem Niveau, in dieser (Preis-)Klasse ist das keine Selbstverständlichkeit. Das Preisniveau hingegen ist erfreulich niedrig, die Preise der Kawasaki Ninja 650 und Kawasaki Z650 sind tatsächlich alles andere als schockierend. So wird der kostenbewusste Käufer unterm Strich bei der Z 650 landen, sie ist doch mehrere hundert Euro günstiger als das verkleidete Schwestermodell und damit der noch bessere Deal. Da wie dort bekommt man jedenfalls wirklich viel Motorrad fürs Geld und wird lange Freude haben können, vor allem wenn man bedenkt, dass sich beide Modelle problemlos für die A2-Führerscheinklasse drosseln lassen.

Am Ende ist es eine Geschmacksfrage für welche der beiden man sich entscheidet. Technisch sind sie ident und auch im Fahrverhalten sind es nur Nuancen, die die beiden unterscheiden. Warum es für mich trotzdem die verkleidete 650er sein muss, lest ihr im nächsten Absatz.

Kawasaki Ninja 650 - (fast) allein auf weiter Flur

Ich möchte an dieser Stelle eine Lanze für Kawasaki brechen. Neben der supersportlichen ZX6-R gibt es eben noch die Ninja 650 für alle, die es nicht so schnell (und nicht so teuer) brauchen oder wollen. Die meisten Hersteller haben gar kein verkleidetes Mittelklassemotorrad mehr im Programm - die Grünen gleich zwei! Bravo Kawasaki!

Auch wenn sich die Ninja 650 aus meiner Sicht eher ins Sporttourer- als ins Supersportsegment (es gibt sie ja auch als Tour-Edition mit Seitentaschen und einem höheren Windschild) einordnen lässt, strahlt der Name Ninja und die fesche KRT Lackierung an unserem Testbike einen gewissen Rennflair aus. Die einzig verbliebene Konkurrentin, die CBR650R aus dem Hause Honda bringt einen 95-PS Vierzylinder und Traktionskontrolle mit, ist aber auch etwas teurer. Zudem muss man dort auf das schicke TFT-Farbdisplay und Connectivity verzichten. Argumente die in der jüngeren Zielgruppe, auf die die beiden Hersteller mit diesen Bikes schielen, durchaus zählen!

Horvaths Meinung zur Frage nackt oder verkleidet?

Egal ob nackt, oder verkleidet - die neuen Kawasaki 650er Modellen liefern ein großartiges Paket für die Landstraße. Man darf nur nicht erwarten, mit der Ninja 650 einen reinrassigen Supersportler zu kaufen. Stattdessen sollte man sie als kompakten Sporttourer betrachten. Guter Wind- und Wetterschutz, sowie die höhere Stabilität bei Landstraßentempo geben ihr Tourenpotential! Supersportliche Eigenschaften findet man eher bei der ZX-6R. Für mich dürfte es jedoch die nackte Z650 werden. Ihre aufrechte Sitzposition, sowie der breitere Lenker geben mehr Gefühl für das Vorderrad, weshalb die Attacke auf der Hausstrecke auf der Z650 deutlich mehr Spaß macht. Trotzdem: Egal ob nackt, oder verkleidet - beide 650er Kawas sind eine echte Empfehlung!

Fazit: Kawasaki Z650 2020

Einfach herrlich, was Kawasaki für ein komplettes Paket mit der neuen Z650 geschnürt hat. Die technischen Komponenten mögen im Einzelnen vielleicht nicht vom Hocker hauen, doch in Verbindung ergeben sie ein angenehm neutrales Motorrad, mit dem jeder/jede viel Freude haben wird. Keine zickigen Eigenheiten - einfach ein Naked Bike das auf kurvigen Landstraßen richtig gut funktioniert. Als Plus kommt natürlich das TFT-Display hinzu, das wir bei der Konkurrenz zurzeit noch nicht finden, sowie die erwachsene Optik, die sich stark an den größeren Z-Modellen orientiert. Nur der Druckpunkt der Vorderbremse hätte klarer definiert werden können - in dieser Preisklasse kann man aber eben nicht alles haben.


  • durchzugsstarker Zweizylinder
  • aggressives Ansauggeräusch
  • kompakte Ausmaße
  • niedrige Sitzhöhe
  • stabiles Fahrwerk
  • TFT-Display mit Connectivity
  • erwachsene Optik
  • Druckpunkt der Vorderbremse
  • für große FahrerInnen wahrscheinlich unbequem
  • Rideology Appn och nicht 100% ausgeklügelt

Fazit: Kawasaki Ninja 650 2020

Rettet die Sporttourer! Kawasaki verwirklicht mit der Ninja 650 eine mustergültige Vertreterin dieser Klasse und sorgt somit (hoffentlich) für die Lösung des Nachwuchsproblems. Das stabile Fahrwerk und der manierliche Zweizylinder begeistern Einsteiger und Fortgeschrittene geleichermaßen, auch bei forscherer Gangart. Etwas zu gut gemeint hat man es bei der Bremse vorn, die trotz grundsätzlich guter Bremsleistung einen transparenten Druckpunkt vermissen lässt. Als Plus kommt das TFT-Display hinzu, das wir bei der Konkurrenz zurzeit noch nicht finden, sowie die erwachsene Optik, die sich stark an den größeren Ninja-Modellen orientiert.


  • eine der letzten ihrer Art
  • durchzugsstarker Zweizylinder
  • komfortable, tourentaugliche Sitzbank
  • kompakte Ausmaße
  • einsteigerfreundliche Sitzhöhe
  • stabiles Fahrwerk
  • TFT-Display mit Connectivity
  • sportliche Optik
  • für große Piloten insgesamt zu zierlich
  • Druckpunkt der Vorderbremse
  • Tourentauglichkeit zu zweit eingeschränkt

Bericht vom 07.06.2020 | 61.976 Aufrufe

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