Kawasaki Z 650 Test

Schnelles Fahren leicht gemacht

Refined Raw. Mit diesen mächtig klingenden Worten präsentiert Kawasaki die neue Z 650 in Huelva, Spanien. Nur große Worte, oder steckt im Mittelklasse Naked Bike ein echtes Sporteisen?

40 Jahre Kawasaki Z 650

Man schreibe das Jahr 1977. Sylvester Stallone erhält einen Oscar für die Hauptrolle im Filmklassiker Rocky und die Village People feiern in New York ihre Gründung. Gleichzeitig stellen am anderen Ende der Welt die Ingenieure Kawasaki ihr neues Naked Bike der Mittelklasse vor: Die Z 650. Vier Zylinder, 64 PS und ein Trockengewicht von 211kg. Kombiniert mit der Optik des Designers Ben Inamura (Designer der Z1) war sie für viele der Sohn der Z1 und die beste Kawasaki die es bis zu diesem Zeitpunkt gab. Nach erfolgreichen sieben Jahren, wurde die Z 650 Ende 1983 eingestellt und der Name verstaubte bis heute in der Schublade.

Das Erbe wurde jedoch 2006 in Form der ER-6 weitergereicht. Mit ihrem einfachen Handling und dem sanften Ansprechverhalten des Motors machte sie sich besonders bei Fahrschulen und Neulingen beliebt. Erhältlich war sie als Naked Bike oder mit Verkleidung, wodurch die Tourentauglichkeit deutlich gehoben wurde. Doch nach 10 Jahren ist selbst das beste Motorrad angestaubt und schreit nach einem Update.

Leistung Kawasaki Z 650: 68PS und 65Nm

Deswegen springen wir wieder in die Gegenwart zur brandneuen Z 650. Der Motor stammt direkt aus der Vorgängerin ER-6, er wurde für 2017 aber Euro-4 tauglich abgestimmt. Das Resultat sind 68PS bei 8000 U/min und ein maximales Drehmoment von 65Nm bei 6500 U/min. Theoretisch sind das keine Werte, die Berge versetzen. Schaut man zur Konkurrenz, wird man sogar höhere Leistungsangaben finden. Trotzdem ist der Motor ein sehr agiler Geselle, der für den alltäglichen Fahrer einen sehr ausgeglichenen Kompromiss findet. Beim Dahingleiten ist er ein typischer Zweizylinder. Leichte Vibrationen im Lenker sind spürbar, aber nicht außerhalb der Norm. Bläst man zum Angriff, macht sich die neue Motorabstimmung der Z 650 bemerkbar. Mit mehr Drehmoment bei niedrigen und mittleren Drehzahlen, geht die Z schon ab 3000 U/min forsch ans Werk. Das Gefühl von zu wenig Leistung, kam mir während unserer Testfahrt zu keiner Zeit in den Sinn.

Der Verbrauch ist mit 4,3l/100km angegeben, verbunden mit dem 15l großen Tank sollte eine Reichweite von knapp 350km möglich sein. Nach unserer 250km langen Testfahrt, die aus vielen Vollgaspassagen bestand, gönnte sich die Z 650 trotzdem nie mehr als 5,1 l/100km.

Assist- & Rutschkupplung serienmäßig an Bord

Um die Sportlichkeit der Z 650 zu unterstreichen, rüstet Kawasaki das kompakte Naked Bike mit einer Assist- & Rutschkupplung (oder Slipper Clutch) aus. Wie der Name bereits vermuten lässt, hat diese spezielle Art an Kupplung zwei Aufgaben. Einerseits wird das Betätigen des Kupplungshebels erleichtert, um auch lange Touren auf der Z 650 zu vereinfachen. Auch in der Stadt, oder in der Hand von Einsteigern, erhöht sich die Alltagstauglichkeit durch die einfache Betätigung enorm.

Die zweite Funktion findet sich in dieser Klasse eher selten und betont den sportlichen Anspruch, den Kawasaki an die Z 650 stellt. Die Rutschkupplung sorgt dafür, dass bei schnellem Runterschalten die Kupplung nicht sofort zupackt, sondern sanft schließt. Dadurch wird verhindert, dass das Hinterrad blockiert, besonders bei sportlicher Fahrweise bringt das Sicherheit. Sollte man also einen niedrigeren Gang ohne Vorgas und schnalzender Kupplung einrasten lassen, muss man sich keine Sorgen machen, die Z 650 abseits der Straße wiederzufinden.

Flinkes Handling dank umfangreicher Diät

Die Kawasaki Ingenieure haben sich Anfang des Jahres höchstwahrscheinlich den Vorsatz gemacht, über das Jahr ein paar Kilogramm zu verlieren. Ob es bei ihnen geklappt hat, kann man nicht sagen, bei der Z 650 schaffen sie es umso mehr. Die Basis bildet ein neuer Gitterrohrrahmen, der im Vergleich zur Vorgängerin 10kg an Gewicht verloren hat. Somit wiegt er nur 15kg und ist in der grünen Ausführung besonders schön anzusehen. Auch die Schwinge wurde überarbeitet und kommt in der Z 650 mit 2,7kg weniger aus. Wie bereits in der ER-6 fällt sie wegen des zentral montierten Auspuffs asymmetrisch aus. Optisch ein Hit und auch die Verarbeitung passt. Kombiniert man gerade erwähnte Maßnahmen mit weiteren Gewichtseinsparungen an anderen Ecken, kommt die Z 650 auf ein Gesamtgewicht von 187kg vollgetankt. Wie erfolgreich war also die Diät? Sehr, denn insgesamt konnte das Gewicht um genau 19kg gedrückt werden. Fahrdynamisch ein deutlicher Vorteil.

Kurvige Bergstraßen sind nämlich das Revier der Z 650. Durch die niedrige Sitzhöhe von 790mm (im Zubehör ist eine höhere Sitzbank erhältlich) und hohen Tank hat man das Gefühl tief in der Kawasaki zu sitzen. Der Knieschluss ist angenehm eng, im kantig geformten Tank lassen sich die Beine gut für den Hang Off-Stil einhacken. Der schmale Lenker, dessen Enden Richtung Fahrer gebogen sind, erinnern fast schon an die Lenkerstummeln eines Supersportlers. Keine Sorge, lange Fahrten sind auch ohne Schmerzen im Handgelenk möglich ist. Die Sitzposition ist angenehm aufrecht, vermittelt aber trotzdem einen sehr sportlichen Eindruck.

Ein Bike mit Understatement

Mit einer Bereifung von 120/70 R17 vorne und 160/60 R17 hinten wird man vor der Eisgeschäft rein optisch keinen Preis gewinnen. Die Konkurrenz um Yamaha MT-07 und Honda CB650F hat da einfach den dickeren Hintern. Fahrdynamisch ist der 160er Reifen aber die einzig wahre Lösung auf der Z 650. Dank den kompakten Ausmaßen fühlt man sich teilweise wie auf einer deutlich kleineren Maschine, einer Z 300 zum Beispiel. Erst ein Griff am Gashahn erinnert während der Fahrt, dass man es doch mit 650 Kubik zu tun hat. Ein breiter Hinterreifen würde diesen handlichen Eindruck trüben, es würde dem Charakter der Z 650 nicht entsprechen.

Während der Fahrt gibt sie einem durchgehend das Gefühl, mehr pushen zu können. Ein bisschen mehr Schräglage und einen Hauch mehr Speed kann man sicherlich in die nächste Kurve mitnehmen. Folgt man diesem Impuls wird man belohnt und fühlt sich wie ein Superstar, während der Zweizylinder schon längst um Erbarmen bettelt. Die Z 650 ist wie der Mitschüler, der immer nur Blödsinn angerichtet hat, damit durchgekommen ist und folglich das coolste Kind der Klasse war.

Einen großen Anteil an diesem verspielten Charakter hat der bereits angesprochene Hinterreifen. Die Z 650 lässt sich von einer Kurve in die nächste schmeißen, ohne den Fahrer vor zu große Herausforderungen zu stellen. Standardmäßig kommt die Kawasaki Z 650 auf Dunlop Sportmax, eine herrliche Bereifung für das Naked Bike. Das Feedback vom Reifen gab sofort sehr viel Vertrauen und motiviert für leidenschaftliches Fahren. Die Kawasaki Z 650 ist eines dieser Motorräder, das man ohne viel Übung sehr schnell bewegen kann und dabei auch noch den meisten Spaß hat.

Fahrwerk und Bremsen der Kawasaki Z 650

In der Front der Z 650 findet man eine herkömmliche Teleskopgabel, Upside-Down ist hier keine Option. Optisch zwar weder spektakulär, noch besonders schön anzusehen, gibt sie ein sehr sicheres Fahrgefühl. Dabei bildet sie einen fairen Kompromiss zwischen Sportlichkeit und Alltagstauglichkeit, obwohl zweites mehr im Fokus liegt. Bemerkbar macht sich das bei starker Beschleunigung oder abrupten Bremsmanövern. In solchen Situationen hebt sich die Front entsprechend stark, beziehungsweise taucht tief ein. Bei schneller Kurvenfahrt ist das Fahrwerk aber sehr stabil und gibt einem von Zeit zu Zeit den Eindruck ein wildes Biest zähmen zu müssen, wenn ein Schlagloch das Fahrzeug kurz in Unruhe bringt. Auch das zentral gelagerte Federbein im Heck gibt keinen Grund zur Beschwerde. Sportlich straff hat es jegliches Aufschaukeln der Z 650 sofort unterbunden.

Verzögert wird die Kawasaki Z 650 durch zwei Scheibenbremsen mit je 300mm und Doppelkolben in der Front und einer Einzelscheibe mit 220mm Durchmesser und Einkolben-Bremssattel im Heck. Die Vorderbremse hat genügend Druck und ist für die Klasse mehr als ausreichend. Die Fußbremse ist hingegen etwas zu weich und benötigt zu großen Aufwand um ihren Job zu erledigen.

Einmal Sugomi zum Mitnehmen, bitte!

Spaß beiseite, Sugomi ist kein asiatisches Gericht, dass während der Mittagspause schnell genossen werden kann. Stattdessen bezeichnet es das Design und die Philosophie, die hinter den Z-Modellen von Kawasaki steckt. Besonders prägend sind hier der markant geformte Tank und das kurze, spitze Heck. Die damit erzielte Streetfighter-Optik ist inzwischen Kawasaki-typisch und auch die Z 650 stammt mit ihrem Auftreten eindeutig aus dem grünen Haus. Nettes Detail: das Rück- und Bremslicht leuchtet in Form eines Z (siehe Bildergalerie). Die Verarbeitung ist hochwertig, einzig die Scheinwerfermaske ist an den Seiten etwas instabil, was zur Folge hat, dass die Blinker während der Fahrt auf und ab vibrieren.

Passend zur verschärften Optik wird auch das Cockpit deutlich aufgewertet. Mit einer Mischung aus analoger und digitaler Anzeige bildet das Display eine hübsche Hommage an das der ER-6. Die Darstellung ist negativ gehalten (weiße Schrift auf schwarzen Hintergrund) und ist somit auch bei direkter Sonneneinstrahlung gut ablesbar. Neben einer Ganganzeige findet man zwei Tripzähler, aktuellen Verbrauch und Durchschnittsverbrauch und ein Symbol, das einen darauf hinweist, wenn man besonders sparsam unterwegs ist.

Farben und Zubehör Kawasaki Z 650

Die Kawasaki Z 650 ist ab Jänner 2017 in drei verschiedenen Farben erhältlich. Farbliches Highlight bildet sie in Weiß. Nur bei dieser Variante ist der Rahmen in der Farbe Kawasakis lackiert. Weiters hat man die Option einer schwarzen oder silbernen Z 650, für den etwas unauffälligeren Auftritt. Angeboten wird sie als Standard Variante oder als Performance Paket, welches Akrapovic Komplettanlage, Frameslider und eine Soziusabdeckung beinhaltet. Mehr Zubehör findet man bei Kawasaki, mit Seitentaschen und Tankrucksack lässt sich die Z 650 auch für die große Tour perfekt ausstatten.

Fazit: Kawasaki Z650 2016

Die Kawasaki Z 650 ist ein wahres Universaltalent unter den Mittelklasse Naked Bikes. Der überarbeitete Motor liefert jetzt noch mehr Drehmoment und kommt sowohl mit einer sanften Gangart, als auch mit schnellerem Schritttempo gut zurecht. Features wie serienmäßige Assist- & Rutschkupplung bieten mehr Sicherheit und eine hochwertige Ausstattung im alltagstauglichen Paket. Dank niedrigem Gewicht werden sich sowohl Anfänger, als auch erfahrene Motorradfahrer schnell wohlfühlen. Kleine Schönheitsfehler, wie die zu weiche Hinterradbremse, drücken den positiven Eindruck keinesfalls, vor allem da die Z 650 mit dem richtigen Fahrer zu einer echten Sportskanone werden kann.


  • durchzugsstarker Motor
  • geringes Gewicht
  • kompakte Ausmaße
  • niedrige Sitzposition
  • Assist & Slipper Clutch
  • Sugomi Design
  • weiche Fußbremse
  • Scheinwerfermaske fragil

Bericht vom 13.12.2016 | 173.490 Aufrufe

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