Brutale 800 vs.GSR750
MV Agusta Brutale 800 gegen Suzuki GSR750 |
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Italienisches Edelmetall gegen japanische Massenware? Ungleiches Duell mit ungewissem Ausgang. |
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Was die Phonetik ihrer Produktbezeichnungen angeht, verfügen die Italiener über ein glückliches Privileg. Sie machen das beste Eis, backen die beste Pizza und dürfen die vielleicht schönste Sprache der Welt sprechen. So scheint es ihnen ein Leichtes zu sein, aus ihren Erzeugnissen Ikonen zu erschaffen, da schon alleine deren Namen mit mehr Leidenschaft, Emotion und Erotik gefüllt sind als ein Laufhaus zur Fußball-WM. Während die Firma MV Agusta bei seinen Supersportlern auf Zusatznamen gänzlich verzichtet und sie mit schlichten Nomenklaturen wie F4, F4R etc. versieht , gehört ihr der mutmaßlich stärkste Markenname für Motorräder im Allgemeinen und Nakedbikes im Speziellen: BRUTALE. |
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Phonetisch vorne: Brutale | |
Mitte 2000 kreierte die lebende Konstrukteurslegende Massimo Tamburini diesen Prototypen eines eleganten wie kraftvollen Nakedbikes im ikonenhaft-italienischen Stil. Exklusiver als die Japaner, kultivierter als die Briten und italienischer als die Italiener. Eigentlich an nichts messbar außer an der amore motore per se. Dennoch verpflichtet ein journalistisches Gebot, ein zu bewertendes Objekt in Relation zu ihm ähnlichen Objekten zu stellen. Wegen der Objektivität warads. Da es wahrscheinlich wurscht ist, welches unwürdige Konkurrenzprodukt man einer brillanten Brutale gegenüberstellt, griff der Kollege vom MoMag kurzerhand zur Suzuki GSR750, die im österreichischen Ausverkauf schon um 8.599.- zu haben ist (Modell 2012, Stand Juni 2013) und lud mich zur Doppelconference nach Hof. Doch der Preis ist ein Kriterium, das die beiden noch am geringsten voneinander unterscheidet. Am stärksten wirkt die Reputation, besonders dann, wenn es um die Frage geht Welches Motorrad fährst du? Während die Antwort Eine Suzuki nur mit einem zur Kenntnis nehmenden bis bedauernden da kommt es aufs Modell an Aha quittiert wird, erleben wir bei Eine MV Agusta, wie der Fragende und fachkundige Zeugen im akustischen Wahrnehmungsradius laut aufschreien oder vor Ehrfurcht erstarren, als hätte man seine Wundmale offenbart. Wer in flagranti mit seiner Liebsten erwischt wird, zum Beispiel vorm Eissalon, hat noch mehr Chancen, als Halbgott verehrt zu werden. |
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Die Suzuki ist vorne wie hinten aggressiv und ordinär, die MV geschmeidig mit zickigen Zügen. | |
Galerie MV Agusta Brutale 800 und Suzuki GSR750 | |
Die Wertungen Besitzerstolz und Einedreher-Faktor gehen also mit 10 von 10 Punkten an die Brutale, no na. Da ich die Brutale noch nicht kannte und der GSR nach dem ausgiebigen und intensiven Test mit Pirelli in Nardo ein bisschen überdrüssig war (irgendwann ist man die Abwechslung gewohnt), wollte ich sofort mit ihr starten. Nur sie wollte nicht sofort mit mir starten. Die Kaltstartschwierigkeiten quälten uns leider noch beim ersten Tankstopp nach ein paar Minuten Fahrt, aber nach einer längeren Warmlaufphase über die Autobahn ging es halbwegs störungsfrei weiter. | |
Zwei Bilder sagen mehr als tausend Worte. Links die GSR750, rechtd die Brutale 800. Da bleiben eigentlich keine Fragen mehr offen. Auch in den meisten anderen Details ist die MV mit dem italienischen Feinsinn für das Schöne von der Suzuki nicht zu schlagen. | |
Solche kleinen Zickereien erwartet man ja irgendwie bei derlei exklusiven und exotischen Marken und man duldet sie, wie bei einer schönen Frau. Nicht erwartet hatte ich, wie böse der 125 PS starke Dreizylinder anschiebt. Dabei liegt die Brutale beim Drehmoment mit 81 Nm nur 1 Nm über der Suzuki. Durch das geringere Gewicht - Suzuki gibt vollgetankt 211 Kilo an, MV ein Trockengewicht von 167 Kilo, womit man davon ausgehen kann, dass sie startklar ca. 185 - 190 Kilo wiegt und den kurzen Radstand von nur 1.380 mm (Suzuki: 1.450 mm) wird die Italienerin unter Volllast an der Front schnell nervös und hebt die Hufe. Die GSR kann zwar auch schön Männchen machen, wenn man es will, aber die MV ist wesentlich aggressiver und in ihrem quirligen Bewegungsdrang schwieriger zu handeln. Dafür bleibt sie in schnellen Kurven überraschend stabil und kann mit ihrer 43 mm Marzocchi Upside-Down-Gabel und dem ebenfalls voll einstellbaren Sachs Federbein die GSR ausstechen, deren Komponenten sich lediglich in der Vorspannung einstellen lassen. Wie an anderer Stelle bereits erwähnt, zählt das Bremsen nicht zu den Stärken der GSR, zu unscharf der Druckpunkt, zu träge die Verzögerung. Da wirkt die Doppelscheibenbremse mit Vierkolben-Festsätteln der Brutale wesentlich potenter, wenn auch nicht mit ABS ausgestattet, was sowieso gar nicht zu ihr passen würde. |
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Die Bremsen der GSR funktionieren, begeistern aber nicht. Bei der Gestaltung der Instrumente ist Suzuki vorbidlich. | |
Gutmütige GSR, beissende Brutale. | |
Sie ist ein Motorrad für Kenner und Könner, extrem agil, bissig und direkt. Die GSR ist eher ein jedermann- und jederfrau-Fahrzeug, selbstverständlich und unkompliziert in der Bedienung und gereifter als ihre Vorgängerin GSR600. Womit ich es auch versuche, Einzylinder, V2, Parallel-Twin, R3 oder V4, ich finde immer wieder den Weg zurück zum Reihenvierer, der mich jedes Mal glücklich macht. Auf der Rennstrecke möchte ich nichts Anderes mehr fahren, auf der Straße nicht darauf verzichten müssen. 106 PS aus 749 Kubik mögen vor dem Hintergrund der Leistungshysterie der letzten Jahre wie ein schwerer technischer Mangel wirken, reichen aber locker für alle offiziellen Aufgaben und inoffiziellen Ausraster. Sogar auf der Rennstrecke macht die GSR Spaß, weil sie ausgewogen abgestimmt ist und berechenbar reagiert. Eine achtstufige Traktionskontrolle oder vier Leistungs-Mappings kann die Suzuki zwar nicht vorweisen, braucht sie aber gar nicht. Während Stoßbefehle vom Ride-by-Wire System der MV noch nicht ganz perfekt und akkurat in Leistungsabgabe übersetzt werden, glänzt die Suzuki mit seidigweicher und direkter Gasannahme. Der Motor hatte eben auch seine Reifezeit, die Basis stammt aus dem Jahre 2005, da war die erste Brutale gerade einmal geboren. |
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Der Tank sorgt für Erregung in der Lendengegend. Das Digitaldisplay ist eher Nebensache, da auch hier Form vor Funktion geht. | |
3.571 Euro Differenz. | |
Seltsamerweise hat man auf der Suzuki das Gefühl, viel höher zu sitzen, obwohl die Sitzhöhe der MV mit 815 mm um 5 mm über jener der GSR liegt. Bei flotter Gangart über kurvige Landstraßen mutiert die Brutale schnell zum gefühlten Supersportler, während die GSR ganz sie selbst bleibt und weniger fordernd agiert. Beim hin-und-her Wechseln gefielen beide auf ihre eigene Art und Weise und deshalb fällt es schwer, einer von ihnen den Vorzug zu geben. Für die Brutale sind die Leistung, die Agilität und der Status der Marke die stärksten Argumente, für die GSR die einfach Bedienung, die Solidität und der Preis. Subtrahiert man vom Listenpreis der MV von 12.170 Euro den Aktionspreis der Suzuki von 8.599 Euro, so bleiben 3.571 Euro Rest. Viel Geld für eine hochwertige Fahrerausstattung und ein bisschen vom Zubehör. Auch damit kann man vorm Eissalon glänzen und wer fahren kann, muss auch eine Brutale nicht fürchten. | |
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Text: kot |
KOT
Weitere BerichteBericht vom 12.07.2013 | 9.625 Aufrufe