Conti SportAttack 5 im Test

Überraschender Sportreifen mit High-Performance-Potenzial

Der neue Conti SportAttack 5 will mit radikaler Neukonstruktion und cleveren Details den Sprung in die High-Performance-Liga schaffen. Ob das gelingt, haben wir auf der Rennstrecke getestet.

Conti SportAttack 5: Der Angriff auf das High-Performance-Segment

Wer in der Welt der sportlichen Motorradreifen nach den absoluten Platzhirschen sucht, hatte Continental in der Vergangenheit nicht immer ganz oben auf der Liste. Man könnte sagen, die Marke hatte in diesem Segment ein eher verstaubtes Image. Doch die Entwickler in Korbach geben sich damit nicht zufrieden. Sie haben sich über Jahre hinweg ins Zeug gelegt, um mit dem neuen Conti SportAttack 5 einen Pneu auf den Markt zu bringen, der die Messlatte höher legt. Und weil wir uns bei 1000PS nicht nur mit Marketing-Slogans zufriedengeben, haben wir uns selbst ein Bild gemacht. Genauer gesagt: Wir haben uns auf den Weg nach Oschersleben gemacht, um den neuen Pneu auf der Rennstrecke zu testen.

Die Anreise: Stilecht und mit viel Wind unter den Tragflächen

Ja, ihr habt richtig gelesen. Bei uns gibt es keine normalen Reifentests. Um euch einen Einblick hinter die Kulissen zu geben und das "Drumherum" um so einen Test zu zeigen, sind wir nicht im Sprinter, sondern mit einer Beechcraft Bonanza angereist. Von unserem Flugplatz in Bad Vöslau aus ging es in gut zwei Stunden Flugzeit direkt nach Oschersleben. Diese Art der Anreise passt perfekt zur Herangehensweise von Conti, die beim SportAttack 5 keinen Stein auf dem anderen gelassen haben. Die Beechcraft Bonanza ist ein klassisches Flugzeug der "General Aviation" und ein Typ, auf dem viele Lufthansa-Piloten ausgebildet wurden.

Der Testaufbau: Eine hohe Messlatte und zwei unterschiedliche BMWs

Um die Performance des neuen Conti nicht nur zu behaupten, sondern auch objektiv bewerten zu können, brauchten wir eine entsprechende Referenz. Also wurden zum Vergleich auch Reifen der Konkurrenz aufgezogen, um im direkten Welchsel unterschiede ausmachen zu können.

Für unseren Test haben wir zwei unterschiedliche Motorräder aus dem Hause BMW herangezogen: das sportliche Naked Bike, die BMW S 1000 R, und das Superbike, die BMW S 1000 RR. Die beiden Bikes unterscheiden sich massiv im Fahrverhalten und bieten somit eine ideale Referenz, um die Gutmütigkeit und das Verhalten der Reifen im Grenzbereich zu beurteilen.

  • Die S 1000 RR ist grundsätzlich auf Stabilität und Präzision ausgelegt. Sie bietet von Haus aus eine Menge Rückmeldung.
  • Die S 1000 R ist das genaue Gegenteil. Auf der Rennstrecke ist sie ein wenig überhandlich und zeigt etwas Nervosität gerade auf längeren Geraden. Dies macht sie zum perfekten Testobjekt, um die Unterschiede zwischen den Reifen auch in Sachen Stabilität bei kritischen Motorrädern wirklich gut herausfahren zu können.

Um die Bedingungen vergleichbar zu halten, haben wir bei beiden Motorrädern die gleichen Luftdrücke verwendet, so wie es der Hersteller angibt: 2,5 bar vorne und 2,9 bar hinten. Das wirkt zwar am ersten Blick etwas viel, aber nach Rücksprache bei Conti wurde uns das empfohlen. Dies ist ein wichtiger Punkt, da man Straßenreifen nicht mit Slick-Reifen verwechseln sollte, die für geringere Drücke gebaut sind. Straßenreifen benötigen einen gewissen Mindest-Luftdruck, um die Stabilität zu gewährleisten, und man würde nur an Performance und Präzision verlieren, wenn man den Druck zu stark absenkt, dazu aber gleich mehr.

Der neue Conti SportAttack 5: eine Revolution in der Reifentechnologie?

Die Entwickler von Continental haben die Kritikpunkte am Vorgänger, dem SportAttack 4, ernst genommen und in jahrelange Forschung und Entwicklung investiert, um ganz vorne mitmischen zu können. Es ist eine komplette Neuentwicklung mit einer neuen Konstruktion und einer neuen Gummimischung.

Eine der größten Neuerungen, die uns sofort aufgefallen ist, betrifft das Anfahrverhalten. Das ist zwar jetzt nicht komplett neu bei Continental, aber trotzdem immer noch sehr augenscheinlich, da Conti kein Trennmittel mehr verwendet und somit der Reifen bereits auf den ersten Metern gute Haftung bietet. Normalerweise muss man bei neuen Reifen eine Runde oder mehr fahren, um die oft glänzende Trennschicht abzurollen. Nicht so beim SportAttack 5, der zusätzlich eine leicht aufgeraute Lauffläche bereits aus der Form besitzt. Die Entwickler haben ein eigenes Patent entwickelt, um die Reifen ohne Trennmittel aus der Form zu bekommen. Das Ergebnis: Man kann sofort nach dem Losrollen ordentlich loslegen. Das gibt nicht nur Vertrauen, sondern spart auch wertvolle Zeit besonders auf der Rennstrecke.

Auch bei der Gummimischung geht Conti eigene Wege. Anders als viele seiner Konkurrenten, die mit Multi-Compound-Mischungen arbeiten, setzt der SportAttack 5 auf eine Single-Compound-Mischung, also eine einzige Gummimischung über die gesamte Lauffläche. Das ist bemerkenswert, da Multi-Compound-Reifen oft durch weichere Flankenmischungen mehr Seiten-Grip bieten, ohne im mittleren Bereich zu schnell zu verschleißen.

Bemerkenswert ist aber auf jedenfall, dass Conti den Reifen komplett in Deutschland entwickelt bzw. getestet hat und ihn schlussendlich auch in Deutschland fertigt.

Der Test - Das Duell auf dem Asphalt

Runden auf der S 1000 R

Wir haben unseren Test mit dem Naked Bike auf der S 1000 R begonnen. Dieses Motorrad ist für seine Instabilität und Nervosität bei hohen Geschwindigkeiten auf Geraden bekannt. Die Referenzreifen haben sich hierbei gut und konstant verhalten. Aber der Conti konnte hier seine Stärken voll ausspielen und beruhigt das Fahrzeug gerade beim Einlenken und in Schräglage. Man spürt, dass er das nervöse Fahrverhalten der R deutlich dämpft und für mehr Ruhe und Präzision sorgt. Zudem ist das Radienverhalten hervorragend. Mit leichtem Druck kann der Fahrer den Radius der Kurve mühelos variieren. Im direkten Vergleich dazu neigen manche der anderen Pneus dazu, etwas weitere Radien fahren zu wollen.

Auch beim Bremsen hat uns der Conti überrascht. Bei starken Verzögerungen und gleichzeitigem Einlenken wirkt er "unheimlich beruhigend" und absorbiert viele Unebenheiten, ohne dass es einen "Kickback" in den Lenker gibt. Das liegt daran, dass der Conti Unebenheiten in sich aufnimmt und dadurch eine bessere Rückmeldung vom Untergrund gibt.

Besonders beeindruckend war auch, wie der Conti Bodenwellen in maximaler Schräglage schluckt. Er wirkt deutlich weicher und absorbiert die Schläge etwas besser als die Mitbewerber, die über Bodenwellen manchmal "bockiger" wirken. Das Ergebnis ist eine bessere Bodenführung, die mehr Vertrauen in den Grenzbereich schafft. All diese Punkte ermöglichen es, mit dem Conti einen etwas höheren Kurvenspeed oder enger zu fahren, um einen besseren Winkel für die Beschleunigung am Kurvenausgang zu finden.

Runden auf der S 1000 RR

Auf der S 1000 RR, dem von Haus aus sehr stabilen Superbike, waren die Vorteile des Conti zwar weniger dramatisch, aber dennoch spürbar.

Auch hier liegt der Conti-Reifen in tiefen Schräglagen "satt auf der Straße" und gibt dem Fahrer ein hohes Maß an Vertrauen. Er schluckt Bodenwellen gut und hilft, das Fahrzeug zu beruhigen. Der Vorderreifen überzeugt mit viel Ruhe und Rückmeldung, was besonders beim Einlenken unter harten Bremsungen auffällt. Diese Eigenschaften sind für einen straßenzugelassenen Reifen "nicht so selbstverständlich".

Wir haben am elektronischen Fahrwerk der RR nichts großartig verändert, weshalb die Stärken des Reifens hier besonders gut zum Vorschein kamen. Die Rennstrecke ist der ideale Ort, um die Grenzen des Reifens auszuloten und wahrscheinlich auch der einzige Ort, dies mit dem geringsten Risiko zu tun. Und wie ist es nun mit der einen Gummimischung um den Sidegrip bestellt?

Conti hat es geschafft, auch mit einer einzigen Mischung einen Seiten-Grip zu erzielen, der mit der Konkurrenz absolut auf Augenhöhe ist. Der Vorteil eines Single-Compound-Reifens in diesem Fall ist, dass es keine Übergänge zwischen den Mischungen gibt, was ein sehr homogenes Fahrgefühl vermittelt. Zudem sind die Übergänge bei Multi-Compound-Reifen oft Bereiche, die am stärksten belastet werden und bei denen sich nach einigen Runden oft ein Streifen mit starkem Verschleiß bildet. Wie es dabei um die Laufleistung auf der Straße bestellt ist, muss sich hingegen noch zeigen.

Die nackten Zahlen: Luftdruck und Rundenzeiten

Der richtige Luftdruck ist auf der Rennstrecke immer ein wichtiges Thema. Viele Fahrer machen den Fehler, den Luftdruck zu weit abzusenken, was bei Straßenreifen oft kontraproduktiv ist. Wir haben deshalb mit den Werksangaben der Reifenhersteller im kalten Zustand begonnen und danach im heißen Zustand nochmals nachgemessen.

Was dabei überrascht hat, war der Anstieg des Luftdrucks während der Fahrt. Der Hinterreifen des Conti stieg von 2,9 bar kalt auf bis zu 3,8 bar im heißen Zustand an, was sogar mich überraschte. Das Bemerkenswerte daran: Der Reifen funktionierte selbst bei diesem hohen Druck immer noch gut. Dies zeigt, dass die weichere Grundkonstruktion des Conti verzeihender ist und ein breiteres Arbeitsfenster besitzt und der Reifen auch bei höheren Luftdrücken gut funktioniert.

In Sachen Rundenzeiten gab es auf der S 1000 RR in Oschersleben eine 1:33 im Verkehr. Das ist für einen kurzen Test im Verkehr ganz gut und zeigt, was der Conti an Performance mitbringt. Der größte Vorteil des Conti ist aber, dass er nicht nur einen sehr performanten Fahrer, sondern auch dem Hobby-Racer einen relativ schnellen Zugang zu flotten Zeiten ermöglicht. Durch die stoische Ruhe, die der Reifen einem vermittelt, ist man bei gutem Gefühl meist schneller.

Die Endabrechnung: Wie gut ist der neue Continental SportAttack 5?

Der neue Conti SportAttack 5 hat mich wirklich überzeugt. Continental hat die Hausaufgaben gemacht und einen Reifen entwickelt, der in allen Belangen punktet. Die Performance ist nicht nur auf Augenhöhe mit der Konkurrenz, sondern übertrifft sie in einigen Punkten sogar.

Die Single-Compound-Mischung des Conti führt nebenbei zu einem homogeneren Abriebbild und hält deshalb auch länger die Performance, zumindest auf der Rennstrecke, was einen großen Pluspunkt darstellt. Auf der Straße hingegen wird die Laufleistung über viele Kilometer hauptsächlich durch den mittleren Laufstreifen bestimmt, den wir aber bei unseren kurzen Rennstreckentest bei beiden Kontrahenten nicht ausreizen konnten.

Conti ist somit endgültig im High-Performance-Segment angekommen und muss sich nicht hinter der Konkurrenz verstecken. Der Conti SportAttack 5 ist ein ausgewogener und leistungsstarker supersportlicher Reifen, der Vertrauen schafft und es dem Fahrer leicht macht, schnell und sicher unterwegs zu sein. Wenn ihr die Möglichkeit habt, probiert ihn aus die Erfahrung zählt mehr als tausend Worte. Wir werden bald noch einen extra Test für euch nachreichen, der sich auf den Straßeneinsatz konzentriert und auch dort die Performance sowie Laufleistung dann ans Licht bringen. Was wir aber auf jedenfall nach dem Heimflug vom Test schon jetzt attestieren können: Nur Fliegen ist schöner!

Autor
Martin_Bauer

MARTIN_BAUER

Weitere Berichte

Bericht vom 30.12.2025 | 1.227 Aufrufe

Empfohlene Berichte

Pfeil links Pfeil rechts