Yamaha WR 450 F im Wüstentest

Einmal mehr hat die Yamaha WR ihre Qualitäten bewiesen

Die Yamaha WR450F stellte einmal mehr unter Beweis, dass sie quasi das Schweizer Messer unter den Enduros ist. Eine für Alles, alles mit einer WR! Die Yamaha WR450F durfte ich ja schon Ende 2015 bei ihrem Depüt in Spanien testen, dazwischen lag sie mir immer wieder mal zwischen den Schenkeln, doch diesmal konnte sie sich von einer ganz neuen Seite zeigen.

Ich muss dazu ein bisschen ausholen, denn die Yamaha hat mich auf einer besonderen Testreise begleitet. Auf meiner imaginären Motorrad to do Liste hab ich die letzten 20 Jahre schon richtig tolle Dinge abhacken können. Egal ob klassische Enduros in ganz Europa, Romaniacs, Sixdays, Rallyes und nicht zu vergessen weltklasse Testerei für 1000ps, aber ein Puzzleteil hat einfach gefehlt, die Wüste! Also hab ich mir als perfekten Saisonabschluss eine feine Tunesien Tour mit TRX gegönnt. Ganz privat, kein Rennen, keine Einladung, einfach abschalten und im Warmen Motorrad fahren, wenn bei uns die Eiskratzer wimmern.

**Vorbereitung am MX Track **

Die WR kommt aus dem Fuhrpark der Yamaha Offroad Expirence, dort war sie das ganze Jahr über für ganz lässige Touren als Leihmotorrad unterwegs. Hatte 98h oben, also gerade gut eingefahren. Kurz vor der Abholung der Bikes fuhr ich mit der WR noch 2 Tage nach Ungarn MX fahren. Das Ganze so richtig mit Blinker, Kennzeichenhalter und Hupe, nur das Taferl hab ich aus der Halterung genommen. Und auch dort machte die WR eine mehr als gute Figur. Dämpferei maximal zugedreht und Gashahn auf und die WR fliegt wie von selbst über jeden noch so großen Table. Hab den Blinker bemi Überholen der Crosser an gelassen, konnte mir den Spaß einfach nicht verkneifen, sorry Jungs! Lediglich der originale Endtopf stört vom Sound und der Leistungsentfaltung, daher musste für die Wüste noch schnell ein Akrapo drauf bevor die Reise los ging.

Ab in die Wüste

Die Motorräder wurden per Anhänger vorab nach Tunesien transportiert, wir flogen lediglich mit Handgebäck nach Djerba. In München noch leicht unter Null empfing uns Tunesien mit angenehmen 25°. Vorm Hotel waren die Motorräder schon fein säuberlich aufgefädelt, damit war die letzte Nacht in der Zivilisation ein notweniges Übel, bevor es endlich los ging. Eine große Reisetasche musste pro Person reichen, die kam auf einen der 4 Pickups, die uns die ganze Woche begleiteten. Dafür konnten wir quasi befreit in der  MX Montur reiten. Nach rund 30km bogen wir dann endgültig von der letzten Straße ab und von da an 6 Tage 100% Offroad! Zu Beginn noch weitläufige ausgetrocknete Flussbetten zogen die ersten Sandflächen unter die Räder und ab da war es vorbei mit der Formationsfahrt. Ich konnte das Kind in mir nicht mehr kontrollieren. Die 450er Yamaha war sicher auch mit Schuld, spielerisches Handling, viel Sicherheit und ein Fahrwerk, das alle Kanten und Wellen schluckt und trotzdem sensibel anspricht. Dazu ein Motor, der jetzt dank Akrapovic frei atmen kann und spritzig auf jeden Gasstoß reagiert, quasi ride by wire direkt zum Grinser ins Gesicht. Doch es kam die nächsten Tage noch besser.

All Inclusive

Die Begleitfahrzeuge fuhren auf direktem Weg zu den vereinbarten Treffpunkten, wir spielten in den Dünen und Mittags gab es mitten im Nirgendwo täglich Mittagsmenüs. Kaum zu glauben, was die Einheimischen da aus dem Pick up zauberten, Schnitzel mit Pommes! Nein das war keine Fatamorgana! Die Nachtlager im Wurfzelt waren meist in Oasen mit warmen Quellen, quasi fast täglich Wellness in der Wüste. Ein Highlight war Sif Issuoane, die höchste Düne Tunesiens. Am Fuße des 300m hohen Düne wurde der Gipfelsieg ausgerufen und unsere Gruppe strömte aus wie ein aufgescheuchter Wespenschwarm. Und da war sie wieder, das unerschütterliche Vertrauen in die 450er WR, daß ich mich auf sie verlassen konnte, sie würde mich mit einer Leichtigkeit hochtragen, wie ein Sherpa, wenn er den Kahlenberg besteigt. Ja und genau so war es auch, während die Meute sich seitlich hinauf kämpfte, zog die Yamaha der Dünen einen Scheitel, richtete quasi zwei neue Kontinentalplatten ein. Sie ist einfach genial zu fahren, super viel Leistung, trotzdem nicht aggressiv und ein so ruhiger Motorlauf. Es verging viel Zeit, bis die Nächsten dem Gipfel näher kamen, danke WR für den Gipfelsieg. Ich, Sir Edi Hillary, und Sherpa Yamaha WR Norgay, ja wir waren die Ersten!

Entschleunigung trotz Vollgas

Das Geniale an so einer Wüstentour ist, dass wir 6 Tage keinen Handy Empfang hatten, keine Straßen, keine Ablenkung. Das Leben beschränkte sich auf Frühstücken, die Tasche packen, ab aufs Motorrad und den ganzen Tag in den Dünen surfen, am Abend in warmen Quellen baden, gemütlich am Lagerfeuer sitzen und mit den einheimischen Tour Guides Wasserpfeife paffen. Nach dem Abendessen mit cooler Musik auf einem Dünenkamm zu sitzen und den Tag, das vergangene Jahr und was man sonst noch mit sich zu klären hat revue passieren zu lassen, bevor am nächsten Morgen wieder mal der schönste Sonnenaufgang ever fast schon ungeduldig auf einen ganz unaufdringlich wartet. Spätestens nach dem dritten Tag war der Alltag gefühlt mehrere Wochen weg.

Was gab es sonst noch zu erledigen?**

Zur Yamaha war die Wüste recht gnädig, solange man nicht auf das Wichtigste vergisst! Einen gut geölten Luftfilter! Ein Motorrad aus unserer Gruppe inklusive Fahrer hatte da etwas Pech und beide fuhren unfreiwillig die restliche Tour im Pickup mit. Die WR ist hinsichtlich Luftfilter Service recht pflegeleicht, denn mit dem Luftfilter vorne hinter dem Lenkkopf saugt die Yamaha maximal den Staub Vorausfahrender auf. Daher war der Wechsel nach drei Tagen eher Gewissensberuhigung. Die Bridgestone X-20 Reifen wiesen im Sand so gut wie keinen Verschleiß auf, haben aber für perfekte Traktion gesorgt. Für die Tour reichte der originale 7,5lt. Tank bis auf zwei mal aus, ich konnte mich einfach nicht zurückhalten auf der GPS Route zu bleiben, die Dünenkämme waren viel zu verlockend, da hatte ich etwas zu viel Benzin verspielt. Beim nächsten Mal würde ich ein mageres Mapping einspielen, dann reicht der Tank für einen ganzen Tag im Sand. Die Sitzbank ist ein super Kompromiss, nicht zu weich für die MX Strecke, aber genug Komfort für eine Woche im Sattel. Ansonsten gab es eine Woche nichts zu schrauben, einfach täglich aufsteigen und fahren. Selbst der originale Antriebssatz ist mit über 100h noch lange nicht am Limit.

Fazit:

Die Yamaha 450 WR ist mir in der Woche noch mehr ans Herz gewachsen, denn sie hat für mich den Horizont einer Universal Enduro um eine Facette erweitert, und ja, wenn ich mich für eine einzige Enduro entscheiden müsste, quasi ein monogames Enduroleben zu führen, ja, dann wäre sie die Richtige. Egal ob auf fetten MX Strecken, Endurorennen, Rallyeeinsätze oder feine Enduroreisen, die 450er WR fühlt sich überall wohl und sorgt für viele breite Grinser. Zuverlässig, ein Hammer Motor und für mich aktuell das beste Serienfahrwerk am Markt sprechen für sich. Lediglich der originale Auspuff muss auf Dauer gegen einen freien Endtropf getauscht werden, und ja sie ist kein Fliegengewicht, aber durch die Geometrie, der Zentralisierung der Massen fühlt sie sich viel leichter an, als sie tatsächlich ist.

Und die Wüste?

Atemberaubend schön, aber leider auch wie eine Droge, einmal dort gewesen, sehnt mach sich schon nach dem nächsten Abenteuer . Die Organisation von Marco Borsi und Serena von TRX Raid trugen ihr übriges dazu bei, dass alle Teilnehmer, und da waren einige Vielreisende dabei, von der am besten organisierten Wüstentour bislang berichteten. Für mich war es ja das Erste mal ;-)

Yamaha TRX Raid

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Bericht vom 02.01.2019 | 22.711 Aufrufe

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