Suzuki GSX-S 750 Test 2017

Erste Testfahrt mit der GSX-S 750

Obere Mittelklasse? Untere Oberklasse? Wir haben den Überblick verloren, was groß und was klein ist. Macht euch selbst ein Bild: 114 PS, 81 Nm, 213 kg vollgetankt. Der Rest steht im Testbericht zur GSX-S750.

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Die GSX-S 1000 hatte und hat es nicht leicht. Sie muss sich gegen die mächtigsten, best ausgestatteten und stärksten Motorräder der Welt in der Naked Bike-Königsklasse behaupten und das, nachdem sie erst mit einiger Verspätung in den Ring der Radikalen eingestiegen ist. Deshalb musste sie sich faire Kritik gefallen lassen, weil sie sich schließlich mit den Besten angelegt hatte.

8 PS mehr, 81 Nm Drehmoment

Mit der GSX-S 750 schickt Suzuki den nächsten Ringer in die Mitte gegen Z900, Street Triple oder MT-09, wenngleich das Model an sich technisch nicht ganz neu ist, folgt sie doch der GSR 750 nach. Um ein reines Facelift unter dem Deckmantel einer Namensänderung handelt es sich trotzdem nicht, das bedeutet schon der Leistungszuwachs von 8 PS. Bei 10.500 Touren, 500 Touren mehr als bei der Vorgängerin, stehen nun 114 PS an, das maximale Drehmoment von 81 Nm wird bei 9000 Touren erreicht. Der Motor geht im Kern auf das Aggregat der 2005er GSX-R750 zurück und wurde jetzt durch zahlreiche Änderungen auf EURO4 getrimmt.

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Kürzer übersetzt, stärkerer Antritt

Mehr Leistung erreichte man unter anderem durch Druckausgleichsbohrungen am Kurbelgehäuse, die Pumpverluste zwischen auf- und abwärts gehenden Kolben reduzieren. Dass der Druck steigt, liegt wiederum an der kürzeren Übersetzung durch ein Kettenblatt mit 43 statt 42 Zähnen. Fahrwerkstechnisch gleicht die goldene 41 mm Upside-Down-Gabel von Kayaba jener der GSX-S 1000, innen werken aber andere Komponenten. Sie ist wie das Federbein nur in der Vorspannung einstellbar. Die Testfahrer sollen über 100 Einstellungen probiert haben, bis sie zum perfekten Kompromiss zwischen Sportlichkeit und Alltagskomfort gelangt sind und die Einstellungen können als gelungen bezeichnet werden.

GSX-S750: Bremsen sind Bombe

Noch mehr Lob gebührt den Bremsen. Die Vierkolbenbremssättel von Nissin auf zwei 310 mm Scheiben im Petal-Design lassen sich sehr fein dosieren und packen kräftig zu, ohne aggressiv zu wirken. Im Notfall greift ein ABS ein, das sich bei meiner Testfahrt trotz engagierter Fahrweise und stellenweise nassem oder rutschigem Asphalt nie gemeldet hat. Hinzu kommt eine dreistufige Traktionskontrolle, die sich bei Bedarf abschalten lässt.

Traktionskontrolle und Supersportreifen S21

Dessen Eingreifen bzw. Nicht-Eingreifen habe ich allerdings mehrmals bemerkt, als ich nach einem Burnout vergaß, sie wieder zu aktivieren. Zu Glück hat Suzuki aber auch bei den Reifen aufgerüstet und eine weitere Verbesserung der Gesamtperformance fixiert. Der Supersportreifen S21 von Bridgestone in den Dimensionen 120/70-17 vorne und 180/55-17 hinten überzeugte im Trockenen wie im Nassen mit seinen Qualitäten wie agilem Handling, Berechenbarkeit und hohem Griplevel - und das bei Temperaturen zwischen 10 und 15 Grad.

Spitzer Kniewinkel, große Schräglagenfreiheit

Während die Sitzhöhe der GSX-S 750 von 820 mm in der Naked Bike-Klasse ca. im Mittelfeld liegt, ist ihr Kniewinkel als sportlich zu bezeichnen. Meine Wenigkeit ist 1.80m, mit etwas zu lang geratenen Beinen aus dem Nadja Auermann-Ersatzteillager und ich stehe zudem eher mit den Zehen oder Fußballen auf den Rasten, aber ich denke ab 1.85 - 1.90 m wird man das auf längeren Distanzen spüren. Dafür ist dann wieder die Schräglagenfreiheit trotz mutantisch langer Angstnippel großzügig, sodass ich damit nicht einmal am Asphalt kratzte. Die schwarzen Fußrasten sind übrigens ebenso Serie wie das Miniwindschild, der Bugspoiler und die 10-Speichen-Alufelgen.

Ich kam nicht von Anfang an mit der GSX-S 750 zurecht - was bei einem ersten Test ja eigentlich normal ist - aber ich bin in letzter Zeit Naked Bikes mit breiteren Lenkern gefahren und ziehe eine geraden und gerade noch greifbaren Lenker vor. Also er sollte so breit sein, dass ich denke: Breiter bitte nicht mehr. Dann ist es genau richtig. Ist Geschmacksache und meinem Fahrstil geschuldet, ebenso weiß ich, an welche Klientel sich Suzuki mit der GSX-S750 richtet. Im Laufe der Testfahrt bin ich auch mehr und mehr mit ihr zusammengewachsen und habe die harmonische Abstimmung aller Komponenten begriffen. Dann folgte ein regelrechter Geilheitsanfall, weil mich nichts so befriedigt wie ein Reihenvierer, der heiser brüllt und schreit, während ich im Rhythmus der Kurvenschwünge meine Hüften bewege.

Gixxer-Sound braucht Drehzahl

Dass der Motor, der über einen klassischen Endtopf an der rechten Seite seine Abgase abführt, auch kreischt wie nur ein Gixxer-Motor kreischen kann, dafür sorgen nun 3 optimierte Einlässe an der Airbox. Spätestens jetzt sollte niemand mehr Angst vor EURO4 haben, obwohl uns die Katzenaugen an den Seiten des vorderen Kotflügels etwas irritiert haben. Für Drehzahl muss aber schon der Fahrer sorgen. Bei ca. 6000 Touren beginnt der Motor zu greifen, ab 8000 geht das Feuer richtig los. Das sind Richtwerte aus dem Augenwinkel vom ebenfalls von der GSX-S 1000 übernommenen LC-Display abgelesen. Es wird zartere Gemüter geben, die schon weit vorher ins Höschen machen. Allerdings bleibt im Vergleich zu einer Tausender der Angstflash aus, wenn man in den Hyperraum übergeht. Man erlebt zwar die ganze Action, spart sich aber die Angstanfälle. Der Motor hängt schön am Gas und bohrt sich schnell ins emotionale Zentrum des Fahrers, bis die Glücksquelle sprudelt.

Zwei kleine Komfortfeatures sind der bereits bekannte Schnellstartmechanismus, bei dem ein kurzes Tippen auf den Startknopf reicht, um die Mühle zum Laufen zu bringen und der so genannte "Low-RPM-Assist". Dieser hebt die Drehzahl etwas an, wenn man bei niederen Drehzahlen die Kupplung zieht und kein Gas gibt, um ein Abwürgen des Motors und damit einen etwaigen Sturz zu verhindern.

GSX-S750: Groß und klein zugleich

Die GSX-S 750 ist am Ende beides, ein großes und ein kleines Motorrad. Mit 213 kg vollgetankt wiegt sie zwar um 4 Kilo mehr als die Tausender, aber das ist kein Drama. Ihre Ergonomie ist europäisch ausgewogen, ihr Gesamtkonzept harmonisch abgestimmt und ihre sportliche Performance deutlich fortgeschritten. Man bekommt schnell Lust, sie auch mal auf eine Rennstrecke zu entführen, weil sie auf dem Stammbaum der großen Gixxer gewachsen ist. Möge er noch lange Früchte wie diese tragen.

Ein ist sicher: Für den Preis deutlich unter 10.000 gibt es so ein Package derzeit von niemandem.

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Preis Suzuki GSX-S 750 Deutschland

Listenpreis ab 8.890 Euro
Preis UVP ab Werk, zzgl. Nebenkosten*

Preis Suzuki GSX-S 750 Österreich

Listenpreis ab 9.990 Euro
Aktionspreis 2017: 8.990 Euro

Z-Modell Listenpreis: 10.190 Euro Aktionspreis 2017: 9.190 Euro

Preis Suzuki GSX-S 750 Schweiz

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Fazit: Suzuki GSX-S750 2017

Mehr Leistung, mehr Performance, mehr Sound. Auch Suzuki stampft die EURO4-Norm ein und liefert mit der GSX-S 750 eine in jeder Hinsicht weiterentwickelte Nachfolgerin der GSR 750, die es noch ein bisschen ernster meinen kann, aber nicht muss. Damit Aha-Momente keine Oje-Momente werden, dafür sorgen ABS und eine dreistufige, abschaltbare Traktionskontrolle. Mit S21 von Bridgestone ist die GSX-S supersportlich bereift, wodurch man die großzügige Schräglagenfreiheit nutzen kann. Nur der spitze Kniewinkel könnte sich auf längeren Touren nachteilig auswirken.


  • charakterstarker Gixxer-Motor
  • starke, gut dosierbare Bremsen
  • stimmiges Design
  • günstiger Preis
  • scharfer Sound
  • große Schräglagenfreiheit
  • etwas ältere Basis
  • spitzer Kniewinkel

Bericht vom 23.01.2017 | 218.331 Aufrufe

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