Motorrad-Reise Colorado auf Harley-Davidson Road Glide
Harley im Tiefschnee! Mehr Abenteuer als gedacht
Sieben Tage Schnee, Eis, Sonne und Traumstraße in den USA: Ein echtes Abenteuer auf zwei Rädern.
Reisestart bei Eagle Riders in Denver, Colorado
Nach meiner Ankunft in Denver hole ich bei Eagle Riders eine brandneue Harley-Davidson Road Glide ab. Ich kenne die Maschine schon von einem Test in der Steiermark. Vorsorglich buche ich das als King Tour-Pak bezeichnete Topcase samt Rückenlehneund die Komfortsitzbank hinzu. Außerdem bietet Eagle Riders den Service an, Helme und Jacken zu leihen, was sehr praktisch ist, besonders angesichts der strengen Gepäckbestimmungen der Airlines. Denver, auch bekannt als Mile High City, liegt bereits auf 1600 Meter Höhe. Von dort aus zieht es mich in die Rocky Mountains: The Top of America - die Reise beginnt.
Traumroute dank Calimoto: 1900 km Rundtour ab Denver
Anfangs hat es noch 16 Grad, doch es wird schnell kühler, sodass ich mir schon beim ersten Halt das Regengewand überziehe. Ich fahre hinaus aus Denver über den Highway 285, der mich immer höher führt. Das Wetter wird zunehmend kälter und bei etwa 10 Grad ziehe ich mir über die Motorradjacke die Regenbekleidung an, um warm zu bleiben. An den Händen habe ich zum Glück die beheizbaren Handschuhe Tour Season-Heat ST von IXS, die sich mangels Griffheizung an der Road Glide ab Stunde 1 bewähren. Die gesamte Route durch Colorado habe ich euch wie üblich auf Calimoto mitgetrackt.
Der berühmt-berüchtigte Pikes Peak gleich an Tag 1
Die Strecke führt mich in Richtung Pikes Peak, dem wohl berühmtesten Berges der USA mit seiner asphaltierten Straße, die bis auf über 4000 Meter Höhe führt. Die Fahrt dorthin ist schon ein Erlebnis für sich: Die Landschaft verwandelt sich von städtischer Umgebung in beeindruckende Naturkulissen, mit immer steiler werdenden Straßen und atemberaubenden Ausblicken auf die umliegenden Berge. Die kurvenreiche Strecke bietet zahlreiche Fotomotive, und obwohl es kälter wird, ist die Fahrt einfach fantastisch.
Leider muss ich bei 3600 Metern umkehren, da die Straße wegen Schnee gesperrt ist. Die Amerikaner gehen kein Risiko ein und räumen die Straßen gründlich, aber in meinem Fall ist bei 3600 Metern Schluss. Der Ausblick von diesem Punkt ist trotzdem atemberaubend: Man kann das ganze Tal überblicken und die Weite der Rocky Mountains erahnen. Obwohl ich den Gipfel nicht erreichen kann, ist es ein unvergessliches Erlebnis. Die Geschichte des Pikes Peak International Hill Climb, einem berühmten Autorennen, das jährlich dort stattfindet, macht den Ort noch faszinierender. Früher durften auch Motorräder teilnehmen, aber nach einem tragischen Unfall 2019 wurde die Motorradklasse jedoch 2021 eingestellt. Es ist beeindruckend, auf derselben Straße zu fahren, auf der schon so viele Motorsportlegenden ihre Spuren hinterlassen haben.
Erste Übernachtung in Manitou Springs und Tag 2 mit Schneefall
In Manitou Springs übernachte ich im typisch amerikanischen Eagle Motel. Die Stadt Colorado Springs, die zweitgrößte Stadt in Colorado, liegt gleich gegenüber. Dort besuche ich den Garden of the Gods, einen beeindruckenden Nationalpark mit atemberaubenden Felsformationen. Besonders beeindruckend ist der Balancing Rock, der auf einer 50 cm mal 50 cm kleinen Fläche balanciert. Man kann dort mit dem Motorrad einfach durchfahren, was ich natürlich auch gemacht habe. Colorado ist einer der Staaten in Amerika, der von der Natur unglaublich schön geformt worden ist.
Von Manitou Springs aus fahre ich weiter nach Süden in Hoffnung auf wärmeres Wetter. Ich vermeide die Interstate 87, da sie zweispurig in jede Richtung verläuft und nicht besonders spannend für Motorradfahrer ist. Stattdessen nehme ich den kleinen Highway Nr. 115, der schöne Ausblicke und eine malerische Strecke bietet. Die Temperatur sinkt jedoch weiter und es beginnt Nahe dem Ort Florence zu schneien. Da entscheide ich mich, umzudrehen und einen sicheren Weg zurück entlang des Lake Pueblo State Park zur Interstate 87 zu suchen. Von Pueblo geht es über Waisenburg an den Fuß des North La Veta Pass, der auf 9413 Fuß (fast 3000 Meter) Höhe liegt. Rund 300 Höhenmeter unterhalb der Passhöhe beginnt es leicht zu scheien. Glücklicherweise ist die Straße gesalzen, was das Fahren trotz immer dichterem Schneefall einigermaßen sicher macht.
Ich habe mein nächstes Quartier nahe dem Ort Center, allerdings etwa 6 Kilometer außerhalb. Nach der Abfahrt vom Pass regnet es stark und die Feuchtigkeit dringt langsam durch das Regengewand. Nach einer kurzen Pause in einem Café bei der die durchnässte Bekleidung etwas getrocknet werden kann, erreiche ich schließlich meine Unterkunft, eine modern umgebaute Scheune. Zufrieden in einem Stück und ohne weitere Zwischenfälle am Ziel angekommen zu sein, lege ich mich bei leichtem Schneefall schlafen.
Traumroute Colorado Tag 3: Schneechaos, Stromausfall und kein Wasser
Am nächsten Morgen wache ich auf und sehe, dass 20 Zentimeter Schnee auf dem Motorrad liegen. An Wegfahren ist nicht zu denken. Der Strom ist ausgefallen, da die Stromleitungen in den USA überirdisch verlaufen und durch Baumbrüchen im Zusammenhang mit dem starken Schneefall beschädigt wurden. Auch die Wasserversorgung der Unterkunft bricht zusammen, da die grundwasserfördernde Pumpe elektrisch betrieben ist. Der Nachbar hat ein Auto und bringt mich nach Center. Sämtliche Geschäfte, Supermärkte, Restaurants und sogar Tankstellen sind aufgrund des Stromausfalls geschlossen. Die Rettung ist ein mexikanischer Foodtruck, wo ich mich mit dem Nötigsten versorge.
Der Great Sand Dunes National Park, direkt an den 4000 Meter hohen Bergen gelegene riesige Sanddünen, die ich besuchen wollte, ist ebenfalls unter dem Schnee begraben. Zum Glück bessert sich das Wetter am späten Vormittag und die Sonne kommt heraus. Die Straßen werden geräumt und wir können unsere Route entgegen aller Erwartungen fortsetzen. Es geht über flachere Passagen und dann wieder in die Berge, über den Wolf Creek Pass. Diese Straße ist wirklich schön, obwohl sie als gefährlich beschrieben wird. Die Sonne kommt heraus und die Fahrt durch die Skigebiete ist ein besonderes Erlebnis.
Heiß und belebt: Pagosa Springs und Durango an Tag 4
Nach einer Übernachtung in Pagosa Springs, wo wir uns in den 42 Grad heißen Quellen entspannen, geht es weiter nach Durango. Auf dem Weg dorthin erlebe ich nach Schnee am Vortag einen Hagelsturm, also wieder einmal heftige Wetterbedingungen. Hagelkörner, so groß wie M&M´s, muss man sagen, spürt man mehr als einem lieb ist. Der gezwungene Stop beschert zumindest Ausblicke auf das Chimney Rock National Monument, an dem der Highway 160 vorbeiführt. Durango ist ein alter Bergbauort mit einer charmanten Altstadt, die auf das 19. Jahrhundert zurückgeht. Geplant war ein Besuch im Mesa Verde Nationalpark, aber ein aufziehendes Gewitter zwingt uns, den Besuch auszulassen.
Das vermeintliche Highlight der Reise: Der Million Dollar Highway
Der Million Dollar Highway ein besonders spektakulärer Abschnitt des Highway 550, ist das absolute Highlight der Reise, so zumindest meine Erwartungshaltung beim Losfahren aus Durango. Die Strecke führt über Pässe, die zwischen 10.000 und 11.000 Fuß hoch sind, also 3.200 - 3.300 Meter und bietet atemberaubende Ausblicke auf unzählige Viertausender. In Silverton besuche ich den höchsten Harley-Davidson-Shop der Welt auf 8913 Fuß und kaufe mir ein T-Shirt als Andenken.
Dann trinken wir noch einen Kaffee und planen unsere Übernachtung in Ouray, das nur 20 Meilen von Silverton entfernt liegt. Wir beschließen, die Schlechtwetterfront abzuwarten. Doch wie es in den Bergen oft der Fall ist, schlägt das Wetter nach einer zwischenzeitlichen Besserung plötzlich um und ich finde mich in einem heftigen Schneesturm wieder. Bei minus 2 Grad kämpfe ich mich durch die verschneiten Passstraßen auf 3.300 bis 3.400 Metern Höhe. Die Bedingungen sind wirklich heikel und ich bin froh über die Traktionskontrolle der Harley, denn der kraftvolle 117er Motor stellt hohe Anforderungen an die Traktion. In einem Stück schaffe ich es nach Ouray hinunter, wo wir unser nächstes Quartier haben und komme dort relativ wohlbehalten an. Laut einer örtlichen Bauernregel kann es in Colorado bis zum Muttertag, der dieses Jahr am 12. Mai ist, jederzeit schneien. Die Einheimischen bestätigen, dass derartig starke Schneefälle zu dieser Zeit allerdings ungewöhnlich sind.
Endlich besseres Wetter: Tag 5 im Black Canyon of the Gunnison National Park
Am nächsten Tag fahre ich weiter über den Million Dollar Highway zum Black Canyon of the Gunnison National Park. Dieser Park zählt zu den beeindruckendsten Orten, die ich je gesehen habe. Der Black Canyon ist bekannt für seine extrem steilen und tiefen Wände. Die senkrechten Klippen erreichen Höhen von bis zu 700 Metern, und der Gunnison River hat sich über Millionen von Jahren durch das harte Gestein gegraben, um diesen spektakulären Canyon zu formen und die verschiedenen Gesteinsschichten freizulegen.
Die Straße durch den Park windet sich entlang der Klippen und bietet atemberaubende Ausblicke auf die schroffen Felswände und den darunter fließenden Fluss. Es gibt zahlreiche Aussichtspunkte, an denen man anhalten und die beeindruckende Szenerie bewundern kann. Besonders beeindruckend ist der Blick vom Gunnison Point, wo man die Tiefe und Enge des Canyons besonders gut sehen kann. Der Kontrast zwischen den dunklen Felsen und dem schimmernden Fluss unten ist einfach unbeschreiblich.
Der gesperrte Highway Nummer 50 zwingt uns zu einem Umweg. Calimoto führt uns über den Highway Nr. 92 wieder nach Norden. Dieser Abschnitt stellt sich als eine der schönsten Straßen heraus, die ich je gefahren bin. Die Straße führt durch malerische Landschaften mit atemberaubenden Ausblicken auf Stauseen und steile Schluchten. Es ist ein unerwartetes Abenteuer, das sich als wahres Highlight erweist. Unsere Route führt uns weiter über den McClure Pass und nach Carbondale, wo wir übernachten.
Tag 6 führt in die berühmten Skigebiete: Aspen, Vail und Beaver Creek
Der Independence Pass, der höchste Punkt der USA, der über einen State Highway erreicht werden kann, ist leider noch bis Ende Mai gesperrt, sodass ich nur bis Aspen fahre, um mir den berühmten Skiort anzusehen in dem bereits einige Österreicher ihre Spuren hinterlassen haben. Zurück auf dem Highway passiere ich die bekannten Skigebiete Vail und Beaver Creek. Diese Orte wurden in den 60er Jahren gegründet, als man erkannte, dass sich die Gegend hervorragend zum Skifahren eignet. Aspen hingegen hat eine längere Geschichte und war ursprünglich ein alter Bergbauort. Leider ist Skifahren in den USA ein absoluter Elitensport, das heißt, eine Tageskarte kostet gut und gerne 250 Dollar und die Quartiere sind auch entsprechend teuer, aber trotzdem war es schön, Orte, die man nur aus dem Fernsehen kennt, einmal persönlich besuchen zu können.
Vorbei an Camp Hale, dem Ausbildungsort der berühmten 10th mountain division der US Armee geht es auf einem Abstecher nach Leadville, einer der höchstgelegenen Städte der USA, die wiederum phantastische Ausblicke auf den höchsten Berg der Rockies, den Mt Elbert bietet. Im Ort Silverthorne lasse ich den Tag ausklingen, genieße ein kühles Bier aus einer der über 300 Brauereien Colorados und übernachte in der Nähe des Dillon Reservoirs, eines riesigen Stausees, der die Trinkwasserversorgung Denvers sicherstellt.
Tag 7: Die letzte Etappe führt noch einmal ganz hinauf, vorbei an historischen Zügen und verblichenen Entertainern
Die durchs Fenster scheinende Sonne weckt mich am letzten Tag der Colorado-Rundreise. Optimale Bedingungen für die höchste Etappe der Tour. Über den Highway Nr. 6 geht es auf den Lovelandpass, der mit 11.990 Fuß bzw. 3.655 Metern die höhste Stelle der Tour markiert. Der Highway ist ein lohnender Umweg zur Großteile des Gebirges untertunnelnden I70 die parallel verläuft. Noch einmal tauchen wir in tief-winterliche Bedingungen ein, diesmal aber bei Sonnenschein und selbst auf der Passhöhe deutlichen Plusgraden.
Über 2000 Höhenmeter geht es jetzt bergab, die I70 auf die man nach dem Pass wieder trifft windet sich durch beeindruckende Schluchten, die immer breiter werden. In diesem Abschnitt der Interstate liegt auch das kleine Örtchen Silver Plum, wo wir kurz pausieren und die historische Lok der Georgetown Loop Railroad Eisenbahn beim Wassertanken beobachten können.
Rund 35 km vor der Stadtgrenze von Denver, zweige ich von der Interstate abermals auf den Highway Nr. 6 ab, der sich wunderbar am Clear Creek Canyon entlang schlängelt. Ein Besuch am, wunderschön über Denver gelegenen, Grab von Buffalo Bill, dem ersten großen Entertainer, ist der letzte Stopp, bevor ich die Harley bei Eagle Riders zurückgebe.
Fazit nach einer Woche Colorado im Sattel der Harley-Davidson Road Glide
Colorado begeistert mich trotz der wetterbedingten Herausforderungen. Die abwechslungsreiche Landschaft und die beeindruckenden Strecken machen es zu einem perfekten Ziel für Motorradfahrer. Würde ich die Tour nochmal machen? Absolut, aber vielleicht etwas später im Jahr, wenn die Pässe sicher geöffnet sind. Dann kann man auch die großartigen Straßen, die nördlich von Denver durch den Rocky Mountain Nationalpark verlaufen, in Angriff nehmen.
Die Harley-Davidson Road Glide präsentiert sich auf dieser Reise als zuverlässige Begleiterin. Meine Fahreindrücke zu der Maschine könnt ihr in diesem Testbericht nachlesen. Ergänzend kann ich noch folgende Erkenntnisse festhalten: Die Verstellung der Federvorspannung hinten erfordert eine Demontage des linken Seitenkoffers, ist bei voller Beladung allerdings unumgänglich. Generell würde einem Motorrad dieser (Preis-)Klasse ein semiaktives E-Fahrwerk sehr gut zu Gesicht stehen. Eine Griffheizung als Serienausstattung wäre wünschenswert. Der Windschutz verbessert sich durch die leicht höhere Touringscheibe deutlich, ohne dass diese optisch zu sehr aufträgt und ist somit eine echte Empfehlung. Das Koffersystem ergänzt um das große Topcase erlaubt die Aufnahme von Gepäck für einen Wochentrip zu zweit mit Leichtigkeit. Das integrierte Navigationssystem und die Bedienung des Touchscreens funktionieren auch bei starkem Regen und Temperaturen unter dem Gefrierpunkt zuverlässig. Die Dunlop Erstbereifung hat über knapp 2000 km kaum an Profiltiefe verloren, vermittelt bei rutschigen Bedingungen aber auch wenig Vertrauen. Hier würde ich auf Kosten der Laufleistung zu einem Reifen mit höherem Gripniveau greifen.
POKY
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