45 km/h Elektroroller Vergleich 2022 - Fünf E-Mopeds im Test
Womit wieselt man am besten durch die Stadt?
Die Elektromobilität ist im Zweiradsektor angekommen - zumindest im urbanen Feld. Deshalb hat sich die 1000PS Crew in Wien versammelt um 5 aktuelle E-Mopeds in der Bundeshauptstadt zu testen.
30er Zonen, Baustellen und kilometerlange Autokolonnen. Will man innerstädtisch unterwegs sein, gibt es eigentlich nur zwei Optionen: Öffentliche Verkehrsmittel, oder ein einspuriges Gefährt. Wer sich jedoch regelmäßig zur Rush Hour bewegen muss, wird auch schnell einen tiefgreifenden Hass gegen Öffis entwickeln. Somit ist man am Zweirad am besten mobil und möchte man das elektrisch erledigen, reicht meist ein Roller der AM-Klasse. Fünf Vertreter haben wir uns nun zur Brust genommen.
Kumpan 54i:nspire - der Große
Den Start in unseren Vergleich macht 54i:nspire von der deutschen Firma Kumpan. Schon optisch erkennt man den Größenunterschied zu den anderen Fahrzeugen im Test, der sich beim ersten Aufsitzen sofort bestätigt. Die 45 km/h Version den Kumpan teilt sich nämlich das Chassis und die Karosserie mit den 70 und 100 km/h Modellen, weshalb man hier einen voll ausgewachsenen Roller vorfindet. Dennoch liegt er ohne Akku nur bei 82 Kilogramm. Pro Akku (drei sind möglich) steigt das Gewicht um 10 Kilogramm. Die Akkutechnik von Kumpan muss hierbei unbedingt gelobt werden. Die Batterien namens Kraftpaket 2.0 verfügen über eine Kapazität von 1,5 kWh und haben ihren Anschluss an der Unterseite. Somit braucht man den Akku nur auf den gegenpoligen Anschluss unter der Sitzbank stellen und schon ist der Roller einsatzbereit.
Laut Kumpan soll mit einem Akku eine Reichweite von bis zu 62 Kilometer möglich sein, wobei hier erwähnt werden muss, dass dieser je nach Nutzung, Belastung und Außentemperatur variieren kann. Doch das trifft auf alle Elektrofahrzeuge zu. Die Darstellung der Reichweite und des Verbrauchs erfolgt auf dem gewaltigen TFT-Touchdisplay, das in dieser Klasse absolut einzigartig ist. Nach der Fahrt soll es beim Kumpan vier Stunden dauern, um die wieder volle Ladung zu erreichen.
Motron Cubertino - der Klassische
In eine gänzlich andere Kerbe schlägt der hübsche Cubertino von Motron, der sich wohl optisch an einem Kultmodell eines japanischen Herstellers orientiert hat. Design hin oder her, schon auf den ersten Blick präsentiert sich dieser Elektroroller deutlich zarter und mit einem Gewicht von 68 Kilogramm auch deutlich leichter. Der 1,56 kWh starke Akku wiegt ebenfalls 10 Kilogramm, lässt sich aber aufgrund seiner Platzierung im Durchstiegsbogen nur schwer ausbauen. Dafür wurde ein Ladestecker auf der linken Seite platziert, worüber unkomplizierter geladen werden kann, wenn die von Motron angegebene Reichweite von 56 Kilometer erledigt ist.
Doch nicht nur optisch präsentiert man sich Retro. Die wunderschönen Speichenfelgen hausen nämlich hinten UND vorne Trommelbremsen - ein seltener Anblick im Jahr 2022. Dementsprechend Oldschool sind auch die Bedieneinheiten am Lenker, sowie das analoge Runddisplay mit kompakter Anzeige für den Ladezustand. Tatsächlich hat man das Gefühl, jemand hätte einen alten Honda Super Cub genommen und einfach einen Elektromotor eingepflanzt. Erfrischendes Konzept!
Produkttipps
Piaggio 1 Feng Chen Wang Edition - der Designer
Gehen wir vom klassischen Design in genau die andere Richtung: die Zukunft. Denn genau so futuristisch sieht der neue Piaggio 1 aus - speziell in der Feng Chen Wang Edition. Das Design der in London lebenden Chinesin nimmt Naturelemente auf und wurde in traditioneller chinesischer Pinselstrichtechnik gemalt. Unter dem Kleid steckt die Basisversion des Piaggio 1. Das bedeutet das ein 1,4 kWh starker Akku verbaut ist, der eine Reichweite von circa 45 Kilometer bietet und eine Ladezeit von 6 Stunden benötigt. Die Batterie befindet sich unter der Sitzbank und kann im eingebauten, oder ausgebauten Zustand geladen werden.
Das LC-Display des 85 Kilogramm schweren Rollers zeigt sich aufgeräumt und stellt all die wichtigsten Informationen klar da. Unter der Sitzbank findet sich sogar noch Platz für einen Jethelm, obwohl der 1 eher zu den kompakten Elektrorollern in diesem Vergleich zählt. Jedoch nicht so kompakt wie der nächste Kandidat.
Peugeot E-Ludix - der Kompakte
Wer den kleinsten und wendigsten aller Elektrostadtroller sucht, muss einen Blick auf den Peugeot E-Ludix werfen. Mit seinem kompakten Scheinwerfer in der Front steht der 88 Kilogramm schwere Roller (mit verbautem Akku) fast schon schüchtern da, doch seine zierlichen Ausmaße helfen ihm, quirlig zu wirken. Wählt man den stärksten Fahrmodus namens Boost darf man sich sogar über einen beindruckenden Ampelstart freuen. Auf Dauer ist das aber nicht empfehlenswert, denn somit saugt man die 1,6 kWh starke Batterie relativ schnell leer. Es sollte zudem erwähnt werden, dass es sich hier um den Akku mit der höchsten Kapazität im Vergleich handelt - nur mit dem Unterschied, dass Kumpan, Piaggio und Yamaha Optionen auf mehrere, bzw. stärkere Akkus haben.
Durch den Fakt, dass nur ein einzelner Akku vorhanden ist, liegt die Reichweite des Peugeot E-Ludix bei rund 42 Kilometer. Ist es Zeit zum Laden, benötigt der Peugeot Elektroroller rund 3 Stunden bis 80 Prozent Füllstand, oder 4 Stunden für 100 Prozent. Den aktuellen Ladezustand des Akkus erkennt man im gut ablesbaren LC-Display, der zwar nicht unglaublich spektakulär ist, dafür aber alle Informationen klar darstellt.
Yamaha NEO's - der Gediegene
Verarbeitung, Qualität und Haptik - am Yamaha NEO's erkennt und spürt man ein japanisches Produkt. Mit verspieltem Details und klarer Linien steht er eigenständig da und wirkt unaufgeregt elegant. Unter seiner Sitzbank haust er einen 1 kWh starken Akku - den schwächsten im Vergleich, wobei gegen Aufpreis eine zweite Einheit verbaut werden kann. Damit ergibt sich aber auch die geringste Reichweite im Vergleich, nämlich nur 37 Kilometer. Möchte man den entnehmbaren Akku laden dauert das 4 Stunden von 20 auf 80 Prozent, 8 Stunden muss man sich Zeit nehmen, wenn es von 0 auf 100 Prozent gehen soll.
Der kleine Akku ist tatsächlich eine Schande, denn mit cleveren Lösungen wie den gummierten Kanten (weniger Schaden bei einem Umfaller) und dem großen Staufach macht der NEO's sehr vieles richtig. Denn auch wenn das LC-Display eher zur kleineren Sorte gehört, lässt es sich gut ablesen und wirft keinerlei Fragen während der Fahrt auf.
Beim Ampelstart zeigen sich die Unterschiede
Wir sprechen hier von fünf Elektrorollern der AM-Klasse, die Höchstgeschwindigkeit ist somit auf 45 km/h begrenzt. In der Stadt kann man damit noch im Verkehr mitschwimmen, doch drängt man sich an der Ampel vor, braucht es neben blitzschnellen Reaktionen des Fahrers auch genügend Schub auf Seiten des Elektromotors. Hier trennt sich die Spreu vom Weizen, denn während Piaggio, Motron und Yamaha noch nachdenken, sprinten Kumpan und Peugeot schon los. Dazu fuhren wir alle Mopeds im sportlichsten Fahrmodus - außer den Cubertino, denn der hat keine Modi. Dieses Bild setzt sich bis zur Höchstgeschwindigkeit fort: 54i:nspire und E-Ludix ziehen kraftvoll voran, der NEO's platziert sich im Mittelfeld, gefolgt von Cubertino und One.
Entscheidend sind hier Ansprechverhalten und Leistung der Elektromotoren, denn gewichtstechnisch spielen alle E-Roller in derselben Klasse und die Ergebnisse hingen auch nicht vom Gewicht unserer Tester ab.
Das größte Problem vieler Elektroroller: Das Staufach
Roller haben zwei Aufgaben zu erfüllen: Sie müssen einfach zu fahren sein und einen praktischen Nutzen sollten sie auch mitbringen. Punkt 1 erfüllen alle Roller mit Bravour - viel einfacher als am rechten Hebel ziehen geht wohl nicht. Beim Stauraum wird es eher kritisch. Meist sind die Akkus unter der Sitzbank positioniert und fressen wertvollen Stauraum. Dennoch kann sich hier der Yamaha NEO's mit dem größten Staufach durchsetzen, das einen Jethelm und Kleinzeug wie Handschuhe fasst.
Knapp dahinter liegt der eigentlich kompakt wirkende Piaggio 1, der ebenfalls einen Jethelm aufnehmen kann. Im Kumpan hängt der Stauraum je nach der Anzahl der verbauten Akkus ab, einen Helm wird man aber keinesfalls unter die Sitzbank bekommen, dafür aber einiges an Kleinkram. Das Schlussfeld bilden Peugeot und Motron, die vielleicht genügend Platz für ein Verbandspackerl bieten. Dennoch verfügen fast alle Roller im Vergleich über ein kompaktes Handschuhfach - zum Teil offen oder geschlossen.
Der innerstädtische Alltag lässt sich mit allen Rollern bestreiten
Um den Stauraumproblemen entgegen zu wirken, bieten manche Hersteller Topcase Lösungen an. Dennoch schlagen sich alle fünf E-Mopeds im städtischen Pendeln souverän. Dank niedrigem Gewicht und kompakten Ausmaßen lassen sich aber alle Roller einfach durch Autokolonnen manövrieren und man traut sich aufgrund des lautlosen Antriebskonzepts auch kurze Abstecher zu nehmen, die wohl eher halblegal sind. Mit der Höchstgeschwindigkeit von 45 km/h empfiehlt es sich jedoch nicht, den Großstadtdschungel zu verlassen, da lange Vollgas-Etappen auch die Reichweite in Rekordgeschwindigkeit schrumpfen lassen.
Geht es ans Laden, tanzt nur der Motron Cubertino aus der Reihe, bei dem das Entfernen des Akkus einiges an Aufwand benötigt. Das restliche Starterfeld ermöglicht einen schnellen Ausbau, sodass über Nacht in den eigenen vier Wänden geladen werden kann. Lässt man die Sitzbänke von Piaggio, Kumpan, Peugeot und Yamaha einen Spalt offen (vorrangig in einer privaten Garage) kann das Ladekabel auch im eingebauten Zustand angeschlossen werden.
Gibt es einen klaren Gewinner? Empfehlungen der Redaktion
Bei der Auswahl unserer E-Roller der AM-Klasse gibt es eigentlich kein Richtig oder Falsch. Viel mehr wird es sich nach persönlichen Präferenzen entscheiden. Mit dem Kumpan 54i:nspire und den Yamaha NEO's kauft man zwei echte Allrounder, die mit ihrem Aufbau und den Ausmaßen einem herkömmlichen Verbrenner-Roller am nähesten kommen. Auf ihnen wird auch ein Beifahrer am glücklichsten werden. Eine Klasse darunter positionieren sich Peugeot E-Ludix und Piaggio One. Klein und wendig verkörpern sie das Sprichwort "Es fährt wie ein Fahrrad". Zu zweit fahren ist möglich, die schmalen Sitzbänke bieten aber nicht den höchsten Komfort.
In einer ganz eigenen Liga platziert sich der Motron Cubertino. Er ist der einzige Roller im Vergleich, bei dem sich der Akku nicht leicht ausbauen lässt und er ist der einzige Roller der ohne Scheibenbremsen auskommen muss. Aber dennoch hat er einen charmanten Auftritt und ist uns somit in die Herzen gefahren. Wir würden ihn aber eher am Campingplatz oder in einer privaten Garage mit Stromanschluss sehen, als in der Großstadt am Laternenparkplatz.
Bericht vom 09.08.2022 | 94.684 Aufrufe