Elektroantrieb von Rotax: Das steckt in Can-Am Motorrädern
Elektropower aus Österreich - was Can-Am-Fahrer erwartet
Can-Am baut elektrisch - und Rotax liefert den Herzschlag dazu. In Österreich durften wir den neuen E-Antrieb erleben, die Technik verstehen und sogar elektrisch Rennen fahren.

Eine Presseveranstaltung in Österreich? Während die meisten Einladungen meist ins entfernte Ausland führen, ging es für 1000PS dieses Mal zu einem Heimspiel nach Oberösterreich. Mit Start in Bad Ischl sollte uns das Event auf Achse zum Rotax Werk und abschließend zur Rotax MaxDome führen - alles im Sattel der neuen Can Am Elektromotorräder. Dabei konnten wir nicht nur die E-Motorräder erleben, sondern auch hinter die Kulissen des österreichischen Traditionsherstellers blicken. Doch beginnen wir am Anfang...
Fahrgefühl - Can-Am Pulse & Origin im Kurztest
Für Can Am sind die Modelle Pulse und Origin ein wichtiger Schritt: Sie sind die ersten Motorräder die der Hersteller in Großserien baut - angetrieben von einem österreichischen Herz. Die gesamte Antriebseinheit - also Elektromotor, Inverter und Akku - stammt von Rotax und ist flüssigkeitsgekühlt, eine Neuheit im Bau von Elektromotorrädern, wo sonst meist nur der Elektromotor per Flüssigkeit gekühlt wird.
Auf den ersten Metern merkt man schnell: Der neue elektrische Antriebsstrang von Rotax funktioniert. Und zwar erstaunlich gut. Die Antriebseinheit ist zugleich der tragende Rahmen des Fahrzeugs, was in der einspurigen Elektrowelt häufig zum Einsatz kommt. Denn es wird Platz spart, Gewicht reduziert und ein sehr kompakter Fahrzeugaufbau ermöglicht, der noch dazu variabel ist. Somit können auf einer Antriebseinheit mehrere Fahrzeugkonzepte verwirklicht werden, was bereits jetzt am Naked Bike Puls und dem Dual-Sport Bike Origin gezeigt wird. Auf Nachfrage bei Stefan Arndt, General Manager bei BRP-Rotax, erfahren wir, dass noch dieses Jahr ein weiteres Fahrzeug auf dieser Basis präsentiert werden soll.
Doch zurück zu den aktuellen Bikes. Wir hatten die Gelegenheit, beide Modelle - Can-Am Pulse und Can-Am Origin - zu fahren. Sowohl in der offenen Version für die Führerscheinklasse A2 als auch in der auf 11 kW gedrosselten A1-Variante. Der Regen, der sich hartnäckig über das Salzkammergut legte, erschwerte zwar eine präzise Einschätzung von Kurvenverhalten oder sportlicher Performance. Doch gerade unter diesen Bedingungen zeigte sich, wie ausgewogen und berechenbar sich die Fahrzeuge anfühlen. Das Fahrgefühl ist "unaufgeregt" - im besten Sinne des Wortes.
Ein Highlight ist die aktive Rekuperation, die über den Gasgriff im Negativbereich manuell gesteuert werden kann. Anstatt nur beim Bremsen zu rekuperieren, lässt sich hier der Energie-Rückgewinnungsgrad stufenlos dosieren - fast wie ein zusätzlicher Fahrmodus. Diese Idee sei, wie uns Stefan Arndt, erklärte, eher zufällig entstanden: "Wir hatten diesen Negativbereich am Gasgriff, und dachten - den könnten wir doch nutzen." Eine simple, aber geniale Lösung, die man so bei kaum einem anderen Elektromotorrad sieht.
Blick ins Herz: Das Rotax Werk
Im Werk erhielten wir eine Einführung in die Fertigung des neuen E-Motors - von Thomas Praxmarer, Manager der E-Powertrain Fertigung, mit dem ich im Nachgang noch ein Gespräch führte. Zum ersten Mal im Elektromotorrad-Bau kommt hier ein vollständig wassergekühltes System zum Einsatz: Nicht nur der Elektromotor selbst, sondern auch der Inverter und die Batterie werden aktiv gekühlt.
Diese umfassende Flüssigkeitskühlung bringt einen echten Mehrwert. Warum? Weil sie die thermische Belastung reduziert, was zu einer längeren Batterielebensdauer und zu schnelleren Ladezeiten führt. Elektrofahrzeuge, die nur den Motor kühlen, laufen bei hoher Beanspruchung oder sommerlichen Temperaturen oft an ihre Grenzen. Bei Rotax bleibt das gesamte System thermisch stabil.
Auf meine Frage, warum nicht mehr Hersteller auf diese Lösung setzen, reagierte der Entwickler fast verlegen. Er wisse es nicht genau. Bei Rotax hat sich das in der Entwicklung als die clevere Lösung herausgestellt. Vielleicht liegt es auch daran, dass der Hersteller eben jahrzehntelange Erfahrung mit komplexen Motorkonzepten hat - und dieses Know-how jetzt auf Elektrosysteme übertragen konnte. Die Fertigung findet zudem vollständig im Werk Gunskirchen statt, während die Forschung & Entwicklung in enger Zusammenarbeit mit den Kollegen von BRP-Rotax Vienna in Kottingbrunn, bei Wien, passiert.
Rotax - Motorentradition seit über 100 Jahren
Weder Detroit, noch Japan - sondern Gunskirchen! Für motorenverliebte Biker wird der Name Rotax nichts Neues sein, doch man ahnt vielleicht gar nicht, wie umfangreich der österreichische Hersteller die Motorenlandschaft prägt. Gegründet wurde Rotax 1920 in Dresden, ehe der Firmensitz 1943 nach Gunskirchen (Oberösterreich) verlegt wurde - dorthin, wo sich heute das moderne Entwicklungszentrum befindet. Ursprünglich für den Bau von Fahrrad- und Zweitaktmotoren bekannt, hat Rotax über Jahrzehnte hinweg eine enorme Bandbreite an Antriebstechnologien realisiert - von Schneemobilen, Karts, ATVs bis hin zu Ultraleichtflugzeugen.
In der Welt der Motorräder machte sich Rotax besonders durch seine leistungsstarken und zuverlässigen Motoren einen Namen. Marken wie KTM, BMW, Aprilia, Can-Am, Buell oder auch Derbi vertrauten auf den Punch "Made in Austria". Ein entscheidender Wendepunkt war das Jahr 1970, als Rotax Teil des kanadischen Konzerns Bombardier wurde - heute bekannt als BRP (Bombardier Recreational Products). Seither ist Rotax das technologische Herz vieler BRP-Fahrzeuge - darunter auch der Can-Am Onroad-Modelle Pulse und Origin.

Empfehlung: Rotax MaxDome in Linz
Den krönenden Abschluss bildete ein Besuch in der Rotax MaxDome Karthalle in Linz, wofür wir auch gerne eine Empfehlung aussprechen. Hier wird auf elektrischen Karts der Firma Rotax gefahren, was anfangs befremdlich klingt. Denn in der modernen Halle ist es vergleichsweise ruhig und auch der typische Geruch von verbranntem Benzin fehlt. Dafür profitiert man von direktem Ansprechverhalten und sofortiger Power, wenn man sich in Bewegung setzt. Für Tipps zur Linie und richtigen Verwendung der zusätzlichen E-Boosts stand uns Peter Ölsinger, ebenfalls General Manager bei BRP-Rotax zur Verfügung, der im übrigen auch die Idee für diese Rennsport-Halle entwickelte. Weitere Infos zur Halle findet ihr hier: Rotax MaxDome Karthalle Linz.
Fazit - Leise Power mit starker Handschrift
Rotax zeigt mit dem neuen Can-Am Elektroantrieb, dass jahrzehntelange Erfahrung im Motorenbau ein echtes Fundament für Innovation sein kann. Die Technik wirkt nicht nur durchdacht, sondern im Detail klug gelöst - von der integrierten Flüssigkeitskühlung bis zur manuell steuerbaren Rekuperation. Auch wenn das Wetter beim Event wenig Raum für sportliche Grenzerfahrungen ließ, blieb vor allem eines hängen: Diese Motorräder fahren sich unspektakulär im besten Sinne - vertraut, stabil, logisch. Und genau das macht sie interessant für jene, die dem Verbrenner nicht emotional nachhängen, sondern offen für moderne Konzepte sind. Der Weg von der Vergangenheit in die Zukunft beginnt bei Rotax nicht mit einem Knall, sondern mit einem präzisen Summen - und das wirkt nachhaltig.
Bericht vom 17.05.2025 | 526 Aufrufe