Waldviertel Runderl

Die letzten schönen Sonnenstunden noch ausgenutzt für eine Tour ins Waldviertel - mit der YZF-R6.

Hart an der Grenze zum Kaltviertel

Im Herbst werfen die Bäume die Blätter ab und anderes auch.

 
Für Motorradfahrer, die in Wien wohnen, ist das Waldviertel eines der letzten Paradiese, in dem man relativ unbehelligt seine Kurvenradien ziehen kann.
1: weils schier unendlich viele Straßen gibt.
2: weils für jede Art von Bike die richtige Art von Terrain gibt.
Drittens, weils nicht arg weit weg ist.
Viertens, weil dort abgesehen von einigen Ausnahmen - wenig Verkehr ist, und überhaupt: weils schön ist. Es gibt viele Gründe, hinzufahren. Auch wenn im Herbst der Grat zwischen Wald- und Kalt-Viertel ein sehr schmaler ist.
Jeder Schönwetter-Sonntag im Herbst könnte der letzte sein. Der letzte, der am Saison-Ende für eine Runde mit dem Bock taugt. Wenn man sonst nichts besseres zu tun hat, außer den Tag verschlafen oder gar was arbeiten, passts besonders gut, zum Beispiel die R6 zu satteln und ein wenig abseits von der dicht frequentierten Hausstrecke spielen zu gehen. Aber erst nach dem Frühstück, das man ruhig ausdehnen kann, denn bis gegen zehn Uhr liegt gern noch eine dicke Nebeldecke über dem Wiental.

Die Donau hat viele Gesichter. Bei Tulln ist es im Staustufen-Rückstau glatt und ruhig.
Was unser freundlicher Freund dazu nutzt, aufs Wasser zu gehen.


Aber danach hats die Sonne geschafft,
eine Lücke ins Grau zu strahlen. Kraft hat sie noch, und bald ist es auch halbwegs warm. Für Nordländer. Zum Glück gibts Funktionsunterzeug und Fleece-Sweater. Alleine deshalb verlege ich die Anfahrt ins Waldviertel nicht auf die Autobahn. Abgesehen von den fixen und mobilen Blitzkasteln geht da die Rechte lockerer mit dem Gas um, weil das Geradeausfahren gar so fad ist. Da verkühlt man sich leicht. Der Riederberg ist viel lustiger, zumal die einen mit dem Frühstück noch nicht fertig sind und die anderen schon beim Mittagessen sitzen. Was im Klartext heißt: Strecke frei. Und der Asphalt ist auch schon trocken.

In Tulln verfranzt sich die, die immer weiß, wos langgeht nämlich ich im entscheidenden Kreisverkehr. Was zur Folge hat, dass ich beide Donaubrücken, die alte und die neue, kennenlerne. Zum Dank für die eigene Verwirrtheit parke ich die R6 am Donaudamm und schau ein paar Minuten kontemplativ ins Wasser. Ein unbekannter und sehr blonder Wassersportler Kanuten nennt man die leistet mir Gesellschaft, erzählt mir, dass er früher auch Motorrad gefahren ist und, dass er jetzt ins Wasser geht. Nicht aus Kummer. Aus sportlichen Gründen. Sehr schön. Wir lassen einander ziehen. Schließlich will ich ins Waldviertel.

Trübensee, Neu-Aigen, Königsbrunn sind Orte, wo die Zeit still zu stehen scheint. Hier schauts aus seit Jahren gleich aus, hier ist es seit Jahren gleich ruhig.

Die Verbindungsstraßen dazwischen sind vielleicht fahrerisch nicht wahnsinnig herausfordernd, aber im Herbst wenn die Äcker abgemäht sind gut einsehbar. Allemal spannender als auf der S5. Die Traktoren stehen offenbar auch noch in den Ställen. Hase, Reh & Co. halten sich im Gebüsch auf.

In Königsbrunn wirds schwierig. Entweder nach links, in Richtung Kirchberg und weiter nach Langenlois und Krems, oder durch Unter- und Oberstockstall die Weinstraße entlang. Stockstall gewinnt. Im unteren steht ein wirklich nettes Wartehäuschen an der Bushaltestelle, mit liebevoll arrangiertem Blumenschmuck. Wenn es regnete, würde ich mich glatt unterstellen. Auch die seltene Erscheinung eines Telefonhüttls springt hier ins Auge. Haben doch noch nicht alle ein Handy.

Ein paar hundert Meter weiter wirds weiß am rechten Straßenrand. Kein Schnee! Dafür ein paar hundert Gänse, die in die Oktober-Sonne schnattern und wohl schon ahnen, dass sie zu Martini auf den Tellern landen werden. Und ich ahne: Wenn ich so weitermache, komme ich nie ins richtige Waldviertel. Also fasse ich ein konkretes Ziel ins Auge: Gars am Kamp. Da könnte man die eine oder andere Direttissima nehmen, streng in der richtigen Fahrtrichtung. Viel schöner ist es aber, um die Dörfer zu kurven. Irgendwann kommt man schon dahin, wohin man möchte.
 

In Unterstockstall gibts viel zu sehen: Ein sehr kommodes Wartehäuschen an der Bushaltestelle, eine echte Telefonzelle (ein bissl schief, aber ...) und Gänse, die sich auf Martini vorbereiten.


Gars hat den Charme eines klassischen Kurorts.
Jetzt, im Herbst, ist es sehr ruhig, außer in den paar noch offenen Wirtshäusern, und ein wenig melancholisch. Besonders im Strandbad. Die Sonne lässt das rote Gebäude leuchten, aber die Schwimmecken sind leer, und im Gras tummeln sich nur die letzten Gänseblümchen. Darüber wacht die Babenberger-Burg. Ein paar Spaziergänger sind am Kamp unterwegs. Sie wirken entspannt, grüßen freundlich. Ich ziehe weiter meines Weges. Zum Mitwandern ist heute nicht der richtige Tag.
 

Gars am Kamp hat außerhalb der Saison Stille & Einkehr zu bieten. Oben auf der Babenberger-Burg
und unten am Fluss. Zum Draußen-Baden war es leider schon zu kalt.


Quer durch die Büsche
oder auch, einigermaßen zielgerichtet, über die Dörfer treibe ich die Yamaha gen Krems. Nicht unspannend, was sich auf den Straßen und Sträßchen tut: Traktoren, Rad- und Sonntagsfahrer, heimkehrende Kirchgänger, nasse Erde, grober Schotter, feuchte Blätter, zergatschte Reste von Fallobst. Und überall ein strenger Geruch nach Grappa. Was nicht gar so unangenehm ist.

In Krems ist im Vergleich zu Gars die Hölle los, an der Donau staut sichs, auf den paar Kilometern durch die Wachau auch. Aber nur bis Weißenkirchen. Ich wollte ja ein wenig mit der R6 spielen, und dafür ist der Seiberer ein feines Terrain. Ohne einen Blick auf Weißenkirchen zu richten, geht das nicht. Die Straßenbauer haben schon gewusst, warum sie gerade an der Stelle einen Parkplatz hingebaut haben. Von hier oben schauen das Menschengewimmel und die Autoschlangen nicht mehr so bedrohlich aus. Die Blätter auf den Weinstöcken leuchten in Rot und Gelb, die Donau liefert, von tief unten, das Grün dazu. Blau ist sie offenbar nur in Wien.

Der Gipfel des Seiberer liegt schon in einer anderen Klima-Zone.
Auf dem Hoch-Plateau pfeift der Wind mit beachtlicher Schärfe. Ich weiß jetzt genau, wo die Perforierungen der Lederkombi sind, jedes einzelne Lückerl ist fast schmerzhaft spürbar. Die Konsequenz: Textil kommt übers Leder, ob ich das so gerne mag oder nicht. Zum
Glück habe ich das Zeug mitgenommen. Dahinschleichen, um weniger Fahrtwind um die Nase zu kriegen kommt auch nicht in Frage. So tauche ich bei Kottes flott in die

Wald-Sonderprüfung und vergesse diesmal nicht, dass gleich eine verschärfte Linkskehre kommt. Die dieses Mal überraschenderweise splitt- und schotterfrei ist.
 

Die Bergwertung am Seiberer ist ein Muss, aber vorher umbedingt einen Blick auf Weißenkirchen werfen!
Dort ist´s nämlich im Herbst besonders schön & bunt.


Die scharfe Luft fordert zur Einkehr auf. Denn auf dem letzten Stück nach Ottenschlag mutiert das Wald- endgültig zum Kaltviertel. Die Sonne hat ein kaltes Gesicht gekriegt, ihre Batterien sind offenbar schon auf Winterbetrieb umgestellt. Dementsprechend fällt die Begrüßung in der Konditorei Matschiner aus: Was? Du bist mitm Motorradl da? Ist dir denn nicht zu kalt? Na ja, ein bissl schon. Dem kann abgeholfen werden.

Mit der neuesten Version der sowieso schon weit und breit berühmten Pariser Spitze. In die Schoko-Fülle haben die Matschiners eine Prise Chili gestreut. Das wärmt augenblicklich wieder auf. Und so ein kleiner Kaffee kurbelt den Kreislauf auch ganz gut an.

In der Zwischenzeit hat sich die Sonne zu ihrem kalten Gesicht auch noch Schleier zugelegt.
Zwar dünne, aber schatten -bildende Wolken ziehen sich zusammen. Es ist Zeit, Talboden zu gewinnen. Eine teils schnelle, teils eher anspruchsvolle Direktverbindung zur Donau ist die 217er. Zwischen Ottenschlag und Elsenreith wollte mir ein offensichtlicher Lokalmatador im A3 eine Ideallinie zeigen. Bald habe ich ihn nicht mehr im Rückspiegel gesehen. Die R6 hat sich dabei spürbar pudelwohl gefühlt. Auch wenn die paar Haarnadeln nach Ötz hinunter einigermaßen mit Vorsicht zu genießen sind. Blätter liegen zwar wenige herum Nadelbäume haben nicht viele davon dafür ist es im Wald feucht und stark erdreich-verseucht.

In Spitz an der Donau gehts zu wie in Krems. Gerastet wird deshalb auf dem Parkpaltz am Ortsrand. Ein anderes stilles Platzerl bietet sich nicht an, weil die Wirts- und Kaffeehäuser eh alle schon voll sind, in den Stuben und in den Gärten. Hier unten, im Tal, ist es wieder bacherlwarm schätzungsweise zwanzig Grad und windstill. Der Blick nach drüben, ans andere Ufer, wo Mitterarnsdorf herüberleuchtet, verspricht, dass es dort auch schön ist. Doch die geileren Straßen sind herüben.

Auch ein Muss
ist die Konditorei Matschiner in Ottenschlag. Besonders wegen der weit und breit besten Pariser Spitze, die es auch mit einer Prise Chili gibt.

 

Schließlich meine ich, die Runde abzuschließen. Zumindest bis Krems in beschaulicher Gangart. Weil Andrücken bei dem Verkehrsaufkommen eh nicht geht. Dafür entgeht mir nicht, was bei allen Ausflügler- und Touristenmassen die Wachau für ein genial schöner Landstrich ist. Besonders im Herbst. Ob man den als Vorbote des Winters so besonders mag oder nicht.

Am Ende dieser Runde mag so mancher Waldviertel-Spezialist aufzeigen und sagen, dass das hier und das dort die noch schönere Strecke gewesen wäre. Das weiß ich. Aber ich will ja nicht alles verraten. Vor allem nicht gleich jetzt. Weil das Waldviertel gut ist für viele verschiedene und noch etliche weitere Tour-Varianten.
 

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Text: Beatrix Keckeis
Fotos: Beatrix Keckeis

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Bericht vom 24.10.2008 | 4.163 Aufrufe

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