Das Akrapovic Geheimnis

Was machte eine slowenische Garagenfirma besser als riesige Motorradkonzerne? NastyNils in Slowenien auf Werksbesuch bei Akrapovic

Die slowenische Firma Akrapovic wurde vor 15 Jahren in der ehemals jugoslawischen Prärie gegründet. Aus der ehemaligen Garagenfirma von Igor Akrapovic wurde ein beeindruckender High-Tech Betrieb. Wie gibt es denn so was? Dem Geheimnis auf der Spur, besuchte ich das Akrapovic-Werk.

Als Chauffeur stellte sich der österreichische Akrapovic-Importeur Didi Berger zur Verfügung. In den 4 Stunden Fahrt, hat er glaube ich auch einmal Luft geholt. Die restliche Zeit hat er ständig geredet. Über Akrapovic wusste ich also schon alles bevor ich nur einen Fuß in das Werk gesetzt habe. Der Besuch war also nur dazu da, die Storys von Didi Berger vor Ort zu überprüfen.

Der Rundgang durch das Werk war beeindruckend. Besonders toll fand ich das kompromisslose Engagement in Sachen High-Performance Technik für Motorräder. Da befasst sich eine Bude mit 4 Produktionshallen, einem Rudel Entwicklungstechniker mit nichts anderem als Auspuffanlagen für Motorräder. Also keine ranzigen Endtöpfe für einen 55PS Fiesta, keine OEM-Anlagen für die Motorradindustrie und keine Zulieferteile für andere Hersteller. 100% High Performance. Einzelne Seitensprünge aus der Motorradtechnik gibt es jedoch. Auch für Formel 1 Teams wird Auspufftechnik geliefert.

Laut eigenen Angaben ist man Weltmarktführer im Bereich Hochleistungsanlagen für den Motorradsport. Wenn man sich die Liste der Kunden so ansieht, hört sich das auch nicht so unrealistisch an. Sämtliche Motorradhersteller kauften oder kaufen für SBK-WM, MotoGP, SSP-WM, MX WM, Supermoto WM und diverse nationale Meisterschaften Know How oder komplette Anlagen von Akrapovic ein.

Im Gegensatz zu anderen Herstellern bezahlt Akrapovic die Spitzenteams nicht dafür, dass man die Auspuffanlagen verwendet, sondern verdient an ihnen. So kann es auch mal passieren, dass WM-Teams Akrapovic-Anlagen kaufen, die Pickerl runterkratzen, Pickerl von einem anderen Auspuff-Hersteller rauf geben, dafür Kohle verlangen und damit dann die Akrapovic-Rechnung zahlen.

Beim Rundgang durch die imposante Fabrik wollte ich Antwort auf meine Frage finden. Was ist das Geheimnis von Akrapovic? Doch ich wurde schnell enttäuscht: Es gibt keines. Es ist einfach die Summe von vielen kleinen, aber feinen Details die den Unterschied ausmachen.

Ein Detail ist z.B. die Qualität der Schweißnähte und Schweißpunkte, welche man an den ganzen Anlagen findet. Wichtig ist dabei nicht nur die Optik von außen, sondern auch die Qualität der Schweißnaht auf der Innenseite des Rohres. Denn nur so gibt es möglichst geringe Strömungsverluste.

Auch in Zeiten von Robotern, Computern und automatisierten Anlagen sieht man im Akrapovic-Werk dutzende Schweißer, welche in penibler Handarbeit Schweißpunkte und -nähte setzen.

Immer noch die exakteste Methode einen Krümmer zu schweißen. Eine antiquarisch anmutende Schweißlehre in welche die Titanrohre eingespannt und verschweißt werden. Passt das Teil in der Lehre, passt es auch am Motorrad. Der interessierte Zuhörer im Hintergrund ist übrigens kein tüchtiger Akrapovic-Hackler, sondern nur der Hr. Chauffeur.

Beeindruckend auch die Biegemaschine, welche aus Titanblechbändern perfekte Titanrohre in jedem gewünschten Durchmesser macht. Im Firmenvideo bekommt man einen guten Eindruck was hier abläuft.

Am Foto links der große Meister himself. Igor Akrapovic! Der ehemalige Rennfahrer hatte vor 15 Jahren die Suche nach der perfekten Auspuffanlage satt und baute sie sich selbst.

Da läuft den Motorradfreaks das Wasser im Mund zusammen. Kistenweise Titankrümmer im Akrapovic Werk.

Der ganze Stolz der Akrapovic-Mannschaft. Eine sündteure Anlage mit der unter Wasserdruck Rohre in die gewünschte Form gepresst werden. So werden auf der Suche nach dem letzten PS, Krümmerrohre in jede beliebige Querschnittsform gepresst.

Ein Versuch führte z.B zu einer einem Golfball ähnlichen Oberflächenstruktur. Durch gezielte Verwirbelungen wird der Gesamtströmungswiderstand minimiert. Die sündhaft teure Lösung brachte jedoch nur minimal messbare Verbesserungen und landete im Archiv.

Aus den Vollen gefräst! Die Flansche für Bolt-on Enddämpfer bei Akrapovic.

Witziges Detail am Rande. Amerikanische Offroad-Anlagen müssen mit einem sogenannten Funkenstopper ausgerüstet sein. Waldbrände ausgelöst durch Funkenflug aus den Anlagen der Offroad-Freaks sollen so verhindert werden.

Interessante Kisten stehen da in der R&D Abteilung herum. Aprilia GP1 mit armdicken Rohren an der einen Seite, ein verdächtig nach einem japanischen GP Motorrad aussehendes Bike unter einer Plane auf der anderen Seite machen neugierig.

   
Langsam aber sicher verstand ich auch warum für ein paar Titanrohre in Form einer Komplettanlage am Ladentisch 1.000 - 2.000 Euro bezahlt werden müssen.
  • Der Entwicklungsaufwand ist nicht zu unterschätzen. Die Originalanlagen werden immer besser und man muss ständig Weiterentwicklungen bieten um am Ball zu bleiben.
  • Nach wie vor sieht man in der Fertigung sehr viel Handarbeit. Und auch in Slowenien ist die nicht mehr so billig.
  • Einen riesigen Kostenbrocken verursachen in den letzten Jahren die TÜV-Prüfungen. Der Entwicklungsleiter bekommt einen Blutrausch als ich ihn in Sachen Lärm- und Abgasvorschriften anspreche. Es wird extrem viel Zeit und Geld investiert um bestehende gut funktionierende Anlagen leiser zu machen um den strengen Lärmvorschriften zu entsprechen. Akrapovic kasteit sich hier auch noch selbst und macht sämtliche Prüfungen beim Erbsenzählerverein TÜV Bayern. Nicht erst einmal wurde eine Anlage wegen einem halben dB zu viel wieder zurück geschickt.
  • Beim Rundgang in den Produktionshallen wurde mir schwindlig. Ein dutzend CNC gesteuerter Biegemaschinen, Schweißmaschinen, Tiefziehanlagen, ein sündteurer High-Tech Prüfstand usw. lassen auf zig Millionen Euro Investitionen schließen. Die müssen auch mal verdient werden.
  • Und natürlich der Materialaufwand. Edle Materialien wie Carbon, Titan, Edelstahl oder Inconel sind zwar leicht, edel und robust aber auch sauteuer.

Die Arbeitsbedingungen in der Auspuffentwicklung scheinen stressiger zu sein als man am ersten Blick glauben kann. Jedes Jahr kommen neue Motorradmodelle am Markt. Verwendet man Vorserienmodelle für die Auspuffentwicklung kann es schon mal passieren, dass auf den Serienmaschinen dann gar nix mehr geht. Ein paar Last Minute Änderungen an der Motorelektronik und schon stehen 3000 Auspuffanlagen zur "Überarbeitung" in der Lagerhalle.

Geht man als Auspuffhersteller auf Nummer sicher und entwickelt die Anlage mit einem Serienmotorrad aus der Auslage, muss man entsprechend lange warten. Unangenehm für die Kunden. Denn auch die stehen mit den neuen Eisen schon auf diversen Rennserien am Start und möchten nicht mehr länger warten.

Zu schnell kann Akrapovic die Anlagen jedoch auch nicht auf den Markt bringen, sonst besteht die Gefahr, dass billigere Hersteller einfach abkupfern und mit dem gleichen Produkt auch noch rechtzeitig am Markt kommen. Kein beneidenswerter Job also. Beneidenswert ist aber mittlerweile der Hr. Igor Akrapovic. Am Firmenparkplatz stand sein netter Audi S8 - seinen Porsche 911 Turbo hat er diesmal daheim gelassen. Trotzdem ist er nach wie vor der engagierte Techniker mit ständigem Hang zur Perfektion, welcher penibel weiter arbeitet. Er möge uns noch viele zusätzliche Akrapovic PS auf unseren Eisen bescheren.

Bericht vom 07.07.2005 | 39.881 Aufrufe

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