Ducati Multistrada V2 S erster Test

Kleines Update mit großer Wirkung

Die neue Ducati Multistrada V2 S soll weiter gezähmt und noch einsteigerfreundlicher geworden sein. Kamerakind Schaaf durfte die italienische Reiseenduro durch die wunderschöne Toskana bewegen und fand heraus, ob das kompakte EURO-5 Update die kleine Multi besser oder vielleicht doch schlechter gemacht hat!

Eine visuelle Tatsache fällt wohl jedem sofort ins Auge, wenn man Bilder der neuen Multistrada V2 betrachtet: Die Ähnlichkeit zum Vorgängermodell. Ohne den Schriftzug vorne am Tank braucht es schon ein geschultes Auge, um erfolgreich das EURO-5 Modell identifizieren zu können. Ducati verzichtet bewusst auf eine radikale Umgestaltung, da die Italiener mit der Fahr- und Verkaufsperformance des Vorgängermodells, der Multistrada 950 S, durchaus sehr zufrieden waren.

Eine Multistrada für Einsteiger

Etwas boshaft könnte man die neue V2-Modellbezeichnung also durchaus als die größte Veränderung bezeichnen. Jedoch machen die sparsam durchgeführten Veränderungen dennoch schnell klar, dass Ducati mit den behutsamen Eingriffen ein ganz klares Ziel verfolgt hat. Die kleine Multi soll bleiben, was sie ist: Ein Spaßgerät mit Reisequalitäten. Dieser Spaß soll nun aber einem noch breiteren Publikum angeboten werden können, das italienische Adventurebike wurde niedriger gemacht und auf größere Einsteigertauglichkeit getrimmt.

Die Multistrada V2 wird leichter

So wurde die Sitzbank 10mm abgesenkt und vorne schmaler geformt, um den Schrittbogen 40mm zu verkürzen. Die Fußrasten sind neu und tiefer positioniert, der Kniewinkel ist nun ein wenig entspannter. Mit 1,7 Kilo leichteren Felgen - entnommen aus der großen V4-Schwester - soll das Handling noch einfacher von der Hand gehen. Das Getriebe wurde überarbeitet, die Kupplung wurde komplett getauscht und stolze 1,5kg leichter.

Weniger Drehmoment verglichen zur Ducati Multistrada 950

Angeblich fällt es nun auch weniger schwer, den verflixten Neutralen einzulegen. Weiters wurden der V2 neue Spiegel spendiert, das Heck bekam ein neues Styling inklusive Rücklicht verpasst und die Motorabdeckung schaut ein bisschen moderner aus. Insgesamt können so 5kg an Ballast im Vergleich zum Vorgängermodell eingespart werden. In Sachen Spitzenleistung gibt es keine Veränderung. 113 PS bei 9.000 Umdrehungen. Das maximale Drehmoment hingegen musste EURO-5 verschuldet ein wenig sinken, allerdings liegt es nun früher an. 94 Newtonmeter bei 6750 Touren statt 96 bei 7750.

Ducati Multistrada V2 in zwei Farben und als A2 Version

Apropos Leistung, die Multistrada V2 gibt es jetzt auch als A2 Variante zu kaufen. Und egal ob A2 oder nicht, farbtechnisch kann man zwischen Ducati-rot oder Street Grey mit roten Felgen wählen. Auch in Sachen Sound hat man sich der strengen Gegenwart angepasst, der Auspuff wurde modifiziert und auch der mechanische Krach soll weniger laut geworden sein.

Zwei volle Fahrtage in der spätherbstlichen Toskana baten nun ausreichend Zeit und Kilometer, um festzustellen, ob die V2 S als gelungenes Update bezeichnet werden kann.

Multistrada V2 S Fahrspaß und Sound

Schon nach wenigen Kilometern wurde klar, dass die Multi nichts von ihren ursprünglichen Qualitäten verloren hat. Immer noch, oder vielleicht sogar mehr denn je, ist diese Ducati ein absoluter Garant für Straßen-Fahrspass. Ihre Agilität sucht in der Reiseenduro-Mittelklasse ihresgleichen, ohne jeglichen Kraftaufwand wird eingelenkt, stets neutral und niemals kippelig. Der Motor freut sich über Drehzahl und gibt fast bis zum Begrenzer massig Schub. Das Ansauggeräusch macht süchtig, der Klang aus dem Auspuff hat Charakter, ohne dabei aufdringlich zu sein. Die Kurvenjagd auf der Multistrada V2 macht also genau so viel Spaß wie auf dem Vorgänger!

Das semi-aktive Fahrwerk der Multistrada V2 ist sportlich bis komfortabel

Dafür hauptverantwortlich ist das grandiose Fahrwerk. In der S-Variante kommen semi-aktive Komponenten zum Einsatz, die mit einem wunderbar geschmeidigen Ansprechverhalten punkten können. Die elektronischen Verstellmöglichkeiten sind groß und tatsächlich auch effektiv. Das Fahrwerk der V2 kann per Knopfdruck eindeutig spürbar zwischen komfortabel weich und sportlich straff verstellt werden. Perfekt dazu passt die Bremse, die sich fein dosieren lässt, oder eben auch enorm kräftig zupacken kann.

Ducati Multistrada V2 mit verbessertem Motor

Wie bereits erwähnt, das rasante Fahrerlebnis war bereits auf der 950er grandios. Die Unterschiede zur Alten werden tatsächlich erst dann spürbar, wenn man sich auf der Multi langsam und untertourig fortbewegt. Da wäre einerseits die neue Kupplung. Auch im kalten Zustand lässt sie sich nun sauber dosieren. Leider nur braucht es dafür ein wenig zu viel Handkraft, andere Hersteller verlangen definitiv nach weniger starken Händen. Dieser Umstand fällt vor allem deshalb auf, weil im Falle der Multistrada ein V2-Aggregat zwischen den Beinen zu Werke geht. Das heißt, das Ansprechverhalten des Motors bei Niedrigstdrehzahlen ist ein wenig ruppig und man muss schneller und öfters zur Kupplung greifen, als dies bei anderen Motorkonzepten der Fall ist.

Multistrada V2 Motor EURO-4 vs EURO-5

Bewegt man sich allerdings etwas schneller als Schrittgeschwindigkeit fort, fällt sofort auf, dass der Motor untenrum wesentliche bessere Manieren aufweist, als jener des EURO-4 Modells. Besonders positiv spürbar ist dies bei Fahrten durch Ortsgebiete oder auch beim gemütlichen Dahingleiten. Bei rund 3000 Umdrehungen pro Minute wird jetzt deutlich weniger an der Kette geschlagen, als dies vorher der Fall war. Ebenso wie die große Schwester mit vier Zylindern fällt die kleinere Multistrada untenrum Ducati-untypisch positiv auf. Der Motor hat nun also beinahe die Kultiviertheit und Laufruhe anderer V2-Hersteller erreicht!

Das verbesserte Getriebe der Ducati Multistrada V2

Wie von Ducati versprochen lässt sich der Neutrale tatsächlich leichter einlegen, dies bildet aber die unwesentlichste Änderung im Bereich Getriebe. Wesentlich positiver ist jener Umstand, dass die größte Schwäche des Vorgängers nun beseitigt scheint: Auf über 400 Testkilometern bleibe ich kein einziges Mal in einem Leerlauf zwischen den Gängen hängen, sie rasten sogar spürbarer ein. Verglichen zu anderen Herstellern wirkt der Gangwechsel immer noch ein wenig hölzern, aber dennoch wurde die Schaltpräzision spürbar erhöht. Meiner Meinung nach ist dieser Umstand wohl die wertvollste Verbesserung der neuen V2. Auch die Performance des Quickshifters kann durchaus überzeugen, die Gänge werden bei jeder Drehzahl ohne Mühe gewechselt. Untenrum aber geschieht dies manchmal ein wenig harsch, obenrum teilweise etwas langsam. Manch ein Konkurrent macht's ein wenig besser, viele andere deutlich schlechter.

Ducati Multistrada V2 Windschutz

Die Front und somit auch der Windschutz bleibt unverändert. Das heißt, mein Kopf ist in jeder Windschildposition frei von Turbulenzen, dafür ist es im Arm und Schulterbereich einigermaßen zugig. Bei kälteren Temperaturen also wird man sich auf anderen Fabrikaten vermutlich ein wenig besser aufgehoben fühlen. An heißen Sommertagen wird so aber der Hitzestau vermieden, auch vom Motor ausgehend ist keine außergewöhnliche Wärmeentwicklung zu vermelden. Die Distanz zum Lenker übrigens ist kurz genug, um sich im Sattel als souveräner Herr bzw. Frau der Lage zu fühlen, sowohl aktives als auch entspanntes, passives Fahren fühlt sich gut und richtig an.

Neue Sitzbank auf der Ducati Multistrada V2 S

Als wichtigstes Update seitens Ducati gilt übrigens der neu geformte Sitzbereich. Der deutlich kürzere Schrittbogen verschafft kompakteren Piloten und Pilotinnen ein sicheres Gefühl im Sattel. Gleichzeitig konnte so auch die Ergonomie fürs Fahren auf unbefestigtem Gelände verbessert werden. In stehender Position haben die Beine nun eine größere Kontaktfläche, die schmälere Silhouette vereinfacht die Offroad-Kontrolle ebenso. Wie auf den meisten Reiseenduros sind Lenker, Brems- und Schalthebel zu tief positioniert, aber für Schotter und leichtes Gelände reicht es dennoch vollkommen. Auch wenn die Multistrada V2 vorrangig für den Straßeneinsatz gebaut wird, kann sie auch auf unbefestigten Wegen durchaus Freude bereiten.

Standgeräusch Ducati Multistrada V2

Die letzten zwei wesentlichen Neuerungen lassen sich ohne direkten Vergleich mit dem Vorgängermodell nicht ernsthaft beurteilen. Die alte 950er war schon so dermaßen agil zu bewegen, dass ich mich nicht sagen traue, ob die leichteren Felgen auf der V2 das Handling noch weiter vereinfacht haben. Ebenso kann ich rein aus dem Gedächtnis heraus nicht einschätzen, ob das verringerte Spitzendrehmoment auf irgendeine Art und Weise spürbar ist. Allerdings steht fest, dass sowohl das Handling als auch die Leistung exzellent bzw. absolut ausreichend sind. Übrigens auch auf den berühmt-berüchtigten Straßen Tirols, mit 95 dB Standgeräusch ist die Multi dort gerade noch legal. Verfügbar sind beide Multistrada Varianten ab sofort, die S gibt es in Deutschland ab 16590 Euro zu haben, in Österreich ab 19195. Die schlichtere Standard V2 kostet dabei jeweils rund 2500 Euro weniger.

Fazit: Ducati Multistrada V2 S 2021

Die neue Ducati Multistrada V2 soll laut italienischer Auskunft einsteigertauglicher geworden sein, ohne dabei ihr Wesen verloren zu haben. Diese Aussage würde ich sofort unterschreiben. Die kleine Multi ist immer noch ein Wunder der Agilität, bereitet unglaublich viel Spaß im Winkelwerk und kann aber auch auf der Langstrecke mit Komfort glänzen. Dank abgesenkter Sitzhöhe, deutlich kürzerem Schrittbogen und verbesserter Motorlaufruhe können ab sofort auch kleinere und weniger erfahrene Menschen völlig unbeschwert in diesen wunderbaren Fahr-Genuss kommen!


  • Ultimatives Handling ohne kippelig zu sein
  • Fahrwerk mit exzellentem Ansprechverhalten
  • Elektronische Fahrwerksverstellung mit großer Wirkung
  • Drehfreudiger Motor
  • Exzellenter Sitzkomfort
  • Kupplungshebel nicht besonders leichtgängig
  • Motor-Ansprechverhalten in niedrigen Drehzahlen etwas ruppig
  • Bluetooth-Connectivity aufpreispflichtig

Bericht vom 06.11.2021 | 49.360 Aufrufe

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