Yamaha Niken GT vs. Tracer 900 GT - Test auf Kopfsteinpflaster

Sind drei Räder wirklich besser als zwei?

Die Yamaha Niken hat schon eine Menge Lob eingeheimst, sie ist stabil, erstaunlich fahraktiv und mit zwei Vorderrädern an der Front auch noch äußerst sicher. Doch auch die Yamaha Tracer 900 hat einiges zu bieten und gilt als eine der Wendigsten unter den straßenorientierten Reiseenduros. Wir lassen die beiden Modelle in tourentauglicher GT-Version aufeinander los und stellen die Frage aller Fragen: Sind drei Räder auf einem Motorrad wirklich besser als zwei oder sind 40 Kilo Mehrgewicht einfach nur Spaßverderber?

Ginge es nach den Kritikern, wäre der Vergleich zwischen der Yamaha Niken GT und der Tracer 900 GT ein sinnloser Kampf zweier völlig verschiedener Welten: Die eine hat drei Räder, die andere zwei. Die Dreirädrige wiegt bei exakt gleicher Motorisierung um stolze 40 Kilo mehr und die Zweirädrige gilt auch noch als eine äußerst handliche Vertreterin der Reiseenduro-Mittelklasse. Allerdings sollte die Niken GT durch ihr doppeltes Vorderrad handfeste Vorteile auf schlechtem Asphalt bieten weshalb wir auch keine Mühen scheuen und die beiden Yamahas zum alten St. Gotthard-Pass in der Schweiz schicken. Eine kurvenreiche Strecke die von oben bis unten und dann wieder von unten bis oben mit schlechtem Asphalt und fast über die gesamte Länge mit Kopfsteinpflaster ausgelegt ist.

Exakt gleiche Triebwerke auf Yamaha Niken GT und Tracer 900 GT

Damit sollten die Unterschiede der beiden Konzepte doch eigentlich besonders stark herausgekehrt werden. Doch vor den Unterschieden erst mal zu den Gemeinsamkeiten: Die Motoren der beiden Maschinen sind exakt die gleichen Reihen-Dreizylinder mit 847 Kubik Hubraum, 115 PS bei 10.000 Umdrehungen und 87,5 Newtonmeter Drehmoment bei 8500 Touren. Dass dieses Triebwerk extrem spritzig zur Sache geht und meiner Meinung nach gefühlt 20 PS mehr vermittelt, kommt in dem Fall zwar der Niken GT sehr entgegen, die 40 Kilo mehr Ballast schleppen muss, allerdings wirkt die Tracer 900 GT dadurch natürlich noch spritziger und weitaus agiler. Damit hat die Niken GT trotz etwas mehr Schwungmasse und kürzerer Übersetzung einen klaren Nachteil gegenüber der Tracer 900 GT auf Geraden. Denn in engen Kehren, wie man sie auf dem Schweizer Pass nun mal permanent vorfindet, kann dieses quirlige Triebwerk auch die Niken GT flott aus den Ecken pfeffern.

Den Großteil der 40 Zusatzkilos führt die Yamaha Niken GT an der Front spazieren

Und damit sind wir beim großen Vorteil der Yamaha Niken GT gegenüber der Tracer 900 GT und eigentlich gegenüber allen Zweirädern: Insgesamt drei Räder mit zwei Rädern an der Front ergeben die doppelte Aufstandsfläche vorne und somit doppelte Sicherheit samt doppeltem Vertrauen. Man muss nur ausblenden, dass an der Front zwei Räder hängen, dann lenkt man so präzise ein, wie auf jedem anderen Motorrad und wundert sich, wie gut es die Techniker hinbekommen haben, diese Parallelogramm-Konstruktion so einfach nutzbar zu machen. Das Handling ist fabelhaft und fühlt sich keineswegs extrem kopflastig an, wie man rein von der Optik her vermuten könnte immerhin lastet der Großteil der 40 Zusatzkilos an der Front. Ein steilerer Lenkkopfwinkel und kleinere 15 Zoll-Räder an der Front sorgen zusammen mit der ausgeklügelten Mechanik für angenehmes, unkompliziertes Einlenken.

Mehr Sicherheit auf der Yamaha NIken GT, mehr Dynamik auf der Yamaha Tracer 900 GT

Da braucht es eben schon den direkten Umstieg auf die dann doch erheblich wendigere Yamaha Tracer 900 GT, die in engen Kehren noch viel williger einlenkt und damit Meter um Meter auf die Niken GT gut macht. Das allerdings nur bei optimalen Verhältnissen, wie wir sie vorfanden, also trockener Untergrund und beste Sicht. Bei nasser Fahrbahn würde ich mit der Niken GT noch lange so weiterfahren wie bei Trockenheit, während ich die Tracer 900 GT schon vorsichtiger um die Kurven zirkeln würde. Und selbst bei unseren guten Verhältnissen durften wir den großen Vorteil der beiden Vorderräder spüren völlig ungeniert entledigen sich Kühe mitten auf der Straße ihrer Abfälle, die nicht nur vom Geruch her Probleme bereiten, sondern auch für Schrecksekunden sorgen können. Mit der Niken GT hat man allerdings nur Angst, dass der Kuhmist durch die Reifen hochgeschleudert werden könnte, mit der Tracer 900 GT fürchtet man hingegen, dem Straßenbelag unliebsam nahe zu kommen. Kanaldeckel haben im Übrigen den gleichen Effekt, nur ohne Geruch.

Volle GT-Ausstattung sowohl bei Yamaha Niken als auch Tracer 900

Das macht die Niken GT insgesamt zum absoluten Universalgenie, denn selbst das stabilste herkömmliche Motorrad kann nicht mit der Sicherheit von zwei Vorderrädern mithalten. Damit ist die Niken also gerade in der tourenoptimierten GT-Version unschlagbar. Über die Komfort-Features der beiden GTs gibt es ohnehin nicht viel zu meckern, verstell- und abschaltbare Traktionskontrolle, ABS, Quickshifter, Fahrmodi, Tempomat, Heizgriffe, einstellbares Fahrwerk, hohes Windschild und Kofferset sind bei beiden serienmäßig mit an Bord, an der Tracer 900 GT fällt noch das Farb-TFT-Display positiv auf, da vertraut die Niken GT auf ein immerhin sehr gut ablesbares LCD-Cockpit, dafür hat die Dreirädrige einen praktischen Hauptständer in Serie.

Fazit: Yamaha Tracer 900 GT 2019

Die sportliche Allzweckwaffe von Yamaha wurde weiter verbessert. Sie ist das perfekte Bike für alle, denen die nackte MT-09 zu spartanisch auf sportliche Landstraßenfahrten ausgelegt ist. Dank der längeren Schwinge sowie der besseren Aerodynamik sind nun auch die Hochgeschwindigkeitsprobleme, mit denen die Vorgängerin zu kämpfen hatte, größtenteils eliminiert. Die Premiumvariante in Form der Tracer 900 GT legt noch eins oben drauf und kann mit tollen Komfortfeatures zusätzlich überzeugen.


  • kraftvoller Motor
  • Top Fahrwerk
  • Fahrspaß garantiert
  • bessere Stabilität als bei der Vorgängerin
  • gelungene Überarbeitung der Aerodynamik
  • Komfortgewinn für Sozius
  • Tempomat
  • Heizgriffe
  • Schaltautomat
  • Hübsches TFT-Farbdispay
  • Sozius-Fußrastenanlage schränkt Bewegungsfreiheit ein
  • ABS und Traktionskontrolle nur auf Basisniveau

Fazit: Yamaha Niken GT 2019

Das neuartige Konzept der Niken GT ermöglicht unglaublich zügiges und doch gleichzeigt auch sicheres Vorankommen bei allen Witterungsbedingungen, wie auf Schienen führt die Front auf enge Passstraßen gleichermaßen wie auch in schnelleren Radien. Der bereits in der MT-09 hochgelobte Crossplane-Dreizylindermotor wurde mit etwas mehr Schwungmasse und einer kürzeren Endübersetzung perfekt für die Niken GT angepasst. Vor allem in der tourentauglichen GT-Version kann die Niken als absolutes Universaltalent brillieren. An alle Interessenten: Nicht von der Optik oder dem "Dreirad-Image" verunsichern lassen. Unbedingt Probe fahren!


  • ausgereiftes Gesamt-Konzept
  • toller Motor
  • sportliches Fahrverhalten
  • einstellbares Fahrwerk
  • tourentaugliche Ausstattung
  • bequeme Sitzposition
  • zusätzliche Sicherheit bei allen Witterungsverhältnissen
  • gewöhnungsbedürftige Optik
  • hohes Gewicht
  • Dreirad-Image am Stammtisch
  • ABS nur auf Basisniveau

Bericht vom 01.08.2019 | 28.636 Aufrufe

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