Nordschleife mit dem Motorrad

Wunderwaffe Kawasaki ZX-10R SE

Motorradfahren auf der Nordschleife ist die purste Form von Zweirad-Action die man kriegen kann. Hier braucht man Erfahrung aber auch viel Respekt und Vertrauen. Unterwegs mit der neuen ZX-10R SE von Kawasaki in der grünen Hölle.

Es ist die purste Form von Vertrauen. Ich habe hier keine Ahnung was hinter der nächsten Ecke lauert, aber ich folge dem erfahrenen Instruktor Detlef bedenkenlos. Denn anders als bei normalen Rennstrecken, ist hier für Gelegenheitsfahrer quasi jede Kurve blind und die Sturzräume bescheiden. Hier im Sattel der Ninja ZX-10R SE benötige ich also sehr viel Vertrauen und Konzentration von der ersten bis zur letzten Sekunde.

Die Legende in der Eifel: Nordschleife am Nürburgring

Klar kursieren viele Horrorgeschichten von der Nordschleife am Nürburgring. Die fast 21km Asphalt die sich hier durch die Grüne Hölle schlängeln, sind natürlich brutal schnell und auch gefährlich. Doch hier mit dem MOTORRAD Action Team geht die Fahrerei mit dem größtmöglichen Respekt vor der Strecke und auch zwischen den Fahrerinnen und Fahrern über die Bühne. Denn hier wird die Strecke exklusiv gemietet und wird somit auch nur von den Instruktorgruppen mit Bikes befahren. Überholt wird nur dann, wenn die Instruktoren untereinander ihr OK signalisieren. Und innerhalb der Gruppe bleiben alle auf ihren Platz. Doch durch große Vielfalt und die riesige Auswahl an Gruppen, findet man schnell seine Truppe mit der man beachtlichen Speed gehen kann. Denn als Newcomer wäre man hier ohnehin komplett aufgeschmissen. Und Insider wird man hier erst nach zahlreichen Trainings und vielen Runden. Die 73 Kurven sind schier endlose Kombinationen die neben einem extremen Fokus eines erfordern: Eine blitzsaubere Linie!

Motorradfahren auf der Nordschlaufe - pure Harmonie

Hat man das Vertrauen in den Instruktor, die Gruppe und natürlich auch in Motorrad und Reifen gefasst, dann wird die grüne Hölle zu einem überaus harmonischen Stück Asphalt. Auch bei zügigen Tempo gibt es hier wenig harte Bremszonen sondern ein flüssiges und geschmeidiges Motorradfahren. Klar ist man ständig angespannt und steht auch schwer unter dem Einfluss von Adrenalin, doch nirgendwo anders erlebt man Motorradfahren konzentrierter, direkter und harmonischer als hier. Es lässt sich gar nicht vermeiden, dass man eins wird mit dem Motorrad und auch mit dem Kollegen in der Gruppe. Denn man folgt mit relativ wenig Abstand und absolviert die Strecke quasi gemeinsam.

Motorräder auf der Nordschleife: Feinste Bikes am Start

Das so eine Veranstaltung im Jahr 2018 mit überraschend wenig Stürzen abgewickelt wird, liegt jedoch nicht bloß an der tollen Organisation. Auch die Motorradhersteller und die Reifenindustrie haben ihren Anteil an dem tollen Event. Das Fahrerlager ist prall gefüllt mit modernen Sportmotorrädern und perfektem Gummis. Ich selbst entschied mich nach eingehender Analyse für folgende Kombination: Kawasaki Ninja ZX-10R SE 2018 und Metzeler Sportec M7RR.

Früher war nicht alles besser

Das neue elektronische Fahrwerk von Showa in der Kawasaki hat es mir beim ersten Test damals in Südspanien richtig angetan. Bisher kamen die elektronischen Fahrwerke in den heftigsten Passagen der Nordschleife an ihre Grenzen. Doch die neue Ware von Showa hat deutlich kürzere Regelintervalle und ist aus meiner Sicht eine echte Bereicherung für diese Strecke hier. Das Fahrwerk der 200PS Maschine kombinierte ich dann noch mit einem umgänglichen Sportreifen welcher einen ultrabreiten Einsatzbereich bietet und damit alle Anforderungen toll abdeckt. Die Aufwärmzeit vom Reifen ist kurz und somit kann man schon im relativ engen Hatzenbach Streckenabschnitt vertrauensvoll umlegen. Womit wir schon wieder beim wichtigsten Thema hier an der Nordschleife wären: Vertrauen! Denn wenn nur leiseste Zweifel an Maschine oder Reifen im Sattel aufkommt, dann wird es ungemütlich und gefährlich. Eine hektische Linie mit ebensolchen Bremsmanövern kann ein bitteres Ende nehmen.

Wetter an der Nordschleife: Wechselhaft!

Andererseits war es so, dass wir am Vormittag mit tollem Wetter gesegnet waren und die Strecke richtig warm wurde. Der Reifen war somit über die 30 Minuten langen Turns auch einer ordentlichen Belastung ausgesetzt - was er auch tadellos wegsteckte. Am frühen Nachmittag begann es dann auch noch zu regnen. Klar war das Fahren dann kein echter Genuss mehr. Doch der sportliche Straßenreifen brachte mich sicher und komplett problemlos zurück ins Fahrerlager. Weniger Glück hatten da jene Piloten welche auf noch sportlichere Reifen gesetzt haben - also Rennreifen mit Straßenzulassung. Diese eierten unwürdig zurück ins Fahrerlager und haben ihre Lektion gelernt. Doch für die Haudegen auf der Nordschleife ist der Sportec M7RR von Metzeler jetzt nicht der große Geheimtipp vom schlauen 1000PS Reporter. Viele Instruktoren fahren die Gummis ebenso, wie ein wirklich großer Teil der Teilnehmer hier beim Action Team Training.

Also intensiver kann man den technischen Fortschritt einfach nicht genießen. Unterwegs mit einer Serienmaschine mit Serienreifen und trotzdem die volle Ladung Adrenalin und Sicherheit genießen. Motorradfahren auf der Nordschleife ist im Jahr 2018 bestimmt besser und sicherer als je zuvor.

Kawasaki Ninja ZX-10R SE 2018 - Setup Elektronik

Das Setup der Kawasaki im etwas kümmerlichen wirkenden Display geht schnell von der Hand. Die SET Taste wird lange gedrückt und schon können die einzelnen Parameter angepasst werden. Den Schaltblitz rückte ich etwas weiter nach oben. Die Engine Break Control aktivierte ich um in den peinlichen Rollphasen weniger Zeit zu verlieren. Den Quickshifter ließ ich natürlich auch an und die Traktionskontrolle stellte ich mit Stufe 4 auf eine konservative Einstellung. Klar bremste mich das am Kurvenausgang manchmal etwas zu großzügig ein, doch ich war hier nicht unterwegs um Bestzeiten aufzustellen. Sicherheit und Fahrspaß standen für mich an erster Stelle. Das faszinierende Fahrwerk stellte ich erstmal in den Road Modus und freute mich schon auf den herrlichen Fahrkomfort.

Kawasaki Ninja ZX-10R SE - Elektronisches Fahrwerk auf der Nordschleife

Im Fahrerlager ist es so, dass die echten Rennfahrer bei elektronischen Fahrwerken immer noch die Nase rümpfen. Klar ist es so, dass kein aktuelles System für ernsten Rennsport gedacht ist. Ich denke so ein Elektro-Fahrwerk ist für sogenannte Gstopfte (Deutsche Leser mögen bitte die Bedeutung dieses Ausdruckes hier nachlesen), welche sich mit Fahrwerks-Setup nicht so gut auskennen aber einfach leiwand fahren möchten. Und gerade hier auf der Nordschleife macht die aktuell modernste Lösung am Markt - das Showa System an der Kawasaki - diesen Job famos. Hier alle Informationen zum neuen Showa-System in einem umfangreichen Test-Video.

Das Fahrwerk ist im Road-Modus relativ soft und bietet somit tollen Komfort. Aber durch die rasche Regelung kann in den heiklen Passagen zusätzliche Dämpfung abgerufen werden und das eigentliche weiche Fahrwerk schlägt trotzdem niemals durch. Auch in den schnellen Kurven fährt die Maschine präzise und stabil. Die Front vermittelt jedoch niemals diese klare Transparenz welche ein klassisches Fahrwerk mit sich bringt. Als erfahrener Pilot hat man ja gewisse Aktionen und Reaktionen im Unterbewusstsein abgespeichert. Diese finden beim Elektrofahrwerk so dann nicht statt. Die harte Kompression fühlt sich eben nicht hart an, sondern ist irgendwie nur in einer abgeschwächten Form vorhanden. Ich selbst hab einfach volles Vertrauen in die Kombination Showa / Metzeler / Kawasaki und genieße das technisch tolle Ergebnis, aber kann verstehen wenn einem das Hexenwerk nicht ganz geheuer ist.

Kawasaki ZX-10R 2018 - Das Motorrad wächst mit

Am zweiten Tag waren die ersten Turns teilweise verregnet. Auch jetzt wieder erfreute ich mich an den Sicherheitsreserven vom Metzeler Pneu. Doch ganz narrensicher ist die Motorrad-Technik auch im Jahr 2018 nicht. Beim Anbremsen mit der Hinterbremse blockierte mir das Hinterrad einmal ordentlich und erinnerte mich daran, dass immer noch der Fahrer im Sattel die Letztverantwortung am Kurveneingang hat.

Zu Mittag kam die Sonne raus und es folgten gigantische Turns bei richtig leiwanden Speed. Mittlerweile saß ich schon richtig locker am Motorrad und so wechselte ich beim Fahrwerk in den Track Modus und die Traktionskontrolle korrigierte ich auf Stufe 3 - also die mittlere Einstellung. Nun wurde die Maschine straffer, noch direkter und am Kurvenausgang wurde auch mehr Drehmoment an die Metzeler Walze geliefert. Der Fahrkomfort war immer noch höher als bei einem konventionellen Fahrwerk, doch die Schläge an den Lenkerstummeln waren deftiger als noch am Vortag. Doch das Vertrauen war groß, der Griff war locker und Instruktor Detlef dirigierte uns mit mächtigen Speed durch unsere Turns. Durch die flotte Fahrweise unserer Gruppe schafften wir teilweise sogar 4 Runden. Offen gesagt kam ich selbst dabei ordentlich an meine Konzentrationsgrenzen. Die Nordschleife erlaubt einfach keine Fehler, keine Unachtsamkeit und keine Nervosität im Sattel. Am Ende der 2 Tage war ich überaus glücklich so viel intensive Runden erlebt zu haben. Andererseits war ich aber auch dankbar, dass Maschine und Reifen 2 Tage lang einfach so perfekt funktioniert haben. Das Level ist irre hoch geworden - und hier auf der Nordschleife möchte ich auf dieses Niveau nicht mehr verzichten.

1000PS auf der Nordschleife - es kommt noch mehr

Klarerweise kommt noch mehr von der Nordschleife. Vauli berichtet von seiner Fahrt auf der Nordschleife mit der KTM 1290 SuperDuke R. Vauli war das erste mal auf der Strecke. 2 Videos von der Strecke kommen in 2 Wochen auf unserem YouTube Kanal online. Einen guten Überblick über das Event und erste Eindrücke bekommt man auch im Facebook-Livevideo von NastyNils.

Fazit: Kawasaki Ninja ZX-10R SE 2018

Die Kawasaki Ninja ZX-10R SE im Modelljahr 2018 ist gerade auf der Nordschleife ein Motorrad für finanziell gut ausgestattete Motorrad-Genießer, welche mit Fahrwerkssetup nicht viel am Hut haben. Die Maschine ist ausgereift, schafft Vertrauen, fährt zuverlässig und sauschnell. Dem elektronischen Fahrwerk kann und muss man bedenkenlos vertrauen. Dann ist die Fahrt mit dem gespenstischen Chassis ein Genuss.


  • Im Sattel kommt großes Vertrauen in ein gut funktionierendes Paket auf
  • Elektronisches Fahrwerk bietet überraschend großen Fahrkomfort auch bei flotten Runden auf der Nordschleife
  • sehr gute Komponenten an allen Ecken und Enden
  • Geometrie, Fahrwerk und Lenkungsdämpfer passen einfach richtig gut
  • Im oberen Drehzahlbereich kräftig und drehfreudig
  • Lange Übersetzung mit wenig Druck im Drehzahlkeller erfordert mehr Schaltvorgänge als man im Sattel einer 1000er gerne macht
  • Informationen im Display in hektischen Situationen einfach nicht groß genug dargestellt
  • Gesamteindruck wirkt hochwertig aber mittlerweile schon nicht mehr up-to-date

Bericht vom 01.09.2018 | 15.748 Aufrufe

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