Gleich vorweg, die neue Yamaha FJR1300 ist zwar nicht ganz neu, behält dadurch aber all ihre guten Seiten und bleibt im Segment der großen Sporttourer eine harte Konkurrenz für die anderen. Sieht man es aber ganz kritisch, könnte man sagen, sie unterscheidet sich sowohl optisch als auch technisch nicht wesentlich von der Vorgängerin und ein Fünfgang-Getriebe hat in der heutigen Zeit eigentlich nichts mehr verloren. Allerdings ist es für eine solche Aussage unbedingt notwendig, dass man die neue FJR1300 nicht allzu sehr mag und vor allem, dass man noch nicht mit ihr gefahren ist. Denn wer sich auf den Sattel dieses Tourensportlers schwingt, merkt sofort, dass er gegenüber der Vorgängerin ordentlich modernisiert wurde und überraschend sportlich zu bewegen ist.
5-Gang Getriebe zeitgemäß?
Dass sich optisch nicht so viel getan hat, liegt daran, dass sich die FJR1300 mit ihrem kantig bulligen Stil einen Namen gemacht hat und bei den Fans unter anderem dadurch so beliebt ist – da wird man logischerweise nicht gleich das gesamte Outfit ändern, wie es in anderen Segmenten eher üblich ist. Und ein Fünfgang-Getriebe passt sehr wohl in die heutige Zeit – nämlich dann, wenn es so gut abgestuft ist, wie auf der FJR1300.
Zugegeben, auch ich war anfangs etwas erstaunt, wenn nicht sogar betroffen, dass die große, gut ablesbare Ganganzeige über den Fünfer nicht hinaus kommt. Allerdings muss ich nun einräumen, dass der sechste Gang gar nicht fehlt! In den unteren Gängen geht die Touren-Yamse ordentlich ans Werk und die Gänge rasten mit einem, für einen Kardanantrieb angenehm sanften und unaufdringlichen Klacken ein, die Abstufung ist keineswegs zu lange geraten. Vielmehr spielt der seidig sanft agierende Reihen-Vierzylindermotor mit 1298 Kubik seine Potenz aus und macht in jeder Lage enorm viel Spaß. Immerhin sind 146 PS bei 8000 Touren für sportliche Ausbrüche mehr als genug, für die enorme Souveränität spricht das Drehmoment von 138 Newtonmeter bei moderaten 7000 Umdrehungen. Und auch im obersten Gang benimmt sich der Murl ganz Gentleman-like, brummt bei einer angenehmen Reisegeschwindigkeit von 150 km/h am Tacho angenehm sonor mit 4500 Touren dahin und wird auch darüber nicht unangenehm laut oder nervig. Dank des guten Windschilds, das sich elektrisch verhältnismäßig flott in der Höhe, oder besser in der Neigung verstellen lässt, sind selbst noch höhere Geschwindigkeiten völlig entspannt und ohne lärmendes Triebwerk zu absolvieren. |
|
Trotz diesem guten Benehmen bei Autobahnetappen fühlt sich die FJR1300 auch auf der Landstraße pudelwohl und überrascht mit einer ausgeprägten Wendig- und Sportlichkeit. Daran hat aber nicht nur das herrliche Triebwerk „Schuld“, sondern auch die erstaunlich dynamische Geometrie animiert zum flotten Kurvenwetzen. Der Schwerpunkt sitzt tief und lässt die 289 Kilo Lebendgewicht samt vollem 25-Liter-Tank weit weniger wuchtig erscheinen, als man vermuten würde. Auch die Federelemente bemühen sich trotz ihrer komfortablen Auslegung möglichst sensibel die Fahrbahn zu lesen, was anhand der wenigen Verstellmöglichkeiten noch mehr positiv überrascht. Dass die Bridgestone Battlax BT-023 bei supersportlichen Anforderungen nicht ganz mithalten können, sei ihnen verziehen, immerhin geht es in diesem Segment vorrangig um Abrollkomfort, Kilometerleistung und Nassgrip.
Dem Komfort verschreibt sich logischerweise auch die Sitzposition, man thront angenehm aufrecht, erreicht den Lenker der FJR1300 ohne den Rücken arg biegen zu müssen und kann dank des humanen Kniewinkels auch ganz weite Etappen angenehm herunter spulen. |
Die Armaturen sind gelungen, die drei Rundinstrumente beherbergen auf der linken Seite den analogen Drehzahlmesser, in der Mitte und rechts befinden sich zwei Digital-Displays, die Geschwindigkeit, eingelegten Gang und Tankfüllung wunderbar deutlich anzeigen, während die Daten des Bordcomputers wie Kilometeranzeigen, Temperaturen, Restreichweite oder Momentanverbrauch durch die schmalen Ziffern eher mäßig ablesbar sind. Macht nix, beim Koffersystem macht Yamaha wieder alles richtig, durch die weit nach unten gezogenen Aupuff-Endtöpfe (die im Übrigen keinen Design-Wettbewerb gewinnen werden) ist das Volumen der beiden Koffer genau gleich und es passt daher auf jeder Seite problemlos ein Vollvisierhelm in das Staufach. |
|