Honda VFR1200F DCT
Honda VFR1200F DTC |
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Der Schaltkreis schließt sich. |
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Es war der Moment, in dem mir bewusst wurde, dass sich die Art, wie wir Motorräder fahren und bedienen, in den kommenden Jahren grundlegend verändern wird. Dieser eine Moment, in dem nicht ich es war, der weder die Entscheidung zum zweifachen Runterhakeln getroffen, noch dies selbst durchgeführt hat. Das hat der kleine Asimo erledigt, der irgendwo zwischen Steuereinheiten, Schaltkreisen und Getriebe sitzt und handelt. Deutsche Autobahn, Geschwindigkeit ca. 140, 6. Gang. Ich habe seit Beginn der Tour nur einen Knopf bedient, nicht einmal gekuppelt oder geschaltet. Die dafuer notwendigen Hebel sind gar nicht vorhanden. Die linke Spur macht sich frei, jetzt habe ich drei Aufgaben, eine erledige ich, zwei der Computer. Kickdown, Gasgriff auf Anschlag. Meinen Teil hätte ich erledigt. |
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Seit Beginn der Tour nur einen Knopf bedient. |
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Asimo muss nicht nachdenken, um zu verstehen und steuert seine beiden Kupplungen
an. Eine für den 1., 3. und 5. Gang, die andere der Vollständigkeit halber für
den 2., 4. und 6. Niemals Schluss mit Kraftschluss. Keine stufenlose
Keilriemen-Automatik aus dem Rollerbau. Es klackt zum ersten Mal, mechanische
Teile werden bewegt, hier passiert wirklich etwas. Immer noch Autobahn, immer
noch 140, doch jetzt nur mehr im 5. Gang. Der Gasgriff bleibt auf Anschlag. Klack! Asimo legt nach, legt um, verschiebt und gibt im 4. Gang Feuer frei aus allen
Mündungen. Ab sofort gibt es vollen Druck auf den Dunlop. Der majestätische V4
dreht und läßt die zweite Spur nach und nach zum Parktstreifen mutieren. Ich denke schön langsam über den nächsten Gang nach, doch Asimo bleibt cool und lässt weiter drehen. Solange ich nicht Fahrt zurück nehme, sieht er keinen Handlungsbedarf. Erst als der analoge Drehzahlmesser kurz davor ist, in den roten Bereich einzutauchen, zündet der kleine Roboter die nächste Stufe und wechselt wieder zu Kupplung 1, in den 5. Gang. Er versteht also, was ich will. Als es angesichts des dichter werdenden Verkehrs eigentlich schon Zeit ist, abzudrehen, bleibe ich noch kurz drauf, um es nochmals genießen zu können. Zwischen den Gängen gibt es keine Pause, kein Durchatmen oder Nachlassen. DCT: Das volle Programm ohne Werbeunterbrechungen. Der Triumph der Maschine über den Menschen. Davor hatte ich seit Terminator Angst wie Garry Kasparov vor Deep Blue. Wieso ich das nun trotzdem genießen kann? Weil mir die Maschine immer noch Untertan ist, weil sie mir das Leben leichter macht - und weil ich es vorerst noch besser kann. |
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DCT: Das volle Programm ohne Werbeunterbrechungen. |
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Mit dem DCT (Dual Clutch Transmission) Getriebe wird Honda seiner Vorreiterrolle als führender Motorradhersteller wieder gerecht. Aus dem Automobilbau sind Doppelkupplungsgetriebe schon länger bekannt, nun galt es, sich der Herausforderung zu stellen, solch ein Getriebe klein, leicht und kompakt zu kriegen. Einige verdammt gescheite Japaner sowie erfahrene, europäische Entwickler und Testfahrer, steckten ihre Köpfe zusammen und gingen durch 4 Testphasen gemeinsam den Weg zum Erfolg. Um diesen zu erreichen, mussten in erster Linie die Grundfunktionen erhalten bleiben. Das System wurde in den folgenden Schritten an die Anforderungen eines Sportmotorrades und schließlich an die des V4 Motors angepasst. Zu guter Letzt führte man das Produkt in die Massenproduktion über. |
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Fahren mit Knöpfchen schafft Freiraum im Köpfchen. |
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Nachdem alle Schritte erfolgreich vollzogen waren, lag es an uns, den Grad des
Erfolgs bei einer Testfahrt durch deutschen Regen zu beurteilen. Schlechtes
Wetter bei einer Präsentation ist insofern nicht so schlecht, weil es eine
Extremsituation darstellt, in der eventuelle Schwächen eines Motorrads oftmals
stärker zum Vorschein kommen als bei idealen Außenbedingungen. Ich startete
zunächst im AT (Automatic Transmission) Modus. In diesem Modus muss lediglich
der erste Gang durch Drücken des 'D' Schalters eingelegt werden. Alles andere
erledigt der Rechner völlig selbständig. An der Ampel kann man den Gang entweder
drin lassen oder durch Drücken auf den "N" Schalter den Leerlauf einlegen.
Im Automatikmodus stehen dem Fahrer zweierlei Varianten zur Verfügung. 'D' steht für maximale Kraftstoffeffizienz, 'S' für maximale Leistung. Dazwischen gibt es nichts. Während der 'D' Modus sehr früh, oft zu früh, in den nächst höheren Gang wechselt und kaum starke Beschleunigung zulässt, dreht der 'S' Modus die Gänge beim richtigen Kommando voll aus und schaltet, wie eingangs beschrieben, auch gerne mal mehrere Gänge nach unten. Das Problem im 'D' Betrieb ist richtig gesehen nicht, dass man sich ziemlich schnell im sechsten Gang befindet, sondern die Zeit, die es dauert, bis der Computer endlich verstanden hat, dass man jetzt wieder beschleunigen möchte. Bei einem Menschen würde man sagen, er ist etwas langsam. Vieles wird dann im höchsten Gang erledigt und das macht die Fahrerei ein bisschen zach. Ideal für entspanntes Kilometerfressen am Bandl, wer aber die Leistung der VFR annähernd auskosten möchte, dem sei ausschließlich der 'S' Modus zu empfehlen. |
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Falls Asimo mal laschiert oder nicht so tut, wie man sich das vorstellt - kein Problem. Man kann jederzeit selbst die Zügel in die Hand nehmen und durch Drücken eines der beiden Knöpfe auf der linken Seite in den Schaltprozess eingreifen. Der Daumen schaltet runter, der Zeigefinger hoch, was bei einigen, allen voran bei mir, für Verwirrung sorgte. Ich hätte intuitiv die Rückwärtsbewegung des Zeigefingers als Herunterschalten und die Vorwärtsbewegung des Daumens als Raufschalten empfunden. Man sollte das schnell verinnerlichen, denn auf ein Verschalten - z.B. 1. statt 3. Gang - kann hier nicht mit dem Ziehen der Kupplung reagiert werden. |
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Die VFR wird zur Vollautomatischen. |
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Der manuelle Modus (MT - Manual Transmission) war die echte Sensation. Er kann entweder per Schaltwippe vorne am rechten Lenkerende ausgewählt, oder jederzeit durch Drücken eines Schaltknopfes aktiviert werden. Übrigens können sämtliche Auswahlmöglichkeiten während der Fahrt getroffen werden. Am meisten faszinierte nicht bloß das Schalten per Knopfdruck, das kannten wir schon, sondern wie das Ganze passiert und welche Fahrleistungen damit in Verbindung stehen. Beim Beschleunigen kann man voll am Gas bleiben und mit dem Zeigefinger am Abzug die Gänge nahtlos aneinanderketten. Die VFR wird so zur Vollautomatischen, kein Nachladen notwendig. Das sollte jeder Mal erlebt haben, ein einzigartiges Ereignis. | |
Zu bemerken wäre zudem, dass man das Runterschalten mit einer herkömmlichen
Schaltung schneller hinbekommt. Selbst in der manuellen Einstellung kriegt man
das mit den Knöpfen nicht hin. Das System reagiert nicht auf zwei unmittelbar
aufeinander folgende Betätigungen.
Eines hätte ich mir außerdem noch gewünscht. Wenn ich im Automatikmodus
unterwegs bin und einen Schaltvorgang per Knopfdruck 'erzwinge', weil mir der
Computer vielleicht bei einem spontanen Überholvorgang zu spät reagiert, möchte
ich wahrscheinlich trotzdem im Automatikmodus weiterfahren. Dazu muss ich aber
erneut den AT/MT Knopf drücken, weil ich sonst im manuellen Modus bleibe.
Überhaupt sollte es möglich sein, die bevorzugte Einstellung als Standard
einzuspeichern, die bei mir entweder der automatische 'S' oder der manuelle Modus wäre.
Nicht vergessen sollte man übrigens auf die Feststellbremse. Diese ist notwendig, da sich das Motorrad im Ruhezustand im Leerlauf befindet. Wer das Motorrad also auf einer abschüssigen Straße parkt, sollte daran denken, die Bremse mittels Hebel am linken Lenkerende anzuziehen und sie vor dem Anfahren wieder zu lösen - und nicht so wie ich erst nach 2 Kilometern Dauervollgas. Das riecht sonst verbrannt. Was bei den schlechten Wetter- und Straßenverhältnissen positiv zu bemerken war, waren zwei Dinge: Erstens bewegt sich das Motorrad bei den Schaltvorgängen wesentlich weniger, nickt hinten nicht so stark ein und sorgt so bei rutschiger Straße für mehr Sicherheit und Vertrauen. Zweitens merkt man deutlich, dass man in der Birne mehr Kapazitäten frei hat und dem Geschehen auf und neben der Straße erhöhte Aufmerksamkeit schenken kann. Ein großer Gewinn für das Leben auf der Straße. |
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Rise of the machines. |
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Brems- und Kupplungshebel sind bei der VFR DCT also Geschichte. Den Fußbremshebel braucht bei dem ausgereiften Combined-ABS auch keiner mehr, das Fahrzeug wird ausschließlich mit den Händen bedient. Wir sind in der Zukunft angekommen. Die Maschinen haben sich erhoben. Solange wir d'rüberstehen, mach' ich mir da keine Sorgen, solange es Vorteile bringt, auch nicht. Dass man bei einem Automatikgetriebe bislang noch Kompromisse machen muss, steht außer Frage. Diese werden aber mit jedem technischen Schritt nach vorne reduziert und uns bald kaum mehr auffallen. Das DCT Getriebe jedenfalls ist ein Meilenstein. Ab Mitte Juni in Österreich. | |
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Das Doppelkupplungsgetriebe arbeitet mit zwei unabhängigen
Kupplungen für die ungeraden Gänge (1., 3., 5. Gang) und entsprechend für die
geraden Gänge (2., 4. und 6. Gang). Die beiden Kupplungen stellen bei
Gangwechseln abwechselnd den Kraftschluss her. Wenn beispielsweise vom 1. Gang
in den Zweiten geschaltet wird, erkennt das Steuergerät das Hochschalten und
legt den 2. Gang ein, dann löst es die Kupplung des 1. |
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Der Leerlauf und die beiden Automatikmodi "D" und "S" werden mit dem Kippschalter am rechten Lenkerende angewählt. | Ob vollautomatisch oder per Knopfdruck geschaltet wird, entscheidet der rechte Zeigefinger, der eine kleine, schwarze Wippe in Form eines Plastiklöffelstiels bedient. |
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Die Feststellbremse im angezogenen Zustand. Sie ist notwendig, da bei abgestelltem Motor immer der Leerlauf aktiviert ist. Um sie zu lösen, muss der Bügel etwas angehoben und der schwarz-rote Knopf gedrückt werden. Leider ist dazu eine Zwei-Hand-Bedienung notwendig. |
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Mit dem Daumen wird runter geschalten (linkes Bild), mit dem Zeigefinger hoch (rechtes Bild). Daneben ist der Bügel der Feststellbremse zu sehen. |
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Interessante Links: |
Text: kot |
Fazit: Honda VFR 1200 F 2010
Brems- und Kupplungshebel sind bei der VFR DCT Geschichte. Den Fußbremshebel braucht bei dem ausgereiften Combined-ABS auch keiner mehr, das Fahrzeug wird ausschließlich mit den Händen bedient. Wir sind in der Zukunft angekommen. Die Maschinen haben sich erhoben.- Angenehmes Fahrgefühl
- optimales DCT Getriebe
- viel Leistung. Feststellbremse
- wetterresistent.
- Zur Bedienung der Feststellbremse sind zwei Hände von Nöten
Bericht vom 27.05.2010 | 22.541 Aufrufe