NastyNils fährt SBK

Es mag nach Blasphemie klingen, doch es ist wahr. NastyNils fuhr die Honda CBR 1000 RR TenKate Superbike WM Maschine. Klarerweise nicht bei offiziellen Testfahrten oder gar einem Rennen, sondern bei einem netten Journalisten-Event im Rahmen der Fireblade Präsentation.


Das Schicksal einer ausgedienten Rennmaschine ist hart. Am Ende einer langen und harten Saison muss es noch die unwürdigen Hände diverser Schreiberlinge ertragen. Eine Verschrottung beim letzten Rennen wäre das bessere Los.
 

Es gab viele gute Gründe nervös zu sein, als ich Vermeulens Fireblade auf der Rennstrecke in Quatar bestieg. Da war zum Einen die Tatsache, dass ich bisher noch nie mit verkehrtem Schaltschema (1. Gang rauf, 2-6. Gang runter) gefahren bin. Zum Anderen war die Boxengasse gesäumt mit Kollegen, Rennfahrern und dem gesamten TenKate Team. Unnötig zu erwähnen, dass es nur so von Stoppuhren wimmelte. Besonders nervös werde ich jedoch, wenn man mir innerhalb von 1 Stunde mindestens 30 mal ins fahrerische Gewissen redet, auf keinen Fall etwas zu zerstören.
 
Gut, ich kannte die Strecke von dutzenden Runden mit der neuen Serien Fireblade, aber mit 40 PS mehr unterm Hintern werden die Geraden um einiges kürzer. Gleich beim Aufsitzen merkte ich, wie hoch die Racing Fireblade eigentlich war. Man nahm sofort eine aggressive Sitzposition ein und blickte in ein Cockpit, das man nicht verstand. Ein paar Lichter, ein paar Schalter, aber wichtige Anhaltspunkte, wie ein riesiger Drehzahlmesser, fehlen.
  
Sofort vorhanden war großes Vertrauen beim Einlenken. Vermutlich wiegte einen die Tatsache in Sicherheit, auf einem Vize-Weltmeister Motorrad zu sitzen. Auch als Hobbypilot schätzt man das direkte und transparente Fahrverhalten des Motorrades. Das Fahrwerk gibt zwar viele Eindrücke an den Fahrer weiter, behält sich aber in jeder Situation das Recht vor, unnütze Details, wie zum Beispiel Bodenwellen, einfach wegzuzaubern. Ein weiteres Plus, welches man als Hobbypilot sofort nutzen kann, ist das hervorragende Bremsverhalten. Man fasst großes Vertrauen und kann die Verzögerung mit der rechten Hand sehr sauber dosieren. Am Ende der Start-Ziel Geraden begeistert die geradezu gespenstische Ruhe im Fahrwerk nach einer Bremsung von 270 runter auf irgendwas um die 100.


NastyNils besteigt die Superbike WM Maschine. Witzelnd im Hintergrund: Supersport Weltmeister Sebastien Charpentier.
 

Als echtes Hindernis für schnelle Rundenzeiten präsentierte sich die Motorcharakteristik. Beinahe die gesamte Konzentration muss aufgewendet werden, um das Vorderrad am Boden zu halten. Die Traktion am Hinterrad ist zwar gewaltig und man könnte mit irrem Speed aus der Kurve feuern, aber die Nerven des Hobbyracers verkraften den ständigen Anblick des Himmels einfach nicht. Bremse, Fahrwerk und Einlenkverhalten sind linear und sehr leicht zu durchblicken, der Gasgriff stellte mich jedoch vor eine unlösbare Aufgabe. Am Ende der Runde hab ich bestimmt einige Sekunden auf eine Zeit mit der Serien-Fireblade vernudelt. Das große Plus der Serienmaschine, die perfekte Motorabstimmung, konnte nicht mit den ca. 215 PS der Werksmaschine kombiniert werden.
 
Aufmerksam beobachtete mich Mr. Ten Kate am Streckenrand. Ich nehme mal an, er war zu diesem Zeitpunkt nicht als Talent-Scout sondern eher als Babysitter unterwegs. Er lauschte den Klängen des Motorrades und scannte nach verdächtigen Lauten. In Runde 3 wollte ich endlich mal mit würdigem Speed aus der letzten Ecke kommen und gab mein Bestes, das Vorderrad am Boden zu halten. Irgendwie war mir in dieser Sekunde die Sache mit dem verkehrten Schaltschema aus dem Sinn gekommen und ich verwandelte die Ten Kate Blade in eine Voodoo Puppe. Das Motorrad wimmerte kurz aber heftig in den Begrenzer und Mr. Ten Kate wand sich vor Schmerz an der Boxenmauer. Es war genauso wie in schlechten Voodoo Horrorfilmen. Die Nadel bohrte tief, sehr tief.


Im Kurveneingang ist noch alles klar. So stellt man sich ein perfektes Renngerät vor.
 

Trotzdem brachte ich sein Baby unverletzt zurück und lief hilfesuchend zu den Journalistenkollegen. Beruhigend zu hören, dass auch ehemalige Weltspitze Piloten unter den Schreiberlingen ihre liebe Not mit der explosiven Power der CBR hatten. Unter diesem Gesichtspunkt sehen die irren Zweikämpfe in der Superbike WM noch unbegreiflicher aus.
 
Der interessierte Technikfreak findet an der CBR 1000 RR von Ten Kate keine Spezialteile aus der Weltraumforschung, sondern einfach sauber aufgebautes Tuning Material. WP Federelemente, Nissin Bremsen, das komplette Kit Material aus dem Hause Honda, Schaltautomat und kleine, aber feine Details um Gewicht zu sparen. Ein wesentlicher Unterschied zu gutem Hobbymaterial ist die Exaktheit, mit der die verwendeten Teile verbaut wurden. Die Verkleidung passt exakt, alle Kabeln sind perfekt verlegt und selbst die Lackierung ist von hoher Güte. Unter der Verkleidung sieht es sicherlich ähnlich aus.


Den Wheelyanweisungen des Fotographen wurde diesmal nicht Folge geleistet. Die Furcht war groß.
 

Das Ten Kate Team ist übrigens kein Honda Werksteam, sondern ein privat geführtes Team aus Holland. Am Material scheitert es hier aber trotzdem nicht. Das Team hat genug Ressourcen um mit den großen Werksteams der anderen Hersteller mitzuhalten. Unterstützung aus dem Hause Honda gibt es natürlich auch.
 
Fazit: Und wieder mal musste NastyNils eine traurige Erfahrung machen. Wider Erwarten reichen auch mehr als 200PS am Hinterrad nicht, um auf Anhieb schnell zu sein. Ich selbst würde eine mild getunte Winston Ten Kate bevorzugen. Also im Prinzip das komplette Motorrad mit Serienmotor und ein paar klitzekleinen Extrapferden. Mehr Leistung erfordert leider auch mehr Training.
 
 
Podcast

1000PS Podcast Folge 2 - James Toseland und Karl Muggeridge im Interview.

Nach dem großen Erfolg (keine Beschwerde E-Mails) von der ersten Ausgabe von unserem 1000PS Podcast geht es in die 2. Runde. Die Honda Superbike Stars James Toseland und Karl Muggeridge plaudern über die kommende Superbike Saison.

Link zur 1000PS Podcast Ecke

Direkt Link zum MP3 File für Leute, denen Podcasting genauso viel sagt wie NastyNils

 

Related Link:

 

http://www.tenkateracing.com/

Fazit: Honda CBR1000RR Fireblade 2006

Harte Burschen welche als 1000er Piloten am Stammtisch als Bezwinger einer Bestie durchgehen möchten, sollten nicht zur CBR greifen. Die Fireblade überfordert keinen 600er Aufsteiger. Man kann sich damit erstaunlich gefahrlos an sein persönliches Limit herantasten. Diese Eigenschaft ist in Wahrheit das größte Plus der Fireblade im Vergleich zu den anderen 1000ern am Markt.


  • Agilität
  • Komfort
  • goldene Mitte
  • sicheres Handling
  • gutes Gefühl für Traktion
  • Spitzenleistung

Bericht vom 17.01.2006 | 9.177 Aufrufe

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