Kurven, Bier & Kulinarien - Motorrad-Tour ins Herzogtum Luxemburg

Wie reist es sich im kleinen Luxemburg?

Das kleine Großherzogtum hat mehr zu bieten, als man beim flotten Durchmarsch in Richtung Süden denken würde. Abseits der großen Transitstraßen findet sich ein Idyll, das Gourmets wie Schräglagen-Gourmands gleichermaßen zufrieden stellen kann. Wenn man die Einheimischen bloß verstehen würde ...

Text: Thilo Kozik; Bilder: Jon Goudin, Kozik

Das Großherzogtum Luxemburg ist mit einer Fläche von 2586 km2 das zweitkleinste Flächenland der EU. Was für Motorradfahrer aber nichts bedeutet, denn man kann dennoch mehr als 300 Kurvenkilometer abreißen, ohne eine Straße zweimal zu benutzen.

Anreise nach Luxemburg

Viele Wege führen ins Großherzogtum, aber keiner ist perfekt. Am schnellsten gelangt man nach Luxemburg über die linksrheinische A35 durch Frankreich bis Straßburg, dann über die A4 und Metz bis ins Zentrum. Reizvoller, aber auch langwieriger ist die Anreise über die kurvigen Straßen quer durchs Jura und einen Streifen Franche Comté über Belfort und Nancy, Metz nach Luxemburg. In jedem Falle sollte man schon die Anfahrt als kleines Highlight ausarbeiten. Grenzkontrollen gibt es keine, aber an den ersten Tankstellen kurz hinter der Grenze kommt es öfters zu unerwarteten Staus in Luxemburg ist der Sprit deutlich günstiger als in den Nachbarländern.

Die sprachlichen Eigenheiten der Luxemburger

Der Slang der Luxemburger klingt im ersten Moment niedlich und irgendwie vertraut, Wortbestandteile lassen sich einwandfrei der eigenen Sprache zuordnen. Doch wenn man genau hinhört versteht man kein einziges Wort mehr wenn die Luxemburger untereinander Lëtzebuergesch schwätzen, kommt kein Nicht-Einheimischer mehr mit. Erst recht, wenns ums Essen geht: Für Judd mat Gaardebounen, Träipen, Iertsebulli oder Feierstengszalot bräuchte man ein eigenes Wörterbuch. Doch die Luxemburger sind ebenso freundliche wie sprachbegabte Menschen, die neben dem eigenen moselfränkischen Dialekt auch ausgezeichnet Deutsch und Französisch sprechen und ihre Gäste gerne teilhaben lassen am Gespräch. Die exponierte Lage im Eck zwischen Deutschland, Frankreich und Belgien bringt offenbar nicht nur fiskalische, sondern auch linguistische Vorteile mit sich...

Von diesen sprachlichen Eigenheiten wird wohl nichts mitbekommen, wer der sonnenlüsternen Anziehungskraft des Südens erlegen das Großherzogtum auf dem Weg in den Urlaub möglichst schnell durcheilt, aufgehalten lediglich durch einen kurzen Tankstopp des günstigen Benzins wegen. Zugegeben: Wer das Land nur vom Durchmarsch über die Fernautobahnen E25 und E29 kennt, wird kaum glauben, dass sich abseits davon ein überaus reizvolles Revier voller landschaftlicher wie fahrdynamischer Leckerbissen auftut. Angenehmer Nebeneffekt der kanalisierten Hatz über die Europastraßen: Wo es für den Motorradfahrer richtig interessant wird, tendiert die Verkehrsdichte gegen Null. Zumindest außerhalb der einschlägigen Ferienzeiten der benachbarten deutschen Bundesländer.

Reisezeit für Motorradreisen nach Luxemburg

Luxemburg geht das ganze Jahr über. Im Frühjahr zwischen April und Juni blüht die Landschaft auf und der Verkehr ist beschaulich, im Herbst sorgt das bunte Laub für kräftige Farbtupfer und eine romantische Stimmung. Bei schönem Wetter kann an den Wochenenden deutlich mehr los sein, Luxemburg ist nicht weit weg von den deutschen Ballungszentren Rhein-Main und Rhein-Ruhr.

Zwischen Kurvenspaß und Kulturgenuss - Motorradfahren in Luxemburg

Das entspannte Zweiradvergnügen beginnt schon beim Start der Tour im Westen des Landes, wo die weitläufigen Wiesenlandschaften des Guttland mit lässigem Kurvenswingen einen perfekten Einstieg ins luxemburgische Kurven-Eldorado bieten. Bevor einem von den ganzen Schräglagenwechseln zu schwindelig wird, lohnt ein Abstecher in das idyllische Tal der sieben Schlösser. Hier entführen herrschaftliche Burgen, Burgruinen und Schlösser mit noch herrschaftlicheren Gartenanlagen in die entrückte Welt der Adeligen des vorletzten Jahrhunderts. Und man kann sich lebhaft vorstellen, dass der Beruf des Gärtners hier auf fruchtbaren Boden fällt.

Ardennen Luxemburg
Fahrspaß auf den Höhenzügen der luxemburgischen Ardennen

Von den noblen Einblicken in die Welt der oberen Zweihundert sollte man sich nicht jedoch zu lange fesseln lassen, denn in Richtung Nordwesten wartet eine Region, die völlig zu Recht einen verdammt guten Ruf unter Zweiradfahrern genießt: Der südliche Teil der Ardennen, hier im luxemburgischen Ösling genannt. Das dicht bewaldete Mittelgebirge wird von einem Netz kleinster und feinster Sträßchen durchzogen, die oftmals einem mäandrierenden Wasserlauf folgen dieser quasi-natürliche Kurvenspaß könnte süchtig machen, wenn man nicht rechtzeitig ein Ende mitsamt passender Herberge findet.

Übernachtung/Essen in Luxemburg

Luxemburg ist eine touristisch erschlossene Region mit entsprechend vielfältigen Beherbergungsmöglichkeiten: Die Hauptstadt bietet die gesamte Palette an Übernachtungsmöglichkeiten, auf dem Land gibt es zahlreiche schicke Hotels und Landgasthöfe, in denen man gut und lokal isst. Viele Restaurants haben sich auf das Bewahren alter Traditionen und Rezepte konzentriert, deshalb steht oftmals üppig und gesund auf der Speisekarte. Die lokalen Biere und Weine sind am Abend probierenswerte regionale Spezialitäten.

Feinstes Bier und Pendler-Kolonnen - Merkmale Luxemburgs

Passende Herberge? Beispielsweise im Hotel-Restaurant Cornelyshaff in Heinerscheid. Praktischerweise beherbergt der Hof des Cornelius unter dem gleichen Dach die Ourtaller Hausbrauerei. Braumeister Manu, ein Bär von einem Mann mit gewaltigem Backenbart, begleitet die Verköstigung der Spezialitäten des Hauses mit tiefgehendem Fachwissen und einer gehörigen Portion augenzwinkernden Humors. Okult, Wäissen, Wëllen und der Hengeschter heißen die wohlschmeckenden Sorten, weder gefiltert, pasteurisiert oder stabilisiert. Für Biertrinker eine interessante Aussage: Ich habe noch nie Kopfschmerzen von zu viel gutem Bier bekommen, behauptet Manu, ein brummender Schädel kommt einzig und allein von nicht ausgereiftem Bier und nicht von der getrunkenen Menge.

Luxemburger Bier
Typisch luxemburgische Digestifs

Die Nagelprobe auf den Wahrheitsgehalt dieser Aussage verschiebt man aber besser auf ein anderes Mal, damit man am nächsten Morgen ein weiteres Kurven-Highlight bei vollem Bewusstsein genießen kann. Doch nach dem Aufstehen überraschen erst einmal die Blechkolonnen direkt vor dem Gasthof hier verläuft die viel befahrene E421, Luxemburgs Einfallstraße aus Richtung Norden. Der dichte Verkehr erklärt sich durch die besondere Arbeitssituation: Jeden Tag pendeln 177.000 Menschen an ihre Arbeitsplätze im Großherzogtum, das ist fast die Hälfte aller Arbeitnehmer.

Besuchenswerte Sehenswürdigkeiten in Luxemburg

Das Großherzogtum lässt sich geografisch ganz gut in attraktive Regionen einteilen: Das romantische Mullerthal im mittleren Osten, auch als kleine Luxemburger Schweiz bezeichnet, das Tal der sieben Schlösser im Westen, die Ardennen im Nordwesten, die Mosel-Region an der Ostflanke und die Stadt Luxemburg selbst. Ein ganz besonderes Highlight findet sich in Clervaux mit der Fotoausstellung Family of Man von Edward Steichen, ein Unesco-Welterbe. Dazwischen finden die Rollerfahrer fantastische, in der Regel verkehrsarme Routen wie die Landstraße 10, die sich die Our entlang windet, oder die 27 durch das Tal der Sauer (Sure).

Ab in die kleine Luxemburger Schweiz

Die klare Konsequenz bei Blechkolonnen: Nix wie weg, und schon fünf Minuten später ist der Verkehr Geschichte. Hinter Marnach gehts links ab auf die 10, die hinunter ins Tal der Our führt. An Kurven mangelt es hier wahrlich nicht, und so geht es in zahllosen Schräglagen entlang der deutsch-luxemburgischen Grenze zu einer weiteren Perle der Ardennen, nach Vianden. Kaum zweitausend Einwohner zählt der Ort, der wie so viele von einer gewaltigen Burg überragt wird in diesem Fall der größten des Landes. Wer in dem beschaulichen, nichtsdestotrotz touristischen Örtchen herumschlendert, bemerkt eine Büste Victor Hugos an der Brücke über die Our und unweit davon das Victor-Hugo-Museum. Der französische Schriftsteller fand im Großherzogtum eine Zuflucht als politisch Verfolgter. Das Haus, in dem Victor Hugo gelebt hat, ist seit 1935 als Museum eingerichtet.

Motorrad-Urlaub in Luxemburg
Entlang der Our kommt man nach Vianden

Gestärkt mit Kaffee und Kuchen gehts weiter nach Süden in die Kleine Luxemburger Schweiz, wie das Mullerthal auch genannt wird. Die bisweilen spektakulären Sandsteinformationen sind leider kein Geheimtipp mehr, wie die nach Luxemburger Maßstäben große Anzahl Vehikel auf den Sträßchen und Waldparkplätzen nahelegt. Der touristische Auflauf kulminiert am Château de Beaufort, einer Kombination aus mächtiger mittelalterlicher Burgruine samt Renaissanceschloss und leider auch einem großen Parkplatz.

Mittelalterlicher Flair im Muller- und Moseltal - Motorrad-Urlaub in Luxemburg

Von dort führt ein kurviger Katzensprung über wieder einmal fast verlassene kurvige Landstraßen mit makellosem Asphalt vorbei an den einprägsamen Felsformationen Perekop und Predigtstuhl bei Berdorf ins bekannte Echternach. Zu Weltruhm ist das Städtchen durch die berühmte Springprozession gelang, die immer am ersten Dienstag nach Pfingsten hier abgehalten wird und Heerscharen von Schaulustigen anzieht. Das historische und kulturelle Zentrum der Region Mullerthal ist auch die älteste Stadt des Herzogtums und hat sich seinen mittelalterlichen Charakter bewahrt. Als quirliger Gegenpol zum ungestörten Kurven-Flow stellt sich der belebte Hauptplatz mit seinen zahlreichen Straßencafés dar.

Mullerthal, Luxemburg mit dem Motorrad
Bizarre Felsformationen im Mullerthal

Apfelschorle und Mineralwasser besorgen die Innenkühlung der zweibeinigen Lenker, und nach einer kurzen Konzentrationspause gehts auch schon weiter an eins der schönsten Täler Luxemburgs allerdings nicht exklusiv dem Großherzogtum vorbehalten: Die steilen Abhänge, oft mit Weinreben bewachsen, und die mittelalterliche Besiedlung des Moseltales teilen sich die Luxemburger mit den Deutschen die Mosel bildet über 39 Kilometer die natürliche Grenze.

Original Europäisch - Luxemburgs Charakter mit EU-Touch

In einem der zahlreichen Örtchen findet sich immer eine nette Übernachtungsmöglichkeit, sehr oft mit Anbindung an einen Winzer oder eine Winzergenossenschaft. Wir nutzen die Gelegenheit zu einer Weinprobe bei Cep dOr und verkosten neben hervorragenden Riesling-Produkten Weißweine der Sorte Elbling, die für viele Luxemburger so etwas wie der nationale Wein darstellt.

Einmal im Moseltal, müssen überzeugte Europäer noch ein paar Kilometer flussaufwärts an den dreifachen Grenzpunkt von Luxemburg, Frankreich und Deutschland nach Schengen fahren. Hier befindet sich nicht nur ein Museum zur Geschichte der europäischen Einigung, am Ufer ankert auch die MS Princesse Marie-Astrid, auf der am 14. Juni 1985 das sogenannte Schengen Abkommen unterzeichnet wurde, mit dem viele Grenzkontrollen in Europa abgeschafft wurden.

Luxemburger Oberstadt
Über die Brücke gelangt man in die mittelalterliche Luxemburger Oberstadt

Von hier aus ist eine gute halbe Stunde mit dem Motorrad ins Zentrum der Hauptstadt Luxemburg, ein ebenso sehenswertes wie überschaubares Zentrum. Die Hauptstadt hat sich neben dem europäischen Einschlag, den die zahlreichen EU-Institutionen und -Einrichtungen zwangsläufig mit sich bringen, eine ureigene Herzlichkeit gepaart mit einem Schuss Selbstbewusstsein bewahrt. Und so hält man es bei einem lässigen Café au lait auf einem der romantischen Plätze automatisch mit den Luxemburgern, die selbstbewusst für sich reklamieren: Mir wëlle bleiwe wat mir sin.

Bericht vom 06.02.2022 | 27.230 Aufrufe

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