Motorradfahren lernen - moderne Fahrassistenzsysteme

Wie du die elektronischen Helferlein für mehr Sicherheit nutzt!

Damit du nicht in technischen Fachausdrücken untergehst: Hier ein Überblick über die gängigsten Assistenzsysteme und wie du sie nutzen kannst. Was können sie? Und was können sie nicht?

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In den letzten zwei, drei Jahrzehnten flossen viele elektronische aber auch mechanische Erfindungen in den Motorradbau ein, die dir das Leben im Sattel sicherer und leichter machen wollen. Besonders die Einführung der ABS-Technik hat viele Unfälle verhindert, weil ein überbremstes Rad große Probleme (nämlich: für den Fahrer, also dich!) verursacht, die oft in einem bösen Sturz enden. Aber es gibt noch eine Vielzahl von anderen Assistenzfunktionen, die möglicherweise in deinem Motorrad verbaut wurden. An dieser Stelle sei wieder einmal betont: Auch die ausgeklügeltsten Assistenzsysteme können dich nur innerhalb der physikalischen Rahmenbedingungen retten, sie können nicht zaubern! Aber sie leisten Erstaunliches.

Sicherheitssysteme, die dich zu retten versuchen, wenn du einen Fahrfehler machst: Das ABS!

Das Anti-Blockier-System verhindert das gefährliche, zu lange Stehenbleiben eines deiner Räder. Es erledigt ohne dein Zutun das notwendige Lösen der Bremse dieses Rads. Dadurch wird die Gefahr des gefährlichen, unkontrollierten Wegrutschens dieses Rades, mitunter auch die Gefahr eines Überschlags minimiert.

Motorradfahren lernen - eine Honda CB500 Hornet bei einem Bremseingriff
Durch das ABS wird die Gefahr des gefährlichen, unkontrollierten Wegrutschens eines Rades am Motorrad minimiert.
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Kurven-ABS

Es ist nichts anderes als ein ABS, das seine Funktionsweise abhängig von deiner Schräglage und anderer Faktoren optimiert. Vereinfacht: Es löst deine Bremse in Schräglage noch früher, weil das in dieser Fahrsituation physikalisch vorgegeben notwendig ist. Manche Kurven-ABS minimieren dadurch auch die Gefahr eines nach vorne Überschlagens beim Bremsen.

Combined Braking System - CBS

Das Kombinationsbremssystem nimmt dir einen Teil der Dosierungsproblematik beim Notbremsen ab. Es ermöglicht aber auch anderen Assistenzsystemen, dass sie genauer arbeiten können. Ein automatisch mitgebremstes Hinterrad etwa läuft, wenn es abhebt, beim ABS-Befehl Bremsung jetzt wieder möglich nicht an und liefert dementsprechend diese wichtige Information (Rad offenbar in der Luft) an, etwa jene, den Überschlag verhindernde, Assistenzsysteme.

Honda, Metzeler, Stadler und SW-Motech als 1000PS-Partner!

Ein großes Projekt verlangt nach großen Partnern - weshalb wir uns entschieden, für unsere Berichteserie Motorradfahren lernen mit hochwertigen Herstellern wie Honda, Metzeler, Stadler und SW-Motech zusammen zu arbeiten. Für einen feinen Querschnitt durch die aktuellen Motorradkategorien haben wir von Honda eine einsteigerfreundliche CB500 Hornet, eine sportliche CBR650R sogar mit E-Clutch (muss man mal probiert haben!) und als Referenz für das Adventure-Segment eine CRF1100L Africa Twin Adventure Sports mit elektronisch verstellbarem Fahrwerk gewählt. Bestückt wurden alle Bikes mit Taschen oder Tankrucksäcken von SW-Motech, damit wir diverse Utensilien, die wir bei unseren Fotofahrten brauchten, gut verstauen konnten. Da wir natürlich nicht wussten, wie das Wetter wird, vertrauten wir bei der Kleidung auf Highend-Ware von Stadler Bekleidung, die dank GoreTex-Material und innovativen SASS-Belüftungsöffnungen sowohl bei nasskaltem als auch bei heißem Wetter ausgezeichnet funktionieren. Schließlich wollten wir auch bei den Reifen nichts dem Zufall überlassen, für unsere Vorführ-Fahrten wurden auf allen drei Maschinen Qualitäts-Pneus von Metzeler aufgezogen. Und ja, richtig vermutet, natürlich hat mit allen vier Herstellern alles problemlos funktioniert!

Honda, Metzeler, Stadler und SW-Motech
Honda, Metzeler, Stadler und SW-Motech als 1000PS-Partner

Traktionskontrolle - TC

Die Traction-Control oder auf Deutsch Traktionskontrolle kümmert sich darum, dass dein angetriebenes Hinterrad nicht gefährlich durchdreht. Gibst du also mehr Gas, als dein Reifen auf den Boden bringen kann, reduziert die TC deine Motorleistung! Bei den meisten Motorradmodellen mit TC kannst du regeln, wie früh oder wie heftig die Traktionskontrolle eingreift, manchmal wird diese Regelung auch über deinen gewählten Fahrmodus bestimmt. Die Traktionskontrolle versucht also zu verhindern, dass du zu viel Gas gibst oder dass dein Motor zu viel Beschleunigung an deinen Hinterreifen weiter gibt. Bei manchen Systemen verhindert es auch das Überschlagen nach hinten bei allzu extremem Abheben des Vorderrads. Die TC verzeiht dir zwar den ein oder anderen Fehler aber du sollst deswegen nicht immer beim Beschleunigen voll den Gashahn umdrehen, weil damit folgende Gefahren verbunden sind: Du verlierst bei dieser Anwendung komplett den Bezug zu Leistung, Grip, ja, zur Physik! Die Traktionskontrolle soll das Beschleunigen nicht für dich erledigen, sie soll dich nur retten, wenn du zu viel Gas gibst!

Achtung: Manche Systeme zeigen dir am Display ihre Intensität des Eingriffs mit Buchstaben, manche mit Zahlen an. Nicht immer heißt: höhere Zahl ist höherer Eingriff! Lies die Betriebsanleitung! Oder probiere die Funktionsweise deiner TC an einem sicheren Ort selber aus! Konventionelle TC-Systeme haben lediglich die Information zur Verfügung: Wie schnell dreht sich das Hinterrad. Manchmal auch: Wie schnell dreht sich das Vorderrad. Und wenn diese Umdrehungsgeschwindigkeit unübliche Werte erreichen, dann greift die TC ein! Es gibt aber eine umfangreicher arbeitende Version davon.

Schräglagenabhängige Traktionskontrolle - Kurven-TC

Dieser Ausdruck wird zwar sogar bei Marketingpublikationen selten verwendet, er beschreibt aber die Funktionsweise am anschaulichsten. Die schräglagenabhängige Traktionskontrolle berücksichtigt bei ihren Eingriffen auch die fahrdynamische Situation deines Motorrads, ganz besonders die Schräglage. Jedenfalls versuchen solche Systeme, ihre Funktionsweise bezüglich deiner Schräglage zu optimieren. Sie greifen also umso früher ein, je schräger du bist. Das ist die sehr vereinfachte Erklärung. Es kommt jetzt auf dein spezifisches Kurven-TC-System an, wie es das umsetzt. Sinngemäß wie bei der konventionellen TC: Bei den meisten Motorradmodellen mit Kurven-TC kannst du regeln, wie früh oder wie heftig die Traktionskontrolle eingreift, manchmal wird diese Regelung auch über deinen gewählten Fahrmodus bestimmt. Die schräglagenabhängige TC verzeiht dir zwar noch mehr Fehler aber du sollst deswegen nicht immer beim Beschleunigen (etwa am Kurvenausgang) voll den Gashahn umdrehen, weil damit folgende Gefahren verbunden sind: Du verlierst bei dieser Anwendung komplett den Bezug zu Leistung, Grip, ja, zur Physik! Die Kurven-TC soll das Beschleunigen in Schräglage nicht für dich erledigen, sie soll dich nur retten, wenn du zu viel Gas gibst!

Motorradfahren lernen - eine Honda CRF1100L Africa Twin Adventure Sports DCT beim schnellen Durchfahren einer Kurve
Die „schräglagenabhängige Traktionskontrolle“ berücksichtigt bei ihren Eingriffen auch die fahrdynamische Situation deines Motorrads, ganz besonders die Schräglage. Aber vorsicht, verliere dadurch nicht den Bezug zu Leistung, Grip und damit zu dem, was physikalisch möglich ist!

Motorrad-Stabilitäts-Kontrolle - MSC

Die Motorrad-Stabilitäts-Kontrolle ist meist nur ein Überbegriff, dessen Bedeutung oft von den Interessen der Marketingabteilung eines Motorradproduzenten abhängt, eher selten von technisch präzisen Menschen der Entwicklungsabteilung. Was MSC bedeuten kann: Unter diesem Begriff werden mehr oder weniger Funktionen anderer (elektronischer oder mechanischer) Einheiten deines Motorrads zusammengefasst, die die Stabilität deines Eisens in bestimmten Situationen unterstützen sollen. Dieser Rumpfbegriff kann folgende Assistenzsysteme betreffen: ABS/Kurven-ABS, TC/Kurven-TC, RLP, Wheelie-Kontrolle, EBS, Fahrmodi, Motorschleppmomentregelung und Funktionen deiner elektronisch gesteuerten, dämpfenden Fahrwerkselemente.

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Hinterradabhebekontrolle - RLP

Oft als Überschlagschutz oder RLP (Rear-Wheel-Lift-Off-Protection) bezeichnet, versucht dieses Assistenzsystem, das Abheben deines Hinterrads beim starken Bremsen zu kontrollieren und den schlimmsten Fall, also einen Überschlag nach vorne, zu vermeiden. Grundsätzlich gibt es bei dieser Aufgabe drei technische Zugänge: 1.) Dein Kurven-ABS-Motorrad hat eine IMU (Inertial Measurement Unit) mit den nötigen Sensoren und weiß daher, wie schnell und wie stark sich dein Motorrad nach vorne neigt. Dementsprechend löst es deine Vorderradbremse rechtzeitig, um das zu verhindern. 2.) Dein ABS-Motorrad vergleicht die Umdrehungsgeschwindigkeit deines Vorderrads mit der Anlaufgeschwindigkeit deines Hinterrads beim Reaktivieren deiner Hinterradbremse und löst beim Überschreiten vorprogrammierter Werte deine Vorderradbremse. Auf diese Weise versucht es, ein unkontrolliertes Abheben deines Hinterrads zu verhindern. Bremse daher prinzipiell bei Notbremsungen auch mit deiner Hinterradbremse, sonst kann bei diesen Motorrädern der Überschlagschutz erst gar nicht funktionieren! 3.) Dein ABS-Motorrad verhindert auf Grund festgelegter Verzögerungswerte einen Überschlag. Der Hersteller hat also schon vor deinem Kauf dafür gesorgt, dass dein Motorrad erst gar nicht so viel verzögern kann, dass es sich (mit dir!) überschlägt.

Wheelie-Kontrolle

Die eingedeutscht bezeichnete Wheelie-Control versucht das Abheben deines Vorderrads bei allzu heftiger Beschleunigung zu kontrollieren. Es versucht auch den schlimmsten Fall, also den Überschlag nach hinten, zu vermeiden. Dabei verwendet es entweder die Radumdrehungsinformationen deines konventionellen ABS oder die deiner IMU (wenn du Kurven-ABS hast) und die Eingreifmöglichkeiten deiner TC. Bei den meisten Motorradmodellen mit Wheelie-Control kannst du regeln, wie früh oder wie heftig die TC eingreift, manchmal wird diese Regelung auch über deinen gewählten Fahrmodus bestimmt. Manche Systeme versprechen sogar den Wheelie-Neigungsgrad deines Motorrads, je nach gewählter Einstellung. Mache nicht den Fehler, dass du mit Wheelie-Control unbedacht Gas gebend lange Wheelies fahren kannst. Irrst du dich einmal bei der Wahl der Wheelie-Control-Einstellung (oder gegebenenfalls bei der entsprechenden Fahrmoduswahl), dann wird es für dich gefährlich! Du solltest einen Wheelie auch ohne elektronische Helferlein kontrollieren können und die Rahmenbedingungen der Physik diesbezüglich kennen. Du darfst deine Kontrolle im Normalfall nicht an elektronische Helferlein abgeben. Du solltest immer noch einen Bezug dazu haben, was da passiert und warum! Denn andernfalls wirst du beim Ausfall der Wheelie-Control oder bei einer falschen Einstellung statistisch belegt zu wenig Zeit haben, um deinen Fehler zu korrigieren und du wirst dich nach hinten überschlagen!

Anti-Hopping-Kupplung (meist mechanisch)

Die Anti-Hopping-Kupplung versucht, dein Motorschleppmoment beim Einkuppeln etwa in einen niedrigeren Gang möglichst smooth, möglichst seiden wirken zu lassen. Das ist speziell beim Anbremsen einer Kurve und beim Verzögern auf welligem oder unterschiedlich griffigem Untergrund hilfreich. Denn übersteigt die Motorbremswirkung die Griffigkeitsbedingungen deines Hinterreifens am Untergrund, würdest du rutschen! Der Vorteil der Anti-Hopping-Kupplung ist also, dass du dir keine Gedanken über die Art deines Einkuppelns machen musst. Der Nachteil: Du hast dadurch weniger Informationen über die Griffigkeit des Asphalts an dieser Stelle. Im Rennsport wird diese Erfindung natürlich genutzt. Im Alltag ist sie einerseits komfortabel und sicher in dem Sinn, dass sie mehr deiner Fehler verzeiht. Andererseits erfahren Anfänger damit sehr wenig vom Grenzbereich. Eine Anti-Hopping-Kupplung vermindert aber definitiv die Gefahr eines wegrutschenden Hinterrads in solchen Situationen.

Motorschleppmomentregelung MSR / Engine Brake Control EBC

Die Motorschleppmomentregelung, englisch manchmal abgekürzt mit EBC (Engine Break Control), versucht die Unterschiede beim Einkuppeln zwischen Kurbelwelle (somit entsprechend übersetzt: dem Hinterrad) und den abhängig von der derzeitigen, zum Untergrund passenden, Geschwindigkeit des Motorrads möglichst weich und brauchbar anzupassen. Das heißt: kuppelst du in einem anderen Gang ein und hast du die Drehzahl deines Motors nicht entsprechend angepasst, würde diese Differenz zu Schlupf am Reifen oder bei großen Differenzen, zu einem Rutschen deines Reifens führen. Um das zu vermeiden, passt die MSR in diesem Fall meist elektronisch die Drehzahl des Motors entsprechend an. Bei den meisten Motorradmodellen mit MSR kannst du regeln, wie früh oder wie heftig die Motorschleppmomentregelung eingreift, manchmal wird diese Regelung auch über deinen gewählten Fahrmodus bestimmt. Die MSR ist ein praktisches Feature, das die Eigenschaften deines Motorrads vor allem beim Anbremsen mit bestimmt und es dir grundsätzlich erleichtert, rund zu verzögern, auch am Limit. Es vermindert definitiv die Gefahr eines wegrutschenden Hinterrads in solchen Situationen.

Motorradfahren lernen - umfangreiche Einstellmöglichkeiten der Elektronik an einer Honda CRF1100L Africa Twin Adventure Sports DCT
Bei modernen, mit umfangreicher Elektronik ausgestatteten Motorrädern, wie der Honda CRF1100L Africa Twin Adventure Sports DCT, können zahlreiche Features wie Fahrmodi, Leistung (P), Motorbremse (EB), schräglagenabhängige Traktionskontrolle (T), Kurven-ABS und weitere Optionen vom Fahrer vielfach eingestellt werden.

So viel Information. Woher weißt du, was bei dir eingebaut ist und wie gut es funktioniert?

Neben diesem Bericht erfährst du die wichtigsten Infos in der Betriebsanleitung deines Motorrads. Praktisch ausprobieren kannst du das selber, entsprechende Erfahrung und Sensorik, entsprechendes Können vorausgesetzt! Eine effiziente Methode, dies heraus zu finden, ist der Besuch eines Fahrtechniktrainings. Profis helfen dir dort durch Tipps und Beobachtung, dein Motorrad besser kennen zu lernen, außerdem ist bei hochwertigen Anbietern die Infrastruktur, also bekannter Reibbeiwert der Asphaltoberfläche, geeichte Geschwindigkeitsmessanlagen, Distanzmarkierungen, vorhanden, um präzisere Erkenntnisse zu gewinnen.

Nachschlagewerk: So geht das! Wie man was findet

Auch wenn das 1000PS Nachschlagewerk nicht auf einmal sondern bis Ende des Jahres immer weiter ergänzend erscheint, ist es am Ende eine große, einem Lexikon ähnliche, Database, in der man nach Kapiteln und Absätzen geordnet auf die häufigsten Fragen, die in den 1000PS-Foren in den letzten Jahren gestellt wurden, eine Antwort findet.

Die umfassende Serie "Motorradfahren lernen" auf 1000PS im Überblick:

Entdecke unsere umfassende Serie "Motorradfahren lernen" auf 1000PS, in der wir alle Aspekte des Motorradfahrens behandeln. Von der Wahl des richtigen Motorrads, über die korrekte Bedienung von Kupplung und Bremsen, bis hin zur optimalen Körperposition und Kurventechnik. Wir zeigen dir, wie du moderne Fahrassistenzsysteme nutzt, bei Nacht oder auf nasser Fahrbahn sicher fährst und sogar wie du Notmanöver meisterst. Egal ob du Anfänger bist oder deine Fähigkeiten verbessern möchtest, unsere Serie bietet wertvolle Tipps und Ratschläge für jeden Fahrer. Tauche ein in die Welt des Motorradfahrens mit 1000PS!

Bericht vom 17.09.2024 | 2.369 Aufrufe

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