Der Boxer-Zweizylinder im Motorrad - Vorteile und Nachteile!

Motorrad-Motorenkonzepte erklärt

Seit über 100 Jahren gibt es den Boxer-Motor schon. Der ikonische Zweizylinder ist zentraler Bestandteil von BMWs Werdegang und begeistert heute wie damals. Was den Motor so besonders macht und wo vielleicht seine Schwächen liegen, haben wir mit Experten geklärt.

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Die Geschichte des Boxer-Twins kann dutzende Bücher füllen und ist dabei eng mit der Geschichte BMWs verknüpft. Natürlich gibt es auch andere Motorenhersteller, die Boxer Motoren verbauten. Doch das Original und der mit Abstand häufigste Boxer ist und bleibt der von BMW, weshalb sich dieser Bericht darauf fokussiert. Dabei nahm diese besondere Motor-Bauart gar nicht in zweirädrigen Fahrzeugen ihren Anfang, sondern begann, wie die Bayrischen Motoren Werke selbst auch, in der Luftfahrt.

Hand in Hand durch ein Jahrhundert - Die Geschichte des BMW Boxer Zylinders

1920 wird der Boxer vom Ingenieur Martin Stolle ins Leben gerufen. Damals, knapp nach dem ersten Weltkrieg, darf BMW aufgrund des Vertrags von Versailles als deutsches Unternehmen nichts mehr für die Luftfahrt bauen und muss sich ein neues Marktsegment suchen. Die Wahl fällt auf Motoren für LKW, Traktoren, Boote und wenig später auch Autos und Motorräder. Im Vergleich zu den zahlreichen großen Motoren von BMW war der neue Boxer mit 500 cm³ Hubraum geradezu mickrig, weshalb er "Bayern-Kleinmotor" getauft wurde. Zuerst nur als Einbaumotor für andere Motorrad-Hersteller, kam eine weiterentwickelte Form des Boxers von Stolle 1923 in einem von BMW gebauten Bike auf den Markt und läutete damit den Siegeszug von BMW Motorrädern und ihrem Boxer Motor ein. Der Boxer begeisterte durch eine bis dato unbekannte Laufruhe und konnte bis Ende der Dreißiger auch im Motorsport mit Rekorden und rekordverdächtiger Leistung von bis zu 100 PS (im Racing-Trimm) begeistern. Zum Beispiel war der erste Nicht-Brite, der das legendäre TT-Rennen auf der Isle of Man gewann, der Gusseiserne Schorsch alias Georg Meier 1939 mit seiner Boxer BMW. Während des zweiten Weltkriegs stammten die Boxer-Gespanne der Wehrmacht von BMW und die turbulente Nachkriegszeit überlebten die Boxer-Bikes als Behördenmotorrad. Mit Ende der 60er startete jedoch eine Art Boxer-Renaissance mit heute ikonischen Modellen wie der BMW R 90 S und R 75/5. Man kam so mit mehr als 750 cm³ in der großen Liga an und konnte trotz Leistungs-Defizit gegenüber der starken japanischen Konkurrenz überzeugen. Als dann auch noch 1980 die erste BMW Enduro, ohne Einzylinder und mit Kardan-Antrieb äußerst skeptisch von der Offroad-Szene beäugt, einfach aus dem Stegreif die Dakar Rally gewann und einige Jahre dominierte, war der Boxer definitiv gekommen um zu bleiben. Sei es als Weltreise-Maschine in Form der GS Modelle, als sportliches Aggregat in den RS Bikes, oder sogar als fette, hubraumstarke Boller-Maschine aus den R 1200 C und R 18 Cruiser-Modellen - Der Boxer schafft es seit Jahrzehnten sich in vielen Motorrad-Bereichen zu behaupten. Diese Vielfältigkeit seht ihr in Bildern in der folgenden Bildergalerie, mit den ikonischsten Boxer-Bikes der letzten 100 Jahre.

Die Vor- und Nachteile des Boxer-Motors - BMW Experten geben Einblick

Die optische Einzigartigkeit des Boxer Motors sieht man sofort. Wie die spezielle Technik des Boxers im Hintergrund funktioniert, hat uns Josef Miritsch, der Leiter der Baureihe Boxer Luft von BMW, erklärt. Durch die besondere Bauart, bei der sich die Kolben in entgegengesetzter Richtung waagrecht bewegen und eben "boxen", entsteht zum Beispiel der typische Ruck beim Start des Motors. Dieser Impuls geht durch die schlagartig in Bewegung gesetzte Masse des Kolbens vom zündenden Zylinder aus. Danach balanciert sich jedoch der Motor selbst aus, da sich der andere Kolben gleichzeitig in Bewegung setzt, während der Zündung des ersten Zylinders das Luft-Gas-Gemisch in den Brennraum saugt, dieses komprimiert und schließlich selbst wieder zündet, während der andere Topf den 4-Takt-Ablauf beendet und der Kreislauf von neuem beginnt. So bewegen sich beide Kolben synchron zur und von der Kurbelwelle. Im Laufe der Jahrzehnte wurde der Boxer Motor immerzu verbessert und optimiert, sodass Vibrationen, Kühlung, Leistungsentfaltung und Motorlauf in modernen Boxer-Motoren extrem ausgereift sind. Trotzdem bleiben Stärken und Schwächen.

Vorteile des Boxer-Zweizylinder-Motors

+Agiles Handling dank niedrigem Schwerpunkt und breiter, statt hoher Bauweise
+Drehmoment-starke Leistungsentfaltung sorgt für reichlich Leistung im Landstraßen-Betrieb
+Laufkultur und Leistungsentfaltung
+Bewährtes und ausgereifte Motorbauart

Nachteile des Boxer-Zweizylinder-Motors

-Breite des Motors sorgt für ergonomische Einschränkungen (Beinposition) und schlechte Aerodynamik
-Weniger Endleistung als andere Motor-Arten
-Herausforderungen in der Entwicklung (Z.B. durch Biegemoment an der Kurbelwelle)
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Bericht vom 15.09.2022 | 24.376 Aufrufe

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