BMW R 18 B: Noch relevant im Jahr 2025? Test am Love Ride
Ein etwas anderer Testbericht über den Giganten aus Berlin
Ist der bayerische Bagger "built in Berlin" nur laut oder auch relevant? Ein ehrlicher Erfahrungsbericht von der BMW R 18 B – direkt vom Love Ride 2025.

Es gibt Motorräder, die fährt man. Und es gibt Motorräder, die man erlebt. Die BMW R 18 B gehört eindeutig zur zweiten Kategorie. Sie ist kein Alltagsgerät, kein vernünftiges Fortbewegungsmittel sondern ein Statement. Eines, das laut brüllt, tief vibriert und auf jeder Kreuzung Blicke auf sich zieht. Für mich als langjährigen Adventure-Fahrer war der Umstieg auf dieses bayerische Blech-Monument eine emotionale Reise und eine Überraschung.
Erstkontakt mit 1800 Kubik - Die BMW R 18 B und ihr Gewicht
Schon beim Aufsteigen wird klar: Die BMW R 18 B ist kein Motorrad, das man einfach bedient. Sie ist ein massiver Gegenstand, ein Monument aus Stahl und Chrom, das Respekt einfordert. Doch der wahre Moment der Erkenntnis kommt, wenn man den Startknopf drückt. Der riesige Boxermotor erwacht nicht etwa ruhig oder kultiviert nein, er schleudert eine echte Schockwelle durch das gesamte Motorrad. Der erste Zündimpuls reisst die Maschine fast aus dem Ständer, die Vibration geht durch Mark und Bein. Genau hier beginnt die Verbindung. Es ist nicht einfach ein Motor, es ist ein lebendiges Stück Maschine mit Charakter, Lautstärke und einer starken Haltung.
Als ich das Motorrad das erste Mal bei BMW abgeholt habe, war ich ganz ehrlich leicht nervös. Die riesige Front, die ausladenden Koffer, der breite Lenker. Und dann dieses Cockpit! Zwischen den klassischen Rundinstrumenten prangt ein 10,25-Zoll-TFT-Display, das optisch fast aus einem 7er-BMW stammen könnte. Navigation, Musik, Einstellungen alles da. Aber beim ersten Kontakt: pure Reizüberflutung. Der Blinker liegt so weit draussen, dass man fast den Griff loslassen muss, um ihn zu erreichen.
Die R 18 B hat ausserdem ein klassisches Cruiser-Merkmal: eine sogenannte Fersenschaltung (Heel-Toe-Shifter). Mit dem Vorderfuss runterschalten, mit der Ferse hoch damit bleibt der Stiefel sauber und das Image dreckig. Es ist ein Detail mit Geschichte, das aus dem US-Cruiser-Kosmos stammt und sich an den Style und das Fahrverhalten der alten MC-Kultur anlehnt.
Diese Mischung zwischen BMW-Präzision und rebellischer Strassenattitüde macht den Einstieg so besonders. Man spürt sofort, dass dieses Motorrad mehr will als nur von A nach B zu fahren. Und gleichzeitig ist man in den ersten Minuten fast ein wenig überfordert. Doch sobald die Kupplung greift und das Bike sich in Bewegung setzt, passiert etwas Unerwartetes: Die 400 Kilogramm wirken plötzlich leichtfüssig. Die Maschine rollt souverän durch den Stadtverkehr, das Fahrwerk filtert kleinere Unebenheiten sauber weg, und der Motor schiebt in jeder Lebenslage entspannt nach vorne.
Das Testszenario: Der 33. Love Ride in Dübendorf, Schweiz
Der Love Ride Switzerland ist nicht nur Europas grösste eintägige Motorrad-Benefizveranstaltung, sondern auch ein echtes Highlight für die Community. Am 4. Mai 2025 fand die 33. Ausgabe auf dem Flugplatz Dübendorf statt mit rund 5500 Besucherinnen und Besuchern und über 200000 Franken Spenden für muskelkranke und beeinträchtigte Menschen. Trotz wechselhaftem Wetter war die Stimmung einzigartig: friedlich, unterstützend und zutiefst emotional.
Für mich war der Love Ride das perfekte Testszenario für die BMW R 18 B. Im gemächlichen Konvoi hatte ich erstmals richtig Zeit, mich auf das Bike zu konzentrieren. Keine Hektik, keine Spitzkehren einfach rollen lassen, beobachten, spüren.
Und genau da offenbarte die R 18 B ihre Stärken. Die Kurvenlage ist für ein fast 400 Kilo schweres Motorrad bemerkenswert. Klar man muss sie mit Nachdruck in die Kurve drücken, sie verlangt einen aktiven Fahrstil. Doch genau das schafft Vertrauen. Kein kippeliges Verhalten, kein Unsicherheitsgefühl. Stattdessen: sattes Feedback, stabile Linienführung, und das Gefühl, die Kontrolle jederzeit in der Hand zu haben. BMW hat hier offensichtlich viel Feinarbeit geleistet.
Auf den langen Geraden des Konvois war dann Zeit, das Gleiten zu geniessen. In höheren Gängen schwebt die R 18 B fast dahin ruhig, souverän, mit tiefem Pulsieren aus dem Boxermotor. Doch wehe, man dreht den Hahn auf: Dann verwandelt sich der Cruiser in eine vibrierende Dampfmaschine. Arme, Beine, Sitz alles in Bewegung. Nicht unangenehm, aber spürbar. Es ist ein Motorrad, das lebt. Und das lässt sich nicht abschalten.
Dafür ist der Komfort überragend. Der Sitz? Ein Sofa auf zwei Rädern. Trotz anderthalb Stunden im Sattel keine Ermüdung, kein Drücken, kein Taubheitsgefühl. Wer behauptet, Komfort finde man nur bei IKEA, war noch nie auf einer R 18 B unterwegs. Sie ist bereit für grosse Touren ob ins Berner Oberland oder bis an den Atlantik.
Und dann war da noch dieser Moment, als der Marshall-Sound aus den Boxen donnerte, während wir an den klatschenden Zuschauerreihen vorbeizogen. Ja genau dafür ist dieses Motorrad gemacht.

Diskussion mit einem BMW R 18 B-Veteranen: Der bayerische Gigant hat auch Schwachstellen
Als wir nach dem Ride zurück auf dem Flugplatz Dübendorf parkten, stellte sich wie aus dem Nichts eine zweite R 18 B direkt neben mich. Eine seltene Begegnung. Natürlich kamen wir sofort ins Gespräch. Ein Fahrer, der seine BMW schon länger besitzt und entsprechend viele Erfahrungen gesammelt hat. Es war spannend, unsere Eindrücke abzugleichen: frisch verliebt trifft auf Langzeitbeziehung.
Was wir beide feststellten: Trotz aller Faszination bringt dieser 1800er-Motor auch ein paar Eigenheiten mit sich. Beim Rangieren spürt man jedes Kilo selbst mit dem grosszügigen Lenkeinschlag. Sobald man aber in Fahrt ist, macht das Bike vieles wieder wett. Kurven verlangen etwas Nachdruck, aber es bleibt stets kontrollierbar lieber so, als kippelig und nervös.
Auch die technische Ausstattung liess uns diskutieren. Besonders die Bedienung der Sitz- und Griffheizung für beides muss man sich durchs Menü des grossen TFT-Displays klicken. Warum dafür keine physische Taste existiert, bleibt unverständlich. Ebenfalls umständlich: das Spiegeln der Navigation über die BMW-App. Trotz korrekter Kopplung gelang es mir nicht, die Navigation auf den Screen zu bringen ein zu komplexer Prozess, gerade für ein Motorrad dieser Klasse.
Und dann kam das Thema Sound zur Sprache. Als mein Gesprächspartner sagte, dass er die Stereoanlage eigentlich nie nutze, konnte ich wie aus dem Nähkästchen erzählen. Ja, der Klang hat Wucht vor allem bei mittlerer Geschwindigkeit auf freier Strecke. Aber sobald man auf der Autobahn unterwegs ist oder bestimmte Songs abspielt, wirken die Subwoofer in den Koffern eher übertrieben. Der Klang kippt, wird harsch, fast schon unangenehm mehr Druck als Qualität. Es fehlt die Feinabstimmung. Und als wäre das nicht schon genug Gimmick, kommt dann noch diese Power Reserve-Anzeige rechts im Cockpit dazu. Angelehnt an Rolls-Royce ja, nett gemeint. Aber funktional? Kaum. Eher ein Gag als ein echtes Feature.
Kurz gesagt: Die R 18 B ist ein Motorrad mit vielen Stärken und ein paar Ecken. Aber vielleicht ist genau das der Grund, warum man über sie spricht.

BMW wagt, Europa zögert – warum eigentlich?
Es ist kein grosses Geheimnis: Die BMW R 18 und besonders die R 18 B hat im europäischen Markt nie so richtig gezündet. Und ja, ein Stück weit verstehe ich das. Wer als Marke neu in ein so traditionsbeladenes Segment einsteigt, muss kämpfen. Vor allem, wenn man gleich mit einem 1800er-Trumm von Motorrad einsteigt. Für viele ist die R 18 B schlicht zu viel: zu schwer, zu mächtig, zu einschüchternd gerade für Einsteiger. Und BMW hat im eigenen Portfolio kaum eine Möglichkeit geschaffen, diesen Einstieg schrittweise zu gestalten. Ein Cruiser mit dem 1200er-GS-Motor? Wäre aus meiner Sicht ein logischer nächster Schritt gewesen. Eine zugängliche Plattform, mit der man früh Biker aus dem BMW-Lager in diese Welt mitnehmen könnte.
Denn sind wir ehrlich: Wer frisch mit dem Cruiserfahren beginnt, greift kaum als erstes zur R 18 B. Und wer zehn Jahre Harley oder Indian gefahren ist, wird kaum zur bayerischen Alternative wechseln. Das ist nicht einmal eine Frage von Qualität es ist eine Frage von Gewohnheit, Emotion und Community.
Und trotzdem: Mein Appell geht an genau die europäische Szene, die sich oft beklagt, dass es hierzulande keine Cruiser- oder Bobber-Kultur gäbe. Dass alles aus den USA kommt, dass Europa keine eigenen Impulse mehr setzt. Aber genau dann, wenn ein Hersteller wie BMW etwas wagt, wenn mal ein Motorrad gebaut wird, das sich bewusst von den typischen deutschen Tugenden absetzt dann ist der Rückhalt oft enttäuschend. Man kauft weiterhin amerikanisch, weil es authentischer wirkt. Aber ist es nicht genau das, was wir hier selbst aufbauen könnten?
Ich finde es mutig, dass BMW mit der R 18 eine Lanze brechen will für ein anderes Image, für eine andere Form von Freiheit. Es ist kein Bike von der Stange, kein Produkt aus dem Reissbrett es ist ein Versuch, Emotion und Eigenständigkeit in ein Marktsegment zu bringen, das sonst von Klischees dominiert wird.
Deshalb mein Appell: Gebt diesen unkonventionellen Projekten eine echte Chance. Lasst sie nicht an euren Vorurteilen scheitern. Fahrt sie, fühlt sie, sprecht darüber. Vielleicht entsteht daraus ja eine europäische Cruising-Kultur, die nicht einfach nur kopiert, sondern etwas Eigenes auf die Räder stellt.

Fazit: Ist die R18 B im Jahr 2025 noch relevant?
Fünf Jahre nach ihrer Einführung stellt sich die Frage: Ist die BMW R 18 B im Jahr 2025 noch relevant?
Die Antwort ist ein klares Ja. Mit ihrer imposanten Erscheinung, dem kraftvollen 1802-ccm-Boxermotor und dem charakteristischen Design bleibt sie ein echter Hingucker. Die Kombination aus traditionellem Cruiser-Stil und moderner Technik, wie dem 10,25-Zoll-TFT-Display und dem Marshall-Soundsystem, bietet ein einzigartiges Fahrerlebnis. 
Obwohl die R 18 B nicht für jeden Fahrer geeignet ist, insbesondere für Einsteiger, bietet sie erfahrenen Bikern eine spannende Alternative zu amerikanischen Modellen. Sie verkörpert den Mut von BMW, neue Wege zu gehen und den europäischen Motorradmarkt mit frischen Impulsen zu bereichern.
Für alle, die auf der Suche nach einem charakterstarken, komfortablen und technisch ausgereiften Cruiser sind, lohnt sich ein genauer Blick auf die R 18 B auch im Jahr 2025.
Bericht vom 14.05.2025 | 420 Aufrufe