Elektrische GS? Liegt weit unten in der Schublade

Im Rahmen des Concorso d'Elleganza am Comer See hatten wir die Chance ein Gespräch mit Vertretern von BMW Motorrad zu führen. Mit dabei: Der Chef Markus Flasch! Er hatte nicht nur den Job das Concept Bike "Concept RR" dem Publikum am Comer See zu präsentieren. Er sprach im Interview auch über aktuelle und künftige Themen bei BMW Motorrad.

Die Concept RR sieht spektakulär aus - Wie viel davon wird Realität?

Markus Flasch: Ich bin diese Woche die ersten Prototypen der nächsten RR-Generation in Miramas gefahren. Wir sind in der Phase, wo wir Aerodynamik und Package festlegen. Diese Einflüsse kommen direkt aus dem Motorsport. Wir haben eine aktuelle World Superbike genommen und ein Carbon-Kleidchen darüber geschneidert - mit durchströmtem Heck und der neuen Flügel-Architektur. Aerodynamisch sind wir noch nicht ausgereift, aber es gibt einen klaren Hinweis, wo die Reise hingeht. Die Erfahrungen aus dem Motorsport fließen hier ganz klar in die Serie ein - das ist kein Bla Bla - das setzen wir konsequent um.

Heißt das auch eine kleinere Stirnfläche? Die S 1000 RR ist momentan wirklich groß. Markus Flasch: Genau, schon einige Fahrer haben gesagt: weniger Breite wäre hilfreich. Dazu kommen neue Erkenntnisse, wie Anströmung in Schräglage besser funktioniert. Aus diesen beiden Aspekten werden wir das Aerodynamikkonzept anders als bisherangehen.

Plant ihr beim Antrieb auch Neuerungen?

Markus Flasch: Wir werden die Latte höher ziehen, aber ohne Konzeptwechsel. Wir sind dermaßen gut aufgestellt - das sieht man im Rennsport und in den Testberichten. Da ist kein Kraut gegen unseren Antrieb gewachsen. Wir gehen eher evolutionär vor.

Markus Flasch: Die Branche hat gerade auf die harte Tour gelernt, wenn Strategien nicht funktionieren. Man kann nicht einfach sagen: "Beim Auto gibt es einen Trend, also muss er beim Motorrad auch kommen." Der Schlüssel ist: Ohr näher am Kunden haben. Wenn du das mit Marktgefühl kombinierst und rational an die Physik herangehst - Gewicht, Package - kommst du schnell zum Punkt: Ein elektrisches Motorrad, das mit einer BMW R 1300 GS oder BMW M 1000 RR konkurriert, ist auf lange Sicht nicht denkbar. Und auch nicht gefragt. Deshalb unsere Strategie: Elektromobilität zielt auf urbane Mobilität, den City-Bereich - nicht auf den Samstagvormittag oder die große Reise. Eine elektrische GS oder Doppel-R? Das liegt in unserer Schublade weit unten.

Kann der Boxermotor mit 1,3 Liter noch volumenstärker werden? 2-Liter-Nachfolger?

Markus Flasch: Wir werden bald über den 1300er-Nachfolger reden. Da gibt es bei uns im Haus verschiedene Strömungen: Die einen sagen "mehr geht immer", andere sagen "bisschen reduzieren, back to the roots, drahtiger und weniger Features." Mit der R 12 G/S haben wir einen Testballon gestartet. Die Resonanz zeigt: Sie wird neben der 1300er perfekt ihren Platz finden - komplett unterschiedliche Motorräder für unterschiedliche Zwecke. So verstehen wir besser, ob der Kunde in fünf Jahren ein erleichtertes Moped mit weniger Features will oder noch eine Schippe drauf. Die Hubraumfrage ist noch nicht entschieden. Aber ein kleinerer Boxer ist wirtschaftlich nicht sinnvoll - der Großteil der aufwändigen und teuren Teile würdest du unnötigerweise auch im kleineren Fahrzeug mitschleppen.

Wann kommt die R20-Studie in Serie?

Markus Flasch: Ich kann bestätigen: Wir werden sie bringen. Das Feedback war überraschend eindeutig. Bei der R18 kam der Evolution zwischen Konzept und Realität nicht 100% an. Das Feedback zur R20: "Macht es genauso wie das Konzept war. Am liebsten auch in Pink." Diesen Pfad verfolgen wir jetzt. Was ich am Prüfstand gesehen habe, macht mich sehr zuversichtlich, dass wir das treffen werden.

Plant ihr noch kleinere Hubraumklassen?

Markus Flasch: Wir beschäftigen uns intensiv damit, auch unter der 450er was zu bringen. Aber wie, mit wem und für welche Märkte - da sind wir noch nicht ganz durch. Aber ich kann jetzt NICHT ausschließen, dass wir nicht auch mal mit einem Partner eine 125er bringen. Darüber sprechen wir gerade bei uns im Haus. Aber auch andere Themen beschäftigen gerade. In UK läuft ein toller Cup auf Basis der F900R. Das Motorrad bietet tollen Motorsport für 16.000 Euro rennfertig - unfassbarer Sound inklusive. Also auch beim Motorsport denken wir daran nicht immer nur 200PS+ bieten zu müssen. Wir denken gerade darüber nach wie man dieses kompakte Format in andere Länder bringen kann.