Aprilia Tuareg Rally im ultimativen Offroad-Reise Test
kann das Rallybike auch Reisen?
Ein Motorrad, drei Tage, unzählige Eindrücke: Die Aprilia Tuareg Rally muss beweisen, dass sie mehr ist als nur eine sportliche Enduro mit schickem Look. Wir haben sie auf eine echte ADV-Tour geschickt – vom Regen auf der Autobahn bis ins Geröll Norditaliens.

Einleitung: Drei Tage, ein Ziel: die Aprilia Tuareg Rally verstehen
Drei Tage, ein Motorrad, und die volle Ladung Abenteuer: Unsere kleine ADV-Reise mit der Aprilia Tuareg Rally hatte ein klares Ziel herausfinden, wie viel echtes Abenteuer in der Rally-Version der ohnehin schon vielseitigen Tuareg steckt. Dafür holte ich das Motorrad direkt bei Aprilia Schweiz ab und startete am Dienstagabend in Richtung Süden.
Rund 300 Autobahnkilometer, durch den Gotthard und hinein in den Regen schon die Anfahrt war ein kleiner Härtetest. Doch was folgt, ist fast schon filmreif: Raus aus dem Tunnel, vorbei am Lago Maggiore, wo sich die ersten Sonnenstrahlen zwischen den Regenwolken durchkämpfen. Die erste Nacht verbrachten wir im Tessin doch schon am nächsten Morgen stürzten wir uns in Norditalien in die Wildnis, bereit für das Offroad-Abenteuer.
Zwei Tage lang bewegten wir uns abseits befestigter Wege von schnellen Schotterpassagen bis zu fiesen, steilen Geröllauffahrten mit Gepäck. Diese Mini-Expedition sollte mehr leisten als ein einfacher Test. Sie sollte zeigen, ob die Tuareg Rally nicht nur sportlich aussieht, sondern auch das Zeug zur echten Reiseenduro hat eine Maschine, die lange Autobahnetappen, Alpenpässe und technisch anspruchsvolle Offroad-Strecken in einem Rutsch meistern kann. Spoiler: Es wurde anspruchsvoll. Und ziemlich lehrreich.
Die Reise mit der Aprilia Tuareg Rally zum Start – Autobahnfahrt mit Überraschungen
Die erste Etappe führte uns schnurstracks über die Autobahn in Richtung Tessin ein echter Stresstest für ein Motorrad, das klar nach Offroad aussieht. Wer denkt, dass grobstollige Reifen und lange Federwege hier nur bedingt taugen, liegt im Fall der Aprilia Tuareg Rally falsch. Trotz montierter Metzeler Karoo Extreme vorne wie hinten zeigte sich die Rally erstaunlich laufruhig, selbst bei Geschwindigkeiten jenseits der 120 km/h. Auch bei 140 km/h blieb das Motorrad stabil und verlässlich. Ein erster, wichtiger Pluspunkt für die Alltagstauglichkeit, trotz der optisch martialischen Reifenwahl.
Der Windschutz fiel besser aus als erwartet. Trotz der schmalen, offroadtypischen Bauweise fühlte man sich nicht schutzlos der Fahrtwind wurde gut abgeleitet, was auf längeren Autobahnetappen schnell zum Komfortfaktor wird. Dass das Bike eher fahrradähnlich schlank daherkommt, wirkt sich nicht negativ aus im Gegenteil: Man fühlt sich leicht, aufrecht und in Kontrolle.
Weniger erfreulich war der Blick auf die Ausstattungsdetails. Kein Quickshifter, keine Heizgriffe, keine Sitzheizung alles Extras, die separat bestellt werden müssen. Für ein Bike, das auch als Reisetool punkten will, hätte man hier zumindest eine Basis-Komfortausstattung erwarten dürfen. Gerade bei nassem, kaltem Wetter wie wir es auf der Hinfahrt erlebt haben fehlen diese Features spürbar.

Noch ein Punkt, der auf Reisen wichtig wird: die Tankanzeige. Die Tuareg Rally arbeitet mit einer minimalistischen Darstellung vier Balken, mehr nicht. Ist der Tank leer, wird zwar ein Reserve-Modus aktiviert, der aber lediglich zeigt, wie lange man sich schon auf Reserve befindet keine Restreichweite, keine Prognose. Für ein Rallye-Bike mag das vertretbar sein, aber für längere Touren auf unbekannten Strecken? Schwierig.
Auch der Sitzkomfort ließ zu wünschen übrig. Die schlanke Sitzbank bietet zwar keinen Luxus, aber sie sorgt dafür, dass man mit den Füssen sehr gut den Boden erreicht was später im Gelände ein echter Vorteil war. Dennoch: Schon auf dem Weg ins Tessin meldete sich der Hintern. Hart, schmal und nichts für Langstrecken ohne Pause.
Dafür überzeugte der 660er Zweizylinder-Motor mit seinem überraschend niedrigen Verbrauch und seinem ruhigen Lauf selbst bei höheren Geschwindigkeiten. Nur beim Überholen im sechsten Gang wird spürbar, dass man keine Übermotorisierung vor sich hat da brauchts einen klaren Gasbefehl, um das nötige Drehmoment aufzubringen.
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Lockerer Geländeeinsatz: Die Aprilia Tuareg Rally schenkt Vertrauen auf breiten Wegen
Am zweiten Tag wurde es ernst aber noch nicht zu ernst. Breite Schotterstrassen, lange Sicht, fester Untergrund: Ideale Bedingungen, um die Aprilia Tuareg Rally im flüssigen Offroad-Modus zu testen. Genau hier zeigt sich, was man bei einem kurzen Proberitt kaum erfassen kann nämlich wie wichtig die Ergonomie im Stehen über Stunden ist.
Und genau hier punktet die Tuareg Rally. Ohne Lenkererhöhungen fühlte ich mich mit meinen 1,80 m Körpergrösse sofort wohl. Das Dreieck aus Lenker, Fussrasten und Sitzbank passt man steht zentriert, locker und aktiv, was besonders auf langen Abschnitten enorm entlastet. Wer grösser ist, wird mit kleinen Anpassungen ebenfalls schnell heimisch werden. Für ein ab Werk sportlich orientiertes Adventure-Bike ist das ein echter Komfortgewinn.
Im leichten Gelände mit Gepäck zeigte sich die Tuareg Rally unbeeindruckt. Die montierten Seitentaschen machten sich beim Fahren kaum bemerkbar. Erst am Abend im Hotel, als die Taschen runterkamen, wurde mir klar, wie viel Zusatzgewicht wir eigentlich dabei hatten. Und trotzdem: Das Handling blieb präzise, das Motorrad ausbalanciert ein Zeichen für ein gelungenes Setup.

Auch beim Fahrwerks- und Traktionsfeedback überzeugt die Rally-Version auf Anhieb. Das bereits im Erstkontakt so gelobte Gefühl fürs Hinterrad bestätigte sich auf ganzer Linie: Feines Feedback, hohe Transparenz, viel Vertrauen. Die Karoo Extreme-Reifen machten ebenfalls eine gute Figur griffig, zuverlässig und erstaunlich ruhig selbst bei flottem Tempo auf losem Untergrund.
Was ich lernen musste und wofür es diesen Langzeittest gebraucht hat war der Umgang mit der Leistungsentfaltung. Auf der Strasse hatte ich anfangs das Gefühl, dass die 660er einfach zu wenig Kraft bietet. Doch die Tuareg Rally ist ein Motorrad, das gefahren werden will und zwar richtig. Wer sie in den oberen Drehzahlbereich führt und das Gas beherzt aufzieht, wird mit einem spritzigen, sportlichen Fahrgefühl belohnt. Der Motor will gedreht werden nicht brutal, aber mit Klarheit. Wer den Gasgriff nur halb öffnet, verpasst das Beste.

Die Mutproben ausbaden – Der harte Offroad-Einsatz mit Gepäck: Erfahrungen mit der Aprilia Tuareg Rally
Was im lockeren Gelände noch souverän und zugänglich wirkte, zeigt im harten Gelände plötzlich eine andere Seite: Die Aprilia Tuareg Rally hat ihren eigenen Charakter und der verlangt nach einem erfahrenen Fahrer. Mit dabei waren auch Freunde auf einer Yamaha Ténéré 700 und einer Ducati Desert X. Im direkten Vergleich wurde schnell klar: Die Tuareg Rally ist das aggressivste Bike im Trio. Giftig, willig, explosiv aber auch unbarmherzig, wenn man nicht präzise agiert.
Dieses Motorrad passt sich nicht an. Es erwartet, dass du dich anpasst. Besonders bei steilen Geröllauffahrten spürte man sofort: Ein Tick zu viel Gas und das Vorderrad steigt. Wo andere Bikes den Fahrer etwas auffangen, verlangt die Aprilia volle Kontrolle. Das macht sie faszinierend aber auch fordernd. Für Einsteiger ist das definitiv nichts.
Ein überraschender Punkt war die große Gangabstufung zwischen dem ersten und zweiten Gang. Während die Ténéré im zweiten Gang locker eine steile Passage meisterte, musste ich mit der Tuareg Rally zurück in den ersten Gang schalten sonst wäre der Motor im Drehmoment verhungert. Und genau hier wird das Fahrverhalten anspruchsvoll: Man muss mit Drehzahlen arbeiten, was wiederum den Motor unruhiger macht und die Kontrolle in technischen Passagen erschwert.

Dazu kommt das straff abgestimmte Fahrwerk, das ab Werk für Sprungeinlagen und hohe Belastungen gedacht ist und diesen Job auch fantastisch meistert: Kein Durchschlagen, selbst bei Luftsprüngen. Aber in langsamen, verblockten Sektionen ist das schlicht zu hart. Ich musste das Fahrwerk hinten um fünf bis sechs Klicks weicher stellen, zusätzlich auch den Reifendruck senken erst dann kam echte Kontrolle und Fahrgefühl auf.
Und hier liegt wohl die grösste Hürde der Tuareg Rally: Sie ist kein Motorrad für gemütliches Herantasten. Wer sie reizen will, muss wissen, was er tut technisch wie fahrerisch. Wer aber das Know-how mitbringt und weiss, wie man Fahrwerk und Motor abstimmt, der bekommt ein unglaublich leichtes, direktes und agiles Motorrad.
Das geringe Gewicht unter 200 Kilo macht sich gerade in schwierigen Situationen bemerkbar: Wenden, Anhalten, Nachkorrigieren alles geht spielend. Das Motorrad ist einfach zu kontrollieren, solange man die Leistung im Griff hat. Dadurch blieb es bei mir auch häufiger auf den Rädern als im Staub und das wiederum schonte meine Kräfte.
Auch die Bremsen verdienen Lob: Fein dosierbar, stark, aber nicht zu giftig. Gerade bergab auf losem Untergrund hat man viel Spielraum, ohne dass das Vorderrad zu früh blockiert. Das steigert das Vertrauen und war für mich ein echtes Highlight des Bikes.
Ob Sand, Schnee oder losem Geröll die Tuareg Rally macht fast alles möglich. Sie ist nichts für Anfänger, aber ein Traum für ambitionierte Offroad-Fahrer, die wissen, was sie wollen und es dann auch bekommen.
Das ersehnte kalte Bier nach einem langen Tag Reise – Gedanken, Glanz und Gefühl
Vielleicht ist es genau dieser Moment, der am Ende am meisten zählt: Wenn man das Motorrad abstellt, sich ans Ufer setzt bei uns war es der Lido am Orta-See und mit einem kalten Bier in der Hand einfach nur schaut. Und denkt: Ja, das ist etwas Besonderes.
Denn man wird wahrscheinlich öfter mit seinem Motorrad irgendwo sitzen und es bestaunen, als in voller Montur durch felsiges Gelände prügeln. Genau deswegen ist dieser letzte Abschnitt mehr als nur ein Nachtrag er bringt alles in Relation. Und in genau diesem Moment wurde mir klar: Die Aprilia Tuareg Rally ist ein eigenständiges, mutiges, ja fast schon idealistisches Motorrad.
Aprilia hat hier ganz bewusst einen klaren Fokus gesetzt. Kein Everybodys Darling, keine Komfort-Kuschelmaschine sondern eine Maschine mit Charakter. Eine, die in puncto Performance, Anmutung und Anspruch über das Ziel des Durchschnittskunden hinausgeht. Manche würden sagen: über-engineert. Aber wer sie fährt, spürt sofort: Hier wurde mit Liebe, mit Motorsport-DNA und mit einem spürbaren Ziel entwickelt.

Ja, vielleicht werden 80 bis 90 Prozent der Besitzer das Potenzial dieses Motorrads nie ganz ausschöpfen. Aber sie werden es trotzdem fühlen. Den Rally-Spirit, den Anspruch, dass hier mehr drinsteckt als ein paar bunte Aufkleber und eine hohe Sitzbank. Und oft reicht dieses Gefühl allein schon aus, um die Verbindung zwischen Mensch und Maschine zu vertiefen.
Optisch? Ein Statement. Das Retro-Design polarisiert, aber funktioniert. Die mattierte Lackierung, kombiniert mit goldenen Felgen, goldener Gabel, violett-roten Akzenten das hat Stil, Haltung, Präsenz. Ich bin normalerweise kein Fan von Matt aber hier wirkt es stimmig. Und spätestens, wenn man aufsteigt, passt das Gefühl auch zum Look.
Die Tuareg Rally ist momentan noch ein versteckter Geheimtipp. Man sieht sie kaum, selbst unter den Reiseenduro-Fans. Schon gar nicht in der Rally-Version. Aber gerade das macht sie interessant. Und deshalb richte ich einen kleinen Appell an alle Motorradfahrerinnen und Fahrer: Gebt dem Neuen eine Chance.
Ja, sie verlangt nach Verzicht. Sie ist kein Sofa. Kein Traktor. Aber dafür ist sie ein echter Charakterkopf mit allem, was dazugehört: Ecken, Kanten, Temperament und viel Können. Wer bereit ist, sich darauf einzulassen, bekommt ein Bike, das mehr kann, als es viele ihm zutrauen. Und das einen mitnimmt auf die Strasse, ins Gelände und in diesen einen Moment: Wenn du daneben sitzt, ein Bier in der Hand, und einfach nur sagst: Wow. Was für ein Ding.
Das Bike wurde von Aprilia Schweiz zur Verfügung gestellt - danke für die Organisation.
Fazit: Aprilia Tuareg 660 Rally 2025
Die Aprilia Tuareg Rally beweist, dass auch ein Adventurebike mit 660 Kubik in der heutigen Zeit richtig viel Spass machen kann. Sie verbindet das beste aus zwei Welten - die Leistung und der Charakter eines echten Rallybikes, mit dem Komfort eines Adventurebikes. Im Gelände zeigt sie enorm viel Feedback und schenkt dadurch schnell Vertrauen. Auf der Strasse punktet sie mit Quickshifter, Tempomat und Reise-Zubehör direkt aus dem Hause Aprilias.- Überarbeitetes Motormapping mit giftiger Gasannahme
- Sehr stabile Fahrweise im Gelände
- Erstaunlicher Sound für Euro 5+
- Quickshifter und Tempomat dabei
- Schmalere Felgen für richtige Enduroreifen
- Einfache Bedienung der Assistenzsysteme
- Ständer kommt an Ferse an im Stehen
- Lineare Federung vermindert Komfort auf Strasse
- Öfters Schalten notwendig für konstante Power
Bericht vom 31.05.2025 | 3.308 Aufrufe