Moto Guzzi V85 TT 2024 Test

Auf den ersten Blick fällt das markante Design der Moto Guzzi V85 TT 2024 sofort ins Auge. Mit ihrem charakteristischen Doppelscheinwerfer und dem unverwechselbaren, luftgekühlten V-Twin-Motor zieht sie die Blicke auf sich. Die italienische Marke hat es geschafft, traditionelle Elemente mit modernen Akzenten zu kombinieren, wodurch ein Motorrad entstanden ist, das sowohl zeitlos als auch aktuell wirkt. Die neuen Modellvarianten Strada, TT und TT Travel bieten eine breite Palette an Farben, von dezentem Schwarz über schickes Rot-Weiß bis hin zu edlem Bronzo Desserts, sodass für jeden Geschmack etwas dabei ist.

Der 853-Kubik-Motor der V85 TT wurde für das Modelljahr 2024 gründlich überarbeitet. Ausgestattet mit einer variablen Ventilsteuerung und Klopfsensoren, leistet er nun wieder 80 PS bei 7.750 U/min und erreicht ein maximales Drehmoment von 83 Newtonmetern bei 5.100 U/min. Diese Leistungssteigerung macht sich in einem spürbar souveräneren und bulligeren Fahrgefühl bemerkbar. Das Fahrgefühl wird durch den charakteristischen Sound des V-Twin-Motors ergänzt, der dank der Überarbeitungen noch kerniger klingt. Die Auspuffgeräusche sind dezent, aber dennoch präsent genug, um das Herz mancher Motorradfahrers höher schlagen zu lassen. Besonders bemerkenswert ist, dass der Motor nun auch bei höheren Drehzahlen seine Kraft behält und nicht, wie bei früheren Modellen, im oberen Drehzahlbereich träge wird. Dies macht die V85 TT zu einem Motorrad, das auch bei sportlicher Fahrweise überzeugt.

Sechs-Achsen-IMU und Kurven-ABS

Moto Guzzi hat die V85 TT 2024 mit einer modernen Elektronikausstattung versehen, die erstmals eine Sechs-Achsen-IMU beinhaltet. Dadurch stehen nun auch Kurven-ABS und schräglagenabhängige Traktionskontrolle zur Verfügung. Diese Systeme sorgen für ein hohes Maß an Fahrsicherheit, besonders in anspruchsvollen Kurvensituationen. Darüber hinaus bietet die V85 TT verschiedene Fahrmodi wie Road, Rain, Sport und Offroad, die jeweils auf die Bedürfnisse des Fahrers und die Straßenverhältnisse abgestimmt sind.

Intuitive Bedienung

Die Bedienung der Elektronik ist dank des neuen 5-Zoll-TFT-Farbdisplays und der überarbeiteten Bedienelemente am Lenker besonders intuitiv. Das Display ist kontraststark und gut ablesbar, selbst bei direkter Sonneneinstrahlung. Die Menüführung erfolgt über ein Vierer-Steuerkreuz am linken Lenker, was die Einstellung der verschiedenen Fahrmodi und Assistenzsysteme einfach und schnell macht. Der Tempomat lässt sich ebenfalls bequem über den linken Lenker steuern und bietet zusätzlichen Komfort auf langen Strecken.

Sitzposition und Windschutz Die Sitzposition auf der V85 TT ist angenehm aufrecht und bietet dir einen guten Überblick über die Straße. Das neue, größere 5-Zoll-TFT-Farbdisplay ist kontraststark und gut ablesbar, selbst bei direkter Sonneneinstrahlung. Der Windschutz wurde deutlich verbessert. Die V85 TT ist auf Komfort ausgelegt, und das merkt man bei jeder Fahrt. Die Sitzhöhe von 830 Millimetern ist moderat und ermöglicht auch kleineren Fahrern einen sicheren Stand. Der Sitz selbst ist gut gepolstert und bietet das richtige Maß an Härte. So bietet er auch nach mehreren Stunden im Sattel noch ausreichend Komfort.

Trotz 19-Zoll-Vorderrad an der V85 TT wirkt die Maschine etwas träge. Doch gleichzeitig spendet das Chassis viel Vertrauen, sowohl für das Vorderrad als auch für das Hinterrad. Das Motorrad besticht durch ein harmonisch-lineares Einlenkverhalten und bietet eine außergewöhnliche Stabilität in Kurven. Trotz des etwas trägeren Handlings überrascht die V85 TT durch ihre Agilität und Präzision in Kurven. Die Maschine lässt sich präzise durch enge Kurven manövrieren und vermittelt dabei stets ein sicheres und stabiles Fahrgefühl.

Gegenüberstellung mit der Suzuki V-Strom 800DE

Im Vergleich zur Konkurrenz, wie der Suzuki V-Strom 800DE, zeigt die V85 TT ihre Stärken vor allem im Bereich des mechanischen Fahrgefühls und des klassischen Designs. Während die V-Strom mit moderner Technik und komfortabler Handhabung punktet, besticht die V85 TT durch ihren charakterstarken Motor und die einzigartige Optik. Die Suzuki bietet einen makellosen Motor mit perfektem Quickshifter.

Weitere Konkurrenzmodelle Neben der Suzuki V-Strom 800DE gibt es weitere Konkurrenzmodelle, die in der gleichen Kategorie spielen. Dazu gehören unter anderem die Honda Africa Twin und die BMW F850GS. Im direkten Vergleich punktet die V85 TT durch ihren einzigartigen Charakter und die Liebe zum Detail, während die Konkurrenzmodelle eher auf moderne Technik und hohe Leistung setzen

Nach meiner Testfahrt mit der V85TT habe ich viele interessante Eindrücke gewonnen. Eines ist klar: Die Moto Guzzi V85TT ist kein Einheitsbrei. Sie fühlt sich eigenständig und anders an als andere Motorräder. Sie hat ein etwas träges Handling, spendet jedoch viel Vertrauen sowohl für das Vorder- als auch das Hinterrad. Das Motorrad ist keine Handling-Rakete, besticht jedoch durch sein harmonisch-lineares Einlenkverhalten.

In punkto Ergonomie wurde leider nicht voll gepunktet. Als Person von 1,85 Meter hat man zunächst eine angenehme Sitzposition und einen breiten Lenker, was das Gefühl vermittelt, ewig fahren zu können. Doch wenn man eine gewisse Größe überschreitet, stoßen die Knie an die Tankmulden, was auf Dauer unangenehm ist. Das ist schade, denn Zylinder, Tank und Front bilden insgesamt eine gute Wind- und Wetterschutzeinheit, aber der Tank hat bei einer Größe von etwa 1,84-1,85 Meter sein Limit erreicht.

Die Maschine lässt sich dank des starken Vertrauens in Grip und Traktion überraschend schnell fahren, was auch an den hohen Kurvengeschwindigkeiten liegt, die man erreichen kann. Der Motor fühlt sich kräftiger an als früher, mit einem polternden und emotionalen Sound. Er ist kräftig genug, um wirklich herzerwärmend schnell zu fahren, und man fühlt sich gut motorisiert im Sattel.

Das grundsätzliche Wesen der Maschine wird Fans der Marke Moto Guzzi sicher zufriedenstellen. Man hat ein starkes mechanisches Gefühl beim Kuppeln und die Kupplung erfordert große Handkraft. Beim Einlegen der Gänge spürt man den mechanischen Vorgang und der Motor zeigt Lastwechselreaktionen, was für Fans der Marke geschätzt wird. Als pragmatischer Technokrat muss man jedoch sagen, dass diese mechanischen Eindrücke im Vergleich zu anderen Reise-Enduros zu viel erscheinen könnten. Die Schaltvorgänge sind etwas knochiger und die Kupplung anstrengender zu bedienen. Bei Korrekturen am Gasgriff spürt man Lastwechselreaktionen. Während man dies einer Moto Guzzi verzeiht, würde ein japanisches Motorrad für ähnliche Eigenschaften viel Kritik erhalten.

Trotzdem ist die Moto Guzzi V85TT von der Haptik und den Bedienelementen alltagstauglich und fährt sich sehr angenehm. Auch ich habe in unserer gut sortierten 1000PS-Garage immer wieder gerne zur Moto Guzzi V85TT gegriffen, obwohl andere Motorräder wie die Suzuki V-Strom 800DE objektiv betrachtet besser funktionieren. Die Suzuki hat einen besseren Motor, doch an manchen Abenden habe ich bewusst zur Moto Guzzi gegriffen, weil mich dieses mechanische Gefühl fasziniert hat. Es ist nicht so, dass ich nun ein Moto Guzzi-Jünger geworden bin, aber ich verstehe, warum man in einer digital dominierten Welt Gefallen an einem mechanisch etwas rauer laufenden Motorrad findet. Trotzdem muss ich als Journalist darauf hinweisen, dass ein moderneres Motorkonzept mit Quickshifter, wie etwa bei der Suzuki V-Strom 800DE, im Alltag und auf längeren Strecken das bessere Antriebsaggregat ist als das rauere und mechanischere Aggregat der Moto Guzzi V85 TT.

Auf der anderen Seite ist die V85TT durch den überarbeiteten Motor nun gut genug um auch Pragmatiker zu überzeugen. Insgesamt ist das Motorrad eine wunderbare Bereicherung für das Reiseenduro Segment!