Suzuki V-Strom 1050 XT im Langstreckentest
V-Strom Power auf über 4000 Kilometern durch 4 Länder
Österreich, Deutschland, Slowenien, Italien - durch zahlreiche Länder hab ich die mächtige Suzuki V-Strom 1050 XT bewegt, hab Pässe erklommen, Schotterpassagen bezwungen und auch einen Sturz hingelegt. Wie schlägt sie sich also als Tourenmaschine?
Zur Suzuki V-Strom 1050 XT haben wir schon zahlreiche Tests und Vergleiche online. Deshalb werde ich mich in diesem Bericht eher auf Eindrücke konzentrieren und die harten technischen Fakten und Details außen vor lassen. Für technisch Interessierte habe ich am Ende ein Tabelle angehängt, außerdem empfehle ich den ersten Test der Suzuki V-Strom 1050 XT vom Wolf.
Noch mehr Reiseenduros aus der 100PS-Liga
Suzuki V-Strom 1050 XT - Tourentauglichkeit, Komfort, Ausstattung, GIVI Zubehör
Die neue Suzuki V-Strom ist schon ein kolossales Gerät. Mit ihren fahrfertigen 247 kg nicht nur am Papier, sondern auch wenn man vor ihr steht. Der Tank macht einen mächtigen Buckel, der sich lang und breit nach vorne bis zum Entenschnabel zieht. Schon in Serie ist die V-Strom kein kleines Motorrad. Doch für die große Tour braucht sie dennoch etwas Zusatzausstattung. Ein komplettes Set von GIVI soll hier Abhilfe schaffen. Der hohe Windschild wird noch seitlich erweitert. Die Front wird durch dicke Sturzbügel inklusive extra Scheinwerfern noch massiver. Am Tank liegt ein größerer Tankrucksack und hinten Türmen sich drei Alukoffer. Mit beladenen Koffern kommt die Suzuki jetzt wahrscheinlich auf 270-280 Kilogramm. Ein mächtiges Eisen! Doch für die große Tour braucht es nun einmal viel Gepäck und auch die Sturzbügel sollen sich später noch als extrem wichtig erweisen. Aber kann es überhaupt Spaß machen weit über eine Vierteltonne herumzukutschieren?
Suzuki V-Strom 1050 XT - Handling, Fahrwerk, Motor
Ja, kann es! Das voll einstellbare Fahrwerk wird auch mit viel Gewicht fertig. Es ist zwar generell eher auf der weicheren Seite, doch etwas nachgeschärft schlägt es sich auch bei sportlicher Gangart im Winkelwerk sehr gut. So wie die ganze V-Strom übrigens. Das Gewicht ist nur beim Rangieren oder sehr langsamen Geschwindigkeiten mühsam. Bei solchen Manövern muss man echt höchste Konzentration bewahren, denn 1-2 Grad Neigung zu viel und schon wird man vom Gewicht gnadenlos gen Boden gezogen. Doch in Fahrt ist die V-Strom unaufhaltsam. Aufrecht und stolz sitzt man oben. Durch den massiven Windschild bekommt man vom Fahrtwind kaum was mit und kann dem Dröhnen des fetten 90°-V2 ungestört zuhören. Die Masse, die Charakteristik des Motors, der breite Lenker - es ist, als würde man Bulldozer oder Panzer fahren, im positiven Sinne. Man fühlt sich einfach mächtig. Der V2 pumpt Drehmoment raus, als ob es kein morgen gäbe. 100 Nm liegen schon bei 6000 Umdrehungen an. Im unteren Drehzahlbereich ist er noch sehr sanft und behutsam am gas, doch ab so 5.000 Umdrehungen marschiert er los. Der Motor passt perfekt zum gewaltigen Erscheinungsbild der V-Strom. Mit 107 PS hat er auch genug Power, um obenrum nicht zu verhungern. Aber die V-Strom beschleunigt nicht nur auf der Gerade sehr gut, sondern geht auch souverän ums Eck. Wider Erwarten lässt sich die Masse recht mühelos in Schräglage drücken. Ein Grund für die gute Performance auf der Straße ist das 19-Zoll-Vorderrad. Damit ist sie zwar weniger Offroad-geeignet, aber mit ihrem Gewicht hat sie im harten Gelände sowieso nichts verloren. Eine kleine Verlagerung des Gewichts, ein leichter Input am Lenker und schon kippt sie willig in den Radius. Die V-Strom lässt sich auch im engen Winkelwerk sehr flüssig fahren und kann dort auch mit leichteren Reiseenduros problemlos mithalten. Lediglich beim aufrichten aus der Schräglage spürt man das Gewicht etwas.
Mich begeistert die V-Strom. Vor meinen Reisen mit ihr war ich sehr skeptisch aufgrund des hohen Gewichts. Doch Kilometer für Kilometer habe ich mich mehr daran gewöhnt und es war sehr schnell kein Problem mehr. Vor allem das mächtige Fahrgefühl und der bollernde Motor sind mir ans Herz gewachsen. Allerdings sei hier gesagt, dass gerade der Motor innerhalb der 1000PS-Redaktion ein kontroverses Thema ist. Manche der Kollegen meinen nämlich, dass der alte V-Strom Motor linearer im Leistungsoutput und dadurch angenehmer zu fahren war. Ich bin die alte V-Strom nie gefahren, doch bei der neuen 1050 XT ist wirklich ein deutlicher Boost bei ca. 4500-5500 Umdrehungen zu spüren. Mich hat das nie gestört, denn gerade untenrum möchte ich lieber ein sanftes Ansprechverhalten, doch es bleibt ein umstrittener Punkt der V-Strom 1050 XT. Am besten Probefahren und selbst beurteilen.
Produkttipps
Suzuki V-Strom 1050 XT - Sturzfestigkeit und Performance im Regen
Doch trotz des sanften unteren Drehzahlbereiches, wurde mir der Drehmoment-starke Motor einmal zum Verhängnis. Auf meiner Österreich-Tour fahre ich im Nassen über die Pillarhöhe. Beim Herausbeschleunigen aus der Kurve gebe ich zu viel Gas und finden mich sofort dahinschlitternd am Boden wieder. Trotz Traktionskontrolle hat das Hinterrad durchgedreht und ist dadurch seitlich weggerutscht. Meine Vermutung: Der rutschige Untergrund in Kombination mit dem hohen Gewicht der V-Strom haben der Traktionskontrolle einfach nicht genug Zeit zum Eingreifen gelassen. Das Positive: Außer vom Ego wurde kaum etwas in Mitleidenschaft gezogen. Die Alukoffer und der Sturzbügel haben 90% abgefangen. Durch die Breite des Tanks und der Sturzbügel haben nicht einmal die Lenkerenden oder Seitenspiegel den Boden berührt. Einziger Schaden an der V-Strom selbst: Die linke Fußraste ist flöten gegangen. Blöd, aber die V-Strom bleibt fahrbar, also geht es weiter. In Abwesenheit der Fußraste ist der hohe Komfort an der V-Strom noch wichtiger. Der Sitz ist breit und sehr angenehm, meinen linken Fuß kann ich auch am Sturzbügel abstützen und so bereitet mir auch die Weiterfahrt keine größeren Unannehmlichkeiten.
Die Reise muss ich schlussendlich doch abbrechen, aber nicht wegen des Sturzes, sondern wegen sintflutartigem Regen - Murenabgänge und Überflutungen inklusive. Die Flucht aus Tirol zurück nach Wien führt über die Autobahn. Eingeschalteter Tempomat, angenehme Sitzposition, top Windschutz und mörder Stabilität - mit wenig Motorrädern fahren sich 600 km Autobahn an einem Tag angenehmer. Dank niedrigem Verbrauch von 4,8 l/100km laut Werk (Bei mir waren es im Durchschnitt knapp über 5l/100km) und dem 20 l Tank müssen wir am Heimweg auch nicht allzu oft stehenbleiben.
Suzuki V-Strom 1050 XT Technische Daten
MOTOR UND GETRIEBE | - |
Bauart | Kühlsystem 2-Zylinder 4-Takt 90° V2-Motor, flüssigkeitsgekühlt |
Hubraum | 1037 cm³ |
Bohrung x Hub | 100,0 mm x 66,0 mm |
Verdichtungsverhältnis | 11,5:1 |
Ventilsteuerung / Ventile pro Zyl. | DOHC (Tassenstößel) / 4 |
Maximale Leistung | 107 PS bei 8.500 U/min |
Maximales Drehmoment | 100 Nm bei 6.000 U/min |
Höchstgeschwindigkeit | über 200 km/h |
Verbrauch | 4,8 l/100km |
Gemischaufbereitung | Benzineinspritzung, Ride-by-wire und Tempomat |
Motorschmierung | Nass-Sumpf |
Anlasser | Elektrostarter |
Kupplung | Betätigung Mehrscheiben-Nasskupplung (SCAS, Suzuki Clutch Assist System), hydraulisch |
Ganganzahl | 6 |
FAHRWERK UND BREMSEN | - |
Rahmenbauart (Werkstoff) | Brückenrahmen (Aluminium) |
Vorderradaufhängung | USD-Teleskopgabel 43 mm |
Federung / Dämpfung vorne | Schraubenfedern / Cartridge-System |
Einstellung vorne | voll einstellbar |
Hinterradaufhängung (Werkstoff) | Kastenschwinge (Aluminium) |
Federung / Dämpfung hinten | Zentralfederbein mit Hebelsystem / Gasdruckdämpfer |
Einstellung hinten | Federvorspannung (per Handrad), Zugstufe |
Federweg vorne / hinten | 160 mm / 160 mm |
Bremsanlage vorne Ø | Doppelscheibenbremse 310 mm |
Bremszange(n) vorne | Vierkolben-Festsattel, radial |
Bremsanlage hinten Ø | Einscheibenbremse 260 mm |
Bremszange hinten | Einkolben Schwimmsattel |
Felge + Bereifung vorne | 19 M/C x MT 2.50 + 110/80R19 M/C 59V |
Felge + Bereifung hinten | 17 M/C x MT 4.00 + 150/70R17 M/C 69V |
Lenkkopfwinkel / Nachlauf | 64,5 ° / 109 mm |
Lenkwinkel | 36 ° |
Wendekreis | 5,8 m |
ABMESSUNGEN UND GEWICHTE | - |
Länge / Breite / Höhe | 2265 mm / 940 mm / 1465 - 1510 mm |
Radstand | 1555 mm |
Sitzhöhe (min. / max.) | 850 mm ( 820 mm / 870 mm ) |
Bodenfreiheit | 160 mm |
Leergewicht fahrfertig vollgetankt | 247 kg |
Zuladung (bei Serienausstattung) | 193 kg |
Zulässiges Gesamtgewicht | 440 kg |
Tankinhalt | 20 Liter |
GREGOR
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Fazit: Suzuki V-Strom 1050 XT 2020
Auch wenn die neue V-Strom 1050 preislich in eine Liga aufgestiegen ist, in der sie sich mehr mit der Konkurrenz vergleichen lassen muss als früher, ist sie sich trotz modernster Sicherheitsfeatures treu bzw. ein unkompliziertes Motorrad geblieben, das bereit ist für die große Reise. Ihr Lieblingsrevier ist die Straße, die dank des guten Fahrwerks auch schlecht und rumpelig sein darf, Offroadpassagen sind ebenso kein Problem, wer allerdings regelmäßig gröberes Terrain sucht, wird aufgrund des mächtigen Gewichts eher weniger bei der Suzuki landen. Im geteerten Winkelwerk lässt sich die Masse aber erstaunlich flott und mühelos bewegen. Der süchtig machende Motor, das gelungene Retro-Design und die extreme Tourentauglichkeit machen die Suzuki V-Strom 1050 XT zu einem top Motorrad für große Reisen.- durchzugsstarker Motor
- wunderbare Ergonomie
- guter Wind- und Wetterschutz
- umfangreiches Zubehör serienmäßig
- gute Reifen-Erstausrüstung
- Langstreckentauglichkeit
- gelungene Retro-Optik
- hohes Gewicht
- ABS nicht abschaltbar
- kein Quickshifter
Bericht vom 24.10.2020 | 64.570 Aufrufe