Metzeler M9 RR Test auf Landstraße, Rennstrecke und bei Nässe
Kann der Nachfolger des legendären M7 RR überzeugen?
Metzeler ermöglichte uns ein wirklich umfangreiches Testprozedere für das neue sportliche Flaggschiff, den M9 RR. Von eindrucksvollen Landstraßen rund um Ronda im Süden Spaniens, über einige Turns am edlen Ascari Racetrack bis hin zu einem bewässerten Nasstest-Parcours war alles dabei. Sehr vielfältig präsentierte sich auch die Auswahl an Fahrzeugen. Vertreter der Kategorien Supersport, (Power-)Naked, sowie auch Sporttourer standen bereit. Die Erwartungshaltung war, aufgrund des beliebten und gleichermaßen renommierten Vorgängers - dem Sportec M7 RR, hoch. Optimiert wurde laut Hersteller an allen Performance-Parametern des Reifens. Schafft es Metzeler die damit an die Spitze der Sport- bzw. Hypersportreifen?
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Der Vorgänger, Metzeler Sportec M7 RR, welcher erstmals 2013 vorgestellt wurde, erfreute sich großer Beliebtheit am Markt und war über 6 Jahre hindurch ein absoluter Topseller im Portfolio des deutschen Herstellers. Für die Saison 2020 steht nun der Nachfolger in den Startlöchern. Mit dem Anhang RR im Produktnamen verweist man übrigens nach wie vor auf Road Racing, wie beispielsweise die Isle of Man TT, bei welcher Metzeler wiederholt erfolgreich als Reifenpartner vieler Teams mit an den Start geht. Der Straßenrennsport bietet sich natürlich ebenso als Test- und Entwicklungsplattform an, um die Performance sämtlicher Produkte unter verschiedensten Witterungsbedingungen weiter zu verbessern.
Metzeler M9 RR – neues Profil für mehr Grip bei höherer Schräglage
Bei der ersten Betrachtung des Reifens fällt auf, dass Metzeler dem M9 RR eine neue Optik verpasst hat. Wobei der optische Eindruck das Resultat einer technisch ausgeklügelten Profilierung ist. Grundsätzlich erkennt man aber auch sofort das typische Laufflächendesign, welches die Sportec Produktfamilie auszeichnet und ein wenig an den griechischen Buchstaben PI angelehnt ist. Metzeler gibt an, dass die Funktion der neu angeordneten Profilblöcke darin besteht, eine optimale Menge an Wasser abführen zu können und daneben auch eine gewisse Beweglichkeit in der Lauffläche zu gewährleisten, was wiederum zu einer Verkürzung der Aufwärmzeit führt.
Der M9 RR erbt darüber hinaus die hakenförmigen Profilrillen des noch sportlicheren Schwestermodells Racetec RR. Diese Details im mittigen Bereich des Profils tragen zur Richtungsstabilität auf der Geraden bei und unterstützen wiederum ebenfalls die Performance bei Nässe. Generell ist das Laufflächenprofil für eine Wasserverdrängung bis zu einem Schräglagenwinkel von 30 Grad ausgelegt. Die Schulter des Reifens hingegen kommt mit ihrem sehr geringen Negativ-Anteil einem profilierten Rennreifen nahe. Die logische Folge: Durch den vergrößerten Slick-Berich an den Flanken besitzt er mehr Grip in hoher Schräglage als der Vorgänger. Zumal dort auch die Funktion der Wasserableitung in der Praxis nicht mehr erforderlich ist.
Im Vergleich zum M7 RR ist der Neue steifer aufgebaut.
Die Karkasse des neuen M9 RR wurde etwas steifer aufgebaut. Konkret geben die Metzeler Ingenieure 6 Prozent mehr Steifigkeit durch dickere Cords (quer zur Laufrichtung verbaute Grundträger der Gummimischung) und Textil-Lagen im Inneren des Aufbaus an. Gleichsam wurde aber auch der Abstand zwischen besagten Cords erhöht, so dass in der Produktion mehr Reifenmasse eingearbeitet werden kann. Resultat ist eine höhere Präzision bei sportlicher Fahrweise. Darüber hinaus verspricht man sich durch die überarbeitete Konstruktion etwas mehr Eigendämpfung und ein besseres Feedback.
Der generelle Aufbau mit zwei Gummimischungen am Hinterrad folgt einem Cap & Base Schema. Dabei werden die beiden weicheren, seitlichen Zonen auf eine Basis aus härter Mischung aufgebracht. Letztere sorgt für mehr Laufleistung in der Reifenmitte, ein konstantes Fahrverhalten und eine optimale thermische Stabilität. Der Vorderreifen verwendet die gleichen Mischungen wie der Hinterreifen, um ein homogenes Ansprechverhalten und eine perfekte Paarung zu gewährleisten, verzichtet aber auf einen Cap & Base Aufbau.
Metzeler M9 RR mit mehr Silica in der Gummimischung
Sowohl der Vorder- als auch der Hinterreifen des M9 RR ist nun als "Voll-Silica" ausgeführt, was grundsätzlich der Performance bei schlechter Witterung und bei kühlen Temperaturen zu Gute kommt. Konkret wurde im Vergleich zum Vorgänger, dem M7 RR, über 20 % mehr des Füllstoffes Silica in der härteren, mittleren Schicht des Reifens eingearbeitet. Metzeler gibt an, dass durch die ausgeklügelte neue Mischung aber auch ein verbessertes Verhalten bei hohen Temperaturen erreicht werden konnte.
Am Papier würde man nun meinen, es liegt ein Zielkonflikt vor, doch in der Praxis ist erstaunlich, wie viel auf der Rennstrecke mit der neuen Pelle geht. Selbst an potenten Superbikes vom Format einer BMW S 1000 RR, mit über 200PS Motorleistung, welche von den Testern den ganzen Nachmittag über im Dauereinsatz über den Ascari Track bewegt wurden, performte der Reifen richtig gut. In der vorliegenden Testumgebung mit angenehmen 20 Grad in der Sonne und einer Asphalt-Temperatur von etwas über 30 Grad gab es hier absolut nichts zu meckern. Subjektiv empfunden ist mit dem neuen M9 RR ist speziell in Sachen Sportlichkeit ein spürbarer Schritt nach vorne gelungen. Bemerkenswert in jedem Fall, was sich mit einem universellen Straßensport-Reifen, welcher bei Nässe und unter kühlen Bedingungen genauso funktionieren muss, heutzutage auch auf der Rennstrecke anstellen lässt.
M9 RR Feedback und Verhalten im Grenzbereich
Wird der Speed weiter gesteigert, kündigt sich der Grenzbereich am Hinterrad mit einer leicht walkenden Seitwärtsbewegung an. Stets gutmütig und fein kontrollierbar kann der Reifen am Kurvenausgang an der Haftgrenze entlang geführt werden. Kein abruptes abreißen und kein mühevolles in der Spur halten - speziell mit der neuen Doppel R von BMW in unserem Test ein purer Genuss. Auch die Front vermittelt auf der Rundstrecke ein tolles Feedback mit sehr guter Präzision. Sehr neutral und satt kann eingelenkt und in den Radius gezogen werden. Ein leichtes Aufstellmoment beim Bremsen in Schräglage ist spürbar, fällt aber nicht weiter negativ auf. Rund und geschmeidig gelingt es die Linie am Eingang zu treffen.
Die letze Kurve am Circuito Ascari - ein langgezogene rechte in Richtung Start-Ziel - kann mit hohem Speed geentert werden und verlangt etwas Mut vom Fahrer, aber natürlich noch mehr Vertrauen in die Fahrzeugfront. Selbst hier war gegen Ende unserer 20 Minuten Turns keine Performance-Einbussen am Reifen wahrnehmbar und das Handling stets vertrauenerweckend. Es scheint so als ob in der deutsch-italienischen Entwicklungsabteilung von Metzeler, gerade auch wegen des hohen Silica Anteils in der Mischung, richtig toll gearbeitet wurde.
Metzeler M9 RR - Performance auch bei Regen
Regen blieb uns bei unserer Ausfahrt zum Glück erspart. Um dennoch in den Genuss eines Nass-Tests zu kommen, legte sich das Event-Team von Metzeler aber ordentlich ins Zeug und ließ einen kleinen separaten Rundkurs bewässern. Langsam an den Grenzbereich herangetastet, kann dem Reifen auch hier ein gutmütiges Verhalten bescheinigt werden. Nähert man sich der Haftgrenze wird der Reifen etwas unruhig und das Fahrverhalten beginnt schwammig zu werden. Ob das im Vergleich zum Vorgänger (oder zur Konkurrenz) nun früher oder später der Fall ist müsste jedoch ein direkter Vergleich klären. Schön zu sehen war jedenfalls, dass der Reifen auch auf feuchtem Untergrund extrem viel Motorleistung auf die Straße bringt. Nur bei provokanten und unsensiblen Gas-auf-Manövern signalisierte die Traktionskontrolle im Cockpit ein sanftes eingreifen.
Fazit und nützliche Links zum M9 RR
Eine rundum sehr gelungene Vorstellung und definitiv ein würdiger Nachfolger des Sportec M7 RR (welcher übrigens weiterhin im Programm bleiben wird). Aus sportlicher Sicht ist die Performance auf einem tollen Niveau angekommen. Für einen Allround-tauglichen Straßensport Reifen schlägt sich der M9 RR selbst auf der Rennstrecke erstaunlich gut, so dass man ihn auch für den ein oder anderen spontanen Trackday-Einsatz empfehlen kann. Natürlich ohne Bestzeit-Ambitionen, dafür mit hohen Spaßfaktor.
Marktbegleiter von Schlag eines Bridgestone S22, Pirelli Rosso 3, Conti SportAttack 4 oder Michelin Power GP bekommen mit dem M9 RR in der Saison 2020 jedenfalls einen spannenden Konkurrenten. Wir freuen uns auf die ersten Vergleichstests.
Dimensionen und Freigaben zum Nachlesen auf der Metzeler Website
Bericht vom 29.02.2020 | 153.536 Aufrufe