Honda CB650F im Test auf Landstraße und Rennstrecke
Die gar nicht schüchterne Nachfolgerin der legendären Hornet.
Draufsetzen, gasgeben, Spaß haben. Völlig unkompliziert funktioniert alles an der feschen Japanerin. Hände und Füße finden wie im Schlaf die passende Position. Alle Hebel und Knöpferl sind dort wo man sie auch ohne hinzusehen vermuten würde. Der Auspuffkrümmer schmiegen sich am Motor entlang wie das edelste Blechblasinstrument in den Arm des Musikanten. ABER reicht das um vollends zu überzeugen? Neuling Mex im Klartext über die CB650F im frechen 2016er Design.
Komm doch morgen zur Gripparty und dreh mit der CB650F ein paar Runden am Pannonia Ring lautete die Einladung. So etwas lässt man sich als junger und motivierter Mitarbeiter vom Chef natürlich nicht zweimal sagen. Gesagt, getan - früh morgens rein ins Leder und ab auf den Bock. Der erste Eindruck - wow, wieder mal typisch Honda. Man findet sich sofort zurecht, alles flutscht, nichts schleift, scheppert oder rüttelt. Einzig die Vibrationen zwischen 5000 und 7000 Umdrehungen kitzeln etwas in den Zehenspitzen. Was aber für mich - zugegeben - so früh am Morgen gar nicht schlecht ist um im Schwung zu kommen. Putzmunter bin ich dann übrigens als ich die ersten Meter auf ungarischem Asphalt zurückgelegt hatte.
Die CB650F bringt ihren Reiter sicher ins ungarische Hinterland
Jeder der schon mal in Richtung Plattensee unterwegs war weiß Bescheid, die ungarischen Landstraßen verlangen (nicht nur) dem Fahrwerk einiges ab. Die Honda schlägt sich sehr gut. Die Abstimmung der Federelemente kann als gelungener Mittelweg bezeichnet werden. Straff genug für die sportliche Hatz auf der Landstraße aber gleichzeitig mit viel Reserve um den Fahrer ohne Plombenverlust über harte Schläge und tückische Bodenwellen ins ungarische Hinterland zu bringen. Das Gewicht von 208 kg im fahrfertigen Zustand liegt im Klassenschnitt. Positiv zu erwähnen: Das spielerische Handling - ein kleiner Impuls am Lenker genügt und sie fällt willig in den vorgesehenen Radius. Auch großgewachsene finden bequem auf der CB650F Platz. Dank entspanntem Kniewinkel und komfortabler Sitzbank steht längeren Ausflügen nichts im Wege. Ebenfalls angenehm bei ausgedehnten Touren: Der geringe Spritverbrauch mit etwa 4,8 Litern auf 100 km.
Kürzere Übersetzung täte gut
Von einem Kompromiss muss jedoch bei der Motor/Getriebe-Kombination gesprochen werden. Der Reihenvierer dreht zwar wunderbar linear hoch und auch im Getriebe rastet jeder der 6 Gänge super präzise - dennoch hätte eine etwas kürzere Übersetzung dem Gesamtkonzept sehr gut getan. Aus den 649 Kubik schöpft die Honda schon bei 8000 Touren beachtliche 63 Newtonmeter Drehmoment, wer aber auf eine Leistungsexplosion wartet wird enttäuscht. Weiter oben im Drehzahlband geht es dann zwar noch einen Tick sportlicher zur Sache aber so richtige Euphorie will sich bei mir nicht einstellen. Andere Bikes in dieser Hubraumklasse haben das schon besser hinbekommen.
Gute Bremserei
Sehr gut weiß wiederum die Bremsanlage zu gefallen. Die Doppelkolbenzangen an der Front verbeißen sich gut dosierbar in den 320 mm Doppelscheiben im hübschen Wave-Design. Für den Fall der Fälle ist auch noch serienmäßig ein ABS System mit an Board. Das von Honda vor einiger Zeit noch stolz präsentierte Dual-Combined-ABS (zusätzlich optimierte Bremskraftverteilung zwischen Vorder- und Hinterrad) fand bei der CB650F jedoch keine Verwendung mehr.
Macht auch in der Boxengasse eine gute Figur
Am Pannonia Ring angekommen, macht das nackte Eisen auch in der Boxengasse eine gute Figur. Das spritzig, freche Design mit dynamischer Linienführung, den unterschiedlich lackierten Felgen sowie neongrünen Akzenten weiß zu gefallen ohne aufdringlich zu sein. Bei genauem Hinsehen würde man sich nur noch eine "echte" Lackierung anstatt der Aufkleber wünschen. Irgendwo muss in dieser Preisklasse aber eben der Rotstift angesetzt werden. Apropos: Im Vergleich zur den letzten Hornet-Versionen fehlt natürlich auch die Upside-down-Gabel, allerdings gar nicht so sehr von der Funktionsweise als von der Optik.
Eindrücke auf der Rennstrecke
Das markante Horn am Pannonia Ring ertönt und ab geht´s in den ersten Turn mit der CB650F. Zugegeben - die Rennstrecke ist sicher nicht das vorrangige Revier für dieses Nakedbike. Dennoch funktioniert sie auch hier erstaunlich gut. Durch die lineare Leistungsentfaltung und die auch sonst wunderbar unspektakulär funktionierenden Komponenten kann vollste Konzentration für die optimale Line aufgebracht werden. Anfänger profitieren vom einfachen Handling und können relativ gefahrlos mit Bremspunkten, Linienführung und der Sitzposition am Bike experimentieren. Generell liegt die Honda sehr satt und neutral in den Kurven, was einiges an Vertrauen schafft. Das Aufstellmoment beim Bremsen in Schräglage hält sich übrigens auch in angenehmen Grenzen. Klar hat man dann summa summarum gegen aktuelle Supersportler und Powernakeds keine Chace am Ring. Die spielen aber natürlich nicht zuletzt auch preislich in einer ganz anderen Liga. Stichwort Preis: € 8.490,- legt man in Österreich auf den Tresen. Bei den Kollegen in Deutschland sind es knapp unter 8 Mille und in der Schweiz etwas über 9.000,- Franken.
Resümee nach einem heißen Tag am Ring
Das Resümee am Ende eines heißen Tages am Ring: Die Honda will nicht auffallen, übertreiben oder gar wheelen. Sie will einfach unkompliziert funktionieren und dem Besitzer jahrelang Freude bereiten. Dennoch hätte ich mir persönlich in Summe etwas mehr Emotion gewünscht, was nicht zuletzt mit der braven Motorcharakteristik und der langen Übersetzung zusammenhängt.
PS: NastyNils hat sich auch ein Bild zur CB650F bei der Grippary gemacht. Das Testvideo gibt ´s hier in Kürze online!
Fazit: Honda CB650F 2016
Bewährte Honda Qualität für Einsteiger und alle die ein komfortables, unkompliziertes Nakedbike mit spritziger Optik suchen.- Komfort
- einfaches Handling
- gut funktionierende Komponenten
- großzügige Serviceintervalle von 12.000 km
- Vibrationen zwischen 5 und 7 Tausend Umdrehungen
- lange Übersetzung
- Aufkleber statt Lackierung
Bericht vom 04.08.2016 | 26.614 Aufrufe