Ducati Multistrada 1200 Enduro Test 2016

Die neue Multistrada 1200 Enduro ist fit für den Offroad-Trip!

Ducati hat die Multistrada 1200 mit ihrem 17 Zoll-Fahrwerk als sportliche Reise-Enduro ohne Gelände-Ambitionen ausgelegt. Mit der neuen Mulitstrada 1200 Enduro wollen die Italiener nun aber im wahrsten Sinne des Wortes neues Terrain erobern - die große Mulit wird fit für den Offroad-Ausflug gemacht. Kann sie damit den Adventure- und Super Adventure-Modellen von BMW und KTM ans Bein pinkeln?

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Für die Präsentation der neuen Ducati Multistrada 1200 Enduro muss ich den Spruch "Erst die Arbeit, dann das Vergnügen" etwas abwandeln. Dort traf nämlich "Erst das Vergnügen, dann das Vergnügen" zu - am Vormittag eine herrliche Offroad-Runde, auf der die fesche Multi zeigen konnte, was sie im Gelände kann und am Nachmittag eine erfrischende Strassenrunde auf Sardiniens verwinkelten Strässchen, auf denen die Multistrada 1200 Enduro ihre sportlichen Fähigkeiten unter Beweis stellen durfte.

Mit 160 PS ist die Ducati Multistrada 1200 Enduro auch auf der Strasse eine Macht

Fährt man die Ducati Multistrada 1200 Enduro nämlich nur auf der Strasse, benimmt sie sich genauso sportlich und agil wie ihre "normale" Schwester Multistrada 1200 S. Vor allem der typische Ducati-V2-Motor mit Desmodromik und dem neuartigen DVT-System (Desmodromic Variable Timing) überzeugt mit kultiviertem Ansprechen in unteren Drehzahlen, lässt aber bei vollem Ausdrehen die versammelten 160 PS von der Leine und drückt stolze 136 Newtonmeter Drehmoment auf den Asphalt.

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Grössere Reifen auf der Ducati Multistrada 1200 Enduro für mehr Gelände

Allerdings geht es bei der Ducati Multistrada 1200 Enduro nicht nur um Strassen-Performance, 266 neue Teile können und wollen sich gar nicht leugnen lassen - die Ducati Multistrada 1200 Enduro ist ausgezeichnet auf Gelände-Ausflüge abgestimmt. Vorrangig ist es die Bereifung, die auf den ersten Blick mehr Offroad zulässt, als die 17 Zoll-bereifte normale Multistrada 1200 und 1200 S. Bei der Enduro kommt vorne ein grösserer Pneu im Format 120/70-19 zum Einsatz, hinten ein schmälerer 170/60-17er-Reifen, beide auf wunderschönen, gespeichten Felgen montiert.

266 neue Teile auf der neuen Ducati Multistrada 1200 Enduro

Weiters zeigen ein 50 Millimeter höherer Lenker, Stahl-Fussrasten mit höhenverstellbarem Bremshebel anstatt der Alu-Fussrasten der Multistrada 1200, ein geringfügig durch ein, um 16 Millimeter längeres Offset geänderter Lenkkopfwinkel und eine stabilere, um 65 Millimeter längere Schwinge im Heck deutlich, dass es Ducati durchaus ernst meint mit Gelände. Auch die Federwege wurden um 30 Millimeter auf 200 Millimeter verlängert, die Bodenfreiheit wächst gar um 31 Millimeter auf 205 Millimeter - da lassen sich auch gröbere Pfade bewältigen. An Wasserduchfahrten wurde ebenfalls gedacht, der neue, schmale Auspuff baut um 77 Millimeter höher als jener der der Multistrada 1200 und erlaubt eine Wattiefe von fast einem halben Meter. Und damit dem Motor nicht etwa ein Stein zu nahe kommt, besitzt die Enduro-Multi einen Alu-Motorschutz, der für eine optimale Funktion direkt mit dem Rahmen verschraubt ist.

Die 254 Kilo der Ducati Multistrada 1200 Enduro sind relativ

Natürlich sind 254 Kilo fahrfertig ein ziemlicher Brocken im Gelände und Handlichkeit ist in diesem Zusammenhang ein relativer Begriff. Wer es etwa gewohnt ist, mit einer leichten 450er-Enduro die Trails zu durchpflügen, muss mit der Ducati mehr als das doppelte Gewicht um die Ecken wuchten - insofern kann man nicht von handlich sprechen. Wer es allerdings schätzt, die vielfach universeller einsetzbare Ducati Multistrada 1200 Enduro auch auf Reisen und sogar für extrem flotte Landstrassenpartien nutzen zu können, ist mit ihr auch im Gelände überraschend handlich und einfach unterwegs.

Typisch Ducati - volles Elektronik-Paket

Denn der zuvor schon angesprochene DVT-Motor geht trotz seiner unglaublichen Kraft sanft ans Werk, für härteres Gelände wurde der erste Gang kürzer übersetzt. Zusätzlich spielt bei Ducati die Elektronik eine sehr wichtige Rolle, so auch bei der Ducati Multistrada 1200 Enduro. Ich probiere ja immer gerne herum, vor allem, wenn es so viele Möglichkeiten wie auf der neuen Enduro-Multi auf dem gut ablesbaren Farb-TFT-Bildschirm einzustellen gibt. Für den Offroad-Einsatz muss man nämlich nicht unbedingt den, dafür prädestinierten Enduro-Modus belassen, sondern kann ganz individuell das ABS und die Traktionskontrolle deaktivieren, die Leistung von den reduzierten 100 PS auf die volle Power von 160 PS stellen (natürlich ziemlich unsinnig) und das Fahrwerk härter oder noch weicher abstimmen.

Der Enduro-Mode auf der Ducati Multistrada 1200 Enduro macht seine Sache sehr gut

Ich persönlich komme jedenfalls zu dem Schluss, dass sich der vorkonfigurierte Enduro-Modus für Schotterstrassen und sogar etwas gröberes Gelände durchaus eignet. Zwar ist das aktivierte ABS an der Front etwas gewöhnungsbedürftig, am Hinterrad ist es aber ohnehin deaktiviert. Vor allem die Traktionskontrolle überrascht ein wenig, sie regelt auf losem Grund zwar permanent und hat spürbar alle Hände voll zu tun, einem angemessenen Vortrieb tut das aber keinen Abbruch und man kommt durchaus flott voran.

Ein harter Schlag gegen BMW und KTM

Die anvisierten Hauptkonkurrenten von BMW und KTM haben vielleicht ihre jeweiligen Vorteile gegenüber der Ducati: Die etwas schwerere BMW R 1200 GS Adventure punktet mit ihrem niedrigen Schwerpunkt aufgrund des flachen Boxer-Motors und die etwas leichtere KTM 1290 Super Adventure hat anders als die Ducati ihre Geländefähigkeiten in die Wiege gelegt bekommen. An der Ergonomie der Ducati Multistrada 1200 Enduro dürften die Italiener auch noch ein wenig feilen, trotz neu gestaltetem Sattel mit 870 Millimeter Sitzhöhe drückt bei stehender Fahrt die Seitenverkleidung im linken Bereich ein wenig auf die Wade. Allerdings ist den Italienern mit der Ducati Multistrada 1200 Enduro ein respektabler Erstschlag gelungen, der das Thema Geländetauglichkeit durchaus ernst nimmt, ohne dabei die sportliche Note, die eine Ducati nun mal ausmacht, über Bord zu werfen.

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Die Ducati Multistrada 1200 Enduro ist die Klassenschönheit!

Ein grosser Bonuspunkt der Ducati Multistrada 1200 Enduro ist, zumindest meiner Meinung nach, ihre atemberaubend schöne Optik. Mit den seitlichen Alublenden am Tank sieht sie sogar eleganter als ihre Schwester Mulitstrada 1200 aus. Noch verblüffender ist, dass sich darunter ein riesiges 30 Liter-Fass verbirgt, das ordentliche 450 Kilometer Reichweite ermöglichen soll. Da kann sich so manch zerklüftete Konkurrentin ein Beispiel nehmen. Günstig ist das Vergnügen, eine Ducati Multistrada 1200 Enduro zu besitzen freilich nicht, 23.695 Euro sind (in Österreich) für die Basis fällig, wer zusätzliche Pakete montieren möchte, darf noch tiefer in die Tasche greifen. Der Gegenwert, den man dafür bekommt, kann sich aber durchaus sehen lassen!

Vaulis Pakete-Ranking:

Auch für die Multistrada 1200 Enduro bietet Ducati wie bei der normalen Multistrada 1200 verschiedene Zubehör-Pakete an, die sich miteinander kombinieren lassen, ohne sich dabei gegenseitig im Weg zu stehen.

Platz 1: Touring-Paket

So wie schon bei der normalen Multistrada 1200 ist auch auf der Multistrada 1200 Enduro das Touring-Paket die erste Wahl. Nicht nur, weil die Touratech Zega-Alukoffer so herrlich verwegen aussehen, sondern auch, weil es an der Praxistauglichkeit nicht scheitert: 45 Liter Fassungsvermögen auf der linken Seite und 40 Liter rechts erlauben ausgedehnte Reisen. Hinzu kommt eine praktische Tasche am Lenker sowie Heizgriffe. Wer keine Alukoffer mag, kann im Übrigen das Koffersystem der Multistrada 1200 nehmen.

Platz 2: Enduro-Paket

Anders als auf der Multistrada 1200 ist das Enduro-Paket auf der Enduro viel glaubwürdiger und angebrachter. Da sehen die seitlichen Touratech-Stossbügel gar nicht mehr so aufgesetzt aus und der Kühlerschutz macht durchaus Sinn. Hinzu kommen Nebelscheiwerfer und ein Schutz für die hintere Bremsscheibe - ebenfalls durchaus sinnvoll.

Platz 3: Urban-Paket

Soll die Multistrada 1200 Enduro tatsächlich für die Weltreise genutzt werden, sollte auch das Urban-Paket wegen des 38 Liter fassenden Alu-Topcase von Touratech mit an Bord. Damit steigt das Stauvolumen auf 123 Liter - genug für das ganz grosse Abenteuer. Hinzu kommt ein praktischer Tankrucksach und ein USB-Anschluss für die Verbindung mit diversen elektronischen Geräten. Der Name "Urban-Paket" ist allerdings etwas unglücklich gewählt, die dichte City ist wohl kaum der richtige Platz für die 254 Kilo schwere Ducati Multistrada 1200 Enduro.

Platz 4: Sport-Paket

Bitte nicht falsch verstehen, das Sport-Paket macht natürlich auch aus der wunderhübschen Ducati Multistrada 1200 Enduro eine noch hübschere Ducati. Ein Termignoni-Auspuff, gefräste Alu-Deckel für Bremsflüssigkeits und Kupplungshydraulik-Behälter sowie der gefräste Wasserpumpendeckel sehen einfach herrlich aus. Nur ist das Sport-Paket auf der abenteuerlustigen Enduro-Multi eben das am ehensten verzichtbare. Wer allerdings die nötige Kohle hat, sollte an dieser Stelle keineswegs sparen!

Fazit: Ducati Multistrada 1200 Enduro 2016

Wer sich schon immer darüber geärgert hat, dass die Ducati Multistrada 1200 so sehr, um nicht zu sagen nur auf den Straßenbetrieb ohne jegliche Offroad-Ambitionen ausgelegt ist, kann nun endlich aufatmen - die Multistrada 1200 Enduro macht tatsächlich eine gute Figur im Gelände. Längere Federwege, ein höherer Lenker, Zweiarmschwinge und Feinabstimmung der Elektronik erlauben es, trotz der fahrbereiten 254 Kilo auch gröberes Gelände unter die Räder zu nehmen. Der riesige 30 Liter-Tank ermöglicht zudem eine Reichweite von bis zu 450 Kilometer - gute Voraussetzungen für eine Weltumrundung. Besonders überraschend und erfreulich ist dabei, dass solch ein Universal-Talent nicht zwangsweise klobig und zerklüftet aussehen muss, sondern so hübsch sein kann wie die Mulitstrada 1200 Enduro.


  • starker und dennoch sensibel ansprechender Motor
  • Fußrasten und höherer Lenker für Gelände adaptiert
  • 30 Liter-Tank
  • 200 mm Federweg vorne und hinten
  • einstellbares Skyhook Fahrwerk
  • Brembo M4-Bremsanlage
  • Kurven-ABS
  • LED-Licht und -Kurvenlicht
  • augezeichnete Optik
  • Seitenverkleidung drückt bei stehender Fahrt auf die Wade
  • teuer in der Anschaffung

Bericht vom 29.03.2016 | 27.611 Aufrufe