Duc 848Evo & 1198SP

Alles wird besser, aber nicht unbedingt teurer. Duc und Checa zeigen, was lebendig sein heißt.

Ducati 848 Evo & 1198 SP
 

Ducati 848 Evo & 1198 SP

Hauptakteure 848 Evo und Carlos Checa, in den Nebenrollen 1198 SP und kot.

 
Von meinem heutigen Wissensstand aus, der auf 9 Jahren voller Vertröstungen und Enttäuschungen fußt, kann ich davon ausgehen, dass ich niemals heiliges Land betreten werde. Das heißt kein Ascari Race Resort in Ronda, kein Losail Circuit in Qatar, kein Laguna Seca in Kalifornien und auch sonst nichts, was man in Motorradfahrerkreisen zur Königsklasse der Rennstrecken zählen würde. Meine Stationen heißen Pannoniaring, Brünn, Calafat und - wenn ich Glück habe - hin und wieder Almeria. Auch die dort präsentierten Motorräder sind dann meist nur na gut und nicht die ganz feine Ware. Normalerweise handelt es sich um als 600er Präsentationen getarnte 125er Vorstellungen. (Siehe diesen Artikel - ein Dokument der verabscheuungswürdigsten und daher völlig unverzeihlichen Art des Verrats.) Ich bleibe der ewige Hofnarr, der nur auf den Thron folgen könnte, wenn er den König eh-scho-wissen. 

Nachgereichte Info: Auch 1198 SP und Checa


So war es auch diesmal keine Überraschung, dass ich nicht zum Testpiloten für die japanische 200 PS Rakete ernannt wurde, um sie in der Wüste von Doha abzufeuern. Allerdings wurde mir gnädigerweise - und wahrscheinlich unabsichtlich - die Ehre zuteil, die Ducati 848 Evo in Imola zu testen, ihres Zeichens Nachfolgerin der 848. Ich war überrascht, zufrieden, gefasst. Die Fassung verlor ich allerdings angesichts der nachgereichten Infos: Liebe Journalisten. Ihr dürft in Imola nicht nur die 848 Evo testen, sondern auch die neue 1198 SP, mit Öhlins TTX, Tractioncontrol, Schaltautomat…Die Leistungsschau wird Carlos Checa vor Ort abhalten. Ich tat mir schwer damit, mir ins unter dem Tisch geballte Fäustchen zu lachen. Da war sogar zu verkraften, dass die achtstündige Anreise zu fünft im Kleinbus erfolgen würde.

Ducati. Sex. Jetzt.


Imola ist zwar nicht nur für die Sonnenseiten des Lebens bekannt, aber als dieser Mittwoch Morgen aus seinem Schlaf erwachte, verhieß er die Geburt eines wundervollen Tages. Ja, an diesem Tag lag etwas Romantisches in der Luft. Kein Motorrad trifft den erotischen Kern (oder eher die Nüsse) eines Mannes so punktgenau wie eine Ducati. Ein mit rotem Teppich ausgelegter Saal, möbliert mit roten und weißen Meisterwerken aus Bologna. Die respektvoll zurückhaltende Servicemannschaft wusste mit ihrem Besteck sorgfältig und sauber umzugehen und präsentierte uns italienische Leidenschaft in ihrer reinsten Form. Sex. Jetzt.

Ducati 848 Evo & 1198 SP Carlos Checa

Two of a kind:
Checa und kot in gegenseitiger Anerkennung.
Oder hat Checa bloß Mitleid?



Evo heißt der neue 848-Modelljahrgang von Ducati. Das Portfolio wird also nicht erweitert, die Evo ersetzt die 848. Die Strategie lautet mehr Leistung für gleiches Geld. Der Testastretta-Motor leistet nach umfangreicher Überarbeitung sechs PS mehr. Die Motorleistung stieg auf 140 PS (103 kW), das Drehmoment auf 98 Nm. Um dem Leistungszuwachs zu entsprechen wurde ein Lenkungsdämpfer eingesetzt, die bekannten Monobloc-Bremsen von Brembo verbaut und die supersportlichen Reifen Pirelli Diablo Supercorsa SP aufgezogen. Dass Ducati sein Pferd in der Mittelklasse weiter verstärkt, wundert nicht. Die 848 hat sich hervorragend verkauft. 80 % der Käufer waren Neukunden und sind von den 600er Japanern übergelaufen. Ducati hat den Einstieg in dieses Segment nun noch attraktiver gemacht.

Ducati 848 Evo & 1198 SP

Keine schwer zu reitende Diva.


"Genau richtig" sind zwei Wörter, die ich auf die Frage nach dem 'Wie' in Bezug auf eine 848 schon öfter als Antwort bekommen habe. Das Motorrad ist nicht nur äußerlich wunderschön, sondern nach innen harmonisch abgestimmt. Nicht zickig, störrisch oder schwer zu reiten, wie man das von einer italienischen Diva erwarten würde. Die Leistung wirkt, überfordert aber nicht, auch nicht mit 140 PS. Auf einer mir bekannten Rennstrecke hätte ich den Leistungszuwachs von 6 PS wahrscheinlich aufgrund punktueller Referenzen im Streckenverlauf ausmachen können, auf völlig neuem Terrain im nicht direkten Vergleich gibt es für menschliche Wesen kaum eine Chance, den Unterschied definitiv festzumachen. Wir werden eine Beglaubigung am Prüfstand nachreichen. Ducati 848 Evo & 1198 SP
Ducati 848 Evo & 1198 SP Ducati 848 Evo & 1198 SP
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Anders beim Lenkungsdämpfer, der ist deutlich zu spüren und nicht nur optisch ständig präsent. Es gibt wohl neben den Bremsen nichts, bei dem ich mich in einer Runde am Ring öfter bedanken muss, als bei jenem besten Freund am Steuer, der jederzeit bereit ist, Schläge für mich einzustecken. Ein ganz wichtiger Punkt, an dem hier aufgerüstet wurde. Noch mehr fasziniert haben mich allerdings tatsächlich die Bremsen. Mit den 320er Scheiben und den radial montierten monobloc Zangen von Brembo zangelt die 848 Evo nachweislich um 20% besser als ihre Vorgängerin. Das Bremsen machte fast mehr Spaß, als das Gasgeben.

Ducati 848 Evo & 1198 SP
Die 848 EVO ist besser, die 1198 SP noch besser. Bei allem Respekt vor der 848, die große Schwester hat
eine andere Qualität, bestückt und aufgerüstet mit den für den zivilen Gebrauch adaptierten Waffen einer
Liga, von der wir weiter entfernt sind als ein übergewichtiger Vize der Stabskompanie von einem Elitesoldaten des Jadgkommandos. Der große Testatretta leistet in der SP 170 PS und drückt ein Drehmoment von sehr echten 131,4 Nm auf die Kurbelwelle. Diese müssen sich mit einem Kilo weniger herumschlagen, die SP wiegt trocken nur noch 168 Kilo, vollgetankt und mit allem drum und dran also sicher unter 200 Kilo, unter anderem möglich durch einen 1,2 Kilo leichteren Aluminiumtank. Zugenommen hat die SP lediglich durch die zusätzliche Elektronik wie den Schaltautomaten, Traction Control und Data Analyzer waren schon vorher an Board.

Den Schaltautomaten habe ich vor lauter Nervosität erst im zweiten Turn entdeckt, die Traction Control fadisierte sich den ganzen Tag über. Auch hier waren es wieder die Bremsen, die mir am tiefsten in die Seele griffen. Dort wo horrend schnelle Ecken sogar erfahrene Weltmeister aus der Bahn und leider auch aus dem Leben geworfen haben, wird man von pfeilspitzen Schikanen eingebremst. In der Verzögerungszone glänzte die 1198 SP, die sogar mit 330 mm Scheiben und ebenfalls Monobloc Bremszangen aufwarten kann. Man muss wissen, dass ich beinahe das ganze Jahr nur mit einer ABS unterstützten Fireblade auf der Rennstrecke unterwegs war und ich in meiner rechten Hand soviel Feingefühl wie ein norwegischer Holzfäller habe. Nicht nur einmal hatte mich das ABS vor einem horizontalen Abflug in den Schotter bewahrt.

Ducati 848 Evo & 1198 SP

Bestnote für die Bremsen.


Doch die Ducati Bremsen waren nicht so aggressiv, wie erwartet, aber ultra-stark, homogen, perfekt zu dosieren - und wenn's darauf ankam - unnachgiebig. Das war der Punkt, der mich am meisten an den beiden Schönheiten beeindruckt hat. Und dann war da noch Checa. Er dürfte mit den Bremsen ebenfalls gut zurecht gekommen sein. Er schob sich mit einem rauchenden Hinterreifen ins Bild, quer, sodass ich mir sicher war, er hätte sich verbremst und würde seitlich absteigen. Erst kürzlich hat er hier zwar beide Superbike WM Läufe gewonnen, aber jetzt hatte er einen Fehler gemacht. Doch nein, er blieb im Sattel, fuhr die Schikane gerade durch - wie er das macht, sieht und weiß keiner - während wir uns träge durch die Wechselkurven quälten.

Er wollte mir einige Runden lang die Linie zeigen, bis er erkennen musste, dass seine Linie nie meine Linie sein kann, ohne dass meine Linie im Kies endet, also ließ er es sein und schikanierte im wahrsten Sinne des Wortes den nächsten Patienten, den er wieder mit einem Drift willkommen heißen würde. Für mich gibt es nichts Größeres, als mit einem Weltklassefahrer auf der Rennstrecke zu sein, das ist schöner als mit zwei hemmungslosen Models in der Hapf'n. Es waren wohl die aufregendsten Turns meiner bisherigen Laufbahn. Der Himmel war blau, die Motorräder rot-weiss und meine Stimmung rosarot. Geschwindigkeit, Drehzahl oder Zeit hatten keine Bedeutung und waren auf dem Display eh nicht ablesbar. Das Glück sowieso unermesslich. Das kann nur Ducati.

Ducati 848 Evo & 1198 SP
Ducati 848 Evo & 1198 SP
Ducati 848 Evo & 1198 SP Ducati 848 Evo & 1198 SP
Ducati 848 Evo & 1198 SP Ducati 848 Evo & 1198 SP
Ducati 848 Evo & 1198 SP Carlos Checa

Ducati 848 Evo & 1198 SP
  848 Evo 1198 SP
Motor L-Twin Desmo, 4 Ventile pro Zylinder L-Twin Desmo, 4 Ventile pro Zylinder
Kühlung Flüssigkeit Flüssigkeit
Hubraum 849,4 ccm 1198,4 ccm
BohrungxHub 94 x 61,2 mm 106 x 67,9mm
Verdichtung 13,2 : 1 12,7 : 1
Leistung 140 PS (103 kW) / 10,500 U/min. 170 PS (125 kW) / 9750 mm
Drehmoment 98 Nm / 9750 U/min. 131,4 Nm / 8000 mm
Gemisch Marelli Einspritzung Marelli Einspritzung
Radstand 1430 mm 1430 mm
Fahrwerk vorne Voll einstellbare Showa 43 mm Upside-Down Gabel Voll einstellbare Öhlins Upside-Down Gabel
Fahrwerk hinten Voll einstellbares Showa Federbein Voll einstellbares Öhlins TTX Federbein
Reifen vorne Pirelli Diablo Supercorsa SP, 120/70 ZR17 Pirelli Diablo Supercorsa SP, 120/70 ZR17
Reifen hinten Pirelli Diablo Supercorsa SP, 180/55 ZR17 Pirelli Diablo Supercorsa SP, 190/55 ZR17
Felge vorne 5 Speichen Alu 7 Speichen Alu
Felge hinten 5 Speichen Alu 7 Speichen Alu
Bremse vorne 2 x 320 mm Scheiben, radial montierte Brembo 4-Kolben monobloc Zangen 2 x 330 mm Scheiben, radial montierte Brembo 4-Kolben monobloc Zangen
Bremse hinten 245 mm Scheibe, 2-Kolben Bremszange 245 mm Scheibe, 2-Kolben Bremszange
Gewicht trocken 168 kg 168 kg
Tankinhalt 15,5 l 18 l


Interessante Links:

Text: kot
Fotos: Ducati

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Bericht vom 02.11.2010 | 14.950 Aufrufe

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