Höllen-Race Esztergom

Als grindigstes Rennen der Saison kann der ÖM Auftakt in Esztergom schon jetzt bezeichnet werden. Soviel trau ich mir jetzt schon zu behaupten. Warum hab ich mir das nur angetan???
Schon beim Verladen herrschte echt grausliches Wetter. Der Ing. Otto von Easy-Trail hat mir den mächtigen Faulenzer Anhänger gebracht. Seiner Auskunft nach kaufen diesen Anhänger fast ausschließlich Fahrer von Harleys, BMWs und fetten Choppern reiferen Alters. Der Ladefläche des Anhänger ist klappbar und somit ist Ein- und Aufladen ein Kinderspiel. Der Anhänger ist für 2 Arten von Motorradfahrer gedacht. Für reiche Säcke und für faule Säcke. Ich gehöre jedoch zu einer ganz besonderen Käuferschicht. Ich benötige ein schnelles "Rennfahrer-Fluchtgefährt".
   
Als Rennfahrer kommt man sehr oft in peinliche Situationen bei denen man so schnell wie möglich von der Rennstrecke flüchten muss. Da bleibt keine Zeit für langwierige Prozeduren beim Aufladen. Deshalb muss ich so ein Teil ganz dringend an meinem Keilerkombi befestigen. Ich möchte nach den nächsten Läufen beim Kawa-Cup schon aus dem Fahrerlager verschwunden sein, noch bevor sich die Burn-Out Nebelschwaden der Sieger lichten. Unnötige Erniedrigungen nach den Rennen ("wie war das Rennen Nils?? Hat dich diesmal wieder das gesamte Feld überrundet?") bleiben mir somit erspart. Beim Enduro-Auftakt in Esztergom kann ein schneller Fluchtwagen sicherlich auch nicht schaden....
   
Eine unnötige Anreise nach Ungarn möchte ich mir auf alle Fälle ersparen. Das Wetter in Wr. Neustadt war ja unglaublich eklig und so habe ich zur Sicherheit am Freitag vor der Abreise beim Nesut in Ungarn angerufen. "Wie ist das Wetter und die Strecke bei euch in Ungarn?". Die ehrliche Antwort vom Nesut: "Total griffig! Es hat nur ein bisserl genieselt. Komm auf alle Fälle runter. Es lohnt sich!!". Ich weiß nicht wie viel Prozent meiner geistigen Kapazitäten ich in diesem Moment eingesetzt habe (es werden nicht mehr als 0,0001 % gewesen sein), aber ich glaubte tatsächlich das der hinterhältige Nesut die Wahrheit spricht und ich Zeuge eines der größten Wetterphänomene der Geschichte bin (Scheisswetter in Österreich und super Endurowetter 200km weiter in Ungarn). In Esztergom angekommen wusste ich dass ich Opfer einer grausamen List geworden bin. Das Oktaf Hotel - direkt an der Rennstrecke - versank im Morast.
   
Komischerweise fanden sich am nächsten Tag 180 nicht ganz dichte Enduristen beim Start ein. Unter ihnen auch meine Wenigkeit. Der faule Hippi hat das einzig richtige getan und gleich in der Frühe die Heimreise angetreten. Am Vortag hat er noch ganz mächtig bei der Tochter des ungarischen Veranstalters rein gebraten, doch sein Ansehen bei ihr wird nun den absoluten Nullpunkt erreicht haben. Ich denke sie steht auf harte Kerle die bei jedem Sauwetter an den Start gehen. Also rein in die Endurobock!
   
Ich dachte mir es gibt kein schlechtes Wetter sondern nur schlechte Kleidung und fühle mich in meiner feinen Hebo-Wäsche unbesiegbar. So schlimm wird es schon nicht werden. Doch bereits nach den ersten 500 Meter wurde ich eines besseren belehrt. Das erste Feldweg war ein derart grindige Angelegenheit dass ich schon nach 3 Minuten fix und fertig war. Unglaublich wie tief der Morast dort unten war. Einfach unglaublich. Doch es kam noch schlimmer. Ein triefend nasses umgepflügtes Feld mit ca. 30cm tiefen purem Morast stellte die erste Herausforderung dar. Unnötig anzumerken dass ich dort das erste Mal vom Hobel geholt wurde. Die gesamte Runde war eine einzige Qual. Es gab nicht eine Stelle wo man nicht in dem mächtig tiefen Schlamm versank. Oh doch! Dort wo der Schnee auf der aalglatten Wiese gelegen ist hab ich keinen Schlamm gesehen. Erst dann als ich reingeköpfelt bin hab ich gesehen dass auch hier dicht unter der Oberfläche mächtiger Morast zu hause ist. Zu diesem Zeitpunkt habe ich tatsächlich noch geglaubt dass die 2 Runden irgendwie schaffen werde doch nach 2 Stunden Überzeit beim ersten Checkpoint wusste ich dass ich es besser bleiben lassen sollte. Nicht so der Champ der Old-Boy Klasse (siehe Foto rechts). Er hat die 2 Runden in vollen Zügen genossen. Hochachtung.
   
Es gab viele grausame Stellen an die ich eigentlich nicht mehr zurückdenken möchte. Aber nur damit die Daheimgebliebenen auch sicher sein können, dass sie nix verpasst haben hier ein paar Details. Da war z.B die steile Auffahrt durch den Wald. Ein dichter Wald versinkt im Schlamm und mitten darin ein paar arme Würmer auf ihren fahrenden Kotpatzen. Immer wenn man 2 Meter weitergekommen ist stoppte ein glitschiger Felsen in der tiefen Rinne den Vorwärtsdrang. Oder die ewig langen Gatschwege, oder die glitschigen Hohlwege mit nassen Ästen und viel Schlamm, oder die schrägen Abfahrten über die nassen Morast-Wiesen usw. Es gab an dieser Runde einfach keinen einzig schönen Meter. Nach ca. 20 Köpflern in den Gatsch hab ich nachgedacht was ich nun nicht alles machen könnte anstatt hier im Gatsch ums Überleben zu kämpfen. Und alle Gedanken die mir einfielen waren mir sympathischer als das Höllen-Race in Esztergom. Ich dachte z.B. an einen gemütlichen Fernsehabend mit meiner Freundin. Starmania zum Beispiel - oder Deutschland sucht den Superstar. Kein Vergleich zu den Qualen im Morast. Selbst die Einkaufstour durch den SCS-IKEA am letzten Einkaufssamstag vor Weihnachten mit meiner Freundin und meiner Bankomat-Karte habe ich nicht in so schlechter Erinnerung wie diesen Enduro-Samstag.
   
Selbst die Profis hatten beim Rennen ihre Sünden abgebüsst. Wenn einmal der Enduro-Europameister und absoluter Geländeguru des Landes Werner Müller ein paar Minuten Überzeit bei einer ÖM Etappe aufreißt sollten die Rookies eigentlich daheim bleiben. Gerade mal eine Handvoll Piloten haben das Rennen erfolgreich beendet. Unter ihnen auch der Pauli Schrank. Gratuliere! Tolle Leistung!
   
Der einzige Gedanke der mich im Morast über Wasser gehalten hat war, dass auch der Nesut durch den erbarmungslosen Dreck kriechen muss. Das stimmte mich unheimlich fröhlich und die Schadenfreude überdeckte den Schmerz und die Qualen. Hier ein Foto vom hochmotivierten Nesut vor dem Rennen. Nach ca. 3 Stunden ist er von der ersten vollständig absolvierten Runde zurückgekehrt und hat das Handtuch geschmissen. Eine Entscheidung für die man sich nicht schämen muss.

 

   
Der Fischer Peter entpuppte sich als echter Drückeberger. Während die anderen noch fleißig im Gatsch wüteten war er bereits geduscht und saß am Schmähbankerl. Wenn ich genau nachdenke glaube ich gar nicht dass er auch nur einen Meter auf der Strecke zurückgelegt hat.
   
Die Mucha Lisi hat immerhin 2 von 3 Runden in der Profi-Wertung überlebt. Dann war auch für die Pferdelunge Schluß. Wie es sich für eine richtige Frau gehört zeigt sie sich in der Öffentlichkeit stets bestens gekleidet...
   
Unnötig zu erläutern dass ich noch am Samstag fluchtartig die Heimreise angetreten bin. Der Nesut versuchte mich zwar davon zu überzeugen, dass das Wetter am Sonntag sicherlich bestens ist und der Boden durch die Erdwärme hier in ungarischen Thermengegend ganz flott auftrocknet aber ich habe den ganzen Sonntag damit verbracht die Enduro-Wäsche und die unendlich verdreckte Gurken zu reinigen. Meine Hochachtung gilt allen Piloten die bei diesem Rennen mit dabei waren! Wir sehen uns beim nächsten Mal.

lg

NastyNils, 28.3.2004

 

Ergebnisse:

1. Tag

2takt Amateure
1. Lüftenegger
2. Schipper

4takt Amateure
1. Hölzl

4takt Profi
1. Müller
2. Schrank

125-2t/250-4t Profi
1. Bachler
2. Blauensteiner
3. Walzer

2takt 250 Profi
1. Schopohl
 

Dies sind alle Fahrer die jeweils in ihrer Klasse ins Ziel gekommen sind!

 

2. Tag

2takt Amateure
1. Lüftenegger
2. Schipper
3. Fegerl
4. Halsmeyer
5. Lindner

4takt Amateure
1. Hölzl
2. Ellmauer
3. Killmeyer
4. Dreher
5. Nesuta

4takt Profi
1. Müller
2. Schrank
3. Fälbl
4. Würger
5. Engelmayer

125-2t/250-4t Profi
1. Bachler
2. Walzer
3. Blauensteiner
4. Schwarz
5. Lechner

2takt 250 Profi
1. Schopohl
2. Schalko
3. Strohmeier
4. Schopohl

 

Wertung eingeteilt in die neuen Klassen in Österreich:

 
Kleine Klasse Profi
1. bachler
2. Blauensteiner
3. Walzer

Große Klasse Profi
1. Müller
2. Schrank
3. Schopohl
Kleine Klasse Profi
1. Bachler
2. Walzer
3. Blauensteiner
4. Schwarz
5. Lechner

Große Klasse profi
1. Müller
2. Schrank
3. Schopohl
4. Schalko
5. Fälbl

Bericht vom 28.03.2004 | 5.418 Aufrufe

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