Wahnsinn Langstreckenrennen – Irre Technik, irrer Druck

K.OT live mit YART beim 8h Endurance Slovakia

Langstreckenrennen sind eine entspannte Angelegenheit - auf Hobbyniveau. In der WM herrscht von der ersten bis zur letzten Minute extremer Druck. Wir waren live bei den 8h vom Slovakiaring.

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Wer einmal selbst in einer Startaufstellung stehen will, inmitten einer Meute siegeshungriger und unnachgiebiger Konkurrenten, das Gas im Anschlag und den Finger am Abzug, die Augen starr auf die Ampel gerichtet, bis die roten Lichter ausgehen, die Motoren aufheulen und sich der Pulk dicht gedrängt in die erste Kurve stürzt…der sollte starke Nerven haben. Und diese, empfehle ich stets, stählt man am besten in einem gemütlichen Langstreckenrennen. Davon gab es früher mehr als heute, so wie das Angebot an Amateurbewerben in den letzten 10 Jahren insgesamt stark geschrumpft ist, aber immer noch genug, um sich die Hörner abzustoßen und die ersten Züge Racingluft einzusaugen.

Gemütliche Langstreckenrennen auf Hobbyniveau

Doch warum sollte ich ganz normalen Motorradfahrern ein Langstreckenrennen auf Hobbyfahrerniveau empfehlen? Ganz einfach: Nach dem Start, der oft auch nach Le Mans-Art durchgeführt wird, dehnt sich das Feld schnell auf die gesamte Strecke auseinander und man fährt relativ ungestört seine möglichst konstanten Runden. Dabei muss und sollte man nicht 100% geben, den die wird man besonders als unerfahrener Pilot nicht lange durchhalten. Im Gegensatz zu den Turns im freien Fahren, die meist nicht länger als 20 bis 25 Minuten dauern, lernt man auf der Langstrecke auch über längere Zeit locker und dennoch konzentriert zu bleiben. Denn Fahrerwechsel kosten Zeit, weshalb jeder Fahrer ca. 50 Minuten Turns fahren sollte.

Im Profizirkus läuft das etwas anders, wie ich unlängst live und hautnah mit dem Yamaha Austria Racing Team beim 8h Endurance WM-Lauf am Slovakiaring erleben durfte.

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Null Sicht durch Insektenflug

Wie immer, wenn ich in den Osten reise, verlief die Anfahrt nicht optimal, was die Route betrifft. Man sollte sich eben auf kein Navi verlassen, dessen Gedächtnis mit dem Straßennetz anno 2007 gefüllt ist. So werden aus berechneten 1.30 h leider 2.45 h. Weil der Start des Rennens auch noch vorverlegt werden musste, da man aufgrund extremen Insektenflugs in der Abenddämmerung ausschließlich bei Tag fahren wollte, kam ich gerade noch rechtzeitig zum Start in der Box des YART an. Nach den ersten hektischen Runden wartete ich auf ein wenig Entspannung beim Team, um ein paar Fragen zur Technik und dem Rennverlauf stellen zu können. Und ich wartete und wartete…

8 Stunden lang volle Spannung

Laut Teamchef Mandy Kainz gibt es keine Entspannung bei einem Langstreckenrennen dieser Kategorie. Ständig wird überwacht, analysiert, bewertet und entschieden. Nach dem Boxenstopp ist vor dem Boxenstopp und dazwischen wird sortiert und vorbereitet. Ich selbst war nach der ersten Stunde nervlich fix und fertig und versuchte nur irgendwie nicht ständig jemandem im Weg zu stehen. Nach dem ersten Reifenwechsel mit Nachtanken brauchte ich 30 Minuten Pause in der Yamaha Hospitality. Der Tankzylinder wiegt mit 30 Litern insgesamt 40 Kilo und muss von nur einem Mitarbeiter auf den Druckverschluss am Motorrad aufgesetzt werden. Aus Sicherheitsgründen darf erst getankt werden, wenn der Rest des Teams seine Arbeiten erledigt hat.

Geht nur mit Alkohol

Wie man sowas durchhält? Dass wäre doch erst das 8 Stunden-Rennen, meint Kainz mit einem seltenen Grinser, bei den 24 Stunden von Le Mans würde man dieses Programm folgerichtig dreimal so lange fahren und auch noch über eine ganze Nacht. Mir als Zuschauer bleibt ja wenigstens der Alkohol, um das Ganze zu überstehen. Ich geh schon mal Bier holen.

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Bericht vom 03.07.2017 | 18.996 Aufrufe

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