MT-07 Y-AMT Test
Schnell auch mit Automatik?
Die neue MT-07 mit Y-AMT Automatikgetriebe auf der 1000PS Bestzeit-Strecke. Macht automatisches Schalten das charismatische Naked Bike langsamer oder schneller? Unser Test klärt auf.

Das sanfte Quietschen der Räder, ein letztes mechanisches Aufbäumen der Schaltaktuatoren, dann gleitet die Yamaha MT-07 Y-AMT in die erste Kehre der 1000PS Bestzeit-Teststrecke. Was hier in Bad Fischau passiert, ist mehr als nur ein weiterer Testlauf in unserer 120-Motorräder-umfassenden Bestzeit Historie . Es ist die Begegnung zweier Welten: die des charismatischen, ungezähmten Zweizylindercharakters, der die MT-07 zum Verkaufsschlager machte, und die sterile Präzision elektronischer Schaltassistenz. Bereits beim ersten Gasstich wird klar: Diese Yamaha trägt ihre Seele noch immer am rechten Fleck. Der 689-Kubik-CP2-Motor mit seinen 73,4 PS entfesselt seinen berüchtigten Punch wie ein deutlich stärkeres Bike. Gasgriffbefehle werden mit der Direktheit eines zu freundschaftlichen Schulterklopfers in Drehmoment umgewandelt, die bewusst charakteristische Drehmomentkurve mit ihrem kleinen Buckel sorgt für jenen Adrenalinschub, der MT-07-Besitzern süchtig gemacht hat.
Y-AMT: Revolution oder Kompromiss?
Das Herzstück der Neuerungen liegt in der Y-AMT-Technologie, wobei der Begriff "Automatikgetriebe" irreführend ist. Yamaha hat das konventionelle 6-Gang-Getriebe mit mechanischen Aktuatoren für Kupplung und Schaltgestänge versehen, die von der Bordelektronik gesteuert werden. Ein System, das theoretisch das Beste zweier Welten vereinen soll: die Direktheit manueller Kontrolle mit der Entspanntheit automatisierter Abläufe. Die Realität auf der engen Supermoto-Strecke offenbart jedoch Nuancen, die über Erfolg oder Misserfolg entscheiden. Das Y-AMT-System agiert durchaus sportlich abgestimmt und fährt mit einem kraftvollen Impuls ins Getriebe. Das Resultat: ein hartes mechanisches Geräusch und spürbare Reaktionen im Drehmomentverlauf, die jenen theoretischen Vorteil des stoisch ruhigen Durchgleitens durch die Radien zunichte machen.
Motor: Der ungezähmte Charakter bleibt
Wo andere Hersteller ihre Motoren glattbügeln und jede Charakteristik aus der Leistungskurve eliminieren, beharrt Yamaha auf dem, was die MT-07 legendär machte. Der CP2-Zweizylinder mit seiner 270-Grad-Kurbelwelle liefert nicht einfach nur 68 Newtonmeter bei 6.500 Umdrehungen er inszeniert jedes einzelne davon wie einen winzigen Vulkanausbruch. Auf der Bestzeit-Teststrecke wird diese Charakteristik zur zweischneidigen Klinge. Einerseits sorgt das punchige Ansprechverhalten für sofortige Reaktionen aus langsamen Kehren, andererseits verlangt es dem Piloten in kritischen Fahrsituationen mehr Konzentration ab. Besonders in jenen Passagen, wo ich mit der Hinterradbremse im Scheitel dosiere und gleichzeitig den Gasgriff öffne, zeigt sich die Y-AMT-Elektronik überfordert. Die zentrale Steuereinheit weiß nicht, ob beschleunigt oder verzögert werden soll, und legt gelegentlich den falschen Gang ein.
Produkttipps
Fahrwerk: Erwachsen geworden
Wo die frühen MT-07-Generationen noch mit budgetären Kompromissen kämpften, präsentiert sich die aktuelle Generation als ausgewachsenes Motorrad. Das Fahrwerk behindert nicht länger ambitionierte Fahrversuche, die Bremsen packen zu, ohne zu überfordern. Dennoch bleibt die MT-07 ein Einsteigermotorrad ein erwachsenes, aber eben doch ein Einsteigermotorrad. Die wahre Herausforderung auf der engen Bestzeit-Strecke sind die Angstnippel, jene Schutzvorrichtungen, die bei ambitionierten Schräglagen unweigerlich Kontakt mit dem Asphalt suchen. Schnell findet man sich am Limit der Schrägenlage wieder, was durchaus positiv interpretiert werden kann: Das Vertrauen zur Front baut sich rasch auf, die Maschine vermittelt Sicherheit bei anständigen Geschwindigkeiten.
Elektronik: Fortschritt mit Kompromissen
Das 5-Zoll-TFT-Display, die Smartphone-Konnektivität über Yamaha MyRide und die einstellbare Traktionskontrolle katapultieren die MT-07 in die Moderne. Besonders der Tempomat beim Y-AMT-Modell unterstreicht den Anspruch, mehr als nur ein günstiges Spaßgerät zu sein. Die YRC-Fahrmodi ermöglichen es, den ohnehin charakterstarken Motor je nach Situation zu zähmen oder zu entfesseln. Die elektronische Drosselklappe arbeitet präzise, die Traktionskontrolle greift sanft ein, ohne den Fahrspaß zu ersticken. Dennoch bleibt die Frage: Braucht ein Motorrad, dessen Erfolgsgeheimnis in der direkten, ungefilterten Verbindung zwischen Gasgriff und Hinterrad liegt, wirklich all diese elektronischen Hilfsmittel?
Bestzeit-Performance: Vertrauen vs. Geschwindigkeit
Auf der 1000PS Bestzeit-Teststrecke offenbart die MT-07 Y-AMT ihre wahre Natur. Sie ist kein Zeitenjäger, kein erbarmungsloser Rundenzeitoptimizer. Sie ist ein Motorrad, das Vertrauen schenkt, das zum Pushen einlädt, ohne zu überfordern. Die relativ schnell erreichte Grenze der Schräglage durch die Angstnippel bremst zwar absolute Bestzeiten, sorgt aber für ein kalkulierbares Fahrerlebnis. Das Y-AMT-System erweist sich in diesem Kontext als zweischneidig. Während es Einsteigern tatsächlich ermöglicht, sich auf andere Aspekte des Fahrens zu konzentrieren, vermisst der erfahrene Pilot die Geschmeidigkeit manueller Gangwechsel. Ein versierter Motorradfahrer kann die Gänge geschmeidiger wechseln als das automatisierte System.
Technische Daten: Mehr als die Summe ihrer Teile
Mit 186 Kilogramm Gewicht (Y-AMT) und einer Sitzhöhe von 805 Millimetern positioniert sich die MT-07 weiterhin als zugängliches Allround-Talent. Der 14-Liter-Tank ermöglicht respektable Reichweiten, der Verbrauch von 4,1 Litern auf 100 Kilometer hält die Betriebskosten im Rahmen. Besonders bemerkenswert sind die Raumverhältnisse. Als erwachsener Mann sitze ich mit angenehmen Kniewinkeln auf der Maschine. Die MT-07 hat ihre Rolle als kompakte Einsteigermühle längst hinter sich gelassen und präsentiert sich auch als ausgewachsenes Motorrad für ausgewachsene Menschen.

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Über 1000PS Bestzeit
Die 1000PS Bestzeit-Testreihe hat sich als fixer Bestandteil unserer Testprozeduren etabliert. Auf der kompakten Supermoto-Strecke in Bad Fischau testen wir sämtliche Redaktionsmotorräder unter vergleichbaren Bedingungen. Die engen Kehren simulieren realistische Fahrbedingungen auf Alpenstraßen besser als ausgewachsene Rennstrecken mit ihren langen Geraden. Zehn Aufwärmrunden stehen zur Verfügung, dann haben Mensch und Maschine eine Chance. Gutes Handling, Vertrauen zur Front, präzises Ansprechverhalten und dosierbare Bremsen entscheiden über Erfolg oder Misserfolg. Spitzenleistung hilft weniger als sauberer Durchzug und Druck aus dem Keller. Die dabei entstehende Datenbank wird über die Jahre zu einem einzigartigen Vergleichsinstrument. Verschiedene Reifen, unterschiedliche Temperaturen, diverse Motorradkategorien die 1000PS Bestzeit-Tabelle dokumentiert die Praxistauglichkeit im Stadtverkehr und auf Alpenpässen besser als jeder Datenblatt-Vergleich.
Verwendete Produkte und weiterführende Links:
- Zum Ridelink Wingman
- SP Connect Halterungen fürs Motorrad im Überblick
- Onboardaufnahme: Insta360 Ace Pro 2
- NastyNils Bekleidung bei Louis
- Alle Videos der 1000PS Bestzeit-Serie (Hier findest Du dann auch die erzielte Rundenzeit am Ende des Videos. Teilweise bringen wir die Videos aber erst einige Wochen nach der Veröffentlichung des Berichtes online!)
- Strecke selbst befahren? Hier buchen!
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1000PS Bestzeit Serie
Fazit: Yamaha MT-07 Y-AMT 2025
Die Yamaha MT-07 Y-AMT bleibt das, was sie immer war: ein charismatisches Motorrad mit Persönlichkeit. Das Y-AMT-System fügt eine neue Dimension hinzu, ohne die Seele zu ersticken. Für Einsteiger bedeutet es Entspannung, für Fortgeschrittene einen Kompromiss. Am Ende siegt der Charakter über die Technologie.- Charismatischer Motor mit direktem Ansprechverhalten
- Erwachsene Ergonomie
- Akzeptables Fahrwerk und gute Bremsen
- Narrensichere Y-AMT-Bedienung
- Moderne Elektronik
- Angemessenes Gewicht
- Y-AMT schaltet nicht so geschmeidig wie erfahrene Fahrer
Bericht vom 05.07.2025 | 749 Aufrufe