Harleys

Sportster 1200R Roadster und Dyna Super Glide Custom. Zwei wunderschöne Motorräder werden von zwei wunderschirchen Menschen bewegt. Der Abgelederte und kot gaben sich wieder dem Cruiser Feeling hin.

 

Es war wieder so weit, ich musste wieder das Blubbern eines Zweizylinders unter meinem Hintern spüren. Nebenbei wollte ich es ganz gemütlich angehen und mich in souveräner Haltung von allen möglichen bunt Bekleideten und Behelmten überholen lassen. Was kommt da in Frage? Natürlich nur eine Harley Davidson! Die "Harleys san worm Fraktion" wird wieder aufschreien und sich fragen, ob es denn wirklich notwendig wäre, überhaupt ein Wort über die Eisen aus Milwaukee zu verlieren. Es ist notwendig und ich gebe ehrlich zu, daß ich früher ebenfalls nur die Nase gerümpft habe und mir nur dachte, wie kann man auf so einem Lehnstuhl, der weder bremst noch um die Kurve geht, herumfahren? Die Freundschaft zwischen mir und HD ist langsam und behutsam gewachsen, der erste Ritt endete erstmal im Spital. Daran war allerdings ein übereifriger PKW Lenker Schuld, er hat das Grollen des Zweizylinders für ein Gewitter gehalten, wollte sofort aus der Parklücke raus und hat dabei auf die Vorrangregel vergessen. Dann kam die aufgebohrte Fatboy. Ich fühlte mich gut bis auf die Bremsen, die sich mit dem Gewicht einfach plagen mussten. Dann die Street Rod, die für meinen Begriff sowieso aus der Reihe tanzt, weil es mit ihr möglich ist, mit einiger Dynamik über den Asphalt zu gleiten.

Diesmal habe ich gleich zwei Geräte organisiert, eine 1200er Sportster und eine Dyna Glide Custom. Kollege Kot, der mittlerweile nur mehr über das Andrücken faselt, ist im tiefsten Inneren auch ein Teilzeitchoppist. Immer, wenn sich die innere Trägheit meldet, muss auch er seinen vom Rasen ermatteten Körper in eine gemütlichere Position bringen.

 

Dyna Super Glide Custom:  Weißer Lack aus den 80er Jahren - Die Yuppie Scum! 

Optik: Der Name, ein Traum: Super Glide Custom klingt wie ein Gleitmittel oder ein besonders gefühlsechtes Kondom. Das Schönste am ganzen Motorrad ist die Farbe, heißt glacier white pearl. Die Farbe ist bei der Produktion des legendären 560 SEC Mercedes aus den 80ern übergeblieben. Glänzt in tausend Schattierungen und erinnert an die Perlenkette von Tante Hilde. Mir persönlich gefällt die Farbe gut. Vorne nur ein Tacho und die notwendigsten Infos wie Kilometer, Fernlicht, Neutralanzeige. Mehr braucht ein Cruiser gar nicht. Der Motor strahlt in glänzendem Chrom und fügt sich wunderbar in die gediegene Optik der Super Glide ein. 

Antrieb: 102 Newtonmeter bei 3400 Umdrehungen machen die Dyna zur Cruise Missile. Gas auf, Gang rein und dahinfahren. Pferdestärken hat die Harley auch, aber wen interessieren die wirklich? Wer denkt,  die Harley sei ein träger Muli, der irrt. Von der Ampel zieht die Harley gut aus dem Keller raus. Hohe Drehzahlen sind wie bei fast jedem langhubigen Zweizylinder sinnlos. Die Einspritzung funktioniert tadellos, der Gasbefehl wird sofort umgesetzt. Der Twin Cam 88 wurde zur Schonung der Zahnfüllungen gummigelagert. 

Fahrwerk: Solange die Strasse eben ist, läuft alles gut, aber wehe ein Schlagloch kreuzt den Weg der Super Glide. Die Federn schlagen durch, daß es eine Freude ist, es handelt sich weder um eine Enduro noch um einen Supersportler, aber ein bisschen mehr Federweg und Komfort wären wünschenswert. Die 300kg Leergewicht der Super Glide sind spürbar, aber durch den niedrigen Schwerpunkt nicht unangenehm. Wer schnell umlegt hört sehr bald das Schleifen der Rasten bzw. des Verbindungsrohres der beiden Auspuffrohre am Asphalt. Aber muss man so was mit einem Cruiser machen? 

Bremsen: Sind vorhanden, leider nur eine Scheibe, aber für normalen Betrieb ausreichend. Die Handkräfte sind relativ hoch und der dicke Bremshebel macht die Sache für zarte Hände nicht leicht. Bin sicher Harley Davidson hat einen Umrüstsatz im dicken Zubehörkatalog. 

Fazit Super Glide: Die Optik ist ganz fein. Mit der nach hinten gezogenen Badlandersitzbank, den Speichenrädern und dem vielen Chrom entspricht die Super Glide dem Idealbild des Choppers. Die Perlmutt Lackierung erfreut das Auge und erinnert an die seligen 80er Jahre. Federkomfort und Bremskraft sind verbesserungswürdig. Der Motor funktioniert tadellos, kein Rinnen oder Widerwillen beim Starten. Die Gummilagerung schont die Gesichtsnerven und ermöglicht auch längere Fahrten. Kurzum: Für Fans der entspannten Fortbewegung mit Hang zum Schöngeistigen genau das richtige Fahrzeug.

 

Einstiegsdroge Sportster 1200 R, mehr Naked Bike als Cruiser 

Optik: Sehr spartanisch und bei weitem nicht so opulent wie die Super Glide. Was sofort auffällt ist der kleine Tank. Irgendwie will dieser nicht so recht zu einer Harley passen, man hat das Gefühl, es fehlt was zwischen den Beinen - ist natürlich metaphorisch gemeint. Black Cherry Pearl nennt sich die Farbe und die steht der Sporty sehr gut zu Gesicht. Eigentlich ist die Sportster ein Zwitter aus Chopper und Naked Bike. 

Antrieb: 63 PS und 96 Nm bei 3300 Umdrehungen bewegen die um 40 Kilo leichtere Sportster wesentlich flotter als die Dyna Glide. Die Ruppigkeit des Vergaser Motors ist leider auffällig. Solange der Motor kalt ist, geht gar nichts ohne Choke. Die Vibrationen sind stark, aber das muss nicht unbedingt ein Nachteil sein, im Gegenteil, ein echter Zweizylinder Fan will verwackelte Bilder der Außenwelt. Auch bei der Sportster ist der Begrenzer Tabu, im mittleren Bereicht spielt die Musik. 

Fahrwerk: Die aufrechte Sitzposition und die relativ hohe Bodenfreiheit ermöglichen flottes Fahren. Der Federkomfort ist bei der Sportster höher und Bodenunebenheiten werden besser pariert als bei der Super Glide. Im Winkelwerk empfiehlt es sich fest am Gouvernal zu reißen, die Sportster hat ständig den Drang, sich aufzustellen. Der Umstieg von Dynaglide auf Sportster machte deutlich, welch unterschiedliche Motorräder Harley in Wirklichkeit baut. Auf der Dynaglide willst du cruisen, auf der Sportster plötzlich attackieren. Sind zwei sehr unterschiedliche Welten. Harley ist eben nicht gleich Harley.

 

Bremsen: Die Sportster verzögert sehr gut und die 2 Bremsscheiben lassen keine Panik aufkommen. Hier wurde alles richtig gemacht. 

Fazit Sportster: Optimales Einsteigermodell in die Welt der amerikanischen Zweizylinder. Das Fahrwerk eignet sich für flottes Fahren und die Bremsen erzeugen vor der Kurve keine Panikattacken. Der Motor ist ein rauher Geselle und gibt sich in kaltem Zustand ruppig. Optisch ist die Sportster ab Werk sehr unauffällig, allerdings habe ich nette Dirtbike Umbauten gesichtet bzw. berät euch der lokale Harley Händler gerne, wie ihr euer Geld loswerden könnt. Die Sportster könnte unter auch Naked Bike Fans für sich gewinnen, die Anlagen stimmen.

 

kots Kommentar:

Wer eine Harley fährt und an der Ampel herausgefordert wird, genießt den Vorteil, auf jeden Fall unterschätzt zu werden. Auch ich wurde in nur wenigen Tagen öfter mal unterschätzt. An einem Dienstag Morgen ging das sogar so weit, daß ein junger Derbi Senda Pilot am Bahnübergang dachte, er könnte mich mit seiner Kampfgelse, die ja immerhin ein 30-stel des Dynaglide Hubraums hat, verbrennen, sobald die Schranken wieder in die Vertikalstellung übergehen. Nachdem uns also der Zug passiert hatte und die rot-weissen Stangen in den Himmel stiegen, drehte der Mopedfahrer den Motor auf geschätzte 20000 Touren auf und startete schon, als die Schranken gerade mal Augenhöhe erreicht hatten. Ich wartete noch eine Sekunde, um ihn dann nach 2 Metern, noch auf den Gleisen, zu überholen. Die Motordrehzahl hatte zu diesem Zeitpunkt wahrscheinlich noch nicht die 1000er Grenze überschritten. Aber der ebenso optimistische wie dämliche Herausforderer gab nicht auf und fuhr den Reaktor im Taschenformat auf 110 Prozent. Das unangenehme Geplärre hinter mir wurde immer lauter. Doch just in dem Moment, als sein Vorderreifen auf Höhe meines Hinterreifens vordrang, bog ich links in die Quergasse Richtung Firma ein. Beim Blick über die rechte Schulter sah ich, wie der geschlagene Krieger durch den Schwung, den er die letzten 500 Meter gesammelt hatte, fast noch in das Auto vor ihm einschlug und rechts überholen mußte. Herrlich! Siegen und bei der Revanche einfach abbrechen. Ich hatte den Kampf ja auch nicht gefordert.

Verstehe den Abgelderten aber nicht ganz. Was redet er von Fahrwerk und hinteren Bremsen? Die Harleys hatten beides nicht. Bin aber trotzdem ganz auf einer Wellenlänge mit ihm und ein großer Harley-Fan. Die Welt muss verstehen, daß es sich hier um moderne aber traditionsreiche Motorräder handelt, die irrsinnig viel Spaß machen. Würde ich bei 1000PS tatsächlich Geld verdienen, fände auf alle Fälle eine HD als Zweitmotorrad  in meiner Garage ihren Platz. Wenn ich mich zwischen diesen beiden Modellen entscheiden müßte? Die Dynaglide ist schon aus der Kiste eine Augenweide und würde vielleicht nur ein paar neue Schrauben vertragen, die Sportster würde ich als Basis für ausgiebiges Customizing nehmen. Aber ich glaube in meinem Alter würde die Sportster besser zu mir passen. 



Motor
Typ Twin Cam 88, vibrationsdämpfende Aufhängung
Hubraum 1449 ccm
Bohrung/Hub 95,3/101,6 mm
Drehmoment 102 Nm bei 3.400 U/min.
Gemisch Elektr. Kraftstoffeinspritzung
Verdichtung 8,8:1
Abmessungen 
Länge 2300 mm
Radstand 1.595 mm
Sitzhöhe 673 mm
Trockengewicht 300 kg
Tankinhalt 17,8 l
Ölfüllmenge 2,8 l

Motor
Typ Evolution
Hubraum 1202 ccm
Bohrung/Hub 88,8/96,8 mm
Drehmoment 96 Nm bei 3.300 U/min
Gemisch Vergaser
Verdichtung 10:1
Abmessungen 
Länge 2245 mm
Radstand 1520 mm
Sitzhöhe 714 mm
Trockengewicht 260 kg
Tankinhalt 12,9 l
Ölfüllmenge 3,4 l
 

Related Links

Harley Modelle
Harley Gebrauchte
Harley Händler
Harley Berichte
Autor
DerAbgelederte

DERABGELEDERTE

Weitere Berichte

Bericht vom 27.06.2005 | 5.153 Aufrufe

Du hast eine Neue?

Verkaufe dein Gebrauchtmotorrad im 1000PS Marktplatz.

Inserat erstellen

Empfohlene Berichte

Pfeil links Pfeil rechts