Ducati Streetfighter V4 S 2023 im Test

Ist Ducatis Nackte mit Superbike-Genen heuer noch schneller?

Mit dem neuen Update der Streetfighter V4 versucht Ducati, Gutes nochmals besser zu machen und spendierte dem starken Naked Bike ein paar nette Änderungen. Dabei wurden einige der Verbesserungen von der neuen Panigale 2022 mitgenommen. Wie gut das funktioniert, hat Racingprofi Martin Bauer getestet.

Grundlegend basiert die Streetfighter auf der Panigale und profitiert somit unmittelbar von den Entwicklungsstufen des Superbikes. Ducati hat es geschafft, den internen Informationsfluss so zu optimieren, dass der Know How Transfer von den Renn- und Entwicklungsteams sehr zügig an die Serienentwicklung weitergegeben wird. Was hat sich nun geändert?

Chassis der Ducati Streetfighter V4 2023

Wie schon bei der Panigale hat man auch bei der Streetfighter den Schwingendrehpunkt um 4mm angehoben um die Squadwirkung, also das Einfedern des Hecks bei starken Beschleunigungen, zu reduzieren. Das hilft den Radius am Kurvenausgang besser halten zu können und eine engere Linie trotz Beschleunigung fahren zu können.  Der einzige Unterschied zur Panigale besteht in der länger ausgelegten Schwinge. Diese ist beim Umrüsten des Superbikes zum Naked Bike erforderlich um die Fahrstabilität aufrecht erhalten zu können. Dies ist besonders bei starken unverkleideten Motorrädern immer schwierig zu erreichen, da aufgrund des hohen Auftriebs durch den breiten Lenker und der aufrechten Sitzposition, das Gewicht am Vorderrad erheblich reduziert wird. Um dies noch weiter zu verbessern setzt man nach wie vor auf große Winglets, die schon am Vorgänger zur Anwendung kamen.

Ergonomie der Ducati Streetfighter V4 2023

Um besseren Halt beim Fahren zu bekommen, wurde der Tank besonders im Oberschenkelbereich anders geformt, um den Kraftaufwand bei harten Bremsvorgängen oder schnellen Richtungswechsel minimal zu halten. Das unterstützt den Fahrer besonders bei längeren Turns auf der Rennstrecke. Das dabei verlorengegangene Tankvolumen wurde durch Verlängerung des Tanks unter die Sitzbank wieder generiert und sogar in Summe auf 1 Liter vergrößert.

Elektronik der Ducati Streetfighter V4 2023

Hier wurde ebenfalls auf die Erfahrungen von der Panigale zurückgegriffen und die sehr guten Fahrhilfen des aktuellen Superbikes übernommen. Es stehen dadurch jetzt 4 Power Modi (Full, High, Medium, Low) zur Verfügung. Wobei bei den ersten drei die volle Leistung mit unterschiedlichen Ansprechverhalten kombiniert werden kann. Erwähnenswert ist vielleicht noch, dass selbst im Full Mode der erste Gang eine kleine Leistungsreduktion erfährt um die 208 PS besser kontrolliert zu bekommen, um nicht die komplette Arbeit den Fahrhilfen zu überlassen. Einzig in der Low Einstellung verringert sich auch die Spitzenleistung auf ca. 160 PS.

Die Fahrhilfen selber gliedern sich wie bereits gewohnt in WC, TC, SC, EB. Damit regelt die Elektronik jeglichen Leistungsüberschuss sanft aus und hält das Bike jederzeit stabil auf der Strecke. Mit den großzügigen Einstellmöglichkeiten findet eigentlich jeder seine passende Einstellung. Was dabei aber mit dem Update dabei eine große Hilfestellung besonders für den eher unerfahrenen Fahrer darstellt, ist das neue Display. Hier können in der Race Oberfläche sehr übersichtlich alle Fahrhilfen mit den aktuell vorgenommenen Einstellungen angezeigt werden. Darüberhinaus beginnt bei Eingriffen immer die dafür verantwortliche Regelung zu blinken und sagt somit dem Fahrer an welcher Schraube gedreht werden sollte, wenn die Intensität der Eingriffe nicht wie gewünscht stattfinden. Und das funktioniert wirklich gut.

Durch direktes Anwählen der einzelnen Fahrhilfen können diese auch während der Fahrt noch feinjustiert werden. Natürlich kann man sich schon vorm Losfahren vorab einige Presets zusammenstellen, um diese dann noch schneller über einen Taster aktivieren zu können. Ein besonders hilfreiches Feature für den Rennstreckeneinsatz stellt die Tyre Calibration dar. Mit ihr können verschiedene Reifenumfänge bzw. Übersetzungen einfach übers Display eingelesen werden. Es genügt dabei die Funktion übers Display zu aktivieren und anschließend für eine kurze Strecke geradeaus zu fahren. Dabei erkennt die Elektronik alle Veränderungen, speichert diese ab hält somit alle Fahrhilfen auf höchster Regelgüte.

Fahrwerk der Ducati Streetfighter V4 2023

Das Grund Set Up des in der V4S/SP verbauten Öhlinsfahrwerk ist komfortabel abgestimmt und ermöglicht aber trotzdem eine flotte Gangart auf der Strecke. Nur bei forcierter Gangart und bei schnelleren Einlenken über Bodenwellen kann die Gabel nicht mehr ganz für Ruhe sorgen und erzeugt somit ein gewisses Eigenleben mit reduzierten Feedback. Durch Anpassen der Dämpfungseinstellungen konnte dies aber gut reduziert werden. Grundsätzlich gibt es einen Dynamic Mode, der automatisch je nach Fahrsituation die Dämpfungseinstellungen während der Fahrt reguliert und einen einen Customer Mode, wo die jeweiligen Einstellungen (Zug/Druckstufe vorne/hinten) einzeln justiert werden können. Für die wenig erfahrenen Fahrer wird der Dynamik Mode wohl die beste Wahl sein, da man sich um die Einstellungen dann keine Gedanken machen muss.

Drei Versionen & eine mächtige Racing-Abgasanlage für die Ducati Streetfighter V4 2023

Es wird die neue Streetfighter wieder in drei unterschiedlichen Ausführungen- V4, V4 S und V4 SP2 mit den schon bekannten Ausstattungsabstufungen geben. Ein Highlight ist sicher die als Option erhältliche Hochgezogene offene Doppelrohr AGA. Sie erzeugt nicht nur eine freche akustische Untermalung, sondern sorgt auch für einen Leistungszuwachs mit dann insgesamt 220 PS mit angepassten Mapping und ist optisch ein echter Hingucker. Leider ist diese nicht für den Strassenbetrieb zugelassen und wird vermutlich auch die Brieftasche ordentlich leeren. Somit wird das wohl eher für den einen oder anderen Race Track Fahrer mit überschüssigen Haushaltsbudget eine Option bleiben.

Martin_Bauer

MARTIN_BAUER

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Fazit: Ducati Streetfighter V4 S 2023

Ducati hat es wieder geschafft mit kleinen Änderungen im Detail eine Performancesteigerung zu erzielen. Auch wenn die Leistungsdaten sich nicht geändert haben, ist doch die Fahrbarkeit in kleinen Bereichen verbessert worden. Den großen Wurf kann man auch bei dem aktuellen Zustand nicht mehr erwarten, da es bei den neuen High Performance Bikes sowieso kaum noch etwas zu mäkeln gibt. Ein kleiner Wehrmutstropfen bleibt für mich aber bestehen. Der nicht vorhandene Windschutz macht einem auf Dauer besonders auf der Rennstrecke ein bisschen das Leben schwer. Gerade auf schnellen Strecken drückt der Winddruck den Helm ordentlich gegen die Nase und verspannt somit die Halsmuskulatur enorm. Aber das ist wohl der Preis den man zahlen muss, wenn man ein Naked Bike fahren möchte, so wie bei Nacht mit Dunkelheit zu rechnen ist!


  • Sportliches und stabiles Fahrverhalten
  • Gute Ergonomie
  • Gut funktionierende und einstellbare Fahrhilfen
  • Übersichtliches Display
  • Starker V4 Motor mit viel Charakter
  • Kein Windschutz
  • Keine numerische Temperaturanzeige

Bericht vom 20.03.2023 | 20.890 Aufrufe

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