Erster Test der Husqvarna 701 Enduro 2026
Mit dem stärksten Einzylinder beim Husqvarna Trek in Portugal
Zwei Fliegen auf einen Streich! Wolf war nicht nur, wie schon im Vorjahr in Spanien, auch bei der zweiten europäischen Auflage des Husqvarna Trek in Portugal dabei, sondern hatte dort die Gelegenheit, erstmals das 2026er-Modell der 701 Enduro zu fahren. Beides hat mächtig Eindruck hinterlassen - die vielfältigen Strecken der Serra da Estrela genauso wie das völlig überarbeitete Dualsportbike, das jetzt wieder, zusammen mit seiner KTM-Schwester 690 Enduro R, der stärkste serienmäßige Einzylinder am Markt ist.
Ein Offroad-Eldorado für Fans der Marke Husqvarna
Was ist der Husqvarna Trek? Eine Kundenveranstaltung, vergleichbar mit der KTM Adventure Rally, wo Fahrer einer Norden 901, Norden 901 Expedition, einer 701 Enduro oder einer 701 Enduro LR drei intensive Fahrtage lang auf größtenteils unbefestigten Wegen zusammen unterwegs sind, um ihrer Leidenschaft zu fröhnen und ihre Verbundenheit zur Marke zu vertiefen. In Australien und Neuseeland gibt es den Trek schon länger, in Europa ist er letztes Jahr im spanischen Granada angekommen und erfreute sich gleich auf Anhieb großer Beliebtheit. 68 Teilnehmer waren diesmal dabei (58 Kunden und 10 Journalisten aus aller Welt, die eben erstmals die 701 Enduro 2026 fahren konnten) und erlebten eine perfekt organisierte Veranstaltung. Ob von der Streckenwahl, dem Ambiente am Abend oder der Betreuung durch das Husqvarna-Team vor Ort, alles hat gepasst. Werksmechaniker kümmerten sich abends um kleinere Wehwehchen an den Motorrädern, mit dem oberösterreichischen Sportmediziner Dr. Christian Süß war sogar ein Arzt dabei, der selbst auf einer 701 Enduro unterwegs war und so auf schnellstem Wege zur Stelle sein konnte, wenn sich ein Teilnehmer verletzte. Schließlich war jeder mit einem Tracker ausgestattet, sodass die Track-Manager jederzeit wussten, wo man sich befindet, und mit dem man auch ein Notsignal auslösen konnte: Safety first.
Beim Schwierigkeitsgrad konnte jeder selbst mit Chilis nachwürzen
Ausgehend von einer fixen Basis-Station ging es in der vielfältigen Landschaft der Serra da Estrela jeden Tag in eine andere Richtung, die Strecken hatten für jeden etwas zu bieten. Alle Fahrer bekamen GPX-Tracks für Navi oder Handy. Neben einer Hauptroute, die mit einigermaßen Offroad-Erfahrung auch mit der Norden gut zu bewältigen war, gab es immer wieder sogenannte Outtakes, deren Schwierigkeitsgrad in Chilis bewertet wurde und aufgrund dieser Klassifizierung man abschätzen konnte, ob man sie sich zutraut. Chili 1 bis 3 erforderten schon etwas mehr Skills, waren aber für die meisten gut fahrbar. Die knackige Chilli-5-Section am Schlussstag brachte dann aber viele an oder auch über ihre Grenzen. Das war dann schon Hardenduro und es ist wirklich beeindruckend, zu sehen, wo Könner wie Lyndon Poskitt oder Adam Riemann selbst mit einer Norden 901 überall hochkommen - für Normalos ist dort meist mit der weit leichteren 701 Enduro schon lange vorher Schluss…
50 Prozent der Teile am altbewährten LC4 sind neu
Neben der sensationellen Landschaft, durch die der Tross seine Staubfahne zog, galt die Konzentration aber natürlich auch der Husqvarna 701 Enduro. Der oft schon wegen der verschiedensten Abgasnormen totgesagte, legendäre LC4 wurde für die neueste Auflage nicht nur grundlegend überarbeitet, er holte sich auch den zwischenzeitlich an die Ducati 698 Hypermotard verlorenen Status des stärksten serienmäßigen Einzylinders am Markt wieder zurück. 50 Prozent aller Teile am Motor sind neu, so die neu designte Airbox, eine neue Benzimpumpe für eine präzisere Gasannahme oder die aktualisierte Ventilsteuerung. Der neue Auspuff, der dank Euro 5 Plus nicht schöner wurde, aber auch durch einen Akrapovic-Slip-On ersetzt werden kann, konnte sich vom Sound her gegenüber dem Vorgänger-Modell durchaus verbessern, klingt nur weniger "blechern". Über all dem steht aber vor allem der neue Service-Intervall von 15.000 Kilometern statt der bisherigen 10.000, was auch zeigt, welch Vertrauen man bei Husqvarna in das Motorrad hat, das damit natürlich noch "reisetauglicher" wird.
Produkttipps
Merkbar erweitertes Elektronik-Paket
Der merkbarste Unterschied zum Vorgänger ist aber der vermehrte Einzug von Elektronik. Nach außen hin sichtbar im neuen 4,2-Zoll-TFT-Display, das sich unaufdringlich schlank gut ins Erscheinungsbild der Enduro einfügt und dennoch sämtliche Informationen gut ablesbar und in Farbe zur Verfügung stellt. Die Bedienung über den Vierwege-Joystick an der linken Lenkereinheit ist einfach und selbsterklärend, das Layout ist anpassbar und in Verbindung mit der Husqvarna Ride App ist auch die Konnektivität zum Smartphone gegeben, könnte man unterwegs auch Musik hören oder sich per Turn-by-Turn-Navigation den Weg weisen lassen. Serienmäßig hat man die Fahrmodi Street und Offroad an Bord, im Offroad-Modus ist das ABS am Hinterrad deaktiviert, lässt sich aber auch einfach mittels längerem Druck auf den entsprechenden Knopf am Lenker vollständig abschalten. Wichtig zu wissen: Sobald die Zündung deaktiviert wurde, ist beim Neustart wieder das Offroad-ABS aktiv.
Dynamic Slip Adjuster hebt den Rally-Mode auf eine neue Stufe
So richtig spannend wird es für Technik-Freaks aber erst mit dem empfehlenswerten Rally-Pack bzw. dem dann zur Verfügung stehenden Rally-Mode: Darin lässt sich die Traktionskontrolle, so wie man das z.B. von der Norden 901 kennt, jederzeit auch während der Fahrt einfach von 1 bis 9 verstellen. 9 entspricht der Sensibilität eines Regenmodus, Stufe 6 kommt im Street-Modus zum Einsatz und in etwa Stufe 4 oder 3 hat man im Offroad-Modus. So gut dies dort auch funktioniert, die ständige Kontrolle über die gewählte Intensität der Traktionskontrolle birgt schon erhebliche Vorteile. Wobei der Clew im Rally-Mode der neue Dynamic Slip Adjuster ist. Was man sich darunter vorstellen kann? Eine herkömmliche Traktionskontrolle verhindert oder reduziert auf unbefestigten Wegen oft die Gasannahme, etwa auf einem steilen Anstieg auf losem Untergrund bzw. bei sandigen oder schlammigen Passagen, weil die Sensoren Alarm schlagen, wenn das Hinterrad durchdreht und man so oft den Hang nicht hinaufkommt. Der Dynamic Slip Adjuster erkennt aber aus dem Zusammenspiel an Gasstellung bzw. Drehen der Räder, dass die Traktion gering ist und lässt temporär genügend Schlupf zu, senkt also die Intensität der Traktionskontrolle, bis man die Stelle bewerkstelligt hat und geht dann automatisch wieder auf den voreingestellten Wert zurück. Ich habe das wiederholt ausprobiert, in dem ich vor einem steilen Schotter-Anstieg die Traktionskontrolle hochdrehte, aber der Dynamic Slip Adjuster "regulierte" dies von selbst und kehrte erst wieder auf den vorgewählten Wert zurück, als genügend Traktion vorhanden war. Gut denkbar, dass dies künftig auch in den Reiseenduros zum Einsatz kommt, die Husqvarna 701 Enduro und die KTM 690 Enduro R sind aber die ersten Modelle, die mit diesem beeindruckenden Feature ausgestattet sind.
Scharfe Leistung kann im Gelände auch durchaus Stress machen
Womit wir auch schon mitten in den Fahreindrücken wären. Die Leichtigkeit, mit der sich das 152-Kilo-Motorrad bewegen lässt, beeindruckt immer wieder aufs Neue. Auf der Straße kommen trotz 21-Zoll-Vorderrad die Supermoto-Gene zum Vorschein, lässt sich die 701 Enduro spielerisch auch durch engstes Kurvenwerk flott dirigieren, speziell in Verbindung mit dem optionalen Quickshifter. Und sobald man die befestigen Wege verlässt, wird das Grinsen unterm Helm noch größer. Dafür sorgt auch das voll einstellbare WP-Xplore-Fahrwerk mit 265 Millimeter Federweg vorne und 250 hinten, das über jeden Zweifel erhaben alle Hindernisse wegbügelt. Dennoch muss man sich im Klaren darüber sein, dass der LC4 ein aggressives Aggregat ist, dessen Leistungsentfaltung den "Endurowanderer" wenn schon nicht überfordern, dann doch zumindest stressen kann. Mir war das Ansprechverhalten im Rally-Mode zunächst jedenfalls zu scharf - aber auch hier kann bis zu einem gewissen Grad Abhilfe geschaffen werden, in dem man sich die Parameter frei konfigurieren kann: Mit dem sanfteren Offroad-Gasgriff in Verbindung mit Traktionskontrolle 1 oder 2 fand ich rasch die für mich ideale Einstellung auf den unbefestigten Strecken in Portugal. Wobei der erste Gang für meinen Geschmack ruhig etwas kürzer übersetzt sein könnte. Gewöhnungsbedürftig kann auch die Gewichtsverteilung sein, da die 701 Enduro den Tank im Heck hat und so die Front bergauf rasch extrem leicht wird, weshalb man das Körpergewicht weiter nach vorne lagern muss, als bei anderen Motorrädern. "Abhilfe" könnte hier ein Rallytower verschaffen, mit dem man die Husky dank Windschutz nicht nur tourentauglicher macht, sondern auch die Gewichtsverteilung ausgleicht.
Ausgereifte Ergonomie im Sitzen und Stehen beispielhaft
Punkto Ergonomie gibt es nichts zu meckern, die ist seit einigen Modellzyklen ausgereift. Wenngleich die stolze Sitzhöhe von 935 Millimetern erst einmal erklommen werden muss, was für Fahrer unter 1,80 Meter schon eine Herausforderung sein kann. Der Sitzkomfort auf der schmalen Bank ist überschaubar, Sitzposition und Kniewinkel aber extrem entspannt. Es gibt wenige Motorräder, wo man so lange auch im anspruchsvollerem Gelände gut sitzend fahren kann. Was aber nicht heißen soll, dass irgendetwas gegen Stehendfahren spricht, im Gegenteil: Auch hier passen Ergonomie und Knieschluss richtig gut, größere Fahrer werden womöglich, je nach Fahrstil, zu einer Lenkererhöhung greifen. Die Bremse vorne ist sehr gut dosierbar, auch auf unbefestigten Wegen, für die Kurvenhatz auf Asphalt dürfte sie ruhig ein wenig bisseriger sein, der Spagat ist aber gut gelungen. Hinten verzögert sie allerdings sehr direkt, was mich bei steileren Abfahrten das eine oder andere Mal querstellen ließ und so mitunter für Schweißperlen unter dem Helm sorgte. Insgesamt überwog allerdings eindeutig das Grinsen.
Fazit: Husqvarna 701 Enduro 2026
Die umfangreiche Modellpflege, speziell was die Elektronik betrifft, macht die Husqvarna 701 Enduro zu einem noch besseren Motorrad, ohne dass es seine Gene verraten würde. Denn auch mit all den Fahrhilfen, bleibt sie ein Dualsportbike bzw. eine bärenstarke Alltagsenduro mit einem fast konkurrenzlosen Leistungsgewicht, das sowohl auf der Straße, als auch auf unbefestigten Wegen und im harten Gelände Spaß macht. Ob im Großstadtdschungel, bei der Pässehatz oder auf anspruchsvollen TET-Passagen – ihre Agilität überzeugt da wie dort und der auf 15.000 Kilometer erhöhte Service-Intervall macht die Husky auch für Reisende, die ein leichtes Motorrad für schwere Offroadabenteuer suchen, immer interessanter.- bärenstarker Einzylinder-Motor, 15.000 Kilometer Service-Intervall
- ausgereifte Ergonomie
- agiles Handling
- voll einstellbares Fahrwerk
- verbesserte Elektronik
- optionales Rally-Pack mit vielen Einstellmöglichkeiten
- Dynamic Slip Adjuster
- geile Wheeliemaschine
- LED-Scheinwerfer mit guter Nachtsicht
- hohe Sitzhöhe, lange übersetzter erster Gang, Vorderbremse im harten Straßeneinsatz etwas zu schwach dimensioniert
- gegenüber Vorgänger etwas erhöhtes Gewicht
- Aufpreis für Rallypack bzw. Quickshifter
Bericht vom 01.11.2025 | 1.428 Aufrufe