Test Honda CUV e: Ein E-Roller mit Gamechanger-Potenzial?

Warum der neue E-Roller von Honda vieles ändern könnte.

Bereits 1994 hat Honda einen vergleichbaren Roller gezeigt, damals hieß er noch CUV ES und war ausschließlich in Japan erhältlich. 2025, knapp 30 Jahre später, rollt der Honda CUV e: nahezu weltweit in die Schauräume. Wir konnten ihn das erste Mal in der weltbekannten Universitätsstadt Oxford probieren. Dabei ist klar: Er hat klare Stärken und Schwächen. Ob er mehr als ein Feldversuch ist, klären wir in diesem Testbericht.

Honda ist der größte Zweiradhersteller der Welt. Die Mobilität wandelt sich und Honda sieht sich in der Pflicht und Verantwortung, hier seinen Beitrag zu tragen. Der heißt: Bis 2050 möchte man CO2-neutral sein - und zwar komplett. Die ZWeiradsparte soll sogar schon in den 2040igern CO2-neutral werden. Dafür hat Honda bis jetzt (weltweit) schon 13 verschiedene elektrische Motor-Zweiräder vorgestellt. Eines davon ist der neue Honda CUV e: - ja der Doppelpunkt am Schluss gehört zur Typenbezeichnung. CUV steht für "Clean Urban Vehicle" und der Name soll Programm sein. Deswegen waren wir bei der Präsentation auch im englischen Oxford unterwegs.

In der tradtionsreichen Universitätsstatt gibt es nämlich eine "Zero Emission Zone" - ein Stadtteil, wo man nur mehr mit Verbrenner-Fahrzeugen einfahren darf, wenn man dafür eine Gebühr bezahlt. Ein Modell, welches aufgrund der ambitionierten CO2-Ziele der EU wohl Schule machen könnte. Denn wer auf ein "umweltfreundliches" Fahrzeug mit E-Antrieb setzt, muss keine Extragebühr bezahlen. So möchte man politsche Lenkungseffekte beim Fahrzeugkauf erzielen.

Test Honda CUV e: 2025
Der neue Honda CUV e: 2025 - ab Werk in drei Farben, aber nicht in jedem Land.

Ein E-Konzept mit Stärken und Schwächen

Und damit schließt sich der Kreis zum Honda CUV e:. Er soll die Pendler abholen und von A nach B bringen. Leicht, kompakt, wendig, elektrisch, lautlos und ohne CO2-Ausstoß. Stadtplaner wollen Autos vermehrt aus der City bringen, um die Emissionen in den Griff zu bekommen. E-Roller können dabei auf der berühmten letzten Meile ein "quick win" sein. Sie sind deutlich billiger als E-Autos, für den innerstädtischen Bereich oft ausreichend (außer bei Regen und im Winter) und können bis zu zwei Personen transportieren. Die Erhaltungskosten sind niedrig, bei niedrigen Stromkosten kostet auch ein Volltank nicht viel. Honda geht beim CUV e: den Weg der entnehmenbaren Akkus. Aber schauen wir uns die Technik im Detail an.

Test Honda CUV e: 2025
Die zwei Batterien (pro Akku ca. 10 kg schwer) verhindern Stauraum unter der Sitzbank.

Honda CUV e: Batterie und Antriebssystem

Der Honda CUV e: ist mit einem seitlich montierten E-Drive-Motor ausgestattet, der direkt in der Aluminium-Druckguss-Einarmschwinge eingearbeitet ist und eine Spitzenleistung von bis zu 6 kW (8,16 PS im Sportmodus, Dauerleistung 4,2 kW) und ein maximales Drehmoment von 22 Newtonmeter liefert.

Dieser wird von zwei austauschbaren Honda Mobile Power Pack e: Lithium-Ionen-Batterien (je 50,3 V, 1,3 kWh, 10,2 kg) gespeist, die zusammen eine Reichweite von über 70 km (nach WMTC) und eine Höchstgeschwindigkeit von 83 km/h ermöglichen sollen. Der Akku ist übrigens exakt Baugleich zu jenem, der im Honda EM1 e zum Einsatz kommt. Die Ladezeit beträgt sechs Stunden für eine vollständige Ladung (0100%) und rund 160 Minuten (3 Stunden) für eine Teilladung von 25 auf 75 Prozent.

Die Batterien sind robust, wasser- und staubdicht (IP65), für mehr als 2.500 Ladezyklen ausgelegt und können extern über ein mitgeliefertes Ladegerät pro Batterie an einer normalen Haushaltssteckdose (220 Volt) geladen oder an Tauschstationen ersetzt werden. Derzeit gibt es die Tauschstationen jedoch nur im Testbetrieb in ausgewählten Großstädten in Asien. Diese Tauschstationen kann man sich wie die Automaten auf Bahnhöfen und Flughäfen für Powerbanks vorstellen: Leere Powerbank rein und eine andere, vollgeladene Powerbank entnehmen. Wichtig bei den Batterien: Man muss beide Akkus einsetzen! Und der CUV e: nimmt immer jenen Akku, mit dem niedrigeren Ladestand als Referenz. Ein Beispiel: Ist ein Akku zu 100 Prozent vollgeladen und der zweite Akku nur zu 50 Prozent, hat man nicht 75 Prozent Akkuleistung sondern eben nur jene 50 Prozent des geringer geladenen Batteriepacks zur Verfügung.

Der E-Antrieb im CUV e: bietet drei Fahrmodi Standard, Sport und Econ mit jeweils unterschiedlicher Leistungs- und Reichweitencharakteristik. Eine Rückfahrhilfe (bis 3 km/h) und das intelligente Lademanagement über das RoadSync-Duo-System runden das E-Antriebskonzept ab. Um die Rückfahrhilfe nutzen zu können, muss man zwei Knöpfe gleichzeitig drücken und braucht den Gasgriff nicht bewegen. Das soll vor allem beim Rangieren helfen. Viel Gehirnschmalz ist für die E-Motor-Steuerung aufgebracht worden. Denn nicht immer schaffen es E-Motoren ein sanftes, weiches Anfahren zu ermöglichen. Honda hat es aber geschafft, in jedem Fahrmodus dieses butterweiche Wegfahren und "Gaseinsetzen" zu kreieren. Das geht weicher als bei jedem Vergaser. Ein wirklich analoges Fahrgefühl mit einem komplett digitalen Antrieb.

Test Honda CUV e: 2025
Der Honda E-Motor sitzt komplett integriert in der Alu-Einarmschwinge.

Features und Ausstattung

Der Honda CUV e: kommt natürlich mit kompletter LED-Beleuchtung, mit Smartkey (keyless go), großem 7-Zoll-TFT-Display, USB-C-Port und zwei Ladegeräten (eines pro Batteriepack). Großes Lob darf sich Honda für die absolut intuitive Menüführung abholen. Mit einem Steuerkreuz-Schalter auf der linken Lenkerarmatur lässt es sich kinderleicht und verständlich durch die ganzen Menüs surfen. So geht das. Komplette Smartphone Konnektivität mit Koppelung zum Com-System auf dem Helm inklusive. Hier spürt man, dass die japanischen Ingenieure wirklich alles reingepackt haben, was gerade geht.

Inklusive ist auch eine Navigation mit eigenem Kartenanbieter. Gekoppelt mit dem Fahrzeug und dem Handy weiß das Navi dann auch, mit wie viel Restweichweite man realtisch am Ziel ankommt oder eben auch nicht und schlägt entsprechende Ladepunkte und Zwischenstopps vor. In anderen Märkten gibt es den CUV e: auch nur mit 5-Zoll-TFT-Display und ohne Konnektivität. Das dürfte aber für den DACH-Raum keine Option sein. Praktisch: Updates gehen over the air, womit man nicht immer gleich den Händler ansteuern muss für kleine Anpassungen.

Test Honda CUV e: 2025
Vorbildlich: Das große 7-Zoll-TFT-Display mit feinster Bedienbarkeit.

Fahrwerk und Bremsen

Das Fahrwerk des Honda CUV e: basiert auf einem leichten, stabilen Stahlrahmen mit Unterzug, der für hohe Stabilität und einfaches Handling sorgen soll. Die Front verfügt über eine 26-mm-Teleskopgabel mit 90 mm Federweg, während hinten ein einzelner Stoßdämpfer mit 75 mm Federweg verbaut ist. Der Radstand beträgt 1.310 mm, der Lenkkopfwinkel liegt bei 26 Grad und der Nachlauf bei 77 mm. Die Bodenfreiheit beträgt 145 mm, die Sitzhöhe 760 mm und das fahrfertige Gewicht des Rollers liegt bei 120 kg (inklusive beider Batterien). Mit einem Wenderadius von 1,99 m zeigt sich der Roller sehr agil im urbanen Umfeld. Vorne und hinten kommen 12-Zoll-Aluminiumgussräder zum Einsatz, bestückt mit Reifen der Dimension 100/90-12 (vorne) und 110/90-12 (hinten).

Diese Konstruktion sorgt grundsätzlich für ein agiles, leichtfüßiges Handling, welches schnell in Fleisch und Blut übergeht. Kritik muss sich die Dämpferabstimmung gefallen lassen: Werden leichte, nicht allzu tiefe Bodenunebenheiten noch von den Reifen aufgenommen und geschluckt, fahren einem harte Asphaltkanten und durchschnittliche Bodenunebenheiten wie kleine Schlaglöcher ungefiltert in Lenker und Rücken. Hier fehlt es einfach an ausreichender Dämpfung, konkret einer höheren Druckstufendämpfung. Gepaart mit der sehr strammen Zugstufendämpfung, federn Gabel und Heck, nachdem sie schnell einfedern, auch entsprechend schnell wieder aus und dadurch ergibt sich ein unkomfortables Dämpfungsverhalten. Beim Anbremsen taucht die Gabel aber nicht unangenehm ab, nur die Bodenunebenheiten dringen nahezu ungefiltert an den Fahrer weiter. Das geht besser, das muss besser gehen.

Das Bremssystem des CUV e: besteht aus einer 190-mm-Scheibenbremse vorne mit Einkolben-Bremssattel von Nissin und einer 130-mm-Trommelbremse hinten. Beide Bremsen sind über ein CBS-Verbundbremssystem (Combined Braking System) miteinander gekoppelt, das beim Betätigen der Hinterradbremse die Bremskraft anteilig auf die Vorderradbremse überträgt. Aufgrund der Gewichtsverteilung des CUV e: packt die Hinterradbremse (linker Hebel) daher besser zu als wenn man nur die Vorderradbremse betätigen würde.

Leider hat Honda aus Kosten- und Gewichtsgründen auf ein echtes ABS verzichtet. Da laut Honda der CUV e: aber vor allem Fahranfänger, Neueinsteiger und weniger erfahrene Piloten im Auge hat, ist die Entscheidung für CBS und gegen ABS nicht wirklich nachvollziehbar. Gerade bei den kleinen Rädern wäre ein ABS kein Nachteil gewesen. Denn mit CBS kann bei übertriebenen Schreckbremsungen (wie sie bei Fahranfängern vorkommen können) trotzdem das Rad blockiert werden, was speziell auf nassem oder glattem Asphalt unangenehm enden kann.

Test Honda CUV e: 2025
Die Bremse bietet leider kein ABS sondern nur CBS - schade.
Test Honda CUV e: 2025
Schön gemacht: die Einarmschwinge mit freiem Blick auf die 12-Felgen.

Ergonomie, Zuladung, Stauraum

Grundsätzlich ist der CUV e: ein kompakter, leichter Zeitgenosse. Verglichen mit dem Honda SH125i ist er leichter, kürzer, niedriger. Mit der erwähnten 12-Zoll-Bereifung ist er flink und mit den ausklappbaren Soziusrasten auch für zwei Personen zugelassen. Doch es gibt in Sachen Ergonomie gleich zwei Knackpunkte. Erstens, da die zwei Batteriepacks direkt unter der Sitzbank positioniert sind, gibt es kein klassisches Roller-Helmstaufach unter dem Sitz.

Und: Das Trittbrett ist so kurz bemessen, dass man mit Schuhgröße 44-45 vorne und hinten ansteht. Heißt: Ist der Schuh größer, hat man keinen Platz mehr. Der Windschutz ist rollertypisch eher bescheiden, aber Honda bietet dafür einen optionalen Windschild und Windabweiser für den Lenker an. Die maximale Zuladung beträgt 177 Kilogramm. Das ist für einen Cityflitzer in Ordnung. Um Stauraum zu gewinnen, gibt es von Honda zwei verschiedene Topcase-Varianten mit 35 bzw. 45 Liter Fassungsvermögen. Serienmäßig gibt es links vor dem Fahrerknie noch ein kleines Handschuhfach, welches eine USB-C-Steckdose beinhaltet und Platz für eine 0,7 Liter Getränkeflasche. Daher kann man sagen: praktisch ist der CUV e: in Sachen Transport eher nicht so.

Test Honda CUV e: 2025
Das Maximum an Stauplatz beim CUV e: - das Handschuhfach links vorne.
Test Honda CUV e: 2025
Ein Muss am Honda CUV e: das Topcase - sonst ist er zu unpraktisch für einen Roller.

Realistische Reichweite im Alltag

Bei unserer Testfahrt in Oxford habe ich exakt 42,3 Kilometer zurückgelegt und dabei rund 86 Prozent der Akkuladung verfahren. Laut Hochrechnung des Rollers, wären noch 10 Kilometer Restreichweite möglich gewesen. Dabei bin ich überwiegend im Standard-Modus unterwegs gewesen, um eine "normale" Ausfahrt zu simulieren. Es war auch ein kurzer Überlandanteil enthalten, wo wir auch den Topspeed ausprobiert haben (laut Tacho 94 km/h).

Den Econ-Modus kann man sich getrost schenken, denn damit hat man eher das Gefühl ein Verkehrshindernis zu sein. Die Beschleunigung ist sehr langsam und motivierte E-Fahrradfahrer überholen einem leicht. Dieser Modus ist daher nur zu empfehlen, wenn man wirklich die letzten 2-3 Kilometer Restreichweite zum nächsten Ladepunkt schaffen muss. Im Standardmodus ist das Fahrerlebnis einem 110-ccm-Roller wirklich ähnlich, im Sportmodus geht die Lutzi ab, und vor allem der drehmomentstarke Antritt macht Spaß. Leider saugt dies den Akku entsprechend schneller leer. Schade: Fällt der Akkuladestand unter 30 Prozent, lässt sich der Sportmodus nicht mehr aktivieren.

Und: Egal in welchem Modus man vom Gas geht, man spürt praktisch keine Motorbremswirkung. Laut Honda-Ingenieuren gibt es zwar eine kleine Repukeration (= Energierückgewinnung beim Rollen ohne Last), aber diese muss so gering sein, denn man spürt es nicht. Das ist für das Fahrgefühl fast schade, dann dadurch muss man mehr bremsen als typisch für ein E-Fahrzeug.

Test Honda CUV e: 2025
Unser Alltagsverbrauch bei der Präsentationsausfahrt: knapp über 50 km wären wir gekommen.

Fazit: Honda CUV e: 2025

Der Honda CUV e: ist ein spannendes Konzept mit klaren Stärken und Schwächen. Der Antrieb ist gut gelungen, die Gasannahme butterweich und transparent. Das Akku-System überzeugt und könnte als Blaupause für einen industrieweiten Standard dienen, sofern andere Hersteller hier aufspringen. Das Fahrwerk schwächelt, es fehlt schlicht an einer harmonisch-abgestimmten Dämpfung. Das ABS wird man nicht oft vermissen, aber man hätte es doch gerne. Großes Lob bekommt Honda für das große 7-Zoll-TFT-Display, welches mit voller Konnektivität, Navigation und sehr intuitiver Bedienbarkeit glänzt. So geht das! In Sachen Praktikabilität muss man dringend nachbessern. Das darf nicht sein. So ist der CUV e: ein leiser, agiler und leichter Cityflitzer, der auch mal Überland kann aber nicht bevorzugt. Die genaue Zielgruppe ist aktuell noch schwer einzugrenzen. Schafft es Honda, das Batteriesystem mit freizugänglichen Tauschstation zu etablieren, hat das grundlegende Fahrzeugkonzept Zukunft, sofern man das Topcase ohne Aufpreis dazubekommt. Sonst ist der praktische Nutzen einfach zu eingeschränkt und die effektive Reichweite im Alltag grenzwertig.


  • durchdachtes, wechselbares Akkusystem
  • superbe Gasannahme, tolles 7-Zoll-TFT-Display mit intuitiver Bedienung und Navigation
  • volle Konnektivität
  • extrem agil und leichtfüßig, perfekt für die Stadt
  • nur 120 kg schwer
  • es müssen beide Akkus verwendet werden
  • überschaubare Reichweite, für Pendler könnte es aber reichen
  • unausgewogen abgestimmtes Fahrwerk
  • nur CBS statt ABS
  • kein Staufach unter der Sitzbank, Topcase unbedingt empfohlen, da sonst kein Stauraum vorhanden
  • Trittbrett knapp bemessen, ab Schuhgröße 45 hat man ein Problem
  • keine spürbare Remuneration

Bericht vom 28.07.2025 | 729 Aufrufe

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