KTM 390 Enduro R 2025 Erster Test
Echte Enduro, abgespecktes Adventure Bike, oder Offroad-Naked?
KTM 390 Enduro R 2025 im Gelände: Der erste Test der neuen A2-Dualsport-Maschine zeigt, was sie auf Waldwegen und Landstraßen wirklich kann.

Während in Indien und Nordamerika die KTM 390 Enduro R bereits seit Wochen für Aufmerksamkeit sorgt, trafen die ersten Exemplare des neuen A2-Dualsport-Bikes nun endlich auch in Europa ein. Umso größer ist das Interesse der Fachmedien - doch genau das sorgt für knappe Testzeiträume. Für umfassende Vergleiche mit der direkten Konkurrenz und ausgiebige Reisetests werden wir in ein paar Wochen die Chance haben, diesmal ging es eher darum, sich einen Ersteindruck zu verschaffen. Doch immerhin hatten wir bei 1000PS die Chance, als erste Redaktion in Europa eine KTM 390 Enduro R über Feldwege, Waldpassagen und kurvige Landstraßen zu treiben.
Weitere Dual-Sport-Bikes
Neue Technikplattform für 390er Modelle von KTM - bekanntes Triebwerk, neues Fahrwerk
Auch wenn der bewährte Einzylinder-Motor mit 399 Kubikzentimetern im Kern unverändert bleibt, trennt die KTM 390 Enduro R einiges von ihrer Naked Bike Schwester, der 390 Duke. Der flüssigkeitsgekühlte LC4c-Motor leistet weiterhin 45 PS bei 8.500 U/min und 39 Nm bei 7.000 U/min, kommt aber nun mit überarbeiteter Elektronik zum Einsatz. Durch Ride-by-Wire, Street und Offroad Fahrmodus, fein abgestimmte, deaktivierbare Traktionskontrolle und eine modellabhängig kalibrierte ABS-Software, die das ABS nur hinten oder vollends ausschalten kann, lässt sich die Charakteristik des Motors präzise an die jeweiligen Einsatzbereiche anpassen. Die Übersetzung des Endantriebs wurde dabei explizit für den Offroad-Einsatz angepasst.

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Die auffälligsten Neuerungen finden sich allerdings im Bereich Fahrwerk und Chassis. Während die neue 390 Duke als technische Basis dient, geht die Enduro R in vielen Punkten eigene Wege. Sie erhält einen neu konstruierten, verschraubten Rohrrahmen-Heckrahmen für mehr Robustheit und Reparaturfreundlichkeit im Gelände, eine verstärkte Schwinge in geschlossener Bauweise zur Minimierung von Schmutzansammlungen sowie eine eigenständige Fahrwerksgeometrie mit geänderten Lenkkopfwinkeln für mehr Stabilität auf losem Untergrund. Ein einstellbares WP Fahrwerk mit 230 mm Federweg vorne und hinten sorgt für mächtige Reserven bei Unebenheiten. Dazu kommt eine aufrechte, geländetaugliche Ergonomie mit spezifischem Lenker, langer Sitzbank und Rastenposition. Die gesamte technische Abstimmung der Enduro R zielt klar auf eine kompromisslose Dual-Sport-Ausrichtung ab - mit echter Offroad-Tauglichkeit bei voller Straßenzulassung.
KTM 390 Enduro R Fahreindrücke auf der Straße - Fahrspaß mit 21-Zoll
Auf der Straße zeigt sich die KTM 390 Enduro R als leicht zu handhabendes, gutmütiges Motorrad, das dennoch nicht frei von Kritikpunkten bleibt. Der flüssigkeitsgekühlte Einzylinder bietet grundsätzlich ausreichenden Druck, entfaltet seine Kraft aber erst ab etwa 5.000 Umdrehungen wirklich spürbar. Darunter bleibt die Leistungsabgabe weich und kontrolliert, was vor allem im Stadtverkehr und bei niedrigem Tempo von Vorteil ist. Allerdings treten über fast das gesamte Drehzahlband hochfrequente Vibrationen auf, die kontinuierlich spürbar sind und unter Last sowie mit steigender Drehzahl nochmals deutlich zunehmen. Zwar nicht auf einem übermäßig störendem Niveau, doch ausreichend, um Piloten mit viel Fingerspitzengefühl aufzufallen und für kribbelige Handflächen nach längerer Zeit im Sattel zu sorgen.
Im Jahr 2025 zählt Ride-by-Wire schon zu den Must-Have's. Das ermöglicht einige moderne Features, kann das Gefühl am Gasgriff aber auch digitaler und weniger direkt machen. Diese Auffälligkeit gibt es bei mehreren Herstellern und Modellen, bei der 690 Enduro R fällt die Verzögerung zwischen Gas-Input und dem tatsächlichen Hochschnellen der Drehzahl besonders bei langsamen Fahrmanövern oder im Stand auf. Zusammen mit den eher geringen Schwungmassen des Motors führt das dazu, dass das Motorrad bei langsamen Manövern gerne mal abstirbt, weil das Timing von Gasdosierung und Kupplungsbetätigung nicht mehr perfekt passt. Das Getriebe selbst arbeitet funktional, zeigt sich aber mitunter hakelig. Der Quickshifter verrichtet seinen Dienst sauber, verlangt dabei jedoch wechselhaft viel Kraftaufwand am Schalthebel - mal reicht ein sanfter Tritt, mal braucht es deutlich mehr Nachdruck.
Die Sitzergonomie für den Straßeneinsatz ist sehr gelungen. Selbst größere Fahrer finden auf der 390 Enduro R ausreichend Platz, die Taille des Motorrads ist angenehm schmal, was in Verbindung mit dem breiten Lenker ein gutes Gefühl für das Fahrzeug vermittelt. Das Fahrwerk gibt sich auf befestigtem Untergrund souverän: In Kurven mit Bodenwellen bleibt es stabil, selbst in tiefer Schräglage gibt es keinen nennenswerten Unruheimpuls. Erst bei hohen Geschwindigkeiten und unter Volllast neigt der Lenker zu leichtem Flattern - ein Effekt, der vor allem bei sportlicher Landstraßenfahrt auffällt, jedoch gut kontrollierbar bleibt. Besonders auf der Landstraße überzeugt das Motorrad mit einem harmonischen Einlenkverhalten. Die typische Trägheit des 21-Zoll-Vorderrads ist zwar spürbar, führt aber zu einem gleichmäßigen, berechenbaren Fahrverhalten, das Vertrauen aufbaut. Das Feedback von der Straße ist klar, und die montierten Metzeler Karoo 4-Reifen bieten viel Grip auf trockenem Asphalt. So macht auch eine Fahrt durchs geteerte Winkelwerk mit der 390 Enduro R richtig viel Spaß.
KTM 390 Enduro R im Gelände - gelungene Ergonomie und fein abgestimmte Technik
Abseits befestigter Wege zeigt die KTM 390 Enduro R ihre eigentliche Bestimmung. Die Ergonomie im Stehen überzeugt auch für groß gewachsene Fahrer: Mit meiner Körpergröße von 1,85 Meter passt das Zusammenspiel aus Lenkerhöhe, Rastenposition und Sitzbank hervorragend für aktives Offroad-Fahren. Die schmale Taille und die ebenso schmal gehaltene Sitzbank ermöglichen viel Bewegungsfreiheit und begünstigen schnelle Positionswechsel. Gleichzeitig bleibt die Geometrie komfortabel genug für längere, entspanntere Etappen auf Schotter oder Waldwegen.
Der Motor verlangt auch im Gelände nach einer gewissen Drehzahl, um spontan Druck aufzubauen. Mit weniger als 6.000 Touren fehlt es an unmittelbarem Vortrieb - in technisch anspruchsvollen Passagen ist daher entweder die Wahl des richtigen Gangs entscheidend oder der Griff zur Kupplung notwendig. Diese arbeitet erfreulich leichtgängig, lässt sich direkt am Hebel in der Weite einstellen und bietet eine fein dosierbare Rückmeldung. Traktor-Charakter bietet der Einzylinder nicht, doch wer ihn mit Nachdruck bewegt, wird mit solidem Vortrieb belohnt. Dafür ist die Dosierbarkeit der ByBre Bremssysteme nicht ganz optimal. Die Vorderradbremse beißt weich zu, braucht etwas Kraft am Hebel für flottere Verzögerungen, steigert aber schön progressiv den Bremsdruck. Die Hinterradbremse beißt aber schon nach nur wenig Hebelweg und sehr vehement zu, sodass es auf losem Untergrund und mit dicken Enduro-Stiefeln richtig schwer wird, das Heck präzise an die Haftgrenze zu bringen.
Das Fahrwerk liefert auch abseits des Asphalts eine überzeugende Vorstellung. Für den Test wurde an der Gabel die Druckstufe um sechs Klicks erhöht, was der Frontpartie mehr Reserven bei schnellen Schlägen verschafft und sich auch in der Bremszone positiv auswirkt. Dennoch bleibt das Gesamtpaket gut ausbalanciert und vermittelt eine gelungene Mischung aus sportlicher Rückmeldung und komfortabler Dämpfung. Für ambitionierte Hobby-Enduristen bietet das WP XPLOR-Fahrwerk genügend Reserven und ein schönes Ansprechverhalten.
Positiv fällt auch die Elektronik auf. Die Offroad-Traktionskontrolle erlaubt ein gewisses Maß an Schlupf am Hinterrad und greift erst dann ein, wenn es wirklich notwendig wird. Damit unterstützt sie insbesondere Fahrer, die gerne im "sorglos"-Modus unterwegs sind, ohne durch übermäßige Eingriffe bevormundet zu werden. Wer die Traktionskontrolle deaktiviert, profitiert weiterhin vom gutmütigen, berechenbaren Charakter des Motors - die Leistungsentfaltung bleibt stets kontrollierbar und nie überfordernd.
Langstrecken mit der 390 Enduro R - Dual-Sport mit Praxiswert
Da die KTM 390 Enduro R als geländetaugliches Dual-Sport-Bike auftritt, muss sie im Alltag ebenso auf längeren Etappen und auf der Straße überzeugen. Mit einer zulässigen Zuladung von 209 Kilogramm ist sie auch für Gepäck oder Soziusbetrieb gut gerüstet. Besonders hervorzuheben ist das Serviceintervall von 10.000 Kilometern - ein außergewöhnlich wartungsfreundlicher Wert für ein Einzylindermodell mit Offroad-Ambitionen und ein wichtiger Unterschied zu den auf Performance fokussierten Einzylindern der KTM Hardenduros. Dank des 6-Gang-Getriebes lässt sich mit der 390 Enduro R auch längere Zeit auf der Autobahn verbringen. Die Höchstgeschwindigkeit liegt bei etwa 160 km/h, bei Reisegeschwindigkeiten um 130 km/h dreht der Motor etwas über 7.500 U/min. Die Drehzahl ist zwar hör- und spürbar, bleibt aber im erträglichen Bereich. In dieser Gangart pendelt das Motorrad leicht bei Spurwechseln oder unter Volllast, bleibt jedoch insgesamt stabil und zeigt kein kritisches Aufschaukeln.

Auch Komfortaspekte kommen nicht zu kurz: Die Sitzbank bietet trotz der schlanken Bauweise ausreichende Polsterung, das Fahrwerk zeigt sich auch auf langen Etappen komfortabel und schluckfreudig genug. Im Test lag der durchschnittliche Verbrauch laut Bordcomputer bei 4,7 Litern auf 100 Kilometer - ein realer Verbrauch unter dieser Marke scheint realistisch. In Kombination mit dem 9-Liter-Tank ergibt sich damit eine Reichweite von rund 200 Kilometern, was für eine kompakte Enduro durchaus praxisgerecht ist. Hochfrequente Vibrationen sind bei 100 km/h kaum spürbar, nehmen jedoch bei höherem Tempo zu - insbesondere über die linke Fußraste und den Lenker. Wartungsfreundlich zeigt sich das Fahrzeug beim Luftfilter, der relativ einfach unter einem seitlichen Verkleidungsteil zugänglich ist.
Kritik gibt es dennoch im Detail: Trotz des modernen TFT-Displays fehlt eine Reichweitenanzeige sowie eine Tankanzeige - zwei Funktionen, die gerade bei längeren Touren oder abgelegenen Strecken hilfreich wären. Zudem lässt sich die Federvorspannung am hinteren Federbein nur nach Demontage eines Seitenverkleidungsteils verstellen, was die schnelle Anpassung bei wechselnder Beladung unnötig erschwert. Dennoch bleibt die 390 Enduro R eine der wenigen echten Dual-Sport-Optionen, die sowohl für Wochenendtouren als auch für gelegentliche Abstecher ins Gelände gleichermaßen geeignet ist.
Der wunde Punkt der 390 Enduro R: Gewicht und Leistungsgewicht sorgen für Diskussionen
Trotz ihrer gelungenen Gesamtabstimmung und praxisnahen Ausstattung sieht sich die KTM 390 Enduro R auch berechtigter Kritik ausgesetzt - vor allem von Fahrern, die seit Jahren auf eine wirklich leichte, geländegängige und langstreckentaugliche Enduro warten. Als die ersten technischen Daten bekannt wurden, war die Enttäuschung in Teilen der Szene deutlich spürbar. Mit vollgetankten 167 Kilogramm bei 45 PS liegt das Leistungsgewicht der 390 Enduro R hinter den Erwartungen vieler klassischer Enduristen zurück. Gerade im Vergleich zu den Dual-Sport-Modellen der 1990er- und 2000er-Jahre, die bei ähnlicher Leistung deutlich leichter gebaut waren, wirkt die 390er schwer. Selbst die deutlich stärkere KTM 690 Enduro R bringt minimal weniger Gewicht auf die Waage - bei gleichzeitig über 70 PS Leistung.
Allerdings greift bei der 390 Enduro R die gesetzliche A2-Regelung, die ein maximales Leistungsgewicht von 0,2 kW/kg vorschreibt. Eine leichtere Bauweise würde es KTM also nur ermöglichen, weniger Leistung anzubieten - was das Konzept zusätzlich schwächen würde. Ein Drosselkit für A2-Piloten wäre zwar auch denkbar, doch KTM erklärt auf Nachfrage, dass konsequenter Leichtbau mit höheren Produktionskosten einhergehen. Die 390 Enduro R sei bewusst so konzipiert worden, um ein möglichst attraktives Preis-Leistungs-Verhältnis bieten zu können. Auch wenn dies technisch nachvollziehbar ist, bleibt das hohe Gewicht bei vergleichsweise moderater Leistung einer der zentralen Kritikpunkte - insbesondere für erfahrene Offroad-Fahrer mit hohen Erwartungen an Dynamik und Handling im Gelände.
Preis und Verfügbarkeit - bewusst limitiert und dennoch attraktiv positioniert
Die KTM 390 Enduro R 2025 wird in Österreich mit einem Listenpreis von 6.999 Euro angeboten, in Deutschland liegt der Preis bei 6.299 Euro. Damit ist sie preislich exakt auf dem Niveau ihrer Schwestermodelle aus der 390er-Familie, etwa der Duke, und bietet für das gebotene Technikpaket inklusive einstellbarem Fahrwerk und moderner Elektronik eine konkurrenzfähige Einstiegsmöglichkeit in die Dual-Sport-Welt. Der Verkaufsstart in den heimischen KTM-Stores ist für die kommende Woche angekündigt. Allerdings verfolgt KTM nach der Phase wirtschaftlicher Turbulenzen rund um beinahe-Konkurs und dem damit verbundenen Produktionsstillstand eine vorsichtige Strategie. Die Rückkehr zur Normalität erfolgt bewusst langsam und mit Fokus auf langfristige Stabilität. Das hat direkte Auswirkungen auf die Verfügbarkeit: Laut aktuellen Informationen wird nur eine hohe zweistellige bis maximal niedrige dreistellige Stückzahl der 390 Enduro R bis Jahresende nach Österreich gelangen. Wer sich für das neue A2-Enduromodell interessiert, sollte daher frühzeitig Kontakt mit dem Händler aufnehmen - denn die Nachfrage dürfte das Angebot kurzfristig übersteigen.
Fazit: KTM 390 Enduro R 2025
Die KTM 390 Enduro R ist genau das, was vielen lange gefehlt hat: eine echte Dual-Sport-Maschine, die sich nicht in die Extreme flüchtet. Sie ist weder eine kompromisslose Hardenduro noch ein auf Stollen getrimmtes Naked Bike, sondern ein vielseitiges Werkzeug für Alltag, Reise und Gelände. Einfach in der Bedienung, agil genug für Landstraßen, komfortabel genug für längere Distanzen und mit einem Fahrwerk ausgestattet, das auch ambitioniertes Offroad-Fahren möglich macht. Dabei leistet sie sich kleinere Schwächen wie das spürbare Gewicht, leichte Vibrationen oder eine bissige Hinterradbremse - doch diese relativieren sich angesichts des attraktiven Preises. Wer Vielseitigkeit höher schätzt als technische Perfektion in einem einzelnen Bereich, findet in der 390 Enduro R ein durchdachtes, modernes und sehr ausgewogenes A2-Bike.- vielseitiger Einsatzbereich
- gut abgestimmtes, einstellbares Fahrwerk
- gute Ergonomie im Sitzen und Stehen
- moderne Elektronik mit Offroad-Optionen
- hohe Wartungsintervalle
- zugängliche Leistungsentfaltung
- Ride-by-Wire mit Verzögerung
- keine Tank- oder Reichweitenanzeige im Display
- Hinterradbremse schlecht dosierbar
- Federbein-Vorspannung nur umständlich verstellbar
- Getriebe teils etwas hakelig
Bericht vom 25.07.2025 | 1.579 Aufrufe