Die Aprilia Tuareg Rally 660 im Straßentest

Fürs Gelände optimiert – aber wie schlägt sie sich am Asphalt?

Fast jeder Hersteller von Reiseenduros, der etwas auf sich hält, hat mittlerweile eine "Rally" im Angebot, die mehr oder weniger Offroad-Ambitionen wecken soll. Auch Aprilia hat seine Tuareg 660 diesbezüglich ordentlich nachgeschärft. Natürlich in erster Linie, um auf unbefestigten Wegen noch besser zu performen, wir haben sie aber auch auf der Straße getestet, um herauszufinden, wie universell die schlanke, hochbeinige Italienerin ist.

von wolf am 24.05.2025

Das Motor-Upgrade auf Euro 5+ hat der Aprilia gut getan

Das Erscheinungsbild er Aprilia Tuareg Rally 660 vermittelt auf den ersten Blick Sportlichkeit. Der hohe Frontfender, der serienmäßige SC-Project-Auspuff, die Lackierung. Da passt es ganz gut, dass im Zuge der Adaptierung auf Euro 5+ auch ordentlich am Motor Hand angelegt wurde und dieser mit größeren Drosseklappen versehen in Verbindung mit einem neuen Mapping nun noch direkter, effizienter zu Werke geht. Ein Upgrade, das auch dem Standardmodell zuteil wurde und das dem 659-Kubik-Reihenzweizylinder, der weiterhin 80 PS bei 9.250 U/min sowie ein maximales Drehmoment von 70 Newtonmeter bei 6.500 U/min leistet, ausgezeichnet zu Gesichte steht, dem Motorrad einfach mehr Punch auch von unten raus bietet. Dennoch will die Aprilia geschalten werden, so man sie sportlich bewegt, was mit dem serienmäßigen Quickshifter aber ohnehin einem Genuss gleichkommt.

Die lineare Federung gibt dem Fahrer mehr Feedback und Kontrolle

Worin unterscheidet sich die Rally nun aber wirklich zur "normalen" Tuareg 660? Vor allem im Fahrwerk, obwohl der ohnehin schon stolze Federweg von 240 Millimeter vorne wie hinten unangetastet geblieben ist. Allerdings kommen in der Rally nun Federn mit einer linearen Elastizitätskonstanten anstatt progressiver Federn zum Einsatz, was in der Praxis weniger Einsinken zur Folge hat und zwar einerseits den Komfort auf der Straße ein wenig einschränken mag, dem Fahrer aber mehr Feedback bzw. Kontrolle gibt und so richtig fein anspricht. Da macht es auch keinen Unterschied, wenn die Straße mal schlechter, rumpeliger wird. In Verbindung mit einer höheren Sitzposition - man thront jetzt auf stolzen 880 Millimeter, obwohl dies ja von den Federwegen gar nicht nötig gewesen wäre und dem einen oder anderen kleineren Piloten wohl weniger schmecken wird - verbessert das die Ergonomie und erleichtert den Wechsel zwischen Sitz- und Stehposition. Was ja bei einem Rally-Modell doch öfter Mal vorkommen soll, weshalb das Anwachsen der Sitzhöhe prinzipiell Sinn macht. Die durchgehend flache Sitzbank ermöglicht aktives, sportliches Fahren, das KYB-Fahrwerk ist übrigens vorne und hinten voll einstellbar.

Auf der Tuareg Rally thront man hoch. Körpergroße des Fahrers: 175 cm.

Gut abgestimmte Fahrmodi und ein Tempomat für die Reisetauglichkeit

Stichwort einstellbar: Das ist auch die mehrstufige Traktionskontrolle, die sich jederzeit einfach und während der Fahrt adaptieren lässt. Überhaupt ist die Menüführung an der Aprilia recht intuitiv zu bedienen, die vier Fahrmodi (Urban, Explore, Offroad und Individual) sind gut abgestimmt. Ganz Rally-Like lassen sich ABS und Traktionskontrolle auch deaktivieren, ein Tempomat unterstreicht, dass bei allem Augenmerk auf Sportlichkeit auch auf Reisetauglichkeit nicht vergessen wurde.

In der Rally konnten noch einmal ein paar Kilo abgespeckt werden

Der schon eingangs erwähnte Titan-Auspuff von SC-Project vermittelt der Tuareg Rally nicht nur einen satten, charaktervollen Sound, sondern half auch mit, das Gewicht gegenüber dem ohnehin in dieser Klasse schon angenehm auffallend leichten Standardmodell um weitere fünf Kilo zu reduzieren. Wozu auch die extra fürs Gelände strapazierfähigen Ergal-Felgen ihren Teil beitragen und so ein offizielles Gewicht von 199 Kilo fahrfertig ergeben. Auf unserer unbestechlichen 1000PS-Viehwaage brachte es die Aprilia randvollgetankt auf 205 Kilo, was den klaren Bestwert gegenüber ihrer unmittelbaren Konkurrenz bedeutete. Und das, obwohl auch ein wirklich robuster Alu-Motorschutz serienmäßig verbaut ist, auch die stabileren Handschützer mit Metallkernen werden ein wenig mehr wiegen, als bei der normalen Tuareg.

Trotz robuster Schutzmaßnahmen konnte die Rally-Version an Gewicht einsparen.

660 Kubik genügen für Fahrspaß, wenn sie in einer Aprilia stecken

Doch zurück auf die Straße. Dort zeigt die Aprilia, dass man auch mit 660 Kubik richtig Fahrspaß haben kann und sie sich auch vor hubraumstärkeren Mitstreitern nicht verstecken muss - im Gegenteil. Die sportlichen Attribute wie ihre Agilität und das präzise Handling machen die Tuareg in Verbindung mit dem nach dem Upgrade spürbar präsenteren Motor im kurvenreichen Terrain fast schon zu einer Waffe, die einen den etwas verminderten Komfort durchaus vergessen lassen. Wozu auch die performanten Bremsen ihren Teil beitragen, die das leichte Gefährt nicht zu bissig, aber doch punktgenau verzögern. Unser Testverbrauch lag bei 4,9 Liter auf 100 Kilometer, was in Verbindung mit dem 18-Liter-Tank Reichweiten von über 350 Kilometer realistisch erscheinen lässt - ein ordentlicher Wert für eine Reiseenduro. Der Windschutz des nicht verstellbaren Windschilds gehört definitiv nicht zur Oberklasse, für nicht zu groß gebaute Fahrer ist er aber in jedem Fall ausreichend. Weshalb die Tuareg Rally 660 keinesfalls nur eine Option für Geländefahrer ist, sondern auch für den Straßenfahrer, dem es vor allem die Optik angetan hat. Nüchtern betrachtet wird man zwar auf Asphalt mit der Tuareg 660 einen Tick komfortabler unterwegs sein, aber wer betrachtet Motorräder schon ohne Emotionen?

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Fazit: Aprilia Tuareg 660 Rally

Die Aprilia Tuareg Rally beweist, dass auch ein Adventurebike mit 660 Kubik in der heutigen Zeit richtig viel Spaß machen kann. Sie verbindet das beste aus zwei Welten - die Leistung und der Charakter eines echten Rallybikes, mit dem Komfort eines Adventurebikes. Im Gelände zeigt sie enorm viel Feedback und schenkt dadurch schnell Vertrauen. Auf der Straße punktet sie mit Quickshifter, Tempomat und Reise-Zubehör direkt aus dem Hause Aprilias.


  • Überarbeitetes Motormapping mit giftiger Gasannahme
  • Sehr stabile Fahrweise im Gelände
  • Erstaunlicher Sound für Euro 5+
  • Quickshifter und Tempomat dabei
  • Schmalere Felgen für richtige Enduroreifen
  • Einfache Bedienung der Assistenzsysteme
  • Ständer kommt an Ferse an im Stehen
  • Lineare Federung vermindert Komfort auf Straße
  • Öfters Schalten notwendig für konstante Power

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