Kawasaki Ninja 1100SX SE 2025 im Test
Alles beim Alten?
Die Ninja 1100SX (SE) bleibt auch 2025 ein Sporttourer der alten Schule, doch Kawasaki hat an entscheidenden Stellen nachgebessert, um das Standing des bewährten Vierzylinder-Reisemotorrads am Markt zu festigen. Erster Test!
Testumgebung und Bedingungen: Viladrau und der Naturpark Montseny
Die Testfahrt zur neuen Kawasaki Ninja 1100SX SE (wir fuhren ausschließlich das SE-Modell) findet in der spektakulären Umgebung nördlich der Millionenstadt Barcelona Viladrau im Naturpark Montseny statt einem Paradies für Motorradfahrer. Dieser Nationalpark ist bekannt für seine kurvenreichen Bergstraßen, steilen Anstiege und abwechslungsreichen Landschaften.
Der Testtag selbst war wettertechnisch herausfordernd, aber realitätsnah: Am Morgen herrschte dichter Nebel, der in der Wirkung mit Nieselregen zu vergleichen ist, die Straßen präsentieren sich feucht und rutschig und das dunkle Visier meines HJC RPHA 71 Carbon macht die Sache auch nicht leichter. Die Temperaturen lagen in den frühen Morgenstunden bei etwa 2-5 Grad °C. Rechtzeitig vor dem Foto- und Videopunkt am späteren Vormittag klarte der Himmel auf, was für bessere Sichtverhältnisse und Wärme sorgt. Immerhin 14 °C zeigt das Display der Ninja. Solche wechselnden Bedingungen stellen ein ideales Testfeld für Sporttourer wie die Ninja 1100SX dar, die nicht nur auf trockener Straße, sondern auch unter widrigen Umständen überzeugen müssen.
Kawasaki Ninja 1100SX 2025: optische Evolution statt Revolution
Kawasaki bleibt seiner Designphilosophie trotz Namenswechsel treu und setzt bei der Ninja 1100SX 2025 auf bewährte Werte: Sportlichkeit, Stabilität und Tourentauglichkeit. Optisch gleicht die neue Version fast 1:1 ihrer Vorgängerin, die sportliche Silhouette mit Anleihen an die Supersportler zelebrieren den Namen Ninja. Die SE-Variante ist erst auf den zweiten Blick als solche zu erkennen, macht mit Schwedengold im Heck und Stahlflexleitungen sowie der Brembo-Doppelscheiben Bremsanlage vor dem Eiscafe aber in Summe doch mehr her. Gleiches gilt für die neonfarbenen Felgenrandbänder, die der Kawa gut zu Gesicht stehen.
Auch die optional erhältlichen, farblich abgestimmten Koffer fügen sich nahtlos in den Sporttourer ein. Angenehm dabei: Nimmt man die Seitenkoffer ab, zeigt sich aufgrund der dezenten Einpassung ins Fahrzeug ein schlankes Heck ohne auswuchernde Kofferaufnahmen. Ob es die optionale Soziussitzabdeckung für eine noch sportlichere Optik auf einer Sporttouring-Maschine braucht, sei dahingestellt. Jedenfalls ist sie neben vielen anderen Teilen im umfangreichen Kawasaki-Zubehör erhältlich.
Produkttipps
Motor und Performance: Alltagsperformance statt Spitzenleistung
Das Herzstück der Ninja 1100SX bleibt der bewährte Reihenvierzylinder mit nun 1.099 cm³ Hubraum. Der Zuwachs von rund 50 Kubik ergibt sich durch eine Verlängerung des Hubs um 3 Millimeter - das Ergebnis: 136 PS bei 9.000 U/min und 113 Nm Drehmoment bei 7.600 U/min. Nominell ist die 1100er somit 6 PS schwächer als ihre Vorgängerin, die 142 PS bei 10.000 U/min Spitzenleistung bot. In der Praxis jedoch bietet der Motor spürbar mehr Durchzug, insbesondere aus mittleren Drehzahlen. Sowohl das Drehmoment (um 400 Umdrehungen) als auch die Spitzenleistung (um 1000 Umdrehungen) liegen beim Euro 5+ tauglichen Aggregat früher an. Diese Drehmomentstärke (+2 Nm) sorgt dafür, dass die fehlende Spitzenleistung im Praxisbetrieb mehr als ausmerzt und die 1100er das flottere Motorrad ist. Die Fahrmodi sind altbekannt, "Road" ist der go-to Modus im Alltag und bietet einen guten Kompromiss aus Sicherheitsreserven und Vortrieb, während der Modus "Sport" durch deutlich zurückhaltendere Eingriffe der Traktionskontrolle auf flott gefahrenen Etappen am meisten Sinn macht. Das Ansprechverhalten der 1100er Ninja ist erhaben und auch in der schärfsten Konfiguration gut zu kontrollieren.
Die Gänge 1 bis 4 sind sportlich kurz übersetzt und ermöglichen knackige Beschleunigungen aus engen Kurven. Die längeren Übersetzungen in den Gängen 5 und 6 senken die Drehzahlen auf der Autobahn und machen die Ninja zu einem entspannten Langstrecken-Tourer. Einzig die Vibrationen des Vierzylinders machen sich auf längeren Etappen in den Extremitäten bemerkbar. Besonders positiv fiel der serienmäßige Quickshifter auf, der butterweiche Gangwechsel ermöglicht. Allerdings erfordert die Schaltarbeit mit großen Füßen (Größe 45 in meinem Fall) etwas Feingefühl, da der Raum zwischen Fußraste und Schalthebel eng bemessen sind.
Elektronik der Ninja 1100SX SE: Feiner abgestimmt, aber in der Handhabung nicht perfekt
Kawasaki hat die Elektronik der Ninja 1100SX an entscheidenden Stellen überarbeitet, auch wenn sich am Papier (oder in den Kawasaki-Presseunterlagen) kein Unterschied im Funktionsumfang zu früher feststellen lässt. Besonders die Traktionskontrolle arbeitet jetzt präziser, da sie nicht mehr durch Zündunterbrechungen eingreift, sondern die Drosselklappen direkt steuert, verrät mir ein Kawasaki-Techniker beim Abendessen. Das Resultat ist ein spürbar sanfterer Eingriff, der das Motorrad stabiler und berechenbarer macht. Die Aufwertung der Connectivity-Funktionen samt Sprachsteuerung und Turn-by-Turn Navigation konnten nicht getestet werden. Für die Navigation während des freien Fahrens am Nachmittag stellt Kawasaki ein TomTom-Navigationsgerät zur Verfügung.
In der Bedienbarkeit gibt es bei der 1100er Kritikpunkte, die bereits von der 1000SX bekannt sind und leider nicht behoben wurden: Das Verstellen der Fahrmodi bleibt umständlich, da es sekundenlanges Halten der Taste bei geschlossenem Gasgriff erfordert. Der Tempomat, der auf Langstrecken ein nützliches Feature darstellt und grundsätzlich auch zufriedenstellend funktioniert, zeigt die eingestellte Geschwindigkeit nicht im Display an. Gleiches gilt für die bei der SE-Variante serienmäßig verbauten Heizgriffe, welche der drei Stufen aktiv ist, lässt sich ausschließlich durch Zählen der Blinkvorgänge an der Taste eruieren. Wer bei der der Ninja 1100SX SE an Features wie Kurvenlicht oder ein elektronisch einstellbares Fahrwerk gedacht hat, irrt. Dieser Luxus bleibt der Ninja H2 SX SE vorbehalten.
Eine neue Ausstattung an der Ninja 1100SX (SE) verdient besonderes Augenmerk, was leicht fällt, schließlich ist er kaum zu übersehen: Der USB-C Ladeport am Lenker. Er verbirgt sich unter einer großen Abdeckung etwa in der Größe einer Streichholzschachtel, ich spreche jedoch nicht von den kleinen handelsüblichen Zündern, sondern von den großen, die lang genug Feuer geben um alle Kerzen eines mittelgroßen Christbaums anzuzünden. Vermutlich überdauert diese Einheit eisige Kälte, extreme Hitze, Starkregen und Hagel sowie nukleare Angriffe, doch für den Betrieb im Alltag hätte es eine dezenter integrierte Lösung auch getan.
Ninja 1100SX: Die SE-Version als Upgrade für Anspruchsvolle
Die SE-Version hebt sich durch die folgenden Features bzw. Ausstattungsmerkmale von der Standardvariante ab:
- Bremsen: Brembo-M4.32-Bremszangen in Kombination mit Stahlflexleitungen liefern ein präzises, kraftvolles Ansprechverhalten.
- Fahrwerk: Das Öhlins S46-Federbein mit Handrad zur Federvorspannung sorgt für maximale Anpassbarkeit und eine exzellente Dämpfungsperformance.
- Griffheizung: Besonders an kalten Testtagen wie diesem bewähren sich die dreistufig einstellbaren Heizgriffe. Doch selbst auf der höchsten Stufe stoßen sie bei Temperaturen um 2 °C an ihre Grenzen für eisige Touren reicht die Heizleistung nicht ganz aus.
Anmerkung zu Bremsen und Federbein: Ohne direkten Vergleich (die Standardvariante stand nicht zum Test zur Verfügung) zwischen den beiden Modellvarianten lassen sich keine Aussagen treffen, ob sich der Aufpreis für die SE-Version lohnt. Die folgenden Fahreindrücke zu Bremse und Fahrwerk beziehen sich auf die Ninja 1100SX SE.
Fahreindrücke Ninja 1100SX SE: Stabil und vertrauenserweckend, potente Bremse
Mit ihrem Gewicht von 234 kg (1 kg leichter als die Standardvariante) ist die Ninja 1100SX SE keine Gazelle, folglich verhält sie sich in engen Kurven etwas träge. Dazu trägt auch die stark ins Fahrzeug integrierte Sitzposition bei. In langgezogenen Radien hingegen spielt sie ihre Stärken voll aus und überzeugt mit beeindruckender Stabilität. Die als Erstausrüstung aufgezogenen Bridgestone S23-Reifen bieten hervorragenden Grip, selbst bei nassen oder kalten Straßenbedingungen konnte der Road-Modus genutzt werden. Die Pneus unterstützen das ausgezeichnete Gefühl fürs Vorderrad, das die Ninja bietet.
Das Fahrwerk der SE-Version glänzt durch eine ausgewogene Abstimmung. Während die Showa-Gabel kurze Schlägen relativ unvermittelt an den Fahrer weitergibt und somit leichte Schwächen im Ansprechverhalten zeigt, punktet das bewährte und bereits aus anderen SE-Modellen von Kawasaki bekannte Öhlins-S46Federbein mit einem feinfühligen Komfort. Grundsätzlich ist die Ninja 1100SX SE kaum aus der Ruhe zu bringen, ein Sporttourer durch und durch.
Ideal abgerundet wird das Paket der Ninja 1100 durch die Brembo-M4.32-Bremsanlage samt Stahlflexleitungen. Selbst bei noch so flotter Gangart auf der Landstraße über einen langen Zeitraum hinweg wandert der präzise Druckpunkt am Hebel keinen Millimeter. Eine gute Nachricht für all jene, die in Radien gerne mit der Hinterradbremse arbeiten: Der Zuwachs im Durchmesser im Vergleich zur Vorgängerin ist für die nun spürbar effektivere Bremswirkung an der Hinterhand verantwortlich. Die Gesamt-Bremsperformance ist präzise auf die 1100er abgestimmt und als absolut gelungen zu bezeichnen.
Komfort, Ergonomie und Tourentauglichkeit: Solide Basis mit Luft nach oben
Das, wie schon bei der 1000er, in vier Neigungsstufen verstellbare Windschild bietet auf längeren Fahrten guten Schutz vor Wind und Wetter. Allerdings kommt es bei niedrigen Temperaturen im Bereich der Hände und im Schrittbereich zu leichter Zugluft, was den Komfort insbesondere bei Niederschlag und/oder niedrigen Temperaturen schmälert. Der Verstellmechanismus ließ so manchen Kollegen ratlos zurück, weil er den Hebel einfach nicht findet. Als erfahrener Ninja SX Fahrer kennt man den dezent, beinahe versteckt positionierten Hebel rechts unter dem Display, leicht erreichbar ist er dennoch nicht. Die Absenkung der Windschildposition in eine flachere Position gelingt einhändig, während die Aufrichtung desselben während der Fahrt zum Husarenstück wird. Dem Sicherheitsgedanken der japanischen Ingenieure folgend, sollte eine Verstellung wohl ausschließlich im Stand erfolgen, für alle Unbelehrbaren hab ich einen kleinen Tipp: Der Tempomat hilft.
Die Sitzposition ist für mittelgroße Fahrer angenehm und bietet eine gute Balance aus Sportlichkeit und Langstreckenkomfort. In Europa wird die Ninja 1100SX (SE) standardmäßig mit der hohen Sitzbank ausgeliefert, was bei beiden Modellen eine Sitzhöhe von 835 mm ergibt. Kleinere Fahrer finden im Zubehör auch noch eine niedrigere Sitz-Variante mit 820 mm Sitzhöhe. Trotz des angedeuteten Krickerl-Lenker lastet auch nach Stunden im Sattel nicht zu viel Last auf den Handgelenken, die Sitzposition ist für einen Sporttourer verhältnismäßig angenehm aufrecht. Große Fahrer könnten sich allerdings am spitzen Kniewinkel stören, der auf längeren Fahrten die Bewegungsfreiheit einschränkt.
Die optionalen, altbekannten und beim Test montierten Seitenkoffer mit einem Fassungsvermögen von 28 Litern pro Seite sind elegant integriert und fassen problemlos einen Integralhelm. Sie machen die Ninja 1100SX zum idealen Tourenbegleiter, erhöhen aber den Gesamtpreis des Motorrads spürbar. Wer damit immer noch nicht genug Stauraum vorfindet, kann im Zubehör auch noch ein Topcase in Motorradfarbe ordern.
Ninja 1100SX (SE) Verbrauch, Reichweite, Zweipersonenbetrieb und Zuladung
Der Verbrauch liegt laut offizieller Angabe seitens Kawasaki mit 5,7 Litern unter dem der Vorgängerin. Wir kamen bei sehr moderater Fahrweise am Vormittag jedoch nicht unter 6 Liter laut Anzeige im Display, bei sportlichem Einsatz lässt sich dieser Wert im Handumdrehen auf 7,5 Liter steigern, im Soziusbetrieb vermutlich noch weiter. Eine tatsächliche Verbrauchsmessung muss auf den Test in heimischen Gefilden vertagt werden, da die Motorräder in der Mittagspause betankt wurden. In Kombination mit dem 19 Liter fassenden Tank ergibt sich somit eine Reichweite von 250 bis maximal knapp über 300 Kilometer.
Stärker einschneidend ins Gewicht fällt die relativ geringe Zuladung der Ninja 1100SX (SE) von nur 195 kg. Das könnte für Fahrer mit Gepäck und Sozius eng werden. Vor allem auf langen Reisen mit entsprechendem Platzbedarf und der Konfiguration Side- und Topcase, sollten die Passagiere nicht zu schwer sein. Das ist schade, bietet das Gestühl in Reihe zwei doch komfortable Polsterung und grundsätzlich genug Platz für den Fahrspaß zu zweit.
Ninja 1100 SX (SE) Preise, Verfügbarkeit, Farbvarianten
Die Ninja 1100SX 2025 wird in Deutschland und Österreich ab November 2024 in zwei Versionen erhältlich sein:
- Standardmodell: 15.295€ in Deutschland bzw. 16.799€ in Österreich
- SE-Modell: 17.045€ in Deutschland bzw. 18.545€ in Österreich
Preise und Angebote zur Ninja 1100SX und SX SE in deiner Nähe:
Die Standardversion wird ausschließlich in der Farbkombination Metallic Carbon Gray/Metallic Diablo Black angeboten, während die SE-Version in den Farben Emerald Blazed Green/Metallic Diablo Black und Metallic Matte Graphene Steel Gray/Metallic Diablo Black erhältlich ist.
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- hohe Stabilität, solide Verarbeitung
- hohe Tourentauglichkeit
- Quickshifter und Traktionskontrolle agieren auf hohem Niveau
- tolles Ansprechverhalten auch im Modus Sport
- Verbrauch relativ hoch
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- Zuladung gering
- Bedienung nicht immer intuitiv
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- erhabene Bremsen
- hohe Stabilität, solide Verarbeitung
- hohe Tourentauglichkeit
- Quickshifter und Traktionskontrolle agieren auf hohem Niveau
- tolles Ansprechverhalten auch im Modus Sport
- Öhlins S46-Federbein mit guter Performance
- Verbrauch relativ hoch
- Gabel mit Schwächen im Ansprechverhalten
- Zuladung gering
- Bedienung nicht immer intuitiv
Bericht vom 19.11.2024 | 9.455 Aufrufe