Dunlop Trailmax Raid 50/50-Reifen im Reisetest
Langstrecken bzw. Nässeperformance des neuen Grobstollers
Sogenannte 50/50er-Reifen, also gleichermaßen geeignet für die Fahrt auf der Straße und abseits davon, kommen immer mehr in Mode. Mit dem Trailmax Raid hat nun auch Dunlop einen im Programm. Nachdem Gregor davon schon beim Produktlaunch in Italien sehr angetan gewesen ist und ihn sich danach auch für eine Friaul-Tour auf seine Yamaha Tenere 700 aufzog, hat ihm nun Wolf auf einer Reise durch Slowenien, Italien, Griechenland, Bulgarien, Rumänien und Ungarn auf den Zahn bzw. Gummi gefühlt. 5.200 Kilometer an der Husqvarna Norden 901, auf denen von Autobahn über kurvenreiche Passstraßen, gutem und richtig schlechtem Asphalt, heftigem Regen bis hin zu grobem Schotter alles dabei gewesen ist.
Wo kann man einen Reiseenduro-Reifen besser testen als auf der Reise?
Auch wenn das Anforderungsprofil auf einer Tour zu zweit, die doch vornehmlich auf der Straße passieren wird, nicht zwingend nach einem 50/50er-Reifen schreit, habe ich nicht lange gezögert, den neuen Dunlop auf die Norden aufzuziehen. Schließlich können die modernen Grobstoller auch auf Asphalt einiges, sind die Zeiten, wo man damit nur schaumgebremst fahren kann, längst vorbei. Und dazu sollte er mir bei meinen regelmäßigen Schotterausflügen, die gerne mal gröber werden dürfen, während Sozia den Strand genießt, mehr Reserven bieten, als z.B. der serienmäßig an der Husqvarna montierte Pirelli Scorpion Rally STR, der performance-mäßig irgendwo zwischen 70/30 und 80/20 angesiedelt ist und mittlerweile so etwas wie eine Benchmark auf Reiseenduros mit gemäßigtem Offroad-Anspruch geworden ist. Und wo kann man einen Reiseenduro-Reifen besser testen als auf der Reise?
Für einen Stollenreifen ist der Raid eher auf der leisen Seite
Los gings wie meistens bei einer längeren Tour auf der Autobahn, um Strecke zu machen bzw. jene Gegenden rascher hinter uns zu lassen, wo wir ohnehin regelmäßig unterwegs sind. Bei etwa 70-80 km/h ist ein leichtes "Singen" am Vorderrad zu vernehmen, das sich bei höheren Geschwindigkeiten aber rasch wieder verflüchtigt, zwischen 125 und 135 km/h wurde die Fuhre etwas unruhig, wobei dieses minimale "Pendeln" nicht zwingend am Reifen gelegen haben muss, sondern seine Begründung ebenso am voll beladenen Motorrad zu finden sein könnte. Insgesamt ist der Raid für einen Stollenreifen aber definitiv eher auf der leisen Seite, wobei es eben immer noch ein Stollenreifen ist und man sich dessen schon bewusst sein muss, dass der nicht die Lautstärke eines reinen Straßenreifens oder auch 90/10er.
Hohes Gripniveau ließ rasch Vertrauen in den Gummi aufbauen
Aber Autobahn ist nur ein Mittel zum Zweck und nicht das, was ich von diesem Reifen in erster Linie verlange. Also runter, rauf auf den ersten Pass. Hier entpuppt sich der Raid als agil, kein Hineinkippen in die Kurve, wie man das von vielen Grobstollern kennt und was Einsteigern in diesem Segment ganz sicher entgegen kommt. Dies begründet sich in den recht runden, weit nach außen gezogenen Blöcken an der Flanke des Vorderreifens. Sogenannte Verbindungsstege zwischen inneren und äußeren Stollen vorne wie hinten sorgen für Stabilität in der Kurve und ein durchaus hohes Gripniveau. Dies alles führte dazu, dass ich auf Anhieb großes Vertrauen in den Reifen aufbauen konnte, auf der gesamten Reise gab es nicht eine Schrecksekunde - wenn er hinten wegschmierte, so war das ausschließlich durch Gasgeben bei Schräglage im Kurvenausgang selbst provoziert, um seine Haftungsgrenzen auszuloten. Und die lassen durchaus beherzte Schräglagen zu, der Grenzbereich kündigt sich gut an, das ist stets kontrollierbar. Streifende Stiefelspitzen waren keine Seltenheit, die Rasten der Husqvarna hatten wir allerdings im Unterschied zur Norwegen-Tour im Jahr davor mit dem 80/20er Bridgestone AT41 nie am Schleifen. Trotzdem, und vor allem auch in Anbetracht der nicht geraden besten Asphaltqualität in Griechenland, Bulgarien oder Rumänien, ein sehr Vertrauen erweckendes Gripniveau, das bei runder Fahrweise kaum nach Zurückhaltung schreit.
Die Nässe-Performance auf der Straße ist einer der Trümpfe dieses Reifens
Was keiner auf der Motorrad-Reise wirklich haben will und dennoch bei einem ordentlichen Reifentest nicht fehlen darf, sind Fahrten im Regen, wo Dunlop ja im Vorfeld einiges versprochen hatte. Hierzu muss man wissen, dass keine Zweikomponenten-Gummimischung zum Einsatz kommt, sondern eine einheitliche mit hohem Silica-Anteil. Auch uns blieben einige, teils heftige Regengüsse nicht erspart und hier konnte mich der Trailmax Raid fast noch mehr überzeugen als im Trockenen. Ebenfalls ohne einer einzigen Schrecksekunde auf der gesamten Reise, moderate Schräglagen und zügige Kurvenfahrten sind kein Problem. Wobei man natürlich wissen muss, dass gerade die ersten Minuten nach Einsetzen des Regens immer mit Vorsicht zu genießen sind, weil das Wasser in Verbindung mit der Staubschicht am Asphalt einen rutschigen Film verursachen kann. Hat es sich erst einmal "eingeregnet", lässt es sich aber halbwegs normal fahren, wird in den meisten Fällen der Kopf früher die Grenze ziehen, als es der Reifen tut. Mir fällt kein 50/50er-Gummi ein, der hier besser wäre, da sind wir wirklich schon in etwa am Niveau des eingangs erwähnten Rally STR von Pirelli.
Erst wenn es matschig wird, stößt er Offroad etwas früher an seine Grenzen
Also runter von der Straße, wofür der Raid schließlich gemacht wurde. Und wo er auf unserer Tour sowohl auf tief verspurten Waldwegen zu zweit und mit Gepäck, als auch allein und ohne Seitenkoffer auf steilen, grobschottrigen Auf- und Abfahrten seinen Reifen stehen musste. Durchaus auf hohem Nivau, auch wenn die Seitenführung des Vorderreifens nicht ganz an die Klassenbesten herankommt. Steinstufen bzw. Felskanten werden gut absorbiert, matschige Passagen zeigten aber schon früher die Grenzen auf, als bei manch anderem 50/50er-Reifen. Wobei er sich rasch wieder sauber fährt. Feuchte Wiesen waren kein Problem, auch das Verzögern auf losem Untergrund ist ordentlich, was ihn dann auch bei höheren Schotter-Geschwindigkeiten gut kontrollierbar macht.
Wie lange er hält, liegt an vielen Komponenten, die Laufleistung ist aber ordentlich
Über Laufleistungen mache ich ja nur sehr ungern konkrete Angaben, zu Unterschiedlich ist diese bei den verschiedenen Fahrern, von viel zu vielen "Unbekannten" abhängig. Die Wahl des Motorrads bzw. dessen Leistung, ob man mit oder ohne Traktionskontrolle unterwegs ist, ob gripfressender Asphalt wie beispielsweise in Frankreich oder auf Sardinien oder ehe sensibler, reifenschonender Untergrund wie im Balkan bzw. Griechenland und nicht zuletzt die Gashand bzw. Fahrweise - all das führt zu großen individuellen Abweichungen. Nach unserer Tour bzw. zum Zeitpunkt des Testberichts hatte der Dunlop Trailmax Raid an der Husqvarna Norden 901 jedenfalls ziemlich genau 5.200 Kilometer runter. Im Reisemodus. Auf vertrauten Hausstrecken kann das schon wieder etwas anders ausschauen. Vorne ist jedenfalls schon eine Sägezahnbildung zu sehen, die bei Stollenreifen und voller Beladung schwer zu verhindern ist, aber bislang keinerlei Auswirkungen auf die Laufruhe nach sich zog, hinten zeigt das Reifenbild eine sehr gleichmäßige Abnutzung. Der Hinterreifen ist wohl noch für weitere knapp 2000 Kilometer gut, der vordere wohl für noch mehr - allerdings lässt die Offroad-Performance jetzt naturgemäß schon nach. Punkto Luftdruck bin ich ihn vorne mit 2,2 Bar, hinten mit 2,4 Bar gefahren, also 0,3 bis 0,5 Bar unter den empfohlenen Richtwerten. Das ist ein guter Kompromiss, um nicht immer beim Wechsel zwischen On- und Offroad anzupassen, mit dem auch die Schlauchlosfelgen der Husqvarna gut zurecht kommen. Bei Schlauchreifen, speziell mit montierten Reifenhaltern, kann der Wert auch dauerhaft deutlich niedriger sein.
Fazit: Ein Reifen, der den Kompromiss aus On- und Offroad richtig gut hinbekommt
Für wen ist der Dunlop Trailmax Raid nun die richtige Wahl? Für jeden, der seine Reiseenduro wirklich auch regelmäßig abseits der befestigen Wege bewegen und trotzdem auf der Straße nicht auf ein ordentliches Gripniveau verzichten will. Weil er den ewigen Kompromiss zwischen On- und Offroad richtig gut hinbekommt. Der Trend, dass diese Schere bei modernen Stollenreifen immer größer wird, also gute Offroad-Performance nicht zwingend schlechte Straßenfahreigenschaften nach sich ziehen und umgekehrt, wird auch vom neuen Dunlop richtig gut umgesetzt. Schwächen offenbart er als "Kompromissreifen" naturgemäß dort, wo man Höchstleistungen erwartet, wer aber auf der Straße nicht zwingend auf der letzten Rille daherkommen muss, und bei Offroad-Ausflügen auf allzu schlammige Passagen verzichten kann, ist mit dem Gummi bestens bedient. Die ordentliche Laufleistung und seine wirklich guten Nässeeigenschaften auf Asphalt machen ihn auch zur interessanten Wahl für Vielfahrer oder Reisen. Bei mir kommt er definitiv wieder Mal drauf, wenns auf Tour geht. Aber weil zwei Motorradreisende mehr spüren als einer, gibts nachstehend auch noch das Fazit von Gregor, der in etwa zur selben Zeit mit dem Raid im Friaul unterwegs gewesen ist.
Gregors Eindrücke vom Raid auf seiner 2000-Kilometer Tour mit der Tenere 700
Auf meiner ca. 2.000 km langen Friaul-Tour hat der auf meiner Yamaha Tenere 700 aufgezogene Satz Dunlop Trailmax Raid viel mitmachen müssen. Hohe Temperaturen, starke Regenfälle, feiner bis grober Schotter, Erdwege, Waldstraßen und sogar etwas Schnee waren dabei. All diese Situationen und mehr hat der Trailmax Raid bravourös gemeistert. Vor allem der Grip des Stollenreifens auf der Straße, und zwar im Trockenen und Nassen, hat mich begeistert. Das Vertrauen in den Reifen war schnell gegeben und so wurde es im Winkelwerk rasant. Aber auch Offroad schlägt sich der Reifen sehr gut. Die weiche Karkasse schluckt angenehm die Schläge, das Losbrechmoment des Reifens kündigt sich transparent an und auch härteres Gelände nimmt der Raid recht gelassen. Lediglich im schlammigen Terrain sind die recht eng beieinander positionierten Stollen des Reifenprofils schnell zugeklebt und der Reifen wird zum glitschigen Slick. Davon abgesehen ist der Dunlop Trailmax Raid als waschechter 50-50-Reifen aber bereit für so ziemlich jede Situation, die einem auf abenteuerlichen Reisen begegnen kann. Auf meiner Tenere bleibt er auf jeden Fall noch länger drauf!
Bericht vom 24.07.2023 | 26.794 Aufrufe