BMW R 1250 RS im Sporttourer-Vergleich 2021

Bayerischer Kult-Boxer für die flotte Reise

Der, über alle Zweifel erhabene, GS-Motor in einem sportlicheren Chassis, 17 Zoll vorn und hinten und mit weniger Gewicht, da kann einem eigentlich nichts abgehen, oder etwa doch?

Auf unserer Touren-Woche in der wunderschönen Motorradregion Steiermark bewegten wir eine aussterbende Gattung: Die Sporttourer. Von immer flotteren Reiseenduros (wir sehen hier mittlerweile Leistungen jenseits der 160 PS) bedroht, gibt es nur noch wenige Hersteller, die überhaupt Fahrzeuge dieser Gattung im Programm haben. Einer davon ist BMW mit der 2019 präsentierten R 1250 RS. Wie gut ist die sportliche Schwester der GS? Wir haben sie zusammen mit KTM 1290 Super Duke GT und Kawasaki Ninja 1000SX eine Woche lang auf einer Reise getestet.

Der Motor der BMW R 1250 RS: Ein Boxer, der die Alpen eroberte

Es kann kein Zufall sein, dass die BMW GS seit Jahren das meistverkaufte Motorrad in unseren Breiten ist, am günstigen Preis liegt es jedenfalls nicht. Auch in der sportlichen RS passt das Triebwerk wie die Faust aufs Auge. Toller Durchzug und Drehmoment satt in jeder Lebenslage zeichnen ihn aus. Direkt aus dem Keller reißt der 1254 Kubik große 2 Zylinder an, als gäbe es kein Morgen. Kein anderer Sporttourer lässt sich dermaßen schaltfaul bewegen, das Ansprechverhalten ist dabei vorbildlich. Das massive Drehmoment von maximal 144 Nm verleiht der R 1250 RS absolute Souveränität, die vor allem im Soziusbetrieb eine echte Freude ist.

Verbrauch gering - Reichweite groß: Die BMW R 1250 RS als Reisemaschine

Dass man den großen Boxer niemals drehen muss und dennoch problemlos in der Gruppe mitfährt, schlägt sich auch im angenehm niedrigen Verbrauch der R 1250 RS nieder. Gerade einmal 5,2 Liter Super auf 100 Kilometern flossen auf unserer ambitioniert gefahrenen Tour mit ca. einem Drittel Autobahnanteil durchschnittlich durch die Benzinleitungen in die Boxer-Brennräume. Damit ist die Bayerin das sparsamste Motorrad in unserem Trio. Dank des 18 Liter-Tanks ergibt sich für den Boxer-Sporttourer eine Reichweite von 346 Kilometern. Bei gemäßigter Fahrweise sind wahrscheinlich an die 400 Kilometer mit einer Tankfüllung drin.

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Komfortwertung: Heimspiel für den hübschen Sporttourer von BMW

Unser Testfahrzeug, das in dem herrlichen Goldton lackiert für mich eindeutig die schönste Möglichkeit ist den 1250er Boxer zu fahren, war unter anderem mit der optionalen, um 20 Millimeter höheren Sportsitzbank für den Fahrer ausgerüstet. Wer jetzt denkt, diese sei hart und unbequem, den muss ich leider eines besseren belehren. Selten bin ich auf einem Motorradsattel so komfortabel gesessen. Kleinere Piloten, wie der liebe Horvath beanstandeten die Entfernung von Sitzbank zu Lenker sei zu weit und zwinge den Piloten in eine am Motorrad aufgespannte Position. Mit meinen 1,87 Metern blieb ich davon glücklicherweise verschont.

Großen Anteil an dem angenehmen Gleiten auf der RS hat das (optionale) semiaktive ESA Fahrwerk. Dieses beschert der RS die schicke goldene Gabel und bietet mit ROAD und DYNAMIC zwar nur zwei Einstellmöglichkeiten, diese unterscheiden sich jedoch spürbar voneinander. Im Modus ROAD verhält sich der Sporttourer sänftenartig, schaukelt sich bei flotter Gangart aber durchaus auf, anders präsentiert sich der DYNAMIC Modus, hier liegt die RS grundsätzlich supersatt im Radius und lässt sich kaum aus der Ruhe bringen. Wirklich straff ist die Dämpfung aber auch in diesem Modus nie. Der Dynamic Modus der BMW ist deutlich weicher, als der Comfort-Modus auf der KTM 1290 Super Duke GT.

Ein praktisches Feature stellt auch die automatische Beladungseinstellung per Knopfdruck dar. Besonders im Soziusbetrieb muss man sich dadurch nicht um die korrekte Federvorspannung von Gabel und Federbein sorgen. Zusätzlich ermöglicht einem das System auch noch die Vorspannungseinstellung minimal und maximal manuell anzuwählen.

Motorradparadies Steiermark als ideale Testumgebung

Die Steiermark bot uns in a nutshell alle Straßentypen und Fahrbahnzustände, die man sich auf einem Motorrad vorstellen kann. Untergebracht waren wir z.B. mitten im Hochgebirge auf der Tauplitzalm auf 1.600 Metern im Hotel Hierzegger. Neben der steilen Bergstraße, die wir täglich mindestens zweimal befahren durften, gibt es in der grünen Mark aber auch genügend langgezogene Kurven, wie auf der Schnellstraße S6, auf der immerhin 130 km/h erlaubt sind. Das ideale Terrain also um den Fahrwerken der Sporttourer auf den Zahn zu fühlen. Hier ist auch die R 1250 RS zu Hause und kann entsprechend glänzen.

Fahreindrücke aus dem Sattel der BMW R 1250 RS

Je enger die Radien werden, desto unhandlicher, fühlt sich die BMW an. Der Boxer sorgt zwar für einen niedrigen Schwerpunkt, aber so selbstverständlich wie bei der erfolgreichen Reiseenduro-Schwester fällt die RS nicht in die Kurve. Der Lenkerform geschuldet, ist es auch wesentlich erschwert im Fahrstil Drücken unterwegs zu sein. Insbesondere in Serpentinen merkt man den langen Radstand von 1530 mm und die ins Fahrzeug integrierte Sitzposition weit weg vom Lenker. Die RS wirkt hier etwas schwerfällig, beinahe träge - Eigenschaften, die ich ihr am Papier nicht zugesprochen hätte, hat sie doch mit dem niedrigeren Gewicht und dem 17 Zoll Vorderrad im Vergleich zur GS objektiv betrachtet nur Vorzüge.

Leicht ist die R 1250 RS freilich nur im Vergleich mit schweren Reiseenduros. In unserem Sportttourer-Trio ist sie gar die schwerste Maschine. Die 243 Kilogramm die BMW fahrbereit angibt sind dabei noch niedrig gegriffen, auf der unbestechlichen 1000PS-Waage und mit bis zum Rand gefüllten Spritfass stehen bei der goldenen Bayerin gar stattliche 252 kg im Display.

Der optionale Quickshifter arbeitet solide, aber nicht auf dem Niveau, das andere Hersteller mittlerweile bieten. Gegen einen stattlichen Aufpreis lässt sich die BMW wie gewohnt mit allen nur erdenklichen elektronischen Extras ausrüsten. Viele davon hatten wir einige an Board, andere, wie den Tempomat - der auf einem Reisemotorrad aus meiner Sicht Pflicht ist - aber nicht. In dieser Fahrzeuggattung und einem Grundpreis in dieser Höhe leider eine Enttäuschung.

BMW R 1250 RS: Wind und Wetterschutz, Ergonomie, Soziustauglichkeit

Durchschnittlich groß gewachsene Piloten werden auf der 1250 RS gut Platz finden. Der Kniewinkel auf der BMW ist trotz hoher Sitzbank eher auf der spitzen Seite. Die 2 cm, die der Sport-Sitz an Höhe bringt, möchte man als großer Pilot nicht missen! Der Winkel bleibt dennoch sportlich. Für kleinere Piloten ist die Distanz zwischen Lenker und Sitz relativ groß geraten, wodurch im Oberkörper eine deutliche Streckung nach vorn erfolgt.

Der Wind- und Wetterschutz ist mit dem massiven Boxer vor den Füßen für die untere Körperhälfte echt Klassenspitze. Oben herum macht das einhändig und zweistufig verstellbare Windschild einen nicht ganz so guten Job. Der Verstellbereich ist gering und mit 1,87 Metern ist der Kopf auch bei sportlicherer Haltung voll dem Fahrtwind ausgesetzt. Das können andere besser.

Der Sozius oder die Sozia hat ebenfalls ein äußerst weiches und breites Sitzpolster zur Verfügung. Dadurch sinkt man als Mitfahrer aber auch tiefer ein. Der Blick über den Fahrer hinweg gelingt damit auf der BMW nicht. Beim schärferen Anbremsen ist es für den Hintermann zudem schwierig sich am flachen Tank der RS abzustützen. Dadurch muss der Fahrer die gesamte Last beim Verzögern stemmen. Der Kniewinkel hingegen ist angenehm. Luxus-Extra: Für die Sozius-Sitzbank ist eine zweistufig verstellbare Heizung erhältlich.

Die BMW R 1250 RS bietet eine tourenwürdige Zuladung

Mit 217 Kilogramm hat man auf der BMW, selbst wenn man zu zweit unterwegs ist, ein solides Maß an Zuladung zur Verfügung. Optional sind für die BMW Seitenkoffer erhältlich. Da diese auf unserem Testfahrzeug nicht verfügbar waren behalfen wir uns mit dem PRO Cargobag von SW-Motech, das ganze 50 Liter Stauvolumen bietet. Kein Wunder also, dass die RS auf unserer Reise gern als Transporter von Kameras, Drohnen, Wasserflaschen usw. genutzt wurde.

Bedienkonzept gut - Elektronik (optional) überkomplett

Kennt man eine, kennt man alle. Seit Jahren setzt BMW in einer Reihe von Modellen auf das tadellose 6,5 Zoll TFT Farbdisplay. Zwar hat die Konkurrenz hier mittlerweile nachgezogen und bietet teilweise noch etwas größere oder farbenfrohere Displays an, das Bedienkonzept aber ist hinsichtlich logischem Aufbau und intuitiver Steuerung unerreicht.

Das Display ist hinsichtlich der Elektronik aber auch schon so das einzige Teil, das an der RS serienmäßig verbaut ist. Zwei Fahrmodi, ASC (Traktionskontrolle) und ABS - das wars. Den ganzen feinen Rest: von schräglagenabhängigen Asisstenzsystemen, über Quickshifter und Tempomat bis hin zum tollen ESA-Fahrwerk muss man sich als Extra holen. Entsprechend schnell überspringt der Preis (in Österreich) die 20.000 Euro Hürde. Zumindest die sicherheitsrelevanten Optionen würde man sich im Jahr 2021 serienmäßig wünschen.

Preis BMW R 1250 RS

Der Preis richtet sich bei der BMW also stark nach den verbauten Ausstattungen. Besonders bei Vorführmodellen werden einige davon verbaut. Der findige Käufer kann so also eventuell gerade jetzt bei uns am Marktplatz bei der BMW R 1250 RS eventuell das ein oder andere Schnäppchen machen. In unserem Trio lag die RS preislich im Mittelfeld, der voraussichtlich hohe Werterhalt bei BMW entschädigt den potenziellen Käufer jedoch langfristig.

Fazit: BMW R 1250 RS 2021

Ein toller Motor in einem hübschen Kleid ist nicht alles. Die Serienausstattung der BMW R 1250 RS enttäuscht, weder Quickshifter noch Tempomat sind darin enthalten, 2021 ist das nicht mehr zeitgemäß. Ergonomisch lässt sich die Bayerin an fast jeden Fahrer anpassen. Das ESA-Fahrwerk ist großartig und ein Pflichtextra, vor allem wenn man zu zweit unterwegs ist. Im engen Kurven-Geläuf lassen sich die Pfunde der RS nicht wegdiskutieren, hier wirkt sie beinahe träge. Je weiter die Radien werden, desto souveräner ist man auf der BMW unterwegs. Wind- und Wetterschutz sind gut, wennauch ein etwas höherer Windschild wünschenswert wäre.


  • hohe Stabilität in langen Radien
  • agiler, drehfreudiger Boxer-Motor
  • gelungene Optik
  • komfortable Sitzposition
  • umfangreiche Zubhörliste
  • tolles ESA Fahrwerk
  • hohes Gewicht in engen Kehren bermerkbar
  • Windschild könnte höher sein
  • viele Pflicht-Features aufpreispflichtig
  • etwas träge

Bericht vom 04.09.2021 | 95.574 Aufrufe

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