90 Grad Schräglage mit einem Gespann - Ural Test am Limit
Schnee & Eis sind des Bikers Feind - außer man sitzt auf Ural
Was macht man als Motorrad-Fahrer im Winter? Wehmütig das geparkte Schätzchen in der Garage betrachten. Hoffnungsvoll auf das Thermometer starren. Oder fanatisch Motorrad-Reisevideos konsumieren. Dabei kann man auch bei Schnee und Eis noch richtig Gas geben. Alles was man dazu braucht: Ein Ural Gespann.
Drei Räder (mit Reserverad sogar 4), ein Kofferraum, Spaten, Rückwärtsgang ... die Ausstattung eines Ural Gespanns ist nicht gerade typisch für Motorräder. Die eine Hälfte sieht zwar stimmig aus, doch wie bewegt man denn den fetten Kasten an der rechten Seite? Und so ganz ohne Schräglage in der Kurve hängen, hat das überhaupt noch etwas mit Motorradfahren zu tun? Ja, hat es! Und irgendwie auch wieder nicht... Um Ural Gespanne zu verstehen, muss man am Anfang beginnen. Und der liegt schon mehr als 80 Jahre zurück!
Die Geschichte Urals - Sowjet-Ingenieurskunst durch und durch
Wir schreiben das Jahr 1939. Hitler und Stalin sind an der Macht und nutzen alle ihnen zur Verfügung stehenden Mittel, um ihre Pläne voranzutreiben. Beide haben ein Auge auf Polen geworfen und so kommt es zum Deutsch-sowjetischen Nichtangriffspakt, auch genannt Hitler-Stalin-Pakt. Dass dieser nicht lange halten sollte, wissen wir heute und vielleicht war es den beiden damals auch schon bewusst. Nichtsdestotrotz kommt es zu einer Zusammenarbeit. Neben der Aufteilung von Polen und dem Baltikum sieht der Pakt auch den Austausch von technischen Baupläne und Blaupausen vor.
Die Sowjetunion liebäugelt mit dem deutschen BMW R 71 Motorradgespann. Wie genau die Pläne dafür nach Moskau gekommen sind, ist umstritten. Laut einem Gerücht heißt es, dass einfach 5 Gespanne gekauft, über das neutrale Schweden transportiert und von sowjetischen Ingenieuren zerlegt und nachgebaut wurden. Historisch wahrscheinlicher ist aber, dass die Baupläne im Zuge des Paktes übermittelt worden sind. Wie auch immer es dazu kam, die Sowjets beginnen sofort mit der Produktion ihrer eigenen Version der BMW R 71.
M72 (M für "Motozikl") ist der klingende Name dieser Sowjet-BMW. Trotz anfänglicher Probleme mit der neuen Technik laufen in Moskau bald die ersten M72 vom Band. Doch bevor die Produktion so richtig durchstarten kann, muss das gesamte Werk evakuiert werden. Nazi-Deutschland bricht 1941 den Nichtangriffspakt und startet seine Offensive. Als die Wehrmacht näher rückt, wird die Industrie weiter nach Osten in Sicherheit gebracht. Die M72-Produktion übersiedelt ganze 1200 Kilometer weit bis in die Stadt Irbit am Ural-Gebirge. Die Motorrad-Marke URAL ist geboren.
Die Gespanne sind als wendige, leichte und geländegängige Fahrzeuge ideal für das Militär. Drei Mann mit Ausrüstung können schnell und leicht transportiert werden und so läuft die Produktion in den letzten Kriegsjahren und darüber hinaus auf Hochtouren. 9799 M72 erreichen bis 1945 die Front, 1950 verlässt schon die 30.000ste Ural das Werk. Der Bedarf an militärischen Fahrzeugen reißt im 20. Jahrhundert nicht ab, gerade Entwicklungsländer rund um die Sowjetunion bestellen fleißig Ural-Gespanne. 1958 kommt das Aus für die M72, von da an haben Ural Gespanne einen selbst entwickelten Boxermotor und werden auch beständig weiterentwickelt. Obwohl ab diesen Zeitpunkt die BMW R 71 nur noch in der Grundidee zu sehen ist, bleibt die Nachfrage hoch. 1975 wird die Ural Nr. 1.000.000 gebaut. 1989 sind es schon 2.000.000. Zu Spitzenzeiten werden 130.000 Motorräder im Jahr produziert und mit 9.000 Beschäftigten ist quasi die gesamte Stadt Irbit angestellt bei Ural.
Die militärische Nachfrage nach Urals geht gegen Ende des Jahrhunderts langsam zu Ende, dafür steigt das zivile Interesse. Nach Jahrzehntelangem Einsatz auf dem ganzen Globus haben Ural-Gespanne einen gewissen Kultstatus erreicht. Das weiß auch Ural, welches bei seinen zivilen Serienmodellen bis heute nicht mit Roten Sternen und Sowjet-Flair spart.
Schnee, Eis & drei Räder - Der Ural-Test beginnt
Und so kommen wir auch schon zu unserem Test. Bei uns ist es Winter, der Schnee liegt und normalerweise denkt man bei so einem Wetter erst gar nicht ans Motorradfahren. Doch die Rote Armee durchpflügte mit ihren Urals alle Schneewehen von Asien bis Europa, also sollte ein bisschen frostiges Wetter auch für uns kein Hindernis sein. Wir wollen aber nicht nur wissen, ob die winterliche Fahrt prinzipiell möglich ist, sondern ob es auch leiwand ist. So begeben sich der Schaaf und ich ins verschneite Mühlviertel zur Burgruine Prandegg.
Dort wartet auf uns Hari von Ural Österreich. Ural Österreich ist nicht nur hierzulande zuständig, sondern hat sozusagen den Oberbefehl über den Ural-Import für ganz Europa. Neben Hari steht schon das gute Stück. Es ist Hari's Action-Ural. Obwohl Urals fast unzerstörbar sein sollen, sind auch sie nicht immun gegen die korrodierenden Auswirkungen des Schnee-Salz-Gemischs der Straße. Deshalb fahren wir kein ganz aktuelles Modell, sondern eine Ural Ranger aus 2005.
Rustikal, pragmatisch, ehrlich - Die technischen Eckdaten der Ural Ranger
Es ist eine waschechte Ural. Camouflage-Lackierung, Munitionskiste mit rotem Stern und Suchscheinwerfer am Beiwagen müssen einfach sein und sind nicht wegzudenken. Das Herzstück ist der 745 cm³ Zweizylinder-Boxermotor mit 40 PS. Elektronische Spielereien sucht man hier vergeblich. Keine Shiftcam, kein Bordcomputer und keine Fahrmodi. Nur ein ehrlicher, luftgekühlter Motor der noch per Draht am Gas hängt. Die Zweischeiben-Trockenkupplung hat von Antihopping noch nie etwas gehört und den inzwischen üblichen Flachbildfernseher in der Mitte des Lenkers sucht man auch vergeblich. Das könnte jetzt veraltet und zurückgeblieben klingen, aber im Fall von Ural ist es eher historischer Pragmatismus. Das Image und die eigene Geschichte verlangen nach einer für mächtige Abenteuer geeigneten Ausstattung und da haben Dinge wie Smartphone-Connectivity & Co. nichts an Bord verloren.
Ein Kardanantrieb bringt die 40 Pferdchen verlässlich ans Hinterrad. Dieses hat übrigens die Reifendimension 4.00x19, also 4 Zoll schmal auf einer 19 Zoll Felge, und somit die gleiche Größe wie alle anderen Räder auf der Ural. Ganz Motorrad-atypisch sind die Räder untereinander austauschbar (Außer bei den Baujahren 2008-2014). Sehr praktisch, denn ruiniert man sich trotz der mächtigen Stollenreifen einmal den Schlappen, kann das Reserverad am Beiwagen für jedes Rad einspringen.
Crashkurs im Gespannfahren - Vertraut und doch so fremd
Diese Stollenreifen werden wir heute auf jeden Fall noch brauchen. Wir sind in der Nähe der Burgruine Prandegg und es liegt knapp ein halber Meter Schnee. Bevor wir uns aber raufschwingen, besteht Hari auf einen Einführungskurs. Gespann-fahren mag äußerlich dem Motorradfahren sehr ähnlich scheinen, aber in Wirklichkeit liegen Welten dazwischen.
Schon beim ersten Gas-geben merkt man einen spürbaren Ruck nach rechts. Das Gespann wird asymmetrisch auf der linken Seite vom Hinterrad des Motorrads angetrieben. Beschleunigt man, versucht das Motorrad den trägen Beiwagen zu überholen und macht so unwillkürlich eine Rechts-Kurve. Beim Bremsen dreht sich der Spieß um und der Schwung des Beiwagens schiebt rechts nach vorne, während der linke Teil bremst → Linkskurve. An diese Dynamik muss man sich erst einmal gewöhnen.
Ebenso gewöhnungsbedürftig ist auch die Kurvenfahrt. Schräglagen sind nicht möglich, stattdessen fährt man stocksteif und mit kräftigem Zug am Lenker um die Ecke. Da man sich nicht gegen die Fliehkräfte lehnen und diese so ausgleichen kann, spürt man sie viel stärker an einem zerren. Es ist wie bei sportlicher Kurvenfahrt im Auto, nur ohne stützende Rückenlehne und Seitenpolster. Stattdessen wird der Oberkörper genutzt, um sich gegen die Kräfte zu stemmen. Nur so bleibt bei flotten Rechtskurven auch der Beiwagen am Boden.
Das seltsamste beim Gespannfahren ist aber das Gefühl. Als Motorradfahrer ist man zu Beginn schwer verwirrt. Der Körper registriert eine bekannte Körperhaltung. Die Sitzposition stimmt, die Bedienelemente sitzen an den richtigen Stellen und sofort setzen die in Fleisch und Blut übergegangenen Bewegungsmuster ein. Doch auf der Ural sind die meisten dieser Angewohnheiten falsch. Schon beim Aufsteigen schwingt man kein Bein drüber, sondern besteigt die Ural wie einen Gaul, eine Fußraste nach der anderen. Beim Stehenbleiben zuckt mein Fuß sofort in Richtung Boden, aber das ist auch nicht notwendig. Die Ural steht auch ohne meine Hilfe ganz gut da.
Doch nach kurzer Eingewöhnungsphase brausen wir schon die verschneite Straße auf und ab. Schaaf und ich haben es lustig, denn ein Gespann ist Teamwork und Teambuilding zugleich. Anders als am Motorrad sieht man sich, lacht sich zu und erlebt das Abenteuer viel mehr miteinander, als nur hintereinander. Der Beifahrer sitzt gut behütet im Beiwagen und ist doch näher an der Action dran. Kurz gefasst: Wir haben mächtig Spaß!
Wenn Profis werken... - Wie man ein Gespann richtig bewegt
Was die Ural aber wirklich kann, das offenbart sich erst in Haris kundigen Händen. Seit mehr als 2 Jahrzehnten sind er und Ural unzertrennlich. Ganz Europa und viele ferne Länder hat er schon mit ihr unsicher gemacht. Eine der größten Freuden sind für ihn die Ural-Treffen. Dort treffen sich gleichgesinnte Enthusiasten und brettern tagelang über Stock und Stein, oft nach dem Motto Mal schauen was geht. Trotz dieser Geschichten staunen wir nicht schlecht, als Hari die verschneitesten, nicht mal im Ansatz geräumten Waldwege in Angriff nimmt. Mit einem normalen Motorrad, und da kann es eine noch so mächtige Offroadbereifung haben, würde man nicht mal im Traum auf solche Wege abbiegen. Doch die Ural kämpft sich schier unaufhaltsam durch die Schneemassen, als wäre es nicht mehr eine Schicht Laub an einem trüben Herbsttag. Und bleibt sie doch einmal stecken, zieht Hari kurz am Hebel für den Rückwärtsgang und die Ural buddelt sich den Weg zurück.
Das Geheimnis für die ausgesprochen gute Geländegängigkeit ist nicht nur Haris Fahrkönnen, sondern auch der zuschaltbare Beiwagenantrieb. Kurz den entsprechenden Hebel ziehen und schon wird das Beiwagenrad im Verhältnis 1:1 und ohne Differential angetrieben. Im Gelände gräbt sich die Ural so vor und findet jedes verfügbare Stückchen Grip. Diese tolle Funktion eines zuschaltbaren Antriebsrads ist aber rein für Offroad-Situationen geeignet. Ohne Differential dreht sich das Beiwagenrad exakt gleich wie das Antriebsrad. So wären auf einer festen Oberfläche wie Asphalt Einlenkbewegungen komplett nutzlos und das Ding würde einfach geradeaus fahren.
Wenn Laien werken ... - Wie man ein Gespann NICHT richtig bewegt
Apropos geradeaus fahren: Hari hat mich noch gewarnt. Gerade in Rechtskurven, wenn das Beiwagenrad etwas leicht wird, fühlt man als Fahrer ein Kippmoment. Bis zum tatsächlichen Umkippen ist es da noch weit, doch gerade Anfänger schrecken sich bei diesem Gefühl oft. Ein erfahrener Gespannfahrer erwartet das Kippgefühl, lehnt sich dagegen und brettert weiter mit voll eingeschlagenem Lenker durch die Kurve. Ich hätte wohl genauer auf Haris Warnungen hören sollen, aber im Moment des Unglücks geht es dann so schnell, dass mir gar keine Zeit für die Korrektur meines Fehlers bleibt.
Wir haben die Fahrerei eigentlich schon beendet, sind auf den letzten Metern vor der Burgruine und wollen dort die Moderation aufnehmen. Der schmale Waldweg geht leicht bergauf, ist stellenweise vereist und braucht so etwas Schwung, um nicht mittendrin hängen zu bleiben. Eine sanfte Rechtskurve taucht vor uns auf. Ganz wie ich es gelernt habe schlage ich den Lenker ein, lehne mich nach rechts und gebe Gas, um die seltsamen Gespann-Dynamiken auszunutzen. Doch was ich nicht bedacht habe: Die Straße hängt leicht nach links. So braucht der Beiwagen noch weniger, um abzuheben. Mitten in der Kurve wird das Rad leicht, mich schreckt es wie den Anfänger der ich bin, ich gehe vom Gas und stelle den Lenker kurz gerade. Wie wir vorher gelernt haben, schiebt beim Verzögern der Beiwagen weiter und das Gespann biegt nach links ab … Tja, und schon liegen wir im Graben.
Zum Glück dämpft der Schnee unseren Sturz und so nehmen weder wir, noch die Ural großen Schaden. Nur mein Ego nimmt einen massiven Dämpfer, vor allem weil drei GoPros den unwürdigen Vorfall auch noch detailgetreu aufgezeichnet haben. Auweh! Dann haben wir noch kein Netz und müssen mit dem Auto den nächsten Bauern samt Traktor holen. Mit einem Gewicht von 363 Kilogramm haben wir selbst zu dritt keine Chance das Gespann ohne maschinelle Hilfe aus dem Graben zu kriegen. Extrem ärgerlich das Ganze, aber wenigstens ist niemandem etwas passiert, das ist die Hauptsache. Und auch die Ural zeigt sich unbeeindruckt vom Überschlag. Ein paar äußere Elemente, wie ein Seitenspiegel, die Plastikabdeckungen der Rücklichter und die Blinker, haben den Sturz nicht überlebt. Die essentiellen Dinge sind aber intakt und nur wenige Minuten nachdem wir das Gespann aus dem Graben gezerrt haben, ertönt schon wieder das knurrende Bollern des Boxers und sie schnurrt, als wäre nichts gewesen. Urals sind tatsächlich nahezu unzerstörbar!
Wir können mit etwas Verspätung sogar noch fortfahren wie geplant und die Moderation aufnehmen. Unterwürfig suche ich Haris Vergebung und erwarte mir eine Geißelung. Bei so einer Aktion ist Strafe absolut gerechtfertigt. Doch Hari ist ein Ehrenmann und nimmt es gelassen. Das gehört dazu, dafür ist unsere Action Ural ja da., meint er. Die hat schon mehrere Überschläge hinter sich, es ist auch schon der vierte Rahmen verbaut. Nur gut, dass er in weiser Voraussicht mit der Stunt-Ural gekommen ist. Die neuen Urals sind nämlich richtig edle Stücke.
Ural - Keine alten Kriegsrelikte, sondern einzigartige Traummaschinen
Nach dem Dreh bei der Burgruine Prandegg lädt Hari uns Bruchpiloten noch zu sich in den Ural-Shop in Marchtrenk ein. Dort können wir die neuen Ural-Modelle bestaunen. Früher galten Urals als unzuverlässig und fehleranfällig, doch das ist heute nicht mehr so. 2002 wird das inzwischen privatisierte Unternehmen von drei jungen russischen Unternehmern gekauft. Sie verwandeln Ural von einem Überbleibsel der Sowjet-Zeit in ein funktionierendes und modernes Unternehmen. Fabriken werden modernisiert, Produktionsschritte verbessert, die Qualitätssicherung verstärkt und seit 2008 werden auch moderne Komponenten aus westlichen Ländern, wie Zündanlagen von Ducati (2008-2014), Einspritzanlagen von Keihin, Lichtmaschinen aus Japan oder Brembo Bremsscheiben verbaut. Wenn man heute eine neue Ural kauft, dann bekommt man noch immer das gleiche Grundrezept wie seit 80 Jahren, doch technisch verfeinert und weiterentwickelt.
Die neuen Ural Gespanne sehen auch nicht wie ramponierte Kriegsrelikte aus, sondern zeigen in den verschiedensten Modellen schöne Farben, schicke Lackierungen und saubere Verarbeitung. Zwischen den unterschiedlichen Variationen der Ural gibt es auch Spielraum, wie viel der abenteuerlastigen Ausstattung man sich montiert. Es gibt auch edle, cleane Urals mit schwarzer Lackierung und weißen Zierstrichen, mit denen man eher im Anzug auf Sonntagsausfahrt gehen würde. Für fast jeden Geschmack gibt es eine Ural, sofern man grundsätzlich dem Gespannfahren etwas abgewinnen kann.
Und dass das bei vielen so ist, wundert mich überhaupt nicht. Inzwischen sind die Hauptkäufer von Ural nicht mehr russische Armeeoffiziere oder Militärs aus Entwicklungsländern, sondern Individualisten aus westlichen Ländern mit einer Liebe für das Einzigartige. Zwei Drittel der weltweit produzierten Ural-Gespanne gehen in die USA, Europa folgt knapp danach. Die Stückzahlen können sich hier natürlich nicht mit den großen Motorrad-Herstellern messen, aber mit ca. 400 verkauften Stück in Europa pro Jahr läuft das Geschäft gut, meint Hari. Alle neuen Urals in seinem Schauraum sind auch schon verkauft.
Faszination Ural - Ansteckender als Corona
Die Faszination ist sehr gut nachvollziehbar. Einerseits hat die Fahrdynamik etwas ganz eigenes, aufregendes. In der Kurve ist das Gefühl fast schon intensiver als auf zwei Rädern. Die Fliehkräfte zerren an einem und das Gespann schiebt und zieht. Klingt furchtbar anstrengend, aber in Wirklichkeit gewöhnt man sich recht schnell daran und fühlt sich näher an der Action, als auf vielen Motorrädern. Nutzt man dann auch noch die horizonterweiternden Offroad-Fähigkeiten aus, ist das Abenteurer-Feeling komplett. Auch für Sozia ist so eine Gespannfahrt gemütlicher und auch interessanter. Man sitzt besser, sieht weiter und kann sogar mit dem Fahrer recht ungehindert kommunizieren. Dieses einzigartige Fahrerlebnis, gekoppelt mit der interessanten Geschichte und dem rustikalen Flair von Ural, übt verständlicherweise eine große Anziehung auf Individualisten aus. Auch Schaaf und ich haben uns an unserem Fahrtag, Sturz hin oder her, vom Ural-Fieber anstecken lassen. Jauchzend ging es auf und ab, jedes Fahrmanöver wurde mit freudigem Grölen und Rufen quittiert. Ich trau mich zu behaupten, dass wir auf einem normalen Motorrad zu zweit nicht so viel Spaß gehabt hätten.
Fazit zur Ural - Einzigartigkeit auf die Spitze getrieben
Für wen ist also ein Ural-Gespann? Seit der Vergaser der elektronischen Einspritzung gewichen ist und im Ural-Zubehör auch Komfort-Features wie Heizgriffe zu bekommen sind, kann man sich eine Ural auch als Alltagsgerät zulegen. Mit Beiwagenantrieb, Spaten und Co. lassen sich damit aber gleichzeitig die wildesten Straßen des Globus bezwingen. Egal ob Abenteuerer oder Sonntagsfahrer, Urals richten sich an alle auf der Suche nach etwas Einzigartigem. Etwas, was auf der Passhöhe garantiert noch nicht am Parkplatz steht und mehr Blicke als ein Superbike auf sich zieht. Sie sind für die, die High-Tech-Elektronik nicht brauchen, sondern lieber auf verlässliche, bewährte Technik setzen. Der Flair und das Fahrerlebnis sind einfach authentisch. So authentisch, dass auch über kleine Schwächen, wie das etwas unpräzise Getriebe oder die schwergängige Kupplung, einfach hinweggesehen wird. Den Fahrtwind im Haar und den bollernden Motor unter dem Hintern ... Ural-fahren spricht vielfach die gleichen Punkte an, wie das Motorradfahren ... und doch ist es etwas ganz eigenes.
GREGOR
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