Kawasaki Ninja 1000SX - der Sport-Tourer im Rennstrecken-Test

Poky fährt auf Achse zum Hafeneger Renntraining

Die Kawasaki Ninja 1000SX musste bei diesem Ausflug zum Slovakiaring wirklich viele Terrains abdecken. Stadtverkehr in Wien, Autobahn- und Landstraßenetappe zum und vom Ring, aber natürlich auch einen vollen Trackday auf einem der schnellsten Kurse Europas. Wie hat sich der Komfort-Sportler geschlagen?

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Start Richtung Bratislava im Morgengrauen

Um 06:00 trifft man interessante Leute an der Tankstelle. Das gilt insbesondere dann, wenn man in einer der Gegenden wohnt, in denen die selbsternannte Wiener Szene ausgeht. Nachdem sich der offenkundig substanzbelastete Hipster vor mir endlich für ein Packerl Tschick (Zigaretten) entschieden hatte, konnte ich das Volltanken (Tankinhalt 19 Liter) bezahlen und meine Reise auf Achse zum Trackday antreten. Die verschlafene Hauptstadt ließ ich schnellstmöglich hinter mir. Für das Durschlängeln im hektischen Berufsverkehr ist die vorne (Spiegel) und hinten (Kofferset) ausladende Kawasaki ohnehin nicht geschaffen.

Dazu diametral verschieden liegt der letzte verbliebene japanische 4-Zylinder Sporttourer so satt auf der Autobahn, dass man meinen könnte nichts und niemand vermag es ihn aus derselben zu werfen. Den Tempomat auf 140 km/h eingestellt, das Windschild in der steilsten (nur in der Neigung nicht in der Höhe verstellbar) Position arretiert und schon kann man sich entspannen. Aber auch als die Straßen nach Verlassen der Hauptverkehrsverbindung schlechter wurden, zeigte sich das Komfort-Bike von seiner sanftesten Seite. Das Fahrwerk bügelt Unebenheiten konsequent und für den Piloten kaum wahrnehmbar weg, ohne sich dabei intransparent oder schwammig anzufühlen. Touring kann der Sporttourer, keine Frage.

Vielbeachtete Ankunft am Track

Als ich mit der Ninja 1000SX um 07:45 durchs Fahrerlager des Slovakiaring Richtung Box rollte, erntete ich ungläubige Blicke. Die Seitenkoffer gut bepackt und mit niederländischem Kennzeichen ausgestattet, dachten die meisten Teilnehmer des Hafeneger Renntrainings vermutlich ich hätte mich am Weg zum Plattensee verfahren.

Die Koffer sicher in der Box verstaut und die Spiegel sowie die Blinker, Vorder- und Rücklichter abgeklebt, führte mich mein nächster Weg zu Dorian, Instruktor und Fahrwerksexperte bei den Hafeneger Renntrainings. Mit kundiger Hand stellte er mir das serienmäßig etwas zu softe Setting des Ninja-Fahrwerks für den Slovakiaring passend ein. Was für ein Service! Jetzt noch schnell den Luftdruck in den Bridgestone S22 vorn und hinten etwas abgesenkt und schon konnte es losgehen.

Kleine Gruppen - großer Lerneffekt bei den Hafeneger Renntrainings

Da ich erst das zweiten Mal auf der Rennstrecke unterwegs war, meldete ich mich in einer der instruktorgeführten Gruppen an. Mein Betreuer war kein geringerer als der dreifache IDM Superbike Meister Stefan Nebel der dem ein oder anderen auch als MotoGP Experte auf ServusTV ein Begriff sein dürfte. Der Slovakiaring ist ein langer und komplizierter Kurs mit einigen Kuppen. So war ich sehr dankbar, als mir Stefan zum einen die Ideallinie zeigte und zum anderen in der Analyse, die jeweils nach den ersten 3 Turns in der vier Mann starken Gruppe erfolgt mit ein paar einfachen Anhaltspunkten und Tricks das absolut richtige Rüstzeug für die Nachmittagsturns mitgab.

Die Videoanalyse offenbart gnadenlos die Defizite - meine, nicht die der Ninja 1000SX

Nach jedem der drei Vormitttagsturns erfolgt eine Videoanalyse, die mir sehr anschaulich meine (diversen) Baustellen aufzeigte. Stefans trockenen Kommentar: Du und die Kawa, ihr lernt euch wohl erst kennen., musste ich mit einem leichten Schmunzeln zur Kenntnis nehmen. Dennoch,von Mal zu Mal gelang es mir besser das im Gespräch zuvor Erlernte am Track umzusetzen. Die Kawasaki machte es mir dabei leicht, die richtige Linie zu halten. Gerade im sehr schnellen ersten Teil des Kurses mit seinen lang gezogenen Kurven profitierte ich von der extremen Stabilität des nun optimal eingestellten Fahrwerks.

Kein Licht ohne Schatten. Natürlich machen sich die 235 Kilogramm Gewicht bei jedem Umlegen bemerkbar und in engeren Kurvenkombinationen fällt es schwer an den Supersportlern dranzubleiben. Auch die auf der Landstraße und Autobahn herrlich bequeme Sitzbank offenbart auf der Rennstrecke ihre Schwächen, zu schwammig und intransparent ist das Feedback am bekanntermaßen entscheidenden Popometer.

Fahrverhalten am Slovakiaring Kawasaki Ninja 1000SX Topspeed

Auf der Start-Ziel Geraden hab ich bei 240 km/h den Gashahn zugemacht, für mich war die Ninja 1000 SX für den Slovakiaring damit perfekt übersetzt. Erfahrenere Piloten wären bei 260 km/h wohl in den Begrenzer gerauscht, denn die Bremsanlage arbeitet absolut zuverlässig und erlaubt überraschend späte Bremspunkte mit dem dicken Brummer. Das serienmäßige (Kurven-)ABS regelt zum Sportmodus passend spät, aber dann doch unsensibler als man es mittlerweile gewohnt ist. Die Traktionskontrolle kam in 6 Turns keinen einzigen Auftrag, was zum einem dem tollen Grip des Bridgestone S22 und dem griffigen Asphalt am Slovakiaring geschuldet ist, zum anderen aber auch Ausfluss des extrem harmonischen Ansprechverhaltens des Reihen-Vierers ist.

Der tolle Motor der Kawasaki Ninja 1000SX

Überhaupt muss ich an dieser Stelle eine Lanze für den 1043 Kubik großen Motor brechen. Klar hauen einen im Jahr 2020 142 PS verglichen mit der Konkurrenz nicht mehr vom Hocker, aber es ist einfach phantastisch wie drehfreudig und souverän die Leistung präsentiert wird. Die 111 Nm Drehmoment verzeihen den einen Gang zu hoch da oder dort, man schwimmt immer gut mit der Gruppe mit. Das Aggregat beherrscht die extrem sportliche Gangart der Rennstrecke ebenso gut wie mit 40 km/h im sechsten Gang durch die Ortschaften zu rollen.

Ausstattung und Reifen an der Kawasaki Ninja 1000SX

Apropos Gänge, diese lassen sich dank des serienmäßigen Quickshifters inkl. Blipper herrlich flott durchrepetieren - ein echter Vorteil, nicht nur auf der Rennstrecke. Weniger optimal sieht es bauartbedingt natürlich im Punkt Schräglagenfreiheit aus. Das 4,3 Zoll Farb-TFT Display attestierte mir am Ende des Tages zwar einen maximalen Lean-Angle von 49 Grad, da schliffen die Fußrasten aber schon ordentlich über den Asphalt. Der Brigdestone S22, hätte jedenfalls noch mehr zugelassen und zeigte nach insgesamt sechs Turns ein sauberes Abriebbild. Wenn es wie an diesem Tag, nicht zu heiß ist, ist er eine Top-Wahl für einen spontanen Trackday.

Hafeneger Renntraining: Personal Coach auf Wunsch bei jedem Turn

Ich ließ mir die Chance die Bewegungsabläufe eines IDM-Piloten aus der ersten Reihe fußfrei studieren zu dürfen auch bei einem Turn am Nachmittag nicht entgehen. Gegen einen fairen Beitrag ist es jedem Teilnehmer möglich, ein Einzel-Training mit einem der Instruktoren zu buchen. Die dabei zur Analyse enstehenden Videos kann man sich dann ganz einfach auf einer SD-Karte mit nach Hause nehmen - ob fürs Nachschauen und lernen oder zum Angeben vor der Freundin, jedenfalls eine feine Sache.

Hafeneger bietet in Kooperation mit Partnern wie HJC oder Magura auch die Möglichkeit kostenfrei die neuesten Produkte direkt auf der Rennstrecke zu testen und zu kaufen. Die von den Jungs bei Hafeneger Renntrainings gebotene Leistung hat mir Lust auf mehr gemacht und ich kann euch einen Besuch bei einer der Veranstaltungen ans Herz legen.

Fazit Kawasaki Ninja 1000SX Rennstrecke

Dass ein Sport-Tourer gewissermaßen immer ein Kompromiss ist, liegt in der Natur des Sache, das legt ja auch schon die Bezeichnung nahe. Nichtsdestotrotz war ich begeistert, wie gut die große Grüne auf der Rennstrecke funktioniert. Kawasaki ist hier echt etwas gelungen! Ein Bike mit dem man stundenlang auf der Autobahn massig Kilometer machen kann und dann ohne große Veränderungen auch auf der Rennstrecke eine brauchbare Figur abliefert. Bravo Kawasaki!

Fazit: Kawasaki Ninja 1000SX 2020

Die Kawasaki Ninja 1000SX ist mehr Evolution als Revolution – was soll man aber auch bei einem ausgewogenen Sporttourer alles neu erfinden? Der neue Name ist aber durchaus gerechtfertigt, mit den vielen neuen Features, die unter anderem durch das Ride-by-Wire-System möglich werden, ist der Sporttourer absolut auf Höhe der Zeit. Kurven-ABS, moderne Traktionskontrolle und Fahrmodi geben Sicherheit und Einstellmöglichkeiten auf die persönlichen Vorlieben, der Schaltassistent begünstigt Sport ebenso wie Touring. Außerdem ist der Preis (zumindest in Österreich) heiß!


  • Kultiviertes und kräftiges Triebwerk
  • ausgewogenes Handling
  • komfortables Fahrwerk
  • ausreichend bequeme Sitzposition
  • moderne Optik
  • gute Bremsen
  • LED-Licht rundum
  • Farb-TFT-Display
  • Tempomat Serie
  • Windschild zwar ohne Werkzeug aber nur beidhändig verstellbar

Bericht vom 28.07.2020 | 42.312 Aufrufe

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