Erster Fahrbericht - Triumph Scrambler 1200 XE

Wir sind die neue Scrambler 1200 XE bereits gefahren!

Booom, das hat jetzt aber richtig eingeschlagen. Als wir zum ersten Mal von der neuen Triumph Scrambler 1200 hörten, steckten wir sie gleich mal in die "schönes Retro Bike für den urbanen Bobo" Schublade. Dass Triumph aber mit der Scrambler ein richtiges Offroad Bike präsentiert, damit hat eigentlich niemand gerechnet.

Um zu verstehen worum es Triumph bei der neuen Scrambler 1200 geht, muss man in die Vergangenheit blicken. In den frühen 1960ern hatte die Scrambler Bewegung ihre Geburtsstunde. Junge und schwer motivierte Burschen nahmen ihre Bikes, montierten Stollenreifen drauf und rissen alles runter was für den Geländeeinsatz nicht notwendig war. Damit fräste man auf Wald und Wiese oder bei Enduro Rennen herum. Bekannt wurden die Triumph Scrambler nicht zuletzt durch den Einsatz von Steve McQueen bei der Six Days Enduro.

Blickt man in die jetztzeit, ist von dieser Scrambler Idee meist nur die Optik übrig geblieben, wirkliche Offroad Tauglichkeit kann man da keiner aktuellen Scrambler zuschreiben. Triumph beruft sich bei der neuen Scrambler 1200 auf diese ursprüngliche Idee und baut ein Bike für den richtigen Offroad Einsatz. Dabei ist das XC Modell jenes, das zu 50% für die Straße und zu 50% für alles neben der Straße ausgelegt wurde. Das XE Modell geht mit 5cm mehr Federweg (sagenhafte 250mm vorne und hinten), noch einen Schritt weiter in Richtung Offroad. Für alle die jetzt beim vorigen Satz nicht die Augen weit aufgerissen haben und denen dabei kein "Oida" oder "Hammer" über die Lippen kam, hier mal eine kurze Zurechtweisung. 250mm ist ein irrer Wert, zum Vergleich eine Triumph Tiger hat 190mm, eine KTM Super Adventure 200mm und die Offroad affinste, die Honda Africa Twin, bringt es auf 230mm Federweg. Somit rocken sowohl die 200mm der XC als auch die 250mm der XE ganz gewaltig.

1000PS durfte als erstes die Scrambler 1200XE fahren!

Im Rahmen der statischen Scrambler Präsentation wurde ein Rennen veranstaltet, bei dem insgesamt nur 13 Journalisten aus der ganzen Welt die Möglichkeit bekamen die neue XE zu fahren. Unser Offroad Crack Arlo hat für 1000PS diese ehrenvolle Aufgabe übernommen und berichtet euch nun schon die ersten Eindrücke der neuen Scrambler 1200 XE noch vor der offiziellen Fahrpräsentation im Dezember.

Die Strecke auf der das Rennen ausgetragen wurde lässt sich am Besten als Mini Moto Cross Strecke beschreiben. Schöne Anlieger und ein paar Mini Tables kennzeichnete die von MX GP Trackbuildern gebaute Strecke. Gestartet wurde auf einer Empore mit Startgattern, wie man es vom BMX Rennen kennt. Vor dem Rennen konnte man sich bei Trainingsläufen mit dem Bike und der Strecke vertraut machen. Gleich beim Aufsteigen merkt man, Triumph meint das mit dem Offroad Ding Ernst - richtig Ernst. Die XE kommt mit einer Sitzhöhe von 870mm. Als 180cm großer Fahrer komm ich gerade noch mit beiden Füßen am Boden an. Deutlich kleinere Fahrer sollten da vielleicht einen Blick auf die XC mit nur 840mm Sitzhöhe werfen.

Gestartet wird die Scrambler 1200 mittels Keyless Go, also Schlüssel einstecken, Startknopf drücken und die Zündung ist eingeschaltet. Ganz wichtig für flotte Offroad Fahrten - alle elektronischen Fahrhilfen ausschalten. Die XC Variante verfügt über 5 verschiedene Fahrmodi die sich auf Gasannahme, Traktionskontrolle und ABS auswirken. Die XE kommt mit einem weiteren "Offfroad Pro" Modi, der sowohl ABS als auch Traktionskontrolle deaktiviert und bei dem die Gasannahme sehr direkt ist. Im Gegensatz zu klassischen MX Starts sollte man sich hüten bei der XE mit Vollgas und schleifender Kupplung zu starten. Die 110NM des 1200ccm Bonneville Paralleltwin werden bereits bei 3950 Umdrehungen erreicht, lässt man in diesem Drehzahlbereich die drehmomentunterstützte Kupplung zu beherzt aus, ist ein mächtiger unkontrollierter Wheely mit Detonation in der Hallenwand und anschließendem zweiwöchigen Krankenhausaufenthalt die sehr wahrscheinliche Folge. Trotz eines eher verhaltenen Starts war mir sehr schnell klar, das Ding hat mehr als ausreichend Druck und schiebt an wie eine Schubraupe.

Vor der ersten Kurve hatte ich dann doch etwas Respekt, zu einem hat sich mein Teamkollege Tobi dort fast ausgedämpft, als er in Panik Vorder und Hinter Bremse voll zog (bei ausgeschaltetem ABS), zum anderen war die Strecke von den vorigen Fahrern schon ziemlich lose und rutschig. Etwas verunsichert war ich ehrlich gesagt auch von der vorderen Bremserei der Scrambler, sie kommt mit einer Doppelscheiben Bremse vorne mit radialen Brembo M50ern. Die Teile sind normalerweise nur den edelsten Superbikes vorbehalten und sorgen für eine heftige Verzögerung. Doch selbst auf dem losen Untergrund und mit ausgeschaltetem ABS ließ sich Bremse einwandfrei dosieren. Wider Erwarten ging die erste Kurve sehr leicht von der Hand und ich konnte schön den Anlieger entlang pflügen. Apropo pflügen, wie fährt sich eine Fuhre mit einem Trockengewicht von 207kg? Obwohl ich normalerweise mit schlanken und sehr leichten Zweitaktern in nahezu unfahrbaren Gelände mein Unwesen treibe, empfinde ich für die fetten Offroad Dinger eine starke Zuneigung. Obwohl an dieser Stelle muss ich das mit den fetten etwas relativieren, die gängigen Big Enduros bewegen sich in einem Gewichtsbereich von 220 bis 260 kg. Da liegen sowohl XE mit 207kg und die XC mit 204kg deutlich darunter.

Was am Papier sehr vielversprechend aussieht, nämlich ein leichtes Handling aufgrund des vergleichsweisen geringen Gewichtes bleibt dann leider auf der sehr engen Strecke aus. Der hohe Federweg und die große Bodenfreiheit ziehen einen hohen Schwerpunkt mit sich. Somit ist das Handling leider nicht so easy, wie aus den technischen Daten vermutet. Allerdings muss ich gleich klarstellen, dass sich die XE den üblichen Big Enduros in Sachen Handling um nix nachsteht.

Das Fahrwerk hält was es verspricht

In den ersten Runden fuhr ich noch etwas verhalten über den Kurs. Von Runde zu Runde wuchs das Vertrauen in das Bike und gegen Schluß konnte ich es schon richtig fliegen lassen. Also in die Kurve rein gedriftet, mit durchdrehenden Hinterrad durch den Anlieger und mit Vollstoff über den Table. Verantwortlich für diesen schnellen Vertrauensgewinn ist das Fahrwerk. Die 47er Showa Gabel ist perfekt auf das Gewicht der XE abgestimmt. Sie taucht beim anbremsen in die Kruve nur leicht ein und bügelt die Bremswellen aus, so das am Lenker quasi nichts mehr von den Bodenunebenheiten ankommt. Das Hinterrad wird von zwei Öhlins Federbeinen, im passenden Twin Shock Look, im Zaum gehalten. Auch hier gibt es, Öhlins typisch, nichts zu meckern - kein stoßen, kein schlagen - die Federbeine leisten eine hervorragende Arbeit. Insgesamt hat man bei der Triumph Scrambler XE ein sehr stimmiges Fahrwerkssetting gefunden. Den Triumph Ingenieuren ist hier ein großer Wurf gelungen, sie haben bei der XE die perfekte Balance zwischen einer sportlichen und komfortablen Abstimmung gefunden. Wem's dann doch etwas zu hart oder zu weich ist, der kann selber Hand anlegen. Sowohl Gabel als auf Federbeine sind voll einstellbar.

Um die Offroadtauglichkeit der Triumph Scrambler 1200 zu demonstrieren, ließ man die Bikes im kompletten Serienzustand auf die Cross Strecke, also mit Spiegel, Blinker und sogar mit doch eher glatten Metzeler Tourance Bereifung. Die dann für den nächsten Aha Effekt sorgte, denn trotz des sandig rutschigen Boden leistete der Metz gute Arbeit und ließ meinen Puls nie ungewollt in die Höhe schnallen. Aufgezogen sind die Metzeler auf Speichenfelgen, übrigens ist die Scrambler die erste die mit einem schlauchlosen 21" Vorderrad auf den Markt kommt.

Optisch ist die Auspuffanlage der Scrambler ein großes Highlight, in der Praxis dann aber doch gewöhnungsbedürftig. Denn durch diese Führung liegt das Bein direkt am Auspuff an. Zwar sind an diesen Stellen natürlich Hitzeschutzbleche montiert, die können aber leider auch nicht verhindern, dass es bei längeren Fahrten, insbesondere wenn der kühlende Fahrtwind fehlt, am Bein sehr heiß wird. Wenn ich schon beim Raunzen auf hohem Niveau bin, möchte ich auch etwas zum Sound der Scrambler schreiben. Die stetig verschärften Abgas- und Lärmemissions Richtlinien wirken sich (leider) auf alle neuen Motorradmodelle aus. So versucht die Scrambler zwar einen wilden rauen und männlichen (nehmt mir diesen Ausdruck nicht übel, liebe Leserinnen) Sound zu interpretieren, scheitert aber dank diversester Euro Normen daran. Mit diesem Phänomen müssen sich aber alle Motorradhersteller herumschlagen, die Zubehör Industrie reibt sich die Hände.

Worüber ich gerne berichtet hätte, wären die elektronischen Highlights die man auf der Scrambler findet. Allerdings haben wir beim Rennen Kurven ABS und Kurven Traktionskontrolle gänzlich ausgeschaltet und auch das Google Navi wäre mir beim Rennen keine wirkliche Hilfe gewesen.

Wie gings nun aus, das Rennen?

Nun ohne groß drum herum zu schwafeln, das Deutsch- Österreichische Team ist leider sehr früh aus dem Bewerb ausgeschieden. Ohne euch da jetzt irgendwelche fadenscheinigen Ausreden aufzutischen, die Amis haben uns leider paniert. Nicht umsonst nimmt Ernie Vigil vom Team USA bei der Baja 1000 mit der Triumph Scrambler XE teil. Für mich war es nichts desto trotz eine Riesen Ehre, als einer von nur 16 Journalisten, die neue Triumph fahren zu dürfen. Ich freue mich schon riesig darauf die Scrambler in meinem Wald an ihre oder meine Grenzen zu führen.

Fazit: Triumph Scrambler 1200 XC 2018

Ein Scrambler der nicht nur wunderschön aussieht, sondern mit dem man auch ins schwere Gelände kann. Bärenstarker 110NM Motor mit mächtigen Öhlins/Showa Fahrwerk. 250mm Federweg bringen mächtige Offroad Tauglichkeit. Außerdem tolle Elektronik Features mit Kurven ABS, Navigation...


  • sehr gelungene Optik
  • kräftiger Motor
  • ausgewogenes Fahrwerk
  • Hitzeentwicklung am Auspuffkrümmer
  • zu braver Sound

Bericht vom 29.10.2018 | 34.740 Aufrufe

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