Triumph T120 Black im harten Praxistest

Was kann die urfesche Retro-Britin?

Was kann die Triumph T120 Black und was nicht? Nach 3.000 Kilometern mit der urschönen Britin, weiß man schon viel. Ein Erfahrungsbericht.

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Für mich zählt die T120 Black von Triumph zu den schönsten und charismatischsten Maschinen des aktuellen Retro-Marktes. Die Formensprache der 60er-Jahre wurde dermaßen präzise und authentisch in das dritte Jahrtausend transponiert, dass ich die T120 stundenlang anschauen könnte. Einfach perfekt in meinen Augen!

105 Nm können nicht irren.

Der Motor ist ein 1200er Twin mit stolzen 105 Nm und guten 80 PS. Damit ist man für den Alltag würdig bestückt. Der mit Ride-by-Wire ausgestattete und optimal abgestimmte Twin ist ein echter Freudenspender, der seine Grenzen erst preisgibt, wenn man in einer wirklich schnellen Partie mithalten möchte. Das vorbildliche Ansprechverhalten, das Fehlen von lästigen Lastwechselreaktionen und der kernige Sound aus der Original-Auspuffanlage (trotz Euro 4, bravo Triumph!) verdienen zwar Bestnoten, aber wenn man im Rahmen einer Bergwertung einer Speed Triple R, einer Street Triple RS oder anderen supersportlichen Nackten, auf denen gute Fahrer sitzen, folgen will, muss man erkennen, dass die großartige T120 klein beigeben muss.

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Warum muss die T120 in einer schnellen Partie klein beigeben?

Nun, 105 Nm sind eine Lawine, wie man so sagt, und 80 PS sind alles andere als schlecht, aber am Berg hilft das Drehmoment wenig, wenn die Konkurrenten mehr als 120 PS haben. Da wird man auf den Zwischengeraden einfach abgezogen, auch wenn man den Twin komplett auswindet. Kein Problem ist aber die Schräglagenfreiheit. Die Rasten der T120 sind in meinen Augen perfekt positioniert, bringen den Fahrer in eine entspannte und aktive Sitzposition und setzen nicht früh auf. Großartig! Auf der Bremse (310 mm Doppelscheibe) kann man im Gefecht die fehlende Leistung leider auch nicht wettmachen. Ich darf dem Anker perfekte Alltagstauglichkeit attestieren (ausreichend starker Biss, klar dosierbar, gutes ABS), aber sich in der Bremszone an einer RS vorbeizuschieben, spielt es leider nicht. Dabei wird auch das relativ hohe Gewicht (vollgetankt über 240 kg) nicht unerheblich sein.

Im Genuss-Modus einfach göttlich, ein Traum!

Ihre wahre Stärke zeigt die T120, wenn sie artgerecht bewegt wird. Beim zügigen Gleiten durch das freie Land strahlt das bildschöne Retro-Eisen eine äußerst wohltuende, erfrischend aufregende Souveränität aus, der man sich nicht entziehen kann. Göttlich! Motorradfahren vom Allerfeinsten! In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, dass Triumph das Fahrwerk im Vergleich zum Vorgängermodell (T100 mit luftgekühltem 865er Twin) deutlich verbessert hat. Spürbar mehr Dämpfung und mehr Federweg bei den Stereos sind ein echter Fortschritt. Da muss man jetzt keine Abstriche mehr machen. Auf der alten T100 ließ ich Mupo-Komponenten einbauen, auf der T120 bin ich mit dem Serien-Fahrwerk absolut zufrieden. Selbst beim Wüten in einer schnellen Partie haben die kaum einstellbaren Kayaba-Komponenten (Gabel null, Federbeine in der Vorspannung) genügend Reserven, um den Piloten sicher auf Kurs zu halten.

Gibt es Mankos an der T120?

Wer mit der Originalsitzbank unterwegs ist, wird die T120 als sehr komfortabel empfinden, wer allerdings die wahnsinnig fesche, abgesteppte, gerade Sitzbank aus dem Zubehör ordert, muss kleine Abstriche machen. Diese Bank ist relativ spartanisch gepolstert und wird auf längeren Touren durchaus eine Herausforderungen für Prinzessinnen auf der Erbse darstellen. Für mich würde trotzdem kein Weg daran vorbei führen, weil erstens das gerade Lederbankerl die T120 in meinen Augen unwiderstehlich macht, und weil zweitens mein Allerwertester eh genügend Eigendämpfung hat und nicht in die Abteilung bony ass fällt. Gestört hat mich an der T120 eigentlich nur die Traktionskontrolle. Es ist ein gut programmiertes, eher simples, einstufiges System, das im Falle des Falles die Zündung zurücknimmt. Also ein reines Sicherheitsfeature, das für Unerfahrene im Regen durchaus Sinn macht, mich aber beim geliebten Ampelstart behindert hat. Da ja die T120 nur schwer vorne aufsteigt, kann man bei Erscheinen des Grüns sehr forsch wegstarten. Die Traktionskontrolle erkennt den durchdrehenden Hinterreifen und nimmt die Zündung zurück, reduziert also die Leistung drastisch. Das will ich nicht. Also schalte ich die Traktionskontrolle immer aus und bin mörderglücklich und mörderschnell. Bisher sind die T120 und ich ungeschlagen - und der zwanzig Meter lange, schwarze Strich am Schwarzenbergplatz ist unser gemeinsames Werk. Abschließend und hoch verdichtet: Ich kann die T120 einem Menschen, der den Genuss der locker sportlichen Fahrt sucht, aber keinen sehr ausgeprägten Ehrgeiz im Sinne des Bergwertungs-Gemetzel hat, aus tiefstem Herzen und voller Überzeugung empfehlen.

Fazit: Triumph Bonneville T120 Black 2017

Großartiges Retro-Bike mit topmodernem 1200er Twin und gutem Fahrwerk. Optisch eine perfekte Hommage an die glorreichen 60er Jahre, technisch up-to-date. Universell einzusetzen, sehr praxistauglich. In einer sehr schnellen Partie kann man aber mit der T120 nichts gewinnen.


  • Motor (sehr gutes Ansprechverhalten, sehr wenig Lastwechsel, toller Durchzug, guter Sound)
  • Optik (einfach eine Augenweide)
  • universell einsetzbar, also ein Motorrad für alle Tage
  • Bremse neigte anfangs unter gewissen Bedingungen zum Quietschen (trat nach 1000 km nicht mehr auf)
  • Zubehörsitzbank ist wahnsinnig fesch, aber Prinzessinnen auf der Erbse möglicherweise zu wenig gepolstert

Bericht vom 20.07.2017 | 89.231 Aufrufe

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