125er Special: KTM 125 Duke

16- und 36-jähriger testen die KTM 125 Duke

Als 36-jähriger hat man viele Dinge hinter sich und ist über manches schon hinweg. Als 16-jähriger hat man vieles noch vor sich und weiß über manches nicht bescheid. Zum Beispiel, dass man stürzt, wenn man in Schräglage ins Gras fährt. Der aufgrund seiner kompromisslosen, sich selbst überfordernden Fahrweise "Psycho Philipp" getaufte 1000PS-Praktikant hat mehr Erfahrung mit der 125 Duke von KTM als alle Redakteure zusammen, obwohl sie ihm schon nach wenigen Monaten von ein paar unbekannten Personen, denen das Tor zum Himmel somit für immer verschlossen bleibt, gestohlen wurde.

Die kleinste aller Dukes ist ein Spielzeug. 127 Kilo trocken, plus 11 Liter Kraftstoff und ein paar für den Betrieb wichtige Flüssigkeiten. Eine Sitzhöhe von 800 mm, die sich anfühlen wie 700. Eine Statur wie Sven Hannawald und "nur" 15 PS aus einem 1-Zylinder Viertaktmotor, flüssigkeitsgekühlt. Nein, Angst muss niemand haben vor der 125 Duke, aber Respekt. Man merkt sofort, worum es der Jugend von heute, die noch für ein Moped und nicht für ein tragbares Telefon oder eine Spielestation spart, sondern für ein Fortbewegungsmittel, das nicht nur Spaß macht, sondern vor allem unabhängig, geht. Wenn Psycho Philipp über seine verblichene Duke spricht, funkeln seine Augen, hebt sich die Brust, und er erzählt von seinem mit Powerparts voll ausgestatteten Schatz. So stolz wie auf seinen früheren Besitz ist er auch, bei 1000PS ein Praktikum absolvieren zu dürfen und das nur, weil er mich auf der Messe in Tulln angesprochen hat. Seine Kompetenz und sein Engagement sprachen allerdings für sich. In Eigenregie hatte er bereits ein paar Actionvideos und "How-to"-Tutorials gedreht und geschnitten, nur eine Folge, wie man sein Motorrad vor Diebstahl schützt, hatte er vergessen.

Philipp spricht kaum über die Leistung oder Beschleunigung des Motorrades, die wäre O.K. und die Höchstgeschwindigkeit so, dass auch Überlandfahrten leidensfrei zu bewältigen wären. Wichtiger ist dem HTL-Schüler mit Hauptfach Spieleprogrammierung der niedrige Verbrauch, der die Geldbörse schont und die Reichweite trotz begrentem Fassungsvermögen von 11 Litern auf ein beachtliches Maß ausdehnt. Und am allerallerwichtigsten ist: Das Aussehen! Ich glaube, dass nicht nur die ungestüme Jugend fast ausschließlich über die Optik entscheidet, sondern auch der Großteil der Erwachsenen, zumindest jener Teil der Gesellschaft, der fähig ist, Gefühle zu empfinden, Emotionen zu spüren. Wir Älteren sind zwar besser darin, unsere irrationalen Entscheidungen mit rationalen Gründen zu rechtfertigen, aber das ändert nichts an der Entscheidung an sich. Die Jugend ist da nur unbeschwerter und von einer überreglementierten, -normierten und -rationalisierten Welt verdorben.

Erfolgsgeheimnis? KTM nimmt die Jugend ernst.

Den ebenso einfachen wie entschlossenen Ansatz eines Heranwachsenden, zu entscheiden, wofür er jetzt seine ganze Kohle ausgeben soll, hat KTM sehr gut verstanden. Es muss fetzen! Und es muss aussehen, wie auch die Dinge der Erwachsenen aussehen, weshalb die 125er die stringente Formensprache ihrer Schwestern übernommen hat: aggressiv, kantig, dynamisch. Man muss die Jugend nicht nur ernst nehmen, man muss es auch ernst meinen, wenn man mit einem 125er Naked Bike, das von Gesetzes wegen nicht mit Leistung überzeugen oder gar begeistern kann, diesen schwindenden Kundenkreis für sich gewinnen will. Du kannst nicht immer 16 sein, aber wenn du es bist, kannst du mit der 125 Duke eine verdammt gute Zeit haben.

Hier findest du Detailfotos der KTM 125 Duke:

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Bericht vom 03.10.2014 | 25.221 Aufrufe